Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Hr. 204.Dienstag, den 1. Septemder 1896.13. Jahrg.Uolmles.An die Genosse» im 4. Wahlkreise! Es ist die Auf-gäbe eines jeden Parteigenossen, nicht allein den„Vorwärts" nurzu lesen, sondern auch für dessen weiteste Verbreitung unermüdlichzu wirken und neue Abonnenten zu gewinnen. Für pünktlicheLieferung jeder Arbeiterliteratur bringen wir hiermit dieParteispedition unseres Kreises in Erinnerung und bitten»m geneigten Zuspruch. Die Speditionslokale befinden sich imOsten bei Robert W e n g e l s. Fruchtstr. 30, H. I; im Süd-Osten bei Fritz Thiel, Skalitzerstr. 35 v. pt. Ferner werden inallen den Parteigenossen sonst bekannten Lokalen Abonnements-auftrage entgegengenommen.Achtung! Frauen und Mädchen. Am Donnerstag, den3. September, abends S>/s Uhr, findet Swinemünderftr. 35 eineöffentliche Volksversammlung statt, in der Herr Waldek Manasseüber den Kampf ums Dasein referiren wird. Das Erscheinenvon Frauen und Mädchen ist besonders erwünscht. Die Ein-b eruferin.Die Lassallefeiern, welche am letzten Sonntag in Berlinund Umgebung abgehalten worden sind, haben unter zahlreicherBetheiligung der Parteigenossen als echte Volksfeste eine» präch-tigen und theilweise überaus erhebenden Verlauf genommen.Trage» sie auch nicht so sehr den Charakter einer Todtenfeier,wie dies in den siebziger Jahren üblich war. so zeigte die Be-geisterung. mit der überall den Festreden zugehört wurde doch,daß der Name des großen Vorkämpfers auch der jüngeren(Seneration tief in der Seele geschrieben steht.Verhindert wurde die Feier bekanntlich in Reinicken>d o r f. Der Besitzer des„Seebades", ein Herr Kreuziger, derals Israelit ebenso fromm wie als Deutscher patriotisch ist. hatteden Pächter wegen einer Schuldsorderung exmittiren lassen. DieAnnahme des Geldes, welches nachträglich herbeigeschafft wordenwar, verweigerte Kreuziger mit den Worten, er wolle nicht, daßdie Feier in seinem Lokale stattfinden solle. Großer Jubel herrschtwegen dieses ruhmvollen Sieges unter den Reinickendorfer Ord-nungsbrüdern. Die Lassallefeier für Reinickendorf findet nunmehram 6. September im Marienbad auf Gesundbrunnen statt. Dieverausgabten Billets behalten ihre Giltigkeit. Auch die BerlinerParteigenossen werden um zahlreiche Betheiligung ersucht.Die Erinnerung an die Zeit und Handh.......des Sozialistengesetzes ist bei der letzten L a s s a l l e"Feier wohl in manchen älteren Berliner Parteigenossenwach geworden. Zehn Jahre sind es gegenwärtigher, daß der Berliner Polizeipräsident wegen der Lassalle-Feier die damals bestehenden sozialdemokratischen Organi-sationen, die Arbeiter-Bezirksvereine, auslöste.Als die Berliner Parteigenossen 1336 in Grünau das An-denken unseres unvergeßlichen Tobten feierten, wurden sie schonam frühen Morgen von Geheimpolizisten und kriegsmäßig aus-gerüsteten Gendarmen überwacht. Die kampfesfrohe Feststimmungkonnte aber durch keine aufgepflanzten Bajonnete gestört werde»,der eigentliche Zweck der Feier und das Gedenken an die vielenMitkämpfer, dre um ihrer Ueberzeugung willen verfolgt undausgewiesen waren oder im Gefängniß schmachteten, veremte dieBerliner Sozialdemokratie zu einem erhebenden Feste.Die Lassalle> Feier wurde gerächt an den Arbeiter- Bezirks-vereinen. Diese hatten durch eine Annonce im„Volksblatt"ihre Mitglieder zur Betheiligung aufgefordert. ein Verbrechen.das die Organisationen mit ihrem Leben büßen sollten. Am4. September 1886 wurde das V e r b o t der Vereine publizirt.Abermals eine große Aktion gegen die Sozialdemokratie. Vorherhatte die Staatsgewalt schon manche Form gesprengt, in der sichdie verhaßte Arbeiterpartei organisirt hatte, und nachher gab esgleichfalls der Bedrückungen und Verfolgungen mancherlei. Werkennt sie nicht, die preußischen Berühmtheiten Puttkamer, Jhring-Mahlow, Naporra, Haupt, Schröder, Ehrenberg und so weiterbis zum Köller herab? Sie alle waren ausersehen, die Sozial-demokratie zu vernichten, und sie alle erreichten immernur das Eine, daß sich neue begeisterte Schämten ihranschlössen. Binnen wenigen Jahren ivurde die Sozial-demokratie unter Maßregelungen und Verfolgungen zur stärkstenPartei Deutschlands, während der Vater des Sozialistengesetzesthatlos sein Werk verfallen sehen mußte und die Regierung inihrem Vernichtungskampf glücklich beim Zickzackknrs anlangte.Für die Sozialdemokratie gilt aber alle» Feinden gegenüber nachwie vor Auoorf's schönes Wort:Schließt die Phalanx in dichten Reihen,Je höher uns umrauscht die Fluth,Je mehr mit der Begeist'rung GluthDem heil'gen Kampfe wir uns weihen!Ein Bild auS dem Landarbcitcr-Eleud. Das Mitleidder Vorübergehenden erweckte am Montag Nachmittag gegenl'/e Uhr in hohem Grade eine aus Mann und Fra», einemdreijährigen Mädchen und einem Säugling bestehende ländlicheArbeiterfamilie, die in der Seydelstraße an der Ecke der Grün-straße auf dem Bürgersteige sich niedergelassen hatte. Die ganzeFamilie war ärmlich gekleidet, einige Kleidungsstücke waren noch„i zwei Bündel gepackt. Der Säuglina lag an der entblößtenMnlterbrust. Bald hatte sich um die Hilfsbedürftige eine großeMenschenmenge angesammelt. Auf Befragen nach seinem Schicksalzeigte der Mann eine Jnvaliditätsversicherungs- Karte auf denNamen Johannes Drosch und erzählte, er sei in Schlesien durchein BreSlauer Bureau an einen Gutsbesitzer bei Kolberg ver-mielhet worden. Der Vermittler habe ihm 1,50 und seinerFran 0,30 M. Tagelohn zugesichert. In Kolberg angekommen,habe er jedoch eine arge Enttäuschung erfahren. DerGutsbesitzer habe ihm nur 80 und seiner Frau nur 40 Pf. denTag geben wollen. Daraufhin habe er sich mit seiner Familieaus den Rückweg gemacht. Von Kolberg zu Fuß hierher ge-wandert, liege er nun ohne Mittel in Berlin und wisse nicht,wohin. Ein Schutzmann machte der Erzählung ein Ende. Erzerstreute die Ansammlung und forderte die Leute auf:wenn sie etwas wollten, auf die Revierwache zu gehen,aus der Straße könnten sie nicht sitzen bleiben. DieFamilie erhob sich dann auch, nach der Wache ist sie jedoch nichtgekommen, sei es. daß sie den Weg nicht gefunden hat. sei es.daß sie einer näheren Bekanntschast mit der Polizei ausweichenwollte. Gerade in jenem Stadtviertel nämlich haben sich schonöfter ähnliche Szenen abgespielt, bei denen sich nachträglichheransstellte, daß man es mit einem einträglichen Schwindel zuthun hatte.Der Verband deutscher Architekten- nnd Ingenieur-vereine ist zur Zeit im Reichstagsgebäude versammelt. ImRarhhause feierte der Verein am Sonntag sein L5jähriges Bestehen.Der„Deutschen Warte" fällt es urplötzlich ein, des Pro-zesses zu erwähnen, in dem der„Vorwärts" wegen Beleldlgungdieses Blattes zu 30 M. Geldstrafe verurtheilt wurde. Augen-scheiulich ist am Sonntag die Meldung von der Benirtheilungzum Zweck des Abonnentenfanges gebracht worden. Wäre esdem Blatt darum zu thun gewesen, seine Leser über die Angelegen-heit selber aufzuklären, so hätte es in der ausführlichen Form.wie di«S s.Z. vom„Vorwärts" geschah, den Gerichtsbericht bringensollen. Da aber die Gerichtsverhandlung über den wunderlichenProzeß für das Blatt nach keiner Richtung hin etwasVortheilhaftes zu tage förderte, so begnügte sich die„DeutscheWarte" am 22. Juli damit, ganz knapp, in wenigen Zeilen dieleidige Affäre abzuthun. Jetzt meint man augenscheinlich, daßGras über die Sache gewachsen sei und ist so thöricht, mit demfür uns außerordentlich amüsanten Fall zu renommiren!Mit elektrischer Beleuchtung sind probeweise jetzt auchzwei Omnibuswagen der Linie Rosenthalerstraße- Rixdorf ver-sehen.Ein Zusammenstoß zweier Züge der elektrischen Straßen-bahn Leipzigerstraße-Treptow fand am Sonntag Nachmittag aufder Köpnicker Landstraße statt. Gegen zwei Uhr hielt ei» vonBerlin kommender, aus drei Wagen bestehender Zug an derVerbindungsbahn- Brücke, als ein zweiter Zug mit voller Fahr«geschwindigkeit von Berlin her herangesaust kam. Der Akku»mulatorenwagen desselben fuhr mit solcher Kraft auf den ihmvorstehenden Train, daß der zweite Wagen des letzteren, theil-weise zertrümmert, außer Betrieb gesetzt werden mußte. DiePassagiere hatten sich durch rechtzeitiges Abspringen gerettet.Ueber einen Mordversuch wird amtlich berichtet: Gesternfrüh gegen 3>/« Uhr versuchte der Bernauerstr. 16 bei den Elternwohnhafte 26 Jahre alte Schneider Paul Wilhelm seine inder Schönholzerstraße wohnende Braut, die 24jährige SchneiderinAmalie Malta n, auf der Treppe mittels eines neuen, offenbarzu diesem Zweck gekauften Schustermessers durch einen Stich in dentals �u tobten. DerThäter ergriff die Flucht, wurde aber bald in derIrelitzerstraße ergriffen. Das Mädchen ist lebensgefährlich verletztund befindet sich im Lazarus-Krankenhause. Der Thäter istwegen versuchten Todtschlags bereits vorbestraft. Er scheint dieThat aus Eifersucht begangen zu haben.Von anderer Seite wird noch berichtet: Die beiden hattenbereits vor Jahren ein Liebesverhältniß; als aber Wilhelm, derdurch seine zügellose Heftigkeit bekannt war, sich dem Mädchenvor kurzer Zeit, nachdem er eine längere Freiheitsstrafe wegenversuchten Todtschlages verbüßt hatte, wieder nähern wollte,wies ihn seine ehemalige Braut, die als ein arbeit-sames und außergewöhnlich hübsches Mädchens geschildertwird, zurück. Als alle seine weiteren Versuche, die Be-zichungen wieder von neuem zu knüpfen, an der Stand-baftigkeit der Mattan gescheitert waren, beschloß Wilhelm, dasMädchen zu tödten. Er ließ sich am Sonnabend Abend in demHanse, in welchem seine ehemalige Geliebte wohnte, einschließen,nachdem er sich mit einem großen und scharfen Messer bewaffnethatte, und erwartete die Heimkehr der Mattan, die in Begleitungeines Mannes, mit tvelchem sie inzwischen ein Berlöbniß ein-gegangen war. einen Sommernachtsball besuchte. Gegen 3 Uhrkehrte das Mädchen heim nnd wurde sofort von Wilhelm au-gegriffen und schwer verwundet.Lcdcrdiebstahl. Am Donnerstag voriger Woche wurden, wiewir schon kurz berichteten, in der Jüdenstr. 54 bei einem Leder-Händler Wolff ca. 50 Zentner Häute gestohlen. Die Diebe warenniorgens zwischen 6 und 7 Uhr beobachtet worden. Sie hattendas gestohlene Leder auf einen Möbelwagen verlade» undJo transportirt. Die Augenzeugen hatten natürlich keinenlerdacht, da man an einen unberechtigten Transport des Ledersunmöglich glauben konnte. Der Bestohlene hatte für die Wieder-beschaffung des Leders eine Belohnung von 100 M. ausgesetzt.Am Sonnabend Nachmittag erhielt Herr W. einen anoupmenBrief, in welchem ihm mitgetheilt wurde, daß das gestohleneLeder in dem Laden eines Fabrikanten zu finden sei. Da auchdie genaue Adresse des Beschuldigten angegeben. so war es derPolizei ein Leichtes. diese zu ermitteln. und bei einer noch amAbend vorgenommene» Haussuchung wurde fast das gesammtegestohlene Gut vorgefunden, nur fünf Häute waren zerschnittenund bereits zu Fabrikationszwcckcn hergerichtet.Wie bequem es die Unternehmer zum theil haben, wennsie ihren Zlrbeitern geringen Lohn zahlen wollen, zeigt ein Vor-fall, der uns ans dem Betriebe des Fuhrherrn D. aus der Warten-burgstraße berichtet wird. Als zwei Arbeiter sieben Tage langfür den Herrn Kohlen abgeladen hatten, bot sein Inspektor denbeiden einen Akkordlohn, der sich um 19 M. niedriger als derübliche Tariflohn stellte. Die aus des höchste erstaunten Arbeiterverlangten natürlich ihr volles Geld, doch drohte der Inspektorden Leuten mit Prügeln, als sie darauf verwiesen, daß sie mehrzu fordern hätten. Eine Klage beim Gewerbegericht, von der sieflch bestimmt Erfolg versprachen, war nicht möglich, da Frauund Kinder zu Hause ohne Brot saßen. So blieb demArbeitern nichts übrig, als mit dem geringeren Lohnvorlieb zu nehmen, der ihnen aber wohlweislich auch erstgezahlt wurde, als sie das bekannte Schriftstück unterschriebenhatten, das die bei den Unternehmern so sehr beliebte Er-klärung enthielt,„auf jegliche weitere Ansprüche verzichten zuwollen."Selbstmord eines Liebespaares? Eine räthselhafte An-geleaenheit beschäftigt gegenwärtig die hiesige Kriminalpolizei.Derselben war unterm 26. August ein in Stettin aufgegebenerBrief zugegangen, der die Mittheilung enthielt, daß die Absenderdesselben sich nach dort begeben hätten, um freiwillig aus demLeben zu scheiden. Das Schreiben, welchem eine polizeiliche Ab-Meldung beigefügt war. enthielt die genaue Personalbeschreibungder Lebensmüden. In den letzteren vermuthet man ein Liebes-pärchen, denn am Schlüsse des Briefes war die Bitte aus-gesprochen, sie in ein gemeinsames Grab zu betten. Nach demweiteren Inhalte des Schreibens handelt es sich um den 27jührigenKaufmann Johann Friedrich Matukat aus Szuskehmen(KreisGumbinnen) und die 21jährige Marie Kaminsky ans Wehlau.Die hiesige Polizei hat nun das Schreiben nach Stettin ge-sandt, um dort Nachforschungen nach den Lebensmüden anstellenzu lassen.Bei einer Gasexplosion auf dem Anhalter Bahnhofe istSonntag Vormittag der Arbeiter Bietz schwer verunglückt. Indem Ankleideraum der kkofferträger nahm man gegen 8 Uhr einenstarken Gasgeruch wahr. Der auf dem Bahnhofe angestellteGasarbeiter Bietz erhielt den Auftrag, nach der Ursache desGeruchs zu forschen und etwaige schadhaste Stellen in der Leitungausfindig zu machen. Während Bietz allein in dem ziemlichgroßen Räume war, vernahmen die Beamten und das Publikum,das sich in der Vorhalle befand, plötzlich einen heftigen Knall.Einige beherzte Männer eilten gleich in den Ankleideraum undfanden Bietz schwer verletzt und bewußtlos am Fußboden liegen.Man alarnnrte die Feuerwehr, die dem Verwundeten den erstenVerband anlegte. Bietz hat am Kopfe und am Halse bis aufdie Brust herab, sowie an beiden Armen schwere Brandwundenerlitten. Der Verunglückte wurde nach der Charitee gebracht, woer so schwer danieder liegt, daß die Aerzte an seinem Auf-kommen zweifeln.Erschossen hat sich am Montag Morgen der RestaurateurAugust Höllerer aus der Blumenstr. 9. Höllerer's Frau ist seitzwei Jahren Inhaberin der Theaterwirthschaft des Residenz-Theaters, in der ihr 54 Jahre alter Mann die Stelle einesKellners versah. Selbst eine Wirthschaft zu leiten, war er nichtim stände, da er sehr stark trank. Gestern Morgen 5>/e Uhrtödtete Höllerer sich durch einen Revolverschnß.Verschwunden ist seit Freitag Mittag 12 Uhr der 5 Jahre4 Monate alte Sohn des in der Görlitzerstr. 35, vorn 1 Treppewohnenden Zimmermanns Valentin Grohn. Der Kleine warmit grauer Jacke, blauer Satinhose, weißem Leibchen, rosa Trikotund weißem Leinenhemde bekleidet. Der Knabe hat dunkel-blondes Haar, ist in der körperlichen Entwickelnng etwas zurück-geblieben und spricht undeutlich. Wer über den Verbleib desKindes etwas weiß, wolle das nächste Polizeirevier oder die be-trübten Eltern in Kenntniß setzen.Der Ruhm, der älteste Bewohner Berlins zu sein, wirddem alten Prenzler streitig gemacht durch die Wittwe FrauCharlotte Brehmer, Kastanien» Allee 40. Am kommenden8. Februar wird sie 103 Jahre alt. Frau Brehmer ist am3. Februar 1794 zu Frankfurt a. O. geboren. Kurz nach Be«endigung der Freiheitskriege verheirathete sie sich mit dem imJahre 1343 zu Berlin verstorbenen Steuererheber Brehmer.Seit nunmehr 66 Jahren wohnt die Greisin in Berlin, die letztenJahrzehnte bei ihrem ältesten Sohne, dem 70jährigen HerrnBrehmer. Bis heute erfreut sie sich der besten Gesundheit; siehat drei Söhne, zehn Enkel und zwanzig Großenkel.Polizcibericht vom ZV. August. Am 23. v. M. abendsvergiftete sich der 29 Jahre alle Kaufmann Rudolph B. in seinerWohnung in der Hornstraße.— Am 29. v. M. vormittags stürzteder 34 Jahre alte Privatier August Hagedorn im Hause Kam«mandantenstraße 13 infolge eines Herzschlages von der Treppeund verletzte sich im Gesicht und an den Händen. Erwurde niittels Droschke nach der Unfallstation X gebracht,wo der Arzt indessen nur noch den inzwischen bereitserfolgten Tod feststellen konnte. Die Leiche wurde indas Schauhaus überführt.— Vor dem Hanse Friedrich-straße 209 fuhr mittags ein Omnibus der Linie Badstraße—Marheineke-Platz gegen einen Handwagen und schob ihn gegeneine davorstehende Droschke, so daß die Deichsel zerbrach. Hierbeikam der Führer des Handwagens, der 18jährige Arbeiter WillyWitte zu Falle, gerieth mit der Hand unter die Räder desOmnibus und erlitt eine schwere Verletzung, so daß er nachder Unfallstation I gebracht werden mußte.— Auf dem NeubauNene Friedrichstr. 43 brach nachmittags im 3. Stock der 46jährigeArbeiter Ferdinand Glöde mit einer zwischen zwei eisernenTrägern befindlichen, in Zement hergestellten Wölbung durch undstürzte, da durch die Trümmer auch die Gewölbe in den unterenStockwerken durchschlagen wurden, in den Keller hinab, wo erschwer verletzt liegen blieb. Nach Anlegung eines Verbandeswurde er mittels eines von der Unfallstation X herbeigeholtenWagens nach der Universitätsklinik gebracht.— In der Nachtzum 30. v. M. wurde in der Karlstraße die 23jährige NäherinIda Heinrich bewußtlos und mit einer stark blutendenVerletzung am Hinterkopfe aufgefunden und nach der Sanitäts-wache in der Eichendorffstraße gebracht, wo ihr ein Verbandangelegt wurde. Nähere Angaben über den Unfall vermochtesie nicht zu- machen.— Am 29. v. M. gegen Mitternacht brachin der im vierten Stock des Hauses WeinbergSweg 7 belegenenWohnung des Magistrats-Burean-Assistenten Otto in einer kleinenKammer Feuer aus, das sich bereits über den ganzen Korridorverbreitet und die Stubenthür ergriffen hatte, als die FamilieauS dem Schlafe erwachte. Während die beiden Kinderunversehrt den Treppe nflur erreichten, erlitten Ottosowohl als auch seine Ehefrau Brandwunden am Kopfeund den Füßen. Sie wurden durch Mannschaften derherbeigerufenen Feuerwehr verbunden.Aus den Nachbarorten.Ueber eine schwere Ansschreitung cineS RixdorferGendarmen meldet ein Berichterstatter folgendes: Der in derPrinz Handjerystraße zu Rixdorf wohnhafte Schlosser Kettuerverursachte in der Nacht zum Sonntag vor dem Amtshause inRixdorf ruhestörenden Lärm, wodurch ein größerer Auflaufenfftaud, der den in der Nähe palrouillirenden GendarmSchneider zum Einschreiten veranlaßte. Der Exzedent er-zählte nun dem Beamten, daß er soeben auf den KöllnischenWiesen von einer Rotte von Strolchen überfallen wordensei, welche ihn arg mißhandelt hätten. Hierauf forderteder Gendarm den Kettner ans, sich ruhig zu verhalten und seinerWege zu gehen. Da diese Aufforderung keinen Erfolg hatte.Kellner vielmehr zu lärmen fortfuhr, schritt der Beamte nunmehrzur Verhaftung desselben. Als der Arrestant dem Amtsgerichts»gefängnisse zugeführt werden sollte, leistete er energischen Wider«stand, indem er sich mit aller Kraft an das Treppengeländer desAmtshauses anklammerte. In diesem Augenblick kam der beritteneGendarm Bornemann hinzu, der ohne weiteres seinen Säbel zogund damit dem Widerspenstigen mehrere Hiebe über den Kopfversetzte, so daß der Getroffene blutüberströmt zu Boden sank.Der sofort herbeigerufene Arzt Dr. Nagel legte Nothverbände anund stellte folgende Verletzungen fest: 1. auf der Höhe desScheitels etwa eine 7 Zentinieter lange, die Kopfhaut durch-dringende Wunde; 2. auf dem Hinterkopf links nach dem Ohrezu eine 2 Zentimeter lange Wunde; 3. auf der vorderenKopfseite eine 6 Zentimer lange Wunde und 4. auf der Stirn.oberhalb des linken Auges, eine die ganze Stirnhaut bis aufden Knochen durchdringende, 7 Zentimeter lange Wunde. NachAussag» des Arztes sind die beiden 7 Zentimeter langen Wundendurch einen scharfen, die übrigen durch einen stumpfen Gegen-stand dem Kettner beigebracht worden. Der Verletzte wurde aufAnordnung des Amtsvorstehers Boddin nach seiner Wohnungentlassen, während der Gendarm bis auf weiteres vom Dienstesusvendirt wurde. Mit der Untersuchung dieser Angelegenheitist der Eendarmerie-Oberwachtmeister Peine betraut worden.Betreffs der zweite» Ringbahnstatire:«Hc Rixdorf ander Hermannstraße, welche von den Interessenten seit Jahr undTag angestrebt wird, hat jetzt der Eisenbahnminister den letzterenmitgetheilt, daß der Anlegung der Station nichts mehr im Wegestehe und mit dem Bau derselben sofort bshonnen werden könne,wenn— die Kosten in Höhe von 90 000 M. von den Interessenten getragen und vorher sicher gestellt würden. Wie dieInteressenten hoffen, werden sie die Bedingung des Eisenbahn-Ministers erfüllen können, obgleich gegenwärtig erst ein Drittelder geforderten Summe gezeichnet ist, die Gemeinde aber für de»zweiten Bahnhof keinen Zuschuß bewilligen will.Arbciterrisiko. Aus der dritten Etage ist am SonnabendNachmittag der in Schöneberg, Kyffhäuserstraße 4, wohnende46 Jahre alte Arbeiter Ferdinand Glöde in den Keller gestürzt.Der Verunglückte war aus einem Neubau in der Neue» Friedrich-straße 43 damit beschäftigt, eine Verschalung abzudecken. Dabeimuß er wohl eine Versteifung mit abgeschlagen haben, den»plötzlich stürzte er mit einer Fensterkappe aus dem dritten Stockwer.herab, schlug im Fallen die Kappen im zweiten und ersten Stockeab und blieb schwer verletzt im Keller liegen. Das rechte Beinwar derartig zerschmettert, daß es in der königliche» Klinik.wohin man den Verunglückten brachte, unter dem Knie ab»genommen werden mußte.Ueber den Leprafall in Charlottcnbura, welcher berech«tigtes Aufsehen erregt, schreibt die„Berliner Klinische Wochen-schrift", daß es sich um eine 40jährige Dame handelt, die bisherfast dauernd in Brasilien wohnhaft war und sich jetzt hier nieder-X