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6] ROMAN VON STEFAN POLLATSCHEK

( Copyright Saturn- Verlag.)

An dem großen, runden Tisch, der in­mitten des Kaffeehaussaales stand, wurden sie von einer lärmenden Menge junger Men­schen begrüßt. Weltlin half Vera behutsam aus dem Mantel, fragte nach ihren Wün­schen und setzte sich erst, als sie Platz genom men hatte. Solches Benehmen war an dem Tisch der Jugend sichtlich ungewohnt, man betrachtete den älteren Herrn und als man erfuhr, daß es Alberts Vater sei, trat eine merfliche Befremdung ein. Aber mit einem­mal wurde die Stimmung wieder laut und wild, als ein junger Mensch mit wirrem Haar über den Tisch rief:

,, Du warst auch bei dem Vortrag dieses Jdioten Crusius? Was sagst du zu diesem Stumpfsinn, Albert?"

,, Ich bin im Falle Crusius nicht objektiv", erwiderte der. ,, Er ist, wie du weißt, mit meinem Vater befreundet. Ich sagte lange Onkel zu ihm. Er brachte mir als Kind immer Spielzeug, Bücher und einmal sogar eine herrliche Eisenbahn!"

,, Dann bist du freilich bestochen, doch da dein Vater hier ist, wollen wir lieber von etwas anderem reden."

Aber durchaus nicht!" sagte verbindlich lächelnd Weltlin. Ich wäre untröstlich, wenn meine Anwesenheit störend wirkte. Reden Sie, bitte, nur ungeniert. Es ist das Vor­recht der Jugend, auch über große Männer zu richten."

Ja, glauben Sie denn, daß dieser Crusius wirklich ein großer Mann ist?"

,, Nun, er hat immerhin schon einiges ge­leistet und sein Name wird in der ganzen Welt mit Achtung und Anerkennung ge­nannt."

,, Sagen Sie: In der ganzen bürgerlichen Welt und dann haben Sie recht. Gut, er hat einige angeblich weltumfassende Erfindungen gemacht. Zugegeben, daß dem so ist. Wem famen seine Erfindungen zunuze? Einigen Wenigen, die noch dicker, noch angefressener, noch angemästeter wurden. Aber die Allge­meinheit? Was haben die Arbeiter nun da­von, daß man die Atome in bestimmter Rich­tung und unter bestimmten Umständen zer­trümmern fann?"

,, Nun, ich denke, daß diese Frage mehr theoretisch gestellt ist, denn der Segen dieser Erfindung kommt ja allen Menschen zugute."

,, Das ist eine sehr bourgeoise Einstellung, Herr Weltlin! Fragen Sie doch mal die Berg­arbeiter Schlesiens, ob es ihnen nun besser geht?"

,, Kommt es denn darauf an? Mit dem selben Rechte fönnten Sie fragen, ob die Re­lativitätstheorie..."

"

,, Nur darauf kommt es an, Herr Weltlin! Nur darauf, ob irgendeine Sache den Ent­rechteten und den Sklaven zugute fommt!" ,, Ist das nicht eine sehr, wie soll ich mich ausdrücken?, eine sehr jugendliche Auf­faffung?"

,, Und ist die Ihre, Herr Weltlin, nicht eine sehr veraltete Ansicht?"

,, Aber Bater! Aber Genosse!", rief Albert und wollte vermitteln.

,, Dein Bater soll, wenn er schon hier ist, ruhig hören, wie wir denken", meinte der Langmähnige.

Aber gewiß, gewiß! Genieren Sie sich nur nicht!"

,, Ich finde also, daß dieser Herr Crusius sehr viel blühenden Unsinn verzapft hat.

mehr erzeugen. Wer soll das Geld zu dieser Erzeugung geben, wer soll die noch ver­größerte Menge an Gütern abnehmen? Welcher Fabrikant fönnte heute nur das Geld hernehmen für die Rohmaterialien, für die erhöhten Löhne, oder glaubt der Herr vielleicht, die Arbeiter würden umsonst ar­beiten?!"

,, Sie nehmen Herrn Crusius zu wörtlich", warf Weltlin leise ein. ,, Er ist ein genialer Erfinder, kein praktischer Mensch. Es sind die Gedanken eines Technifers. Er meint vielleicht, daß eine Massenerzeugung die Güter so billig herstellen ließe, daß jeder­

mann in ihren Besitz gelangen kann, daß..."

Doch da wurde er von allen Seiten unter­brochen, es prasselten die Argumente gegen ihn, und Weltlin wurde sich traurig bewußt, daß er zu dieser Jugend nicht mehr sprechen fönne. Wohl, er verstand sie und verstand auch ihre ungeduldige Ungerechtigkeit, aber er fand die Worte nicht mehr, um mit ihr, zu ihr zu sprechen. Wie lange war es her, da war man selbst so jung, so lärmend ge­mesen, und nun saß man da, wurde als alt, zurückgeblieben, vergreift angesehen. Wie kurz ist doch dieses Leben, wie traurig wie unsinnig furz, dachte Weltlin, und er be­trachtete, während die streitenden Stimmen nur mehr wie von weitem sein Ohr be­rührten, die junge Dame Vera Wagner, die da saß, inmitten des sozialistischen Kreises und ein Modeblatt ernsthaft studierte. Wie meise bist du, Mutter meiner Enkel, dachte Weltlin und lächelte wieder über sich.

-

,, Der ärgste Unfinn aber mar" so hörte Weltlin nun wieder die Stimme des Mäh­nigen ,,, daß die Maschine die Retterin der Menschheit ist. Gerade das Gegenteil ist wahr! Sie ist das Unglück des Menschen!

DIENSTAG, 1. NOV. 1932

Wohin wir sehen, macht sie Menschen arbeitslos. Sehen Sie doch, Herr Weltlin, dieser Genosse war Arbeiter in einer Knopf­fabrik und wurde entlassen, weil eine Ma­schine seine Arbeit verrichtet. Hier, mein Nachbar, war Beamter in einer Bank und ist nun ohne Brot, weil eine Maschine auch die Buchhaltung führen kann. Aufhängen müßte man die Erfinder, die immer mehr Menschen um ihre Existenz bringen!" ,, Also Maschinenstürmer?"

,, Ich weiß, daß man diesen gottverfluchten Fortschritt nicht aufhalten fann- leider! Aber fein Mensch wird mich dazu bringen, das anzubeten, was ich verfluchen möchte!"

,, Unser Unglück ist", warf hier Albert ein, ,, daß der Fortschritt der Technik zu rasch geht. Wir können uns ihm nicht anpassen." ..Zumindest müßte man gefeßlich für zehn Jahre alle weiteren Erfindungen verbieten!" Weltlin lachte laut auf.

,, Ja, lachen Sie nur! Wir wissen wohl, daß das nicht geht, aber das ist unser Malheur, daß wir alle ratlos vor diesem Chaos stehen, das die Maschine hervorge= rufen hat."

Eine Mutter weint

( Fortsetzung folgt.)

Novembergedanken an den Krieg/ Von Gottfried Kapp

Am Nachmittag des dritten Tages der Wande­rung sah ich endlich am Rand der Hochebene ein Häuschen liegen, in weitem Bogen umgrenzt von einem kniehohen Steinwall. In dessen innerem Bereich zählte ich sieben unansehnlich magere Kühe; sie rissen mit ihren Zungen das bißchen Kraut ab, das zwischen den Steinen wuchs. Eine alte, frumm­gebückte Frau molt, einen Holzeimer zwischen den Knien, die dürren Tiere. Ich setzte mich auf die Schwelle und wartete; niemand war im Hause. Als die Alte kam, bat ich sie um ein wenig Milch, Brot und Käse gegen gute Bezahlung. Sie gab feine Antwort; doch schlug sie die gesenkten Lider auf, was ich mir so auslegte, daß ich ihr ins Haus folgen sollte. Es hatte zwei Räume. In dem ersten, gleich hinter der Schwelle, standen ein. entendem Rauchfang; in dem anderen, kaum durch Tisch, eine Bank, eine Feuerstelle, mit darüber sich jentendem Rauchfang; in dem anderen, kaum durch

ein Eckchen Wand von dem einen gretrennt, ein Schrank, ein Stuhl und ein Bett, wenn man ein mit Decken gefülltes Gestell so nennen fonnte. An der anderen Seite war ein zweites, aber leer, und, mie es schien, lange nicht benutzt.

Die alte Frau schöpfte eine Tasse voll von der frischen Milch aus dem Eimer, stellte sie auf den Tisch, nahm ein Messer und ein Brot und schnitt Stücke davon herunter; alles ohne ein Wort zu sagen, so daß es mir unheimlich zumute wurde. Todmüdigkeit zwang mich auf die Bank und ich begann zu essen. Dabei hate ich Zeit, sie zu be­trachten. Es mar nur ihr Schweigen, das Furcht einflößte. Die mehen, zerfurchten Züge, die ge­schlossenen Lider, der gefrümmte Gang, die Stille, in der sie hantierte, das Brot für mich schnitt, laut­los und wie mit Schmerz beladen, hin und wieder ging, erweckten Mitleid, das sich nicht laut äußern durfte und verhalten bleiben mußte wie unge= meinte Tränen, wollte man ihr nicht noch meher tun.

Warum sprach sie nicht? Warum fragte sie nicht? Es war im dritten Kriegsjahr, und die menigen Menschen, die hier oben einfam im Ge= birge lebten, hatten, wenn ich bei ihnen Rast machte, sich überſtürzt mit gierigen Fragen nach den Ereignissen in Rußland und Frankreich . War die alte Frau taub? Stumm? Zürnte sie mir, weil ich in ihre Einsamkeit ein­

gebrochen war? Ich legte ein paar Geldstücke auf den Tisch, und, obwohl immer noch sehr müde, be­schloß ich, meines Weges zu ziehen. Die Alte sah das Geld und schüttelte den Kopf. Ist es zu menig? Wieviel fostet's denn?" Sie mehrte

wieder mit Kopfschütteln ab und ging zur Tür hinaus. Dann hörte ich sie nebenan im Stall arbeiten.

Darüber schlief ich ein. Als ich erwachte, wun­derte ich mich über meine Lage. Ich lag auf der Bank ausgestreckt, eine zusammengerollte Decke war unter meinen Kopf geschoben, eine andere hüllte mich von oben bis unten ein. Ich trat in die Tür und sah, daß die Sonne an der entgegen­gesetzten Seite stand; der folgende Tag mußte schon lange angebrochen sein. Die Alte molk wieder die Kühe, die jetzt fern, am Rand der Hochebene, weideten. Nach einer Stunde kam sie mit dem gefüllten Eimer zurück. Wieder schöpfte sie mir Milch, wieder schnitt sie mir Brot. Während ich , hörte ich sie nebenan im Schrank framen. Darauf trat sie vor den Tisch, einen Packen Briefe und einige Postkarten in der Hand. Sie bat, mit einer rauhen und des Sprechens ungewohnten Stimme, so daß ich erst Mühe hatte, sie zu ver­stehen: Lies mir vor, mas der Junge schreibt!" Der Schreiber war ihr Sohn; er diente als Ar­tillerist vor dem Feinde. Die Schriftzüge waren ungelent, die Worte unfaßlich geschrieben. Fast jedes mußte ich aus der dem Soldaten geläufigen Rechtschreibung in die unsere enträtseln.

Der erste Brief war vom September 1914; in jedem folgenden Monat ein neuer. Alle enthielten nur menige Zeilen, durchweg die gleichen: ,, Liebe Mutter, mir geht es gut in dem schrecklichen Krieg. Geht es Dir auch gut? Wirst Du mit den Kühen fertig? Die Feldarbeit laß nur? Für Dich brauchst Du ja auch wenig Gemüse. Ist niemand, der Dir Kartoffeln bringt und Brot? Der Briefträger soll Dir den Brief vorlesen. Viele Grüße, Dein Hein­rich." So waren sie alle, bis zum letzten. Aus diesem mußte ich die Versicherung, daß es dem Schreiber gut gehe, auf ihren Wunsch der alten Frau zweimal vorlesen.

Wie es sich fügte, weiß ich nicht mehr; ich blieb eesechs Wochen oben, half der Alten bei der Arbeit in dem steinichten Acker hinter dem Hause, trug ihr den Eimer und schlug Holz für den Winter klein, das ich aus den tiefer gelegenen Wäldern holte. Zuweilen sprach sie nun auch, wenig und

Haben Sie den Saz in Erinnerung, bem Spruchgedicht um 1340 abgehadt. So erfuhr ich nach und nach, daß der

in

der Herr ernstlich behauptete, daß das Un­heil unserer Zeit nicht so sehr von der unge­rechten Verteilung der Güter fomme, als von deren zu geringer Produktion? Welch ein Un­sinn! Gerade daran franken wir doch, daß planlos erzeugt wird, daß viel zu viel er­zeugt wird. Es ist kein Geld da, um all diese Waren, die da erzeugt werden, zu kaufen. Bedürfnis für all diese Güter wäre ja vor­handen. Wir alle hätten Bedürfnisse nach Kleidern, Schuhen, Wäsche..."

,, Das Bedürfnis nach reiner Wäsche sollte insbesonders bei Ihnen groß sein!" warf ein schmächtiger, blonder Mensch ein, der die ganze Zeit über schweigend dagesessen war.

Der Mähnige fnurrte mißvergnügt, fuhr aber unbeirrt fort: ,, Wir alle hätten Bedürf niffe, fönnen sie nicht befriedigen, und die erzeugten Güter sammeln sich an, finden feinen Abjazz. Und nun fommt dieser Neun­malweise und erzählt uns, wir sollen noch

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Erde ist alles, was ich seh'! Glas ist Erde, Holz ist Erde,

Silber ist Erde .

Erde ist überall, wo ich geh': Heimat ist Erde, Acker ist Erde, Fremde ist Erde .

Erde wird alles, was ich hab': Glück wird Erde, Ehre wird Erde, Liebe wird Erde .

Erde wird aller Menschen Grab: Verfolgter wird Erde, Berfolger wird Erde, Alles mird erdengleich.

( Nachdichtung von Walter Medauer.)

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Postbote ihr nur zwei Briefe vorgelesen hatte, dann war auch er eingezogen worden. Jetzt brachte sein achtjähriges Kind, das auch nicht lesen konnte, alle vier Wochen den Brief, Brot und Salz; dafür nahm es den von der Alten in der Zwischenzeit bereiteten Käse mit in das ferne Tal. Im Winter kam es gar nicht.

Drei Jahre voll Warten, Hoffen, Qual und Ge­duld, groß wie der unendliche Himmel um uns und wie die Einsamkeit, die auch keine Grenzen hatte. Und all dies diesem alten, gekrümmten Weib in die Brust gepreßt.

Nach fünf Wochen erschien das Briefträgerkind, die Alte war nicht im Hause. Es brachte einen Brief, von fremder Hand geschrieben. Ich wußte schon, was er enthielt, ehe ich ihn gelesen hatte. Da schrieb ein Hauptmann von dem unvergeßlichen, tapferen und treuen, toten Kameraden. Der Brief begann: ,, Gnä­dige Frau!" Ich sah die gnädige Frau über den Weg kommen, verhuzelt, vertrümmt, vergrämt, den Holzeimer in der Hand, auf nackten Füßen.

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während der farierte Rod ihr um die dürren Beine schlug. Sie rastete eine Weile und sah sich um. Als sie das schon fern abwandernde Kind erblickte, ergriff sie schnell den hingesetzten Eimer und kam aufs Haus zu. Ich hatte den Brief zwischen die übrigen gemischt; ich tat so unbe­fangen, wie es mir möglich war, und zeigte auf das von dem Kind gebrachte Brot und das Säck­chen Salz.

Am Nachmittag, als ich wieder allein war, nahm ich das Briefpäckchen in die Hand. Der Brief des Hauptmanns lag unter den übrigen. Die alte Frau hatte ihn gesehen. Mir wurde es trostlos zumute. Beim fargen Nachtmahl saßen wir uns schweigend gegenüber. Dieses Schweigen war anders als die stumme und heroische Qual an den übrigen Tagen; es redete mit tausend blutenden Zungen. Mir schnürte sich das Herz zusammen. Immer, auch in der ganzen letzten Woche, war ich zu feige und zu bedrückt, um zu reden. Ich be= schloß, weiterzuwandern, legte Geld in den Schrank und nahm Abschied von der Alten. Schnell und gewaltsam; denn zum erstenmal in dieser Stunde sah ich, wie die lang gestauten Tränen feucht in die müden, erloschenen Augen stiegen..

Wirkung über= raschend!

Ich gebrauche jeßt die dritte Flasche Ihres bulgartschen Knoblauchsaftes und muß fest­stellen, daß die Wirkung überraschend ist. Schon nach der ersten Flasche trat eine Befferung meines Leidens ein und ich kann heute wieder sehr gut schlafen, während ich früher die ganze Nacht kein Auge zuge­macht habe. Ich werde die Kur fortseßen und Sie überall weiterempfehlen. M. Bukowskt, Gladbeck t. Westf. Johowstr

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