Einzelbild herunterladen
 
  

Der Wahlfeldzug der Nationalen

Steuermann, geh du voran, du hast die größten Stiefel an!"

g e d a n k e n zum Durchbruch verhelfen konnte. wie das in Notlagen erforderlich fei. Gegenüber dem bayerischen und b a d i- scheu Antrag oerweist Jakobi daraus, daß es sich dabei um Anträge zur Festlegung des allge- meinen Inhalts von Artikel 48 handle. Der Staatsgerichtshof sei aber nur zuständig bei einem Streit»m ein bestehendes konkretes Rechtsverhältnis. Der Staatsgerichtshof könne den bayerischen Anträgen nicht staltaeben, weil sie eben nicht auf einen konkreten Tatbestand ab- zielten. Mag es möglich oder sogar bis zu einem gewissen Umfang wahrscheinlich sein, daß auch für Bayern ein solcher konkreter Tatbestand ent- stehen könnte(Unruhe bei der bayerischen Ver- tretung, Aha-Ruse bei den Preußen), so liegt doch im Augenblick eine bayerische Klage- bercchtigu ng nicht vor, weil da« Reich ausdrücklich nach dem Vorgehen gegen Preußen Bayern auf Anfrage erklärt habe, daß gegen Bayern ein solches Vorgehen im jetzigen Moment nicht in Frage komme. Auf die Zwischenrufe der preußischen und die Unruhe bei der bayerischen Vertretung sagt Prof. Iakobi, daß er wohl mißverstanden worden wäre. Auf eine Frage des Berichterstatters, Reichs- gerichtsrats Schmitz, erklärte Prof. Iakobi, weder Bayern noch Baden seien sachbefugt. Als Vertreter des Reichskanzlers in seiner Eigenschaft als Reichskommissar führte sodann Ministerialdirektor Dr. Schütze aus, die Amts- enthebung der Minister durch den Staats- kommissar stütze sich nach keiner Richtung aus eine Vorschrift der Landesoerfassung, sondern un- mittelbar auf die Verordnung des Reichspräsi- denten vom 2«. Juli, und sei daher der Nach- Prüfung in einem Verfassungsstreit innerhalb eines Landes entzogen. Cr beantragte, die Klage der Minister gegen den Reichskommissar als un- zulässig zurückzuweisen.

La�erns.Antwort Für das Land Bayern erwiderte auf die Aus- führungen Iakobis Prof. N a w i a s k y: Eine Entwicklung gegen die Justizförmlichkeiten zu- gunsten der Herrschastsidee, von der Prof. Iakobi gesprochen habe, könnte man auch al» Entwicklung vom Rechksslaal zum Machtstaat bezeichnen. Die cherrschaftsidee bedeute in diesem Zusammenhang doch eine Inanspruchnahme des cherrschaftsrechts gegen die Länder, denen das Recht abgesprochen werden solle, eine politische Meinung zu hoben. Die Entwicklung zum cherrschastsprinzip solle also auf dem Rücken der Länder stattsinden. Dadurch fühlten sich die süddeutschen Länder in ihrer Rechtsposition bedroht, und sie müßten daher diese Auffassung mir Entschiedenheit ablehnen. Prof. Heller meint, daß eine Zusammen- fassung der Ausfuhrungen von Prof. Iakobi zu dem Ergebnis führe, daß in diesem Versahren überhaupt niemand klageberechtigt und daß auch kein Streitgegenstand da sei. Wenn jetzt Iakobi so tue, als ob die preußische Landesregierung nur noch eine Prozehfiktion fei, weil sie ein Mißtrauensvotum bekam, sei zu bt- tonen, daß die Reichsregierung nach«in viel größeres Mißtrauensvotum be- kommen habe. Professor Peters meint, es müsse schlecht stehen um die Rechtsposition des Reiches in diesem Streite, wenn jeder sich davor drücken wolle, be- klagt werden zu dürfen. Praktisch sei nichts anderes übrig geblieben, als das Reich zu verklagen, weil es ja letzten Endes Reichsorgane waren, die gegen Preußen vorgingen.

Line Provokation In dem Augenblick, als die Verhandlungen eigentlich schon abgeschlossen schienen, erhob sich nock einmal der Berliner Professor Karl Schmitt zu einer arroganten Er- k l ä r u n g, die ihm nachträglich eine in der Form milde, in der Sache aber äußerst scharfe Rüge des Borsitzenden eintrug. Schmitt stellt sich auf den Standpunkt, daß die preußische Staatsregierung nur noch eine prozeßtechnische Fiktion wäre, daß also ein eigentlich klageberechtigter Körper überhauvt nicht vorhanden sei Die jetzt klagend« preußische Regierung verdanke ihre Existenz als geschäfts- führende Regierung ja nur dem Kunst kniff vom 12. April(d. h. der bekonnten Aenderung der Geschäftsordnung über die Wahl des Minister- Präsidenten). Gegenüber den banerischen Aroumenten erklärte er, der Reichspräsident könnte auch durchaus im Interesse der Notwendigkeit eines Landes gezwungen sein, aus Artikel 48 gegen die amtierende Landesregierung einzugreifen. Es gebe doch über die Landesgrenzen hinweg st r a f f organisierte Parteien, die vermöge dieser über die Grenzen gehenden Organisation ständig eine Bedrohung der Selb- st ä n d i g k e i t eines Einzellandes bedeuten, wenn sie ihre Agenten oder Bedienstete in die Regierung dieses Landes schickten.(Große Unruhe bei der bayerischen und preußischen Vertretung. Professor Heller ruft: Das iit unerhört!) In dieser Tat- fache liege eine Gefahr fortgesetzter Störung der öffentlichen Ordnung und Sicher- heit, und wenn der Reichspräsident gegen solche Gefahren vorgehe, dann handele er nicht im Widerspruch zu der Selbständigkeit des Landes. (Neue Unruhe bei der bayerischen und preußischen Bcrtretung. Staatsrat von Jan: Wie wollen Sie denn mit den Parteien fertig werden?) Bayern werde vielleicht eines Tages Gatt danken, daß es solche Einwirkungsmöglichkeiten gebe. Wenn tatsächlich einmal der Bock zum Gärtner gemacht worden ist, dann kann er für sich alles mögliche geltend machen, aber mcht die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Gartens. Der Vorsitzende B u m k e erklärte, er hätte lieber gesehen, wenn das Wort vom Bock als Gärtner nicht gebraucht worden wäre, ebenso wenn Schmitt nicht davon gesprochen hätte, daß die Parteien ihreAgenten undBediensteten" in die Regierung hinemsenden könnten. Er wisse,

daß das WortAgent" undStaatsdiener� viel- fach in sehr vornehmem Sinn gebraucht werde, aber in dem Zusammenhang der Rede Schmitts habe es eine herabsetzende und herabwürdigende Note gehabt. Gegenüber einem Zwischenruf Hellers, daß Ministerpräsident Braun und Minister S e v e r i n g über derartige Be- schimpsungen turmhoch erhaben seien, sprach der Vorsitzende die Bitte aus, auch der- artige Aeuherungen zu unterlassen. Nach kurzen weiteren Erörterungen erklärt Präsident B u m k e die Verhandlungen für abge- schlössen. Er sügt hinzu, daß der Staatsgerichtshof die Entscheidung außerordentlich sorgsaltig vor- bereiten müsse. Zu diesem Zweck würden die Richter unter Freihaltung von anderen Dingen sich in der ganzen Woche der Beratung widmen. Es müsse jedoch damit gerechnet werden, daß auch die Urteilsgrllnde vor ihrer Vertündung schriftlich festgelegt werden. Deshalb sei f r ü h e st e n s für den Dienstag nächster Woche die Urteils- verkündung zu erwarten. Jedoch sei auch das noch nicht absolut sicher.

Daubstumm" Line Riesenhlamage der Nazipresse Seitdem derHeimkehrer Daubmann" als der Schneider und Betrüger Hummel entlarvt worden ist, sind die redseligen nationalsozialistischen Blätter plötzlich schweigsam geworden. Man könnte sie fürdaubstumm" halten. Aber es soll nicht vergessen werden, zu welch gewissenloser politischer Hetze diese Presse das Betrugs- Manöver eines Schwindlers benutzt hat. Allen voran war natürlich Josef Goebbels im Angriff". Wir geben zur allgemeinen Erheite- rung hier eine seiner Deklamationen wieder: Oskar Daubmann , dir sind in uns die Rächer entstanden, die den sadistischen Franzosen heimzahlen werden, was sie an dir begangen haben! Sadistische Franzosen! DerAngriff muß sich künftig mit der nationalsozialistischen Eigen- Produktion an Sadisten begnügen. Am ausführlichsten behandelte den Fall die badische Nazizeitung, dasHakenkreuzbanner". Dieses edle Blatt läßt den falschen Daubmann bei seiner Heimkehr vor Rührung und Erschütterung zunächst einmal in O h n m a cht fallen, um diese Rührszene mit folgenden Entrüstungsdeklamationen zu begleiten: Die Anwesenden waren bis ins A e u- Herste erschüttert und eine o h n- mächtige Wut stieg in dem einzelnen auf, daß es heute im Zeichen einer angeblichen Kultur" undDölkerversöhnungsdufelei" sich ein Staat es noch erlaubt, einen deutschen Frontsoldaten, der ihnen s ch w e r v e r- w u n d e t In die Hände. gefallen ist, mit Räubern, Mördern und gemeinen Verbrechern in die Strafkolonie zu schicken... hier Im kleinen zeigt sich mit aller Deutlichkeit die Auswirkung der Stresemannschen Berständi- gungspolilik. Merkste was? Nicht nur die Franzosen sind an derTragödie" des Hochstaplers Hummel schuld, sondern natürlich auch die deutschen Berständi- gungspolittker! Besonders bekamen von dem Naziblatt die Behörden eins auf den Hut, weil sie sich schon damals in berechtigtem Zweifel am Empfang des falschen Daub- mann nicht beteiligt haben. Das wütende Gekreisch der Nazipresse freilich brandete empor, als einige besonnene Linksblätter die Echtheit ihres Helden schon frühzeitig an- zweifelten. Damals schrieb dasHakenkreuz- banner":

Eigener Bericht desVormärts" Dien, 17. Oktober. Es ist bereits eindeutig erwiesen, daß die blutigen Vorfälle, die sich am Sonntag im Simmeringer Arbeiterheim in Wien zugetragen haben, planmäßig von den Hakenkreuz- lern provoziert waren. Ein Trupp der Nazis, die einen sehr schwach besuchten Aufmarich durch den Arbeiterbezirk umernommen hatten, hatte sich von der Haupt- truppe abgesondert und war absichtlich vor das Arbeiterheim, das nicht auf der vorgezeich- neten Marschstrecke liegt, gezogen, um dieses zu übersallen. Die Hakenkreuzler hatten z u e r st Schüsse gegen die Schutzbündler im Arbeiterheim abgegeben, dann erst wurden die Schüsse erwidert, denen drei Menschen zum Opfer sielen. Der erschossene Polizeibeamte ist Sozial- demokrat: er war in der sozialdemokratischen Gewerkschast organisiert. Der Schuß hatte Ihn, wie die Untersuchung ergab, von vorn getrossen und hatte rückwärts seinen Körper verlassen. Es geht daraus hervor, daß der Beamte, der mit dem Gesicht den Nazis zugewandt war. von den Hakenkreuzlern erschossen worden ist. Die Polizei hat auch am Montagnachmittag noch das Arbeiterheim besetzt gehalten. Sie läßt keinen Menschen, nicht einmal die öffentlichen Funktionäre und Nationalräte der Sozial-

Schon sind wiederum franzosenhörige Kräfte am Werke, um dieGrande de Nation" vor der Aufdeckung ihres schändlichen Handelns gegen deutsche Volksgenossen zu reinigen. Vorsichtig allerdings, doch unmih- verständlich, wirst man dem Leidenden, der sich heute vom Krankenlager nichtverteidi- gen kann und vielleicht auf das k ö st l i ch st e Gut, die Gesundheit verzichten muß, vor, seine Erzählung beruhe nicht auf reiner Wahr- heit. Schon war also derDolchstoß von hinten" da! Dolchstöher waren die Leute, die nicht glauben wollten, daß der falsche Daubmann sich in der afrikanischen Wüste von Kokosnüssen ernährt habe, weil in Afrika zwar Dattelpalmen, aber keine Kokospalmen wachsen. Es ist schade, daß das System der Auslagenach- richten bisher nur zu reaktionär-nationalsoziali- stischen Zwecken mißbraucht wird. Ohne sonst diesem Institut das Wort zu reden, wäre es in diesem Spezialfall doch ganz lustig, wenn man die nationalsozialistische Presse zwingen könnte, alle ihre Daubmann-Artikel jetzt noch einmal ihren Lesern vorzusetzen! Sie würden im allgemeinen Gelächter ersticken!

Schluß in Genf Avenol vom Rat gewählt Eigener Bericht desVormärts" Gens, 17. Oktober. Die 13. Völkerbundsvollversamm­lung wurde am Montag nach der Annahme des Budgets für 1933 und der Sekretariatsreform g e- schlössen. Durch die Verlegung der wichtigsten Entscheidungen in die Abrüstungskonferenz und die außerordentliche Vollversammlung im Nooem- ber war der abgeschlossenen Tagung fast nur formale Arbeit zugefallen, wodurch sie stark an Interesse verlor.

demokraten, das Heim betreten. Schutzbllniller, die in dem Heim zur Zeit der Waffensuche waren, erzählen, daß die Polizei das Heim in eine wahre Trümmer st ätte verwandelt hat. Uhren und alle Einrichtungsgegenstände wurden von den Polizisten herabgerissen, zer- trümmert und zertrampelt. In allen Räumen wurden bei der Suche nach Waffen die Mauern aufgerissen. Gesunden wurden einige Hand- seuerwafsen, die zur Verteidigung des Heims gegen hakenkreuzlcrische Ueberfälle bereit lagen. Die rechtsradikalen Organisationen Oesterreichs benutzen die blutigen Vorfälle zu einer w ü st e n Hetze gegen den Schutzbund. Die rechtsstehende Organisation der Polizei hat am Montag von der Regierung die sofortige Auflösung aller Selbstschutzverbände, vor allem des Republikanischen Schutzbundes, gefordert. Das reaktionäre Rektorat der Universität ging sogar soweit, zu erklären, daß es die Wiener Hochschule nicht früher eröffnen werde, ehe die Bundes- regierung Sicherheit gegen derartige Vorfälle ge- geben habe. Mit dieser versteckten Drohung will man die Auflösung des Republikanischen Schutz- bundes erpressen. Der Parteioorstand der Sozialdemokra- tischen Partei befaßte sich am Montagabend mit den Maßnahmen, die anläßlich dieser rechtsradi- kalen Hetze und der blutigen Folgen der Nazi- Proookatlonen erforderlich sind.

Der Völkerbundsrat hat nach Erfüllung der von Deutschland verlangten Voraussetzungen, nämlich der Annahme der Sekretariatsreform und der ver- bindlichen Feststellung der Uebergobe der Finanz- und Wirtschaftsabteilung an den neuen deutschen Untergeneralsekretär, durch die Völkerbundsvoll- Versammlung den seitherigen Generalsekretär- Stellvertreter Avenol-Frankreich ein- stimmig zum Generalsekretär auf zehn Jahre ernannt. Die Bestätigung wird in der Novembertagung der außerordentlichen Volloer- sammlung erfolgen. Avenol wird sein Amt nach dem endgültigen Ausscheiden Sir Eric Drum- monds im Juni 1933 antreten.

SifenbahnunglüS 18?' ote, 1 2 lebensgef ährlichV erletzte Budapest , 17. Oktober. Bei Temesvar (Rumänien ) hat sich ein schweres Eisenbahnunglück ereignet, das 18 Tote und viele Verwundete forderte. Der Zug hatte um 7.40 Uhr Temesvar verlassen, er war in der Hauptsache mit Arbeitern besetzt, dt« sich auf dem Heimwege von ihren Arbeitsstellen befanden. Etwa 1,3 Kilometer hinter dem Bahnhof sprangen plötzlich die beiden letzten Wagen des Zuges beim Passieren einer Weiche aus den Schienen und stürzten um. Man befürchtet, daß 12 Verletzte nicht mit dem Leben davonkommen werden. Der Weichensteller wurde festgenommen. Es steht jedoch bisher nicht fest, ob ihn wirklich eine Schuld trifft, da es sich um eine automatische Weiche handelt.

3m Gewerkschaftshaus in Prag fand am Sonntagnachmittag die angekündigte Einigungs- konferenz der kommunistischen Oppo- sition statt. Einstimmig und ohne Debatte wurde die Vereinigung mit der tschechi - schen Sozialdemokratie beschlossen.

kaschist Fey zum Sichcrheits-Staats- sekreiär ernannt Eigener Bericht desVormärts" Dien, 17. Oktober. Der Bundespräsident hat am Montag aus Vor- schlag der Regierung den Major Emil Fey zum Staatssekretär für das Stcherheits- wcsen ernannt. Major Fey ist eine der rechts- stehenden f a s ch i st i s ch e n Persönlichkeiten in Oesterreich . Er gilt allgemein als Monarchist und Schwarzgelber. Die innenpolitische Lage ist mit der Ernennung noch gespannter geworden. * Die Ernennung des Wiener Heimwehrführers. Maior a. D. F e y, zum Sicherheitskommissar der Republik Oesterreich ist eine um so schwerere Provokation der sozialdemokratischer Ar- beiterschast und der gesamten Demokratie im Lande, als die Heimwehr soeben durch einen völlig gescheiterten Aufmarsch in Wien ihre absolute Bedeutungslosigkeit gezeigt hat. Die Ernennung Feys hat in WirNichkeit nur den Zweck, die sechs Stimmen der Heimwehr im Nationalrat gegen die Auslösung der Volksvertretung festzumachen: denn von der Neuwahl hat die christlichsoziale Regierungspartei die Vernichtung ihrer früheren beherrschenden Stellung totsicher zu gewärtigen.

Nazi-Schuld in Wim erwiesen Der erschossene Polizist ein Sozialdemokrat Rechtsradikale Hetze gegen den Schutzbund