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BEILAGE

Werner Hegemann  :

Vormärts

Herr von Gayl, bitte mehr deutschen Patriotismus!

Gustav Adolf   ohne Heiligenschein

Der Reichsinnenminister von Gayl huldigt der kritiklosen Ausländerei. Das paßt schlecht zu seinem Anspruch ,,, deutschnational" und gar deut­ scher   Staatsmann zu sein, und muß auf jeden wirklich Deutschfühlenden geschmacklos und ver­legend wirken.

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Wenn ein deutscher   Minister zweimal hin tereinander Festreden zum Geburtstage von etwa Lenin oder was für ängstliche Seelen faſt dasselbe ist- für Attila hielte, dann würden sicher viele ,, Deutschnationale  " sich laut entrüsten. Aber sie finden es höchst erbaulich, daß Herr von, Gayl im September und November ergriffene Trauerreden zum 300. Todestage des Schweden­fönigs Gustav Adolf   hielt, der doch Deutsch­ land   viel furchtbarer und länger gebrandschatt hat als der Hunnenkönig Attila.

Das amtliche Festefeiern( 3. T. mit Aufmärschen von SA.- und Stahlhelm- Abteilungen sowie schme­dischen und finnischen Offizieren in Uniform) zu Ehren des schwedischen Mordbrenners entspricht auch keinem volkstümlichen Bedürfnis. Es gibt höchstens 9 Millionen lutherische Wähler in Deutschland  . Mindestens doppelt so viele wollen nichts zu tun haben mit Luther   oder Gustav Adolf  , der das Luthertum gerettet" hat!

Ist es Verrat am Deutschtum oder Unwissen­heit, daß viele hohe Beamte und Männer, die einen deutschen Namen zu verlieren haben, an diesen Feiern teilnahmen? Vielleich berufen sie sich auf den preußischen preußischen Geschichtsschreiber Treitschke  , der behauptete, vor Friedrich dem Großen sei der Löwe aus Mitternacht" Gustav Adolf   der einzige Held gewesen, zu dem die gesamte(!) Nation bewundernd emporblickte". Eine echt Treitschtesche Geschichtslüge! Die pro­testantischen Herrscher von Brandenburg- Preußen, Pommern   und Sachsen   wurden troß ihres Flehens von Gustav Adolf   mit Kanonen ge= 3 mungen, gegen den deutschen Kai­fer zu marschieren. Sie haben ebensowenig wie ihre vom Schwedenkönig geplünderten Bauern ,, bewundernd zum Löwen   aus Mitternacht empor­geblickt". Ebensowenig bewunderten ihn die pro­testantischen Magdeburger, deren Stadt nicht von Tilly, sondern von Gustav Adolf  verbrannt worden ist, was heute selbst von protestantischen Schriftstellern wie Hans Del­brüd zugestanden wird. Auch die Katholiken haben Gustav Adolf   nicht bewundert, selbst wenn er ihre Dörfer und Städte, mie Würzburg  , aus­rauben und dann fromme Reden halten und ver sprechen ließ: In einem halben Jahre wird das Stift Würzburg   zur evangelischen Religion ge­bracht werden". Aus dem Magdeburgischen ver­bannte der fromme Schwedenfönig auch die reformierten Protestanten. Ihre Re­ligion war ihm nicht rein" genug.

Vielleicht glaubt Herr von Gayl noch, der dreißigjährige Bürgerkrieg, der zwei Drittel der Bevölkerung Deutschlands   ver­nichtete, sei ein Religionsfrieg gewesen: zu Ehren der lutherischen Religion muß man mohl auch Ausländer feiern, wenn sie beim Abschlachten andersgläubiger Deutscher fräftig mitzuhelfen be= reit waren. Aber Herr von Gayl müßte er geschichtsphilosophische Reden halten will- wissen, daß damals der römische Papst versichert

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Der große schwedische Krieg gegen den deutschen   Kaiser ist kein Religionsfrieg. Der Papst fühlte sich damals gefährdet durch die machsende Macht des deutschen   Kaisers. Deshalb rief der Papst: Gott   hat den Schweden­fönig auferwedt, daß er uns be­schütze!"

Aber es war nicht Gott, der den Schwedenkönig zum Vernichtungskrieg gegen den deutschen Kaiser hetzte: zur Rettung des Luthertums" und des Papstes. Wer der wahre Heger war, auch daß müßte Herr von Gayl wissen. Sonst soll er es bei Rante nachlesen:

Wenn sich Gustav Adolf   entschloß, das große Werk zu unternehmen, so geschah das nicht etwa auf Antrieb Brandenburgs   oder anderer deut­ scher   Fürsten von Bedeutung, sondern vor allem unter der Einwirkung des Kardinals Richelieu  , der, obwohl katholischer Kirchen­fürst, durch seine persönliche Lage dazu ange­trieben wurde, den Protestantismus in Deutsch­ land   zu retten."( Ranke, Zwölf Bücher zur Preußischen Geschichte, I, S. 204.)

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Allen frommen Redensarten zum Trotz war Gustav Adolf   vor allem das Werkzeug des französischen   Imperialismus. Frankreich   zahlte den Schweden   jährlich 1,2 Mil­lionen Mark dafür, daß sie Deutschland   plünder­ten, schwächten und seine nördlichen Teile zu schwedischen Provinzen machten.( Rein Großer" Kurfürst oder Friedrich II.   konnte sie zurück­erobern. Teile Pommerns   blieben bis 1813 und Wismar   fogar bis 1903 schwedisch.) Frant reich fürchtete jih 1631 noch viel mehr Dor einer deutschen   Einigung als 1931 por der deutsch österreichischen 3ollunion.

Richelieus Plan, die deutsche   Einigung für immer zu verhindern, ist bis heute erfolgreich ge­

wesen und wird immer erfolgreich bleiben, so­lange deutsche   Reichsminister für die gefügigen Werkzeuge des deutschfeindlichen Imperialismus ergriffene Dankesreden halten.

Noch ein Wort zu dem oben erwähnten Ber­gleich Gustav Adolfs   mit Friedrich dem ,, Großen". Dieser Friedrich II.   war genau wie Gustav Adolf   ein Werkzeug des Auslandes( zuerst Frankreichs  , später Englands), das stets erfolgreich die Macht Deutschlands   durch Bürger­kriege der sich gern zerfleischenden Deutschen   ge= schwächt hat. An ehrgeizigen Führern" hat es in diesen Bürgerkriegen nie gefehlt. Bezeichnen­derweise nennen die Schweden   ihren großen König: Gustav den anderen Adolf"( statt Gustav II. Adolf). Wir haben unseren eigenen großen Adolf und verlangen hier einmal ausnahmsweise strenge Autarkie; mir verzichten auf jede Adolf Einfuhr. Was von großen" Kö­nigen wie Friedrich II.   und Gustav Adolf   zu halten ist, sagte einmal sehr treffend dieser selbe Friedrich II. Bei einem seiner Versuche, die rüd­

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Marokkanische

Nachtfahrt

Die neue Normalspurbahn quer durch Maroffo, die den Mittelmeerhafen Dran mit dem Atlanti­ schen Ozean   verbindet, ist bis auf das letzte Stück Don Guercif nach Fes beendet. Noch vor wenigen Jahren ratterte eine minzige Kleinbahn auf lächerlichen Miniaturschienen durch Gebirge und Wüste. Wenn es hoch fam, fuhr sie zwei­bis dreihundert Kilometer am Tage und wurde deshalb nur zu Militärtransporten und von den Einheimischen benutzt. Jetzt wird die Linie von einer französischen   Eisenbahngesell= schaft geführt und steht in nichts hinter den europäischen   Verkehrsmitteln zurück. Im Gegen­teil: die neuen Stationsgebäude und großen Lagerhallen sind auf das Modernste eingerichtet.

Guercif ist vorläufig die legte Station, ſo= lange die Strecke nach Fes noch nicht beendet ist, und wir werden dort alle aus den schönen ge= polsterten Wagen herausgeworfen. Die Verbin­dung nach der alten Maurenstadt wird inzwischen durch einen regelmäßigen Omnibus= dienst unterhalten. Allerdings haben die Leute nicht mit dem Ansturm von 18 deutschen Touristen gerechnet, die mitsamt ihrem umfangreichen Ge= päd den Anschlußzug erreichen wollen. Wir fizzen jezt vor dem pompösen Bahnhof und müssen zu­sehen, wie die beiden einizgen Wagen mit den übrigen Fahrgästen davonrollen.

Und weit und breit brütet eine trostlose Sand­ebene in der Nachmittagssonne. Die paar Euro­päerhäuser der Beamten verstecken sich hinter hohen Mauern und sonst gibt es auf diesem Vor­posten nur ein Camp der Fremdenlegion. Außer­dem dürfen wir uns nicht so weit entfernen, da wir ja nicht wissen, wann das Auto uns abholen wird.

So freuen wir uns über die paar Neger­und Araberjungens, die uns Trinkwasser, Melonen und heißen Minztee verkaufen wollen und sich um die Münzen herumhauen, die sie da­für bekommen. Sie haben aber dabei ein ebenso großes Vergnügen, denn sie schauen uns wie fremde Wunderferle an. Solch ulfigen Euro­päern mit Rudfäden und kurzen Hosen sind sie noch nicht begegnet, denn Marokko   ist vorläufig noch für reisende Millionäre reserviert,

An der neuen Asphaltstraße, die nahe am Bahnhof vorbeiführt, steht eine ganze Reihe Aehnliche grauschwarzer Nomadenzelte. hatten wir schon vom Zuge aus überall in der Ebene verstreut liegen sehen. In diesen luftigen, primitiven Behausungen leben heute nicht nur die alten Hirtenstämme, die mit ihrer Herde von Futterplatz zu Futterplag ziehen, sondern auch

sichtslose Wahrheitsliebe seines Lehrers Vol= taire nachzuahmen, schrieb Friedrich II.   das selbstentlarvende Wort:

,, Ist es recht, für solche Dinge, wie Gustav Adolf   sie vollbrachte, das menschliche Ge= schlecht dem Blutvergießen zu mei= hen, um den Ehrgeiz und die Laune eines einzigen Menschen zu befriedigen?"

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Ein ausführlicher Nachweis der Irrtümer, auf denen Herrn von Gayls unpatriotische Gustav­Adolf- Verehrung beruht, findet sich in dem neue= sten Heft( vom 14. November) der Welt= bühne". Dort wird auch gezeigt, wie lächerlich die Anmaßung der lutherischen Pfaffen ist, die behaupten, ohne Gustav Adolf   wäre die ,, Geistes­freiheit" in der Welt geschwunden. Selbst der verstockte Borusse von Treitschke   mußte zu­geben, daß das gerettete Luthertum ,, nicht nur politisch, sondern auch sittlich tief unter dem verjüngten Katholizismus stand". Die Tochter Gustav Adolfs   konnte es in dem luthe­rischen Schweden   nicht aushalten. Der Berliner  Universitätsprofessor Hans Delbrück   schreibt:

viele Bauern und Handwerker, deren Häuser von den französischen   Truppen zerstört wurden.

Diese Berberflüchtlinge hier sind be­sonders arm. Ihre Zelte bestehen aus dünnem, gewebtem Sackleinentuch, das mit alten Lappen ausgeflickt und mit Stöcken an der Erde befestigt iſt. Ein würdiger Greis winft uns, daß wir hereinkommen sollen. Ein zahnlose Alte, deren herabhängende Brüste durch die Lumpen zu sehen sind, die ihren mageren Körper faum bedecken, braut uns einen dicken Minztee. Da wir unsere Anerkennung nicht in Arabisch ausdrücken können, müssen wir beim Trinken um so mehr schlürfen, denn das gilt als Höflichkeit. Wir bieten ein paar Zigaretten an, die gerne und hastig genommen werden. Bei dieser Gelegenheit friecht aus einer Ecke unter Kleiderhaufen sogar noch eine junge Frau hervor, die auch um ihren Anteil bittet. Ihre schwarzen, dicken Zöpfe reichen bis an die Knie und die weißen Zähne glänzen, während sie uns bittend anlächelt. Beim Weggehen bettelt der alte Graukopf noch um ein paar Münzen, um sich Zucker kaufen zu können, wie er uns mit Gebärden flarmacht.

Endlich kommen die großen Ueberland­autobuffe. Es sind noch Stunden bis zur Abfahrt des Anschlußzuges in Fes, das über zwei­hundert Kilometer entfernt ist. Wir haben die Hoffnung schon aufgegeben, daß wir noch mit­kommen; aber der französische   Chauffeur sagt nur, wir sollten uns beeilen, er würde es noch ver­fuchen.

Tatsächlich raft er mit unheimlicher Geschmin digkeit um die Kurven des Europäerviertels. Schnell sind wir auf der freien Straße, wo er so­Der fort über 80 Stundenkilometer draufgibt. Wagen scheint über den blanken Teer zu fliegen. An der Seite sind auf weißen Stein­blöden die Ortsnamen und Kilometerzahlen in großen Buchstaben verzeichnet. Aber schon geht die Sonne hinter den fernen Bergen unter und schnell kommt die orientalische Nacht, so daß wir die Aufschriften nicht mehr entziffern können. Scharf zeichnet sich die schmale Mondsichel vom pechschwarzen Himmel ab, an dem die Sternbilder nur matt erscheinen. Ein fühler, starfer Wind vom Meere her läßt den erhitzten Körper erschauern.

Wir fommen in hügeliges Gelände. Das Auto versadt in unsichtbaren Straßentiefen und fauft mit heulendem Motor auf der Gegenseite wieder hinauf. Im grellen Scheinwerferlicht sieht man öfter Männer in weißen Gewändern und Tur bonen   beiseite springen und ängstlich ihre Esel

MONTAG, 14. NOV. 1932

,, Stolz, bildungsdurstig, freigeistig wie sie mar,. legte sie die Krone nieder. Sie verließ Schweden  , trat zum Ratholizismus über, der liberaler war als das lutherische Zeloten­tum, und ist später in Rom   gestorben." Luther   war kein Freund der Bauern und des kleinen Mannes, wohl aber ein Freund der Fürsten   und Junker. Luther   erklärte:

Die Obrigkeit habe von Gott   zum Berufe, ,, den Pöbel zu treiben, schlagen, würgen, hen= fen, brennen, föpfen und radebrechen, daß man sie fürchte." Wie man ,, Schweine und wilde Tiere treibe und zwinge", so müsse die Obrigkeit auf Erfüllung ihrer Geseze dringen. Luther   erklärte, es sei das beste, die Leib= eigenschaft und Sklaverei mieder einzu­führen. Das ist den lutherischen Junkern in Preußen ausgezeichnet gelungen. Sie haben so= gar die Bauernbefreiung der französischen   Revo lution zuschanden gemacht, deren Vorteile der Freiherr vom Stein den preußischen Bauern zu verschaffen versuchte. Die preußische Bauern­befreiung hatte den lutherischen Junkern vor allem die Freiheit, Bauern zu legen, verschafft..

Ist das der Grund, warum ein Vertreter des preußischen Junkerkabinetts heute den ,, Retter des Luthertums", Gustav Adolf  , mit verehrungsvollen Reden feiert? Brüning ist von den ostelbi­schen Großgrundbesitzern vor allem deshalb ge= stürzt worden, weil er ihr historisches Bauern­legen rüdgängig machen und weil er auf den bankrotten Großgütern wieder kleine Bauern ansetzen und siedeln wollte.

Von Karl Moeller

festhalten. Im Tale leuchten die Feuer der No­madenzelte wie Glühwürmchen in finsterer Nacht.

Nach eine guten Stunde ist unvermeidliches Halt an einer Tankstelle. Ein paar kümmer­liche Steinhäuser und Cafés mit breiten Veran­den, auf denen Offiziere mit ihren Damen beim Eisgetränk fizen, vervollständigen die Zwischen-. station, deren Name uns unbekannt bleibt. Knappe fünf Minuten haben wir Zeit. Am Büfett gibt es sogar Bier mit der Marke Walsheim  , das überall in Frankreich   und Italien   zu haben ist. Für Franken kann man es sogar in dieser verlassenen Schenke Marokkos   bekommen. Aber wir ziehen falte Limonade vor.

Die Gläser sind noch nicht leer, als wir wieder einsteigen müssen. Weiter geht die Jagd um den pünktlich abfahrenden Zug. Immer höher werden die Berge, aber der Motor scheint unersättlich zu sein. Er nimmt die Steigungen ohne jede Schwie­rigkeit und der schwarzhaarige Führer sitzt am Steuer wie ein römischer Wagenlenter.

Noch eine Viertelstunde. Da tauchen auch schon die zahlreichen Lichter von Fes auf. Schwebend gleitet der Wagen bergab in die tief= gelegene Stadt.

Unter dem hellen Licht hoher Kandelaber leuchtet ein breiter Boulevard. Ein Verkehrs­polizist im Tropenhelm gibt die Richtung frei. Wuchtig liegt die Front des Bahnhofes vor uns. Ein kühner letter Schwung, dann können wir aus dem noch zitternden Auto herausspringen. Noch zwei Minuten bis zur Abfahrt. Aber wir schreien, damit man auf uns aufmerksam wird. Auf der offenen Plattform der überfüllten Eisen­bahnwaggons facken wir erschöpft nieder und der Zug rasselt sofort nach Meknes weiter, wo wir einen Ertrawaggon bekommen, in dem wir es uns zur Nacht bequem machen können.

ENCELHARDT

GRINIS KIMAR

... stets vorzüglich

stets bekömmlich

Engelhardt

SPEZIAL- HELL überall erhelik