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Wahlsonntag bei Verkehrsstille

Ueberall Ruhe in Berlin  ; starke Wahlbeteiligung

Die fast völlige Verkehrsstille, die auch am gestrigen Wahlsonntag herrschte, gab dem 5. Wahltag des Jahres 1932 ein ungewohntes Bild. Es war der nüch­ternste und ruhigste Wahlsonntag, den Berlin   seit langem erlebt hat. Zum größten Teil ist das natürlich auf den an­dauernden Verkehrsstreik zurückzu­führen, auf das Fehlen der öffentlichen Verkehrsmittel. Das änderte sich auch nicht, als im Laufe des Vormittags ver­einzelt einige Straßenbahnwagen in Er­scheinung traten. Der Autobus blieb dem Straßenbild noch fern.

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Ansteigende Wahlbeteiligung Eine Rundfahrt durch die Berliner   Stadt­bezirke ergab über die Wahlbeteiligung am Bor­mittag etwa folgendes Bild:

Der

Bis 12 Uhr mittags hatten es manche Gegenden vielfach noch nicht einmal auf eine Wahlbeteili­gung von 20 Proz. gebracht, während zur gleichen Zeit in anderen Gegenden, zum Beispiel in Char­ lottenburg   beiderseits vom Kurfürstendamm  , sich Schlangen an den Wahlurnen bildeten und um 12 Uhr vielfach schon ein Drittel der eingeschrie­benen Wähler von seinem Wahlrecht Gebrauch ge= macht hatte. In Neukölln hatte die Wahl ver­hältnismäßig am flottesten eingesetzt, während von den sogenannten bürgerlichen Quartieren Wil­ mersdorf   mit Charlottenburg   wetteiferte, während Schöneberg   mit Friedenau   und Steglitz   ebenso wie das Hansaviertel   in Moabit   zurückblieben. Süden und Südwesten hielt sich im allgemeinen im Vergleich zur letzten Wahl, wenngleich auch hier die Wahlhandlung erst verhältnismäßig spät in Gang tam. Das schlechte Wetter am Vormittag führte eben fast überall dazu, daß die wenigsten Lust zum Ausgehen bekamen. Die Berliner  schliefen gestern lange und verließen sich darauf, daß bis 6 Uhr abends gewählt werden konnte. Alles in allem mag bis 1 Uhr mittags besten­falls ein knappes Drittel der eingeschriebe= nen Wähler der Reichshauptstadt an der Urne er= schienen sein, also eine ungewöhnlich geringe Zahl, die aber noch feine Schlüsse auf die endgültige Wahlbeteiligung zuläßt

Die Stimmlotale in den Berliner Bahn= höfen hatten gestern naturgemäß auch weniger zu tun als am 31. Juli zur Zeit des starten Ferienverkehrs. Immerhin waren auf dem An­ halter Bahnhof  , dessen Wahllokal die Wahlhand­lung in Berlin   schon um 4.30 Uhr früh eröffnete, bis 1 Uhr mittags etwa 300 Wähler mit Stimm scheinen, und zwar sowohl Reisende wie Bahn­

beamte, erschienen. Auch die Wahllokale in der Umgebung der Bahnhöfe hatten zahlreiche Stimm­abgaben auf Wahlscheinen zu verzeichnen

Von der 3. Nachmittagsstunde an änderte sich das Bild in fast allen Wahllokalen vollkommen. Mit einemmal setzte der Andrang zu den Urnen ein, und in furzer Zeit waren die Ausfälle der Vormittagsstunden vielfach nicht nur völlig weltgemacht, sondern auch schon überholt.

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So konnte man in den verschiedensten Gegenden feststellen, daß bei unveränderter Zahl der einge­schriebenen Wähler gestern um fünf Uhr nach­mittags schon mehr Stimmen abgegeben worden waren, als bei der letzten Wahl überhaupt. Auch in den westlichen Stadtbezirken kam man gestern zu dem Ergebnis, daß unter Berechnung der für den 31. Juli ausgegebenen Stimmscheine gestern mehr Wähler ihre Stimme abgegeben haben, als bei derlegten Wahl. In vielen Wahllokalen waren schon um fünf Uhr nachmittags 80 Proz. der eingeschriebenen Wähler erschienen, und auch in der sechsten Abendstunde sah man an zahlreichen Stellen noch Schlangen in den Wahl­lokalen. Auf Grund dieses überraschenden An­drangs in den Nachmittagsstunden muß für Berlin  mit einer Wahlbeteiligung zwischen 80 und 85 Proz. gerechnet werden.

Ruhiger Wahlverlauf

Die letzte Nacht vor der Wahl und auch der Wahlsonntag find in Berlin   erfreulicher­weise im großen und ganzen ruhig verlaufen. Auf­fallend gering ist, an früheren Wahltagen ge­Imeffen, die Zahl der Festgenommenen. Während sonst gerade in den letzten 24 Stunden vor der Wahl Hunderte von Zwangsgestellten ins Polizei­präsidium eingeliefert wurden, mußten diesmal faum 80 Personen, meist Mitglieder der nationalsozialistischen und kommunistischen Partei, den Weg zum Präsidium antreten. Die Bergehen dieser Festgenommenen find in der Hauptsache unerlaubte nächtliche Wahl- und Streifpropaganda sowie Rempeleien politischer Gegner. Man kann fagen, daß diefe Reichstagwahl einen begrüßens­werten Tiefstand an Ereignissen und Zwischen­fällen in Berlin   bedeutet.

SA.- Ueberfall auf Sozialdemokraten

Der einzige blutige Zwischenfall, der von SA.­Leuten provoziert worden ist, ereignete sich kurz nach Mitternacht in der Strettstraße in Spandau  . Dort fielen in der Nähe eines Lokals in der Streitstraße 76 zahlreiche S Leute über mehrere Parteigenossen her. Im Ber

Noch immer Teilverkehr!

Neue Terrorakte- 4 Fahrgäste verletzt

Bei Eintritt der Tageshelle wurde auch am Wahlsonntag wieder mit den zur Verfügung ftehenden BBG.- Angestellten ein Notbetrieb auf der Straßenbahn aufgenommen. Bis 12 Uhr mittags fuhren auf 31 Straßenbahn­linien über 200 Triebwagen. Bereits in den Mor­genstunden funktionierte auch der Teilbetrieb auf der U- Bahn zwischen den Stationen Alexanderplatz   und Breitenbachplatz und gegen 1 Uhr mittags wurde dann auch die Nordsüdbahn im Abschnitt Stettiner Bahnhof- Kreuzberg in Be­trieb genommen. Außerdem verließen zum ersten Male nach zweitägiger völliger Ruhe einige Auto­busse die Depots. Aber nur auf den beiden Linien A1 und A 5 wurde der Verkehr aufgenommen.

Während des ganzen Tages verlief der Teilver­fehr der BVG. mit Ausnahme eines Zwischen­falles in Steglig, wo ein Müllkasten auf die Schienen gestellt worden war, ohne Zwischenfälle. Erst in den Nachmittagsstunden, etwa gegen 16,30 Uhr wurden in Niederschönhausen   und in Lichter­ felde   gegen fahrende Straßenbahnen Terror= afte von jüngeren Burschen verübt. In einem Falle waren es vermutlich Nationalsozia= listen und das andere Mal handelte es sich um Kommunisten. In Lichterfelde   schleuderten mehrere Burschen Steine gegen einen Straßen­bahnzug der Linie 177. Drei Scheiben gingen in Trümmer. Ein 50jähriger Fahrgast wurde von einem Stein am Kopf getroffen und erheblich verlegt. Der die Straßenbahn begleitende Polizei­beamte feuerte auf die flüchtenden Täter einen Schuß ab, ohne zu treffen. In Nieder­ schönhausen   befanden sich die Täter auf Fahr­rädern Sie fuhren hinter einer Straßenbahn der Linie 47 her und schleuderten an der Ecke Kron­prinzen und Schloßstraße mehrere handgroße Steine gegen den Wagen. Mehrere Scheiben zer­splitterten. Drei Frauen wurden durch die Steine und Glassplitter im Gesicht verlegt und mußten zur Rettungsstelle gebracht werden. Die Täter entfamen. Kurz vor 20 Uhr wurden mei= tere Ueberfälle auf Straßenbahnwagen ver­übt. In der Schloßstraße in Steglig verübten SA.- Leute ein Steinbombardement auf eine vor­überfahrende Straßenbahn der Linie 74. Mehrere Scheiben wurden zertrümmert. Von den begleiten­

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den Polizeibeamten fonnten 5 Hafenfreuzler feſt­genommen und der Politischen   Polizei übergeben werden. Bei einem anderen Steinbombarde­ment auf eine Straßenbahn der Linie 43 an der Ecke Potsdamer- und Grunewaldstraße wur­den zwei Frauen, die im Innern saßen, durch Scherben der zersplitterten Fensterscheiben verlegt. Mehrere Täter wurden festgenommen.

Polizeiauto verunglückt!

In Spandau   ist in den frühen Morgenstun­den ein Polizeischnell auto der Polizei­unterkunft Spandau   verunglückt. Drei Be­amte wurden erheblich verlegt. Der Wagen geriet infolge des schlüpfrigen Fahrdammes und einiger tiefer Schlaglöcher derart ins Schleu­dern, daß der Führer die Gewalt über sein Fahrzeug verlor und mit großer Wucht gegen einen Baum prallte. Das Auto wurde schwer be­schädigt. Verlegt wurden die Oberwachtmeister Ritter und Viert sowie der Wachtmeister Weiland. Die Verunglückten erhielten auf der Polizeisanitätsstelle erste Hilfe.

Das Tor von Trier  

Falsche Einsturzgerüchte

Ueber die Porta nigra   in Trier  , das be­rühmteste Bauwerk römischer Kultur auf deutschem Boden, sind in der letzten Zeit beunruhigende Nachrichten verbreitet worden. Wie jetzt von amt­licher Stelle mitgeteilt wird, kann von einer Bau­fälligkeit nicht im geringsten die Rede sein Risse, von denen die Zeitungen sprechen, sind, wie Photographien beweisen, bereits in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts festgestellt wor= den. Der moderne Verkehr, besonders der Last­autoverkehr, der in anderen Städten die Bauwerke erschüttert und schädigt, hat auch die alten Bau­werke in Trier   start erschüttert, so daß von der Borta nigra sämtliche Last- und Kraftfahrzeuge abgelenkt worden sind. Die Porta nigra  ( Schwarzes Tor) ist ein aus Sandsteinquadern er= bautes 36 Meter langes und 29 Meter hohes ur­

laufe des Handgemenges wurde Genosse Wilhelm Sch. aus der Württembergstraße in Spandau  durch mehrere Dolchftiche niedergestreckt. Sch. wurde ins Städtische Krankenhaus Spandau   über­geführt. Außerdem erlitten zwei weitere Partei­genossen erhebliche Kopfverlegungen durch Schläge. Beide mußten die Hilfe der nächsten Rettungsstelle in Anspruch nehmen. Vom alar­mierten Ueberfallkommando wurden 9 National­fozialisten festgenommen. Bei den Nationalfozia­listen wurde eine geladene Mauserpistole, ein ge­ladener Armeerevolver, Munition und eine Schließkette gefunden. Zu einem anderen be= merkenswerten Zwischenfall kam es am Sonntag­nachmittag an der Ecke Müller und Ge= richtstraße. Mehrere Kommunisten und Na­tionalsozialisten gerieten in eine Schlägerei, bet der ein SA.- Mann auf die Kommunisten mehrere Schüsse aus einer Pistole abfeuerte. Getroffen wurde niemand. Der SA.- Schüze wurde der Politischen   Polizei übergeben.

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Einen zweiten frechen Ueberfall versuchten die auf einem Sportplay in Lichtenrade   in Ba­raden fajernierten Nazihorden am Wahlsonntag Nachmittag gegen 5 Uhr auf das sozialdemo= kratische Parteilokal von Rohrmann in der Hilbertstraße 19 zu Lichtenrade  . Die Nazihorde stürmte zu Fuß, zu Rad und mit einem Auto, das die Nummer I A 43054 trug, heran, schlug einen vor dem Lokal stehenden Reichsbannermann nieder, wurde dann aber bei dem Versuch, das Lokal zu stürmen, von den zahlreich im Lokal an wesenden Parteigenossen zurückgeschlagen. Ihre Drohung, wiederzukommen, wollten die Strolche tatsächlich nach zwei Stunden, um 7 Uhr, ver­wirklichen. Abermals tamen sie, auf etwa sechzig Mann verstärkt, mit Rädern, dem Auto I A 43654 und zu Fuß heran, wurde jetzt aber von den Par­teigenossen in Empfang genommen und vertrieben.

Wir erwarten von der Polizei in Lichtenrade  , daß sie in Zukunft auf die thakigelben Nazi­banditen in Lichtenrade   ein besonderes Augen­mert hat.

Tod im Wahllokal

Im Wahllokal in der Hauptstraße 112 in Schöneberg   ereignete sich in den gestrigen Nachmittagsstunden ein tragischer Vorfall. Der 77 Jahre alte Pensionär Friedrich Fischer  aus der Guzkowstr. 9 war dort gegen 13 Uhr mit seiner gleichaltrigen Frau erschienen, um zu wählen. Als der Greis seiner Wahlpflicht genügt und das Kuvert dem Wahlleiter gerade übergeben hatte, brach er plöglich tot zusammen. Ein Herzschlag hatte sein Leben beendet.

sprünglich befestigtes, machtvoll wirkendes Tor, das im 11. Jahrhundert in eine Doppelkirche umge­wandelt wurde, 1817 aber seine ursprüngliche Ge= stalt wieder erhielt.

Alarm im Warenhaus

Einbrecher im Goldwarenlager

Der 28jährige Emil D., ein abgebauter Kas­sierer, hatte sich auf den Warenhausdieb= stahl gelegt. Bereits im September d. J. war ihm bei Tieg in der Belle- Alliance- Straße ein Zug geglückt. Er hatte sich damals auf dem Boden des Nachbarhauses versteckt gehalten, bis alles ruhig war. Dann war er auf das Dach des Kauf­hauses geklettert und an der Feuerleiter bis zum zweiten Stockwerk hinuntergestiegen, hatte sich einen neuen Anzug verpaßt, noch ein Paar Mäntel mitgenommen, das Goldwarenlager um Uhren, Schmuckstücke und andere Kleinigkeiten", die sich gut verstauen ließen, bestohlen und war auf demselben Wege, auf dem er gekommen war, auch wieder ungehindert verschwunden.

Was ihm damals am Belle- Alliance- Platz ge­lungen war, sollte ihm jetzt im KdW. total vorbei­gelingen. Bereits am Sonnabendnachmittag

fletterte er aus dem Dachgeschoß des Kaufhauses in

ein Nebenhaus hinüber, hielt sich hier versteckt, schlich, als um 8 Uhr alles ruhig war, durch die Dachluke wieder zurück, schlug ein Toilettenfenster ein und hatte somit Zutritt zu sämtlichen Waren­lagern. In der Sportabteilung versah sich der nächtliche Besucher mit einem gutsigenden Ledermantel, den er gleich anzog. Dann be= gab er sich wieder ins Uhren- und Goldwaren­lager, öffnete mit einem Beil die Vitrinen und pacte alles, was wertvoll schien, in die großen Manteltaschen. Plötzlich aber schrillten und lärm­ten draußen, ohne daß es der Mann gewahr wurde, die Alarmglocken; er war, ohne es zu merfen, einem Alarmfontakt zu nahe gekommen. Die Wächter des Kaufhauses machten sich auf die Suche und trafen im Uhrenlager auf den Mann, der dort verschiedene Glasschränke aufgemacht hatte und gerade dabei war, sich in aller Seelen­ruhe mit Uhren und Schmucksachen die Taschen zu füllen. Auf den Anruf der Wächter ,, Hände hoch!" hielt er überrascht in seiner Tätigkeit inne. Er hatte noch ein Beil in der Hand, das er fort­

warf. Dann wurde er verhaftet und es stellte sich heraus, daß er auch den Diebstahl im Warenhaus in der Belle- Alliance- Straße auf dem Kerbholz hatte.

Elektro- Selbstmord

Monteur tötet sich selbst

Der 22jährige Elektromonteur Friedrich B., Möckernstraße, hat aus wirtschaftlicher Ver­zweiflung in der letzten Nacht seinem Leben auf eine ganz eigenartige Weise ein Ende gemacht. Er verband, während er im Bett lag, eine Antennenschnur mit einem elektrischen Kontakt und wickelte sich die Drähte um beide Handgelenke. Darauf schaltete er den Strom ein. Wie die ärztliche Untersuchung ergab, ist der Lebensmüde sofort tot gewesen.

Wirkung in Amerika  

Interessante Betrachtung zum

Fall Daubmann

Welche Rückwirkung der Fall des falschen Kriegsgefangenen Oskar Daubmann   im Aus= lande gehabt hat, zeigt ein Aufsatz in dem weit verbreiteten amerikanischen   Blatte New York Herald  " vom 28. Oktober, den wir im Auszug wiedergeben:

,, Das Abenteuer des Karl Ignaz Hummel alias Oskar Daubmann  , dieses schlauen deutschen  Schneiders, der vier Monate long durch die deutsche   nationalistische Presse ais das Opfer ..französischer Kriegsrache" angestaunt wurde, wirft ein bezeichnendes Licht auf dus Maß, bis zu dem die Massenpsychose nationalsozia­listischer Heze gehen kann... Als er auf das deutsche   Konsulat in Neapel   fam und sich als Kriegsgefangener vorstellte, der eben aus einem französischen   Lager in Nordafrika   entflohen war, hatte Hummel nur den einen Gedanken, einen Aber Freifahrschein nach Hause zu bekommen. als er an der deutschen   Grenze ankam, fand er dort einen Haufen Menschen, der aufmarschiert war, um ihn als Helden zu empfangen. Da waren Abordnungen nationalistischer und patrio­tischer Vereinigungen jeder Färbung, Bericht­erstatter, die jedes Wort über seine Erlebnisse als ,, letter Kriegsgefangener" hinaustelegraphierten und Photographen, die Aufnahmen machten, um auf die Quälereien" hinzuweisen, denen er aus­gesetzt gewesen war. Diese unerwartete Kund­gebung nationalistischer Psychose hatte auf Hummel ihre unvermeidliche Rückwirkung. Ge­schmeichelt durch die leicht gewonnene Huldigung der Masse und vielleicht im Gedanken, daß er fähig sein würde, fie später zu seinem Vorteil auszunuzen, wurde er, was die Masse wünschte, daß er sein möge: der von den Franzosen ge= quälte Märtyrer. Den ganzen Sommer hin­durch sprach er und wirfte er als die Person, die er nicht war. Aber ohne die bereitwillige Leichtgläubigkeit aller derer, die mit ihm in Berührung famen, hätte sein Betrug in 24 Stunden aufgededt sein müssen, doch die Massengefühle, die ihn zu einem Helden um­wandelten, stellen die Berneinung jeden Ver­standes dar. Ihre Befriedigung liegt nicht in der Wahrheit, sondern im blinden Haß. Hummel alias Daubmann ist ohne Zweifel ein Be­trüger,

aber seine Büberei ist nichts im Bergleich zu dem heillosen Nationalismus, der ihn zu

feinem Gott machte.

Sein Abenteuer hat seine Anbeter lächerlich ge­macht. Aber unglücklicherweise besteht dieser Geist des Hasses, der in ihn geradezu eine neue Persönlichkeit hineinfließen ließ, und er be= steht fort, um ein starkes Stück Unverstand in diesem 20. Jahrhundert zu bilden, das durch Ver­stand allein geführt sein sollte."

Unsere Nationalisten haben durch ihr Verhalten im Falle Daubmann Deutschland wahrlich keine Ehre gemacht!

Neue Devisenschiebung Haftbefehl gegen Geh. Rat Tillich

Der Vernehmungsrichter beim Amtsgericht Mitte hat gegen den Geheimen Regierungsrat und Büro­direktor des preußischen Wohlfahrtsministeriums, Tillich, sowie den Kaufmann Adolf Bor­chardt, den Bergwerksdirektor Cordes, den Makler Heinrich Holländer und den Bank­beamten Rubberuß Haftbefehl erlassen.

Die fünf verhafteten Personen werden beschul­digt, sich gegen die Devisenverordnung vergangen zu haben. Es wird ihnen zur Last gelegt, deutsche, in ausländischem Besiz befindliche Effekten in Deutschland   veräußert und dann entgegen der Be­stimmungen der Devisenbewirtschaftungsstelle den Erlös wieder nach dem Ausland gebracht zu haben. Es handelt sich schäzungsweise um einen Betrag Don 200 000 m., der sich aber noch erhöhen fann. Um diese Devisentransaktionen und Effektenver­fäufe zu vertuschen, wurden vom Geheimen Re­gierungsrat Tillich, über dessen Konto die Beträge liefen, Scheinquittungen Wohlfahrts ministeriums ausgestellt.

Des

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