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Morgen- Ausgabe

Nr. 493 A 241 49. Jahrg.

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher A7 Amt Dönhoff 292 bis 297 Telegrammabresse: Sozialdemokrat Berlin  

Vorwärts

BERLINER

VOLKSBLATT

MITTWOCH

19. Oktober 1932

Jn Groß Berlin   10 Pf. Auswärts....... 15 ẞf. Bezugsbedingungen und Anzeigenpreise fiehe am Schluß des redaktionellen Teils

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Hitlerkandidaten unter Mordverdacht

Haftbefehl und Steckbrief gegen SA.- Führer von Obernitz   und Graf Spreti

Eigener Bericht des Vorwärts"

Breslau  , 18. Oktober. Wegen Mordverdachts in drei Fällen in Tafeinheit mit Bergehen gegen das Spreng­stoffgesetz ist im Zusammenhang mit den zahlreichen Bombenattentaten in Schlesien  , an deren Aufklärung Staatsanwaltschaft und Polizei­behörden gegenwärtig fieberhaft arbeiten, gegen den Oberführer der SA. der Unter­gruppe Schlesien  - Süd von Obernik­Reichenbach und seinen Adjutanten Graf Spreti Haftbefehl ergangen.

Da beide SA.- Führer, die in der schlesischen SA. eine tonangebende Rolle spielten, schon lange Zeit flüchtig sind, find außerdem Sted briefe gegen fie erlassen worden. Bermutlich halten sich von Obernik und Graf Sprefi bei Gesinnungsgenoffen im Reich auf. Bemerkenswert ist, daß die Namen der beiden geflohenen SA.- Führer auf der Reichsliste der NSDAP  . zur Reichs­tagswahl zu finden sind. Man glaubt also in der Nazipartei, die Flüchtlinge bis nach Beendi­

gung des Reichstagswahlkampfes verborgen halten zu können. Bei den Ermittlungsbehörden herrscht jedoch die Auffassung vor, daß die Ergreifung der beiden Führer noch vor dem 6. November gelingt.

Ein SA.- Mann aus Reichenbach, der gleichfalls der Teilnahme an den Gewaltaften im Kreis Nimptsch- Reichenbach verdächtig ist, fonnte am Dienstag fest genommen werden. Damit hat sich die Zahl der im Kreise Nimptsch- Reichenbach verhafteten Hakenkreuzler auf vier erhöht.

Die überraschenden Berhaftungen zahl reicher SA. und SS.  - Leute im Zusam­menhang mit den polizeilichen Ermittlungen über die bisher ungeklärt gebliebenen Gewaltakte schlesischer Nationalsozialisten im August d. I. bilden in Schlesien   gegenwärtig die Sensation des Tages.

Weitere nähere Einzelheiten stehen allerdings noch nicht fest, da die Behörden mit Rücksicht auf

England profitiert von Papen- Politik

Vor dem Abschluß neuer Handelsverträge

Eigener Bericht des Vorwärts"

Paris  , 18. Oktober.

Die deutsche   Kontingentierungs­tommission ist von Rom   kommend am Dienstagvormittag in Paris   eingetroffen. Die Verhandlungen mit Vertretern der fran­ zösischen   Regierung beginnen am Mittwoch. Die Verhandlungen über die Revision des deutsch­französischen Handelsvertrages gehen in Genf  3mischen Ministerialdirektor Posse Deutschland und Ministerialdirektor Elbel- Frankreich   weiter.

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kommen von Ottawa   begann, wurden einige An­fragen beantwortet.

Schon vor Beginn der Sigung wurde bekannt­gegeben, daß England in einigen Tagen Handelsvertragsverhandlungen mit Dänemart, Schweden   und Norwegen  aufnehmen wird, um die Handelsverträge mit diesen Ländern den neuen Verhältnissen anzu­passen. Mit Argentinien   sind solche Ber­handlungen schon im Gange. Der englische  Handelsvertrag mit Rußland   ist, wie Thomas er­klärte, gekündigt worden und tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Es liege England jedoch daran, seine Handelsbeziehungen mit Rußland

Der Prinz von Wales erzielt Ergebnisse aufrechtzuerhalten. Auf eine Anfrage erwiderte

von

Eigener Bericht des Vorwärts"

Stockholm  , 18. Oktober.

Die Skandinavienreise des Prinzen Wales. deren offiziell eingestandener merkantiler Zweck den Empfangsfeierlichkeiten eine gemisse geschäftliche Note aufdrückte, hat nun die erwarteten Ergebnisse gezeitigt. Wie ein Stock­holmer Abendblatt am Dienstag berichtet, find in London   bereits Verhandlungen über einen schwedisch englischen handels­vertrag eingeleitet worden. Wie weiter ver­lautet, soll auch die dänische Regierung beabsichtigen, eine Kommission nach London   zu entsenden, um den dänischen Fleisch- und Butter­export nach England vertraglich sicherzustellen. In Dänemark  , wo man der Ottawa  - Konferenz mit Besorgnis entgegengesehen hatte, herrscht nun auf Grund einer in der Times" veröffentlichten Aus= legung der Ottawa  - Verträge die Auf­fassung, daß die neuen handelspolitischen Ver­pflichtungen Englands den Dominions gegenüber den Import der dänischen Landwirtschaftsprodukte nach England keinen Abbruch tun würden. Auch aus Oslo   wird gemeldet, daß von englischer Seite Bemühungen im Gange sind, um Norwegen  zu einem Handelsvertrag zu bewegen.

Englands Handelsvertragsverhandlungen Eigener Bericht des Vorwärts" London  , 18. Oktober

Das Parlament trat am Dienstagnachmittag zusammen. Die nächsten Tage werden der Be­handlung der Abmachungen von Ottawa   ge= widmet sein, die vor Beginn der neuen Parla­mentssession verabschiedet werden sollen. Bevor die Regierung mit ihrer Verteidigung der Ab­

Thomas, die englische Regierung erkenne an, daß die den Dominions gewährten Präferenzen gegen staatliches Dumping geschügt werden müßten, das sie entwerten könnte. Simon gab eine außen­politische Erklärung über die geplante Vier­mächte konferenz ab. Eine Einigung sei noch nicht erzielt worden über den Tagungsort, aber seine Regierung überlege die nächsten Schritte zur Herbeiführung einer Einigung über diese Frage.

Moskauer Reinigung

Strafpredigten gegen Bauernoppostion

Nach der großen Moskauer   Parteireinigung, die zu dem Ausschluß der zwanzig Links- und Rechtsoppofitionellen geführt hat, hält jetzt der Sowjetfunt beinahe täglich Ansprachen an die Partei und an die Parteiorganisationen, besonders in der Provinz, in welchen aufgefordert wird, die Reinigung" fortzusetzen und alle nicht stalintreuen Kommunisten unerbittlich aus der Partei herauszuwerfen. Täglich werden

den Gang der Untersuchungen jede Auskunft ab­lehnen. Wie nach und nach bekannt wird, sind die Festnahmen von dringend der Teilnahme an den Sprengstoffattentaten verdächtigen SA.- Leuten in der Hauptsache in und um Breslau   und Görlig sowie in der Gegend von Reichen= bach und Kohlfurt erfolgt. Mehrere Na­tionalsozialisten sollen sich der drohenden Ver­haftung durch die Flucht entzogen haben. Restlos aufgeklärt ist bisher nur der Ueberfall auf den sozialdemokratischen Schriftleiter Paeschke in Langenbielau  . Es besteht jedoch die Aussicht, daß die übrigen hakenkreuzlerischen Gewaltakte bereits in den allernächsten Tagen restlos aufgehellt sein werden. Von verschiedenen Seiten hört man, daß die in Sachen dieser Ueberfälle bevorstehenden Sondergerichtsverhandlungen höchst= wahrscheinlich noch nor den Wahlen zu erwarten sein und allergrößtes Aufsehen erregen werden. Das Verdachtmaterial gegen eines soll außerordentlich groß sein. Immer lauter wird das Gerücht, daß die Naziüberfälle ausnahmslos von dem wegen seiner hemmungslosen Gewaltätigkeiten sattsam bekannten Gauführer der schlesischen SA. organisiert worden sind.

Bezirke, die den faulen liberalen Geist" nicht unterdrücken, vorgehen. Leider hätte es sich ge= zeigt, daß

auch Bauern in den Staatsfollettiven geneigt find, jeden notwendigen Beschluß der Mos­fauer Zentralregierung als bauernfeindlich hinzustellen.

Die Kulaken versuchten nun, so sagte der Moskauer  Sprecher, diese Stimmung für sich auszunuzen. Bemerkenswert war es aber, daß Moskau   auch gegen die klein bauern, die wahrhaftig mit dem Rulatentum nichts zu tun haben, vorging.

Krise in Belgien  

Regierungswechsel und Neuwahlen Eigener Bericht des ,, Vorwärts"

Brüssel  , 18. Oktober.

Leicester  

Labour  - Parteitag in der Opposition

Von unserem Korrespondenten Tagesordnung, Berichte und Debatten der britischen   Arbeiterpartei in Leicester   in der vorigen Woche standen unzweifelhaft unter dem Einfluß der augenblicklichen politischen Machtlosigkeit der Bewegung: 46 Ar­beiterparteiler im Unterhaus gegenüber der überwältigenden bürgerlichen Mehrheit von 471 Ronservativen, 35 Nationalliberalen und 33 Liberalen. Die Partei ist entschieden in die für die Arbeiterbewegung überhaupt alt­bekannte Lage der Opposition zurückge­drängt worden.

Darauf hat sie mit einer stärkeren Be­tonung der 3ukunftspläne der sozialistischen   Arbeiterbeme= gung geantwortet. Dem Parteitag wurden ins einzelne gehende Pläne für die Wirt­schaft im sozialistischen   Großbritannien   vor­gelegt. Den Ausgangspunkt bildete ein Be­richt über Geld, Finanzen und Bankwesen. Die Geldpolitik soll vor allem den Lebensstandard der Arbeiterklasse sichern. Deshalb habe die Preisstabili sierung den Vortritt vor stabilen Ba­lutaverhältnissen. Aber die Grundlage einer sozialistischen   Planwirtschaft soll durch die Sozialisierung der Bank von England   geschaffen werden. Dagegen war der Parteivorstand sich noch nicht darüber flar geworden, ob und in welcher Form eine Sozialisierung der großen Privatbanken in diesem Zusammenhang von Interesse sein würde. Er holte sich darin eine Niederlage. Mit 1 141 000 Stimmen gegen 984 000 per­langte der Parteitag, daß die Sozialisierung auch der Privatbanken in das Programm der Partei schon jetzt aufgenommen werde.

Die zentrale Bedeutung des Verkehrs­wesens in der heutigen Produktion klar erkennend, hatte der Parteivorstand die So­zialisierung und planwirtschaftliche Gestal­tung der Transportmittel zum Angelpunkt seiner eigentlichen planwirtschaftlichen Vor­schläge gemacht.

Der Vorschlag zur Sozialisierung und zum planwirtschaftlichen Ausbau der Land­wirtschaft gab keinen Anlaß zu Gegen­sägen. Der Arbeiterschaft sollte in allen Or­ganen der sozialisierten Wirtschaft eine be­sondere Vertretung gewährt werden. Aber die für den Vertrieb der landwirtschaftlichen Produkte zu schaffenden Körperschaften sollten Befugnisse erhalten, nicht nur in bezug auf Preisregulierung, sondern auch auf Importbegrenzung. Hier kam die Partei in einen noch nicht gelösten Gegen= satz zu den Konsumgenossen= schaften. Bei der engen Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen wird dieser Gegensatz noch bereinigt werden müssen.

Nach fieberhaften Verhandlungen zwischen Ministern und politischen Führern, die den ganzen Dienstag über geführt wurden. und nachdem Ministerpräsident Rentin zweimal mit dem König verhandelt hatte, beschloß der Ministerrat am Dienstagabend den Rücktritt der Regierung. Die Regierung konnte sich über die Frage der sofortigen Auflösung des Parlaments, die von den liberalen Ministern ge­fordert wurde, nicht einig werden. Insbesondere der Ministerpräsident lehnte es ab, Chef einer Re­gierung zu bleiben, die im jetzigen Augenblick die Neuwahlen ausschreiben solle. Es wird als sicher Die Partei kann es sich leisten, in dieser angenommen, daß die wesentliche wenn nicht Weise das Hauptgewicht auf theoretische einzige Aufgabe der neuen Regierung, wie auch Borarbeiten zu verlegen, weil sie auch in der ihre Zusammensetzung sein möge, die Auf Opposition die einfachsten politischen Rechte lösung des Parlaments und Durch- der Arbeiterschaft nicht zu verteidigen ge= führung von Neuwahlen sein wird. zwungen ist. Aber das Vordringen der Re­

auch Namen vorgelejen von Bergen einzelner Ortsgruppen, die nicht energisch genug Sonnabend, den 22. Oktober, abends 6 Uhe

gegen die Parteiopposition aufgetreten sind und deshalb über sich selbst das Strafgericht herauf­beschworen haben. Eine sehr scharfe Rede hielt ein Redner der Moskauer   Parteileitung gegen verschiedene Bauernorganisationen. Er sagte, daß selbst schon proletarisierte Bauern sich von dem Einfluß der Kulaken nicht freigemacht haben, und daß der Einfluß der Kulaken in ver= schiedenen Gebieten des Landes gestiegen ist. Man werde unbarmherzig gegen alle diese

von den bekannten Stellen aus

wichtige Flugblattverbreitung

Alle Genossinnen und Genossen, Reichsbannerkameraden, alle Jugend- und Sportgenossen beteiligen sich daran

DER BEZIRKSVORSTAND