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schon lange Jahre in den betreffenden Betrieben thätig waren und die verheirathet für eine große Familie zu sorgen haben, sind auf die schwarze Liste gesetzt! Bon den zehn großen Wollhutsabriken Berlins ist die von den Arbeitern begründeteDeutsche H u t f a b r i k" die einzige, welche den organisirten Arbeitern noch offen steht und ihnen einen Zufluchtsort bieten kann. Ein Theil der Ausgesperrten hat bereits dort Unterkunst gefunden. Die Fabrik beschäftigt zur Zeit ISO Personen. Sie könnte aber das Doppelte bejchäsligen, wenn das Fabrikat seitens der Arbeiterschaft noch mehr bevorzugt würde. Die Fabrik gehört zu den größten Betrieben der Branche, sie produzirt per Jahr ca. 2SO OOO Stück Hüte, welche nach allen Theilen Deutschlands versandt werden. Mit alle» Hilfsmitteln der Neuzeit ausgestattet, ist ihre Einrichtung derartig, daß die Produktion verdoppelt werden kann und mit ihr die Arbeits- kräste. Das Erzeugniß dieses nunmehr sieben Jahre bestehenden Unternehmens ist anerkannt vorzüglich und die Preise sind nicht höher als die der Konkurrenz; sie betragen 2,80, 3, S,SO, 4, 4,50 M. per Stück im Einzelverkauf, je nach Qualität. Die Fabrik ist kein kapitalistisches Unternehmen, sondern befindet fich vollständig unter Kontrolle der Organi- sati o n. Das Fabrikat wird durch eine grüne Marke gekenn- zeichnet, welche unter dem Schweißleder klebt. Diese Marke be- kommen alle diejenigen Fabrikanten, die ihre Maaren zu den von der Gewerkschaft festgesetzten Bedingungen herstellen. Es ist daher den kaufenden Arbeitern, welche mit uns sympathifiren, sehr leicht gemacht, uns ohne Geldkosten im Kampfe zu unter- stützen, indem sie Hüte kaufen, welche mit dieser Marke ver- sehen sind. Die Fabrik als Zufluchtsort für die Geächteten wird den Sammelpunkt bilden, von wo aus wir unsere alte Position wieder zurückerobern, das heißt, unserer Organisation zur früheren Stärke verhelfen können. Wir bitten daher die ges ammte deutsche Arbeiter- s ch a s t nochmals, uns in unserem gerechten Kampfe in der Weise zu unterstützen, indem sie Hüte kaufen, die mit der grünen Erkennungsmarke versehen sind. Der Vorstand der organisirten Hutmacher Berlins . H. L a n d. F. K tt h r. E. K e m p e. Aufruf a» alle Eiscnbahubcdicustcte» Deutschlands . n nächster Zeit soll eine Broschüre herausgegeben werden über ohu- und Arbeitsverhältnisse an der p r e u ß i s ch e n E i s e n b a h n. Da wir immer mehr einsehen, daß alles Petitioniren und Bitten um Lohnzulagen u. s. w. bei den zuständigen Direktionen nichts nützt, so hat sich in Hamburg ei» Komitee gebildet, um alle Lohn- und Mißstände zur all- gemeinen Kenntniß zur bringen. Wir fordern Euch deshalb auf, uns hierbei zu unterstützen. Es wäre sehr wüuschenswerth, wenn von allen Bahnhöfen, Bahnmeistereien, Güterboden u. s. w. uns Material zugeschickt würde, z. B. über Höhe der Löhne und Gehälter, Länge der Dienstzeit beim Fahrpersonal sowie bei allen anderen Arbeiterkategorien, Behandlung, Sonntagsruhe, das Prämiensystem, Kilometergelder, Stundengelder u. s. w. Die Redaktion desHamburger Echo" nimmt Zuschriften entgegen. Achtung, Rixdorfer Buchdrucker! Die zum 6. ds. Mts. statutarisch einberufene Vereinsversammlung findet wegen der Berliner außerordentlichen Vereinsversaminlung nicht statt, sondern wird Sonntag, den 13. ds. Mts., nachmittags l Uhr, in den Viktoriasälen abgehalten. Der Vor- st a n d. Wege» beabsichtigter Einführung dcS Zweistnhlsystcms baben in E u p e n sämmtliche 204 Weber der Firma Leon. Peters die Arbeit eingestellt. In Soltau ist die Aussperrung der Stepper und Stepperinnen zu gunsten derselben beendet. 6 Zwicker sind aber leider nicht wieder angenommen worden. Die Dachziegel-Arbeitcr der Orte Brüggen , Bracht und Umgegend im Regierungsbezirk Düffeldorf beginnen sich zu regen, um ihre schlechte Lage zu verbessern. Es sind ungefähr 400 Mann. Ihre Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 13 bis 14 Stunden; der Lohn schwankt zwischen 1,302 M. Daß die Arbeit sehr gesundheitsschädlich ist, dafür genügt die Mit- theilung, daß die Arbeiter bei einer Hitze von öS 30 Grad die Ziegel aus dem Ofen nehmen müssen. Nun hatten in letzter Zeit die Fabrikanten viele Holländer in Arbeit genommen, weil dieselben noch billiger arbeiten und aus- dauernder sind, als die Einheimischen. Alz nun noch die Kündigungsfrist aufgehoben wurde, schien den Arbeitern das Mab voll zu sein, sie versuchten sich zu vereinigen. Sofort wurde nun die Geistlichkeit mobil gemacht. In der ersten Ver- sammlung predigte der Pastor alles mögliche, nur nichts davon, wie die Leute ihre erbärmliche Lage verbessern könnten. Die Arbeiter beriefen eine zweite ein, und hier fand ein Wirth, welcher früher selbst Dachziegel- Arbeiter war. den Muth, dem Pastor unter dem Beifall der anderen Arbeiter entgegenzutreten. Er wies darauf hin, daß der Verein kein religiöser werden sollte, wie der Pastor wollte, sondern, daß es sich um Ver- kürzung der Arbeitszeit und Erhöhung des Lohnes handle. Dieses seien Sachen. wovon der Herr Pastor nichts verstehe, er solle die Arbeiter nur in Ruhe lassen» die würden schon fertig werden. Diese Worte wurden vom Beifall der Arbeiter begleitet. Der Pastor, welcher sah, daß er Terrain verlor, machte dem Wirth jetzt Vorwürfe, daß er die Sache vom geschäftlichen Standpunkte aus betrachte, denn er verschänte sogar an Jungen, die noch keine 13 Jahre alt seien, Bier und EchnapS. tierauf bemerkte der Wirth sehr drastisch, er habe den jungen euten noch keinen Geburtsschein abverlangt, er wisse aber, daß diese jungen Leute von früh bis spät in den Fabriken mitschaffen müsse». Wären dieselben noch keine 13 Jahre, so hätten sich die Fabrikanten strafbar gemacht. So abgeführt, zog der Pfarrer es vor. zu verschwinden, und hoffentlich wird jetzt die Organisation zu stände kommen. In Hamburg nahm, wie dieLeipz. Volksztg." meldet, eine Buchdrucker-Versammlung eine Resolution gegen 8 Stimmen an, worin der Ausschluß der Herausgeber der Buchdrucker-Wacht" mißbilligt wird. I» Dresden ist der Streik der M e t a l l s ch l ä g e r und Auslegerinnen beendet. Er wurde nicht gewonnen, den größten Schaden haben aber trotzdem die Unternehmer. Man schreibt uns darüber: Der Streik dauerte IS Wochen und kostete annähernd 18 000 Mark. Von den Arbeitern und Arbeiterinne», die im April die Arbeit niederlegten, sind nur drei zu Streikbrechern geworden. Die Forderung der Arbeiter ging in der Hauptsache dahin, daß sie, wie es schon vor der Mac Kinley Bill 1890 der Fall war. bei einer täglich N/sstündigen Arbeits- zeit einen Durchschnittswochenlohn von 13 Mark be- kämen. Bis zur Arbeitseinstellung verdienten sie bei schwerer Akkordarbeit und trotz Ilstündiger Arbeitszeit nur einen Durch- schnitts-Wochenlohn von 13 M. Außerdem forderten sie noch Freigabe des 1. Mai. Wenn man bedenkt, daß die Lehrzeit im Metallschlägergewerbe 4 Jahre beträgt, so wird die Lohnforderung gewiß jedem billig erscheine». Nicht so den Unternehmern. Sie lehnte» von vornherein alles ab und verzichteten sogar auf die Bermittelung des Gewerbegerichts. Diese Halsstarrigkeit haben sie nun schwer büßen müssen. In der letzten Versammlung der Metallschläger und Auslegerinnen, die von sämmllichen Streikenden besucht war, berichtete Segitz aus Fürth auf grund eingehender Information, daß nur der Jnnungs-Obermeister seine Werkstätte besetzt hat, während alle übrigen Unternehmer keine Arbeiter haben und keine Arbeiter verlangen, weil sie sich ihre ganze Kundschaft verscherzten. DaS Gewerbe ist in Dresden infolge der Unternehmerhalsstarrigkeit ruinirt. Die Unternehmer sind über ihre selbstverschuldete Lage trostlos. Weniger die Arbeiter, weil diese anderwärts unterkomme». Sie haben den Streik mit Rücksicht auf den Ruin der Unternehmer und mit Rücksicht auf den schädigenden Einfluß, den die amerikanische Krise und die orientalischen Wirren aus den Export ihrer Produkte haben, aufgehoben, verpflichteten'sich aber in namentlicher Abstimmung ohne Ausnahme, die Dresdner Werkstätten nicht wieder zu be- treten und über diese die Sperre zu verhängen. DerDeutsche Metallarbeiter-Verbaud" unterstützt die Leute noch so lange, bis sie die im Reiche frei werdenden Arbeitsstellen(in denen sie eines ihres Verdienstes entsprechenden Lohnes sicher sind) besetzt haben. Ein Theil der Streikenden wird sich in anderen Gewerben Arbeit suchen. Ter Aufforderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze sollte sich Genosse Gehr in Bremerhaven schuldig gemacht haben durch ei» Flugblatt, worin die Matrose» der Geeslemünder Fischdampfer aufgefordert wurden, das Löschen der Ladung während der Nacht zu verweigern. Das Schöffengericht in Geestemünde sprach Gehr frei, dagegen verurtheilte ihn das Land- gericht Verden , bei dem auf grund der vom Staatsanwalt ein- gelegten Berufung in zweiter Instanz verhandelt wurde. Auf die vom Verurtheilten eingelegte Revision verwies das Reichs- gericht die Sache zur nochmaligen Verhandlung vor das Land- gericht in Stade . Hier erfolgte die Freisprechung Gehr'Z. In dem Urtheil wird angeführt, daß die Matrosen der Fisch- dampfer ein Recht haben, das Löschen der Fische bei Nacht zu verweigern. Die Buchbinder Leipzigs beschlossen in einer von 1200 Personen besuchten Versammlung, den Unternehmern folgende Forderungen unterbreiten zu lassen: S'/z stündige Arbeitszeit ein­schließlich je>/« Stunde Frühstücks- und Vesperpause, ohne Ver- kürzung des bisherigen Lohns; 38 Pf. Minimalstundenlohn; bei Ueberzeitarbeit für die ersten zwei Stunden über die gewöhnliche Arbeitszeit 25, für die übrigen Stunden und für Sonntagsarbeit SO pCt. Zuschlag, Bewilligung eines neuen, mit den gesteigerten Lebensbedürfnissen im Einklang stehenden Tarifs. In Zwickau hatte der Schriftsetzer R. Müller feit einigen Monaten als Vertrauensmann der Einzelmitglieder des Verbandes der Deutschen Brauer und verwandten Berufs- genossen fungirt, als solcher Versaminlungen einberufen und sich an der Debatte betheiligt. Nach der Form der Einberufung. schloß aber die Polizeibehörde, sei fernerhin nur Brauern, die Einzelmitglieder des Verbandes und noch in ihrem Berufe thätig sind, der Zutritt zu solchen Versammlungen gestattet und Müller wurde jede weitere Thätigkeit für die Brauer untersagt. Der Gentaßregelte wandte sich beschwerdeführend an die Kreis- hauptmaunschast und diese hat denn auch in einer Zuschrift an den Stadtralh die Beschwerde der Beachtung werth gefunden und entschieden, daß weder auf grund des Vereins- »esetzes noch anderen gesetzliche» Bestimmungeu dem Beschwerde- sichrer der Zutritt zu öffentlichen Brauerversammlungen ver- weigert werden könne. Darüber ist die Polizeibehörde Zwickau's nicht gerade sehr erfreut, denn unter der Zeit des Ausnahme- gesetzes ist sie mit ähnlichen Verfügungen durchgekommen. Zur Handhabung des Bereins- und BersannnlungS- gesetzes i» Bayer». DieFränkische Tagespost" veröffeutltcht eine Ministerial-Entschließung vom 3l. Juli d. I. in betreff der öffentlichen Schneiderversammlung in Nürnberg am 20. Februar dieses Jahres, wo auf Verlangen des die Versammlung über- wachenden Polizeibeamten vor Eintritt in die Tages- ordnung Frauen und minderjährige Personen ausgewiesen werden mußten, obgleich der Vorsitzende deren Anwesenheit beim erste» Gegenstand der Tagesordnung:Der Stand des Konfektionsarbeiter- Streikes" nicht zu beanstanden ersucht hatte. In der Ministerial-Entschließung wird der über- eifrige» Nürnberger Polizei eine recht hübsche Nase ertheilt, indem es daselbst heißt, daß bei Eröffnung der Versammlung noch kein genügender Anlaß vorlag, die Entfernung der Frauen und Minderjährigen zu verlangen. Die Tagesordnung der Ver- sammlung, auch des zweiten Gegenstandes(Die Negierungk- entscheidung in Sachen der Auflösung der Zahlstelle, und was gedenken die Schneider jetzt zu thun?) war in einer Weise ge- faßt, daß sich die Erörterung derselben in den Schranken halten konnte, wie sie durch den tz 152 der Reichs-Gewerbc- Ordnung bezeichnet sind. Der Abgeordnete der Polizeibehörde hätte sich daher darauf beschränken können, zu erklären, daß angesichts der Anwesenheit von Frauen und Minderjährigen die Einleitung strafrechtlicher Verfolgung aftf grund des Art. 15 des Gesetzes über die Versammlungen und Vereine werde in Er- wägung gezogen werden, wenn bei Erörterung der Tagesordnung unter Üeberschreitung der durch den 8 152 der Gewerbe-Ordnung gezogenen Schranken das Gebiet der öffentlichen Angelegen- heiten betreten werden würde. Es hätte dies um so mehr genügt und entsprochen, als zur Zeit der Abhaltung der Ver- sammlung eine ziemlich verbreitete Lohnbewegung unter den Ar- beitern der sogenannten Konfektionsbranche bemerkbar war. Und am Schlüsse besagt die Entschließung: Für die Auffassung des überwachenden Beamten, daß eine sozialdemokratische Partei- Versammlung beabsichtigt war, konnten vielmehr schon vor Be- ginn der Versammlung bedeutsame, wenn auch keine aus- reichenden Gründe geltend gemacht werden, ganz ab- gesehen davon, daß der Beschwerdeführer Windhorn selbst die Versammlung dem Stadtmagistrate Nürnberg genau in der Form angezeigt hat, wie sie durch Artikel 2 des Gesetze? über die Versammlungen und Vereine für Versammlungen vor- geschrieben ist, in welchen öffentliche Angelegenheiten zur Er- örterung gelangen sollen. Hierzu bemerkt unser Nürnberger Parteiblatt: Aus dieser Ministerialentschließnng gehl klipp und klar hervor, daß der Abgesandte der Nürnberger Polizei, Polizei- Aktuar Gerner, seine Befugnisse überschritten, als er zur Unzeit die Entfernung der Frauen und Minderjährigen verlangt hat, wodurch die in ß 152 der R.-G.-O. garantirte Koalitionssreiheit der Arbeiter in gröb- licher Weise verletzt, beziehentlich eingeschränkt wurde. Aus dieser Entschließung sind aber auch folgende Lehren zuziehen: 1. Sollen die Einberufer von Versammlungen, aus deren Tagesordnungen unzweifelhaft hervorgeht, daß es sich nur um Gegenstände handelt, die sich innerhalb des Z 152 der R.-G.-O. bewegen, sich niemals dazu herbeilassen, Versammlungsanzeigen überhaupt zu machen, jedenfalls nicht in der Art, die sich in der des Arltkels 2 deS Versammlungsgesetzes bewegen. 2. Sollen die Vorsitzenden solcher Versammlungen sich nicht dazu hergeben, solch unberechtigten Anforderungen der über- wachenden Polizeibeamten, wie die gleich von vornherein ver- langte Ausweisung von Frauen und Minderjährigen, nach- zukommen, sondern es diesen Polizeiorganen überlasten, sich selbst zu blamiren. 3. Sollen die Beschwerdeführer in keiner Instanz den einmal Seftellten Antrag:daß gegen die ihre Befugnisse überschreitenden wlizeibeamte» strafrechtlich und disziplinar eingeschritten werden >lle" wieder zurückziehen, vielmehr diese Anträge in allen Instanzen aufrecht erhalten. Tie Küfer in Mainz haben ihren Tarif nun auch in der letzten Werkstätte bewilligt bekommen, die noch übrig war. In Meran in Südtirol dauert der Tischlerstreik unverändert fort, iveshalb der Zuzug noch streng fernzuhalten ist. Dagegen wurde der T a p e z i r e r st r e i k als hoffnungslos aufgegeben. Ursache, daß dieser Ausstand verloren ging, ist der große Zuzug, infolgedessen bei den Unternehmern, die nicht be- willigte», die Plätze der Streikenden durch andere Kräfte besetzt werden konnten. Nur in zwei Geschäften mit zusammen IV Ge­hilfen sind die Forderungen bewilligt. Die auswärtigen Tapezirer werden ersucht, vor dem Arbeitsantritt in Meran erst bei der dortigen Tapezirer- Gewerkschaft(in Ca Paris , I. Stock) Er- kuiidigungeu einzuziehen. Ueber die eingesandten Unterstützungen wird in der nächsten Nummer des Verb andsorgans der Holzarbeiter Oesterreich? eingehend qnlttirt werden. Allen Arbeitern, die den Streikenden finanziell zur Seite standen, spricht das Lohnkomitee seinen Dank aus. Uebcr den Bcrgarbeiterstreik in Karwin berichtet der Telegraph: In einem Schacht sind alle Arbeiter angefahren, in zwei anderen Schächten in der Frühschicht 5 und 17 pCt., in der Nachmittagsschicht 4 und 43 pCt. Die Streikenden verhalten sich ruhig. Wegen des schweizerischen Bierboykotts wurde am Sonntag in Zürich eine Delegirten Versammlung der Arbeiter-Unionen abgehalten, die von Zürich , Winterthur , Schaffhausen , St. Gallen , Baden, Luzern , Basel . Bern , Biel und Oerlikon beschickt war; aus Lausanne lag eine informirende Zuschrift vor. Die Delegirten berichteten über den Stand und die Wirkungen des Boykotts, wonach an einigen Orten die Situation günstig oder wenigstens nicht unbefriedigend ist, ivährend an anderen Orten wieder viel zu wünschen übrig bleibt, woran der Mangel an lebendiger Solidarität des großen Theiles der Arbeiter die Schuld trägt. Daß die meisten der boykotlirten Brauereien mehr oder weniger empfindlichen Schaden bereits erlitten haben, darf mit Sicherheit angenommen werden; bei dem Fehlen aeeigneter Verbindungen mit den Brauereien läßt sich hiersür aber kein ziffernmäßiger Nach- weis liefern. Eine nichtboykottirte Brauerei sowie auch mehrere Wirthe haben durch die Lieferung von boykottirtem Bier die Arbeiter hintergangen, ein Mangel an Ehrlichkeit, den man beiden betreffenden Geschäftsleuten nicht vermuthet hätte. Da der in Zürich neu- gegründete Arbeilerwirthe-Verein, ferner der Borstand des schwei- zerischen Brauergehilsen-Verbandes Schritte zu Unterhandlungen mit dem Ringvorstand unternommen haben, so wurde beschlossen, dem genannte» Verbände den Auftrag zu einem Friedensschlüsse zu geben. Die Forderungen sind: Maifeier, Anerkennung des Vereinsrechts und Wiedereinstellung der Ausgesperrten. Das von der organisirten Arbeiterschaft Zürichs nett- gewählte Bundeskomitee des schweizerischen Gewerkschasts- bundes hat dem Brauerring den Vorschlag auf Friedens- schluß unterbreitet. Der Ringpräsident Hürlimann in Zürich antwortete, daß über den Vorschlag der Ringvorstand oder eine Ringversammlung entscheiden werde. Die Basler Arbeiterschaft hielt am Sonnabend Abend in den verschiedenen Stadttheile» fünf Versammlungen ab, die von insgesammt 1000 Personen besucht waren. Alle Versammlungen erklärten sich für Weitersührung deS Bierboykotts so lange, bis der letzte Ausgesperrte wieder untergebracht und das Koalitions- recht für die Brauerei-Arbeiter gesichert ist. Zur Zeit befinden sich in Basel noch II, in Rheinfelden noch 16 Ausgesperrte, alles verheirathete Arbeiter. Die Böttcher der dänischen Provi n z i a l st ä d t e er- reichten im Wege der Verhandlung eines aus Meistern und Ge- sellen bestehende» Ausschusses, der seine Sitzungen in Holsens abhielt, eine Lohnerhöhung von 10 pCt. Es ist dies das dritte Mal, daß ihren Forderungen nach Lohnerhöhung in so friedlicher Weise entsprochen wurde. Ei»»euer Laitdarbeiter-Berei« wurde letzten Sonntag in Enslös inJütland mit 26 Mitgliedern begründet. Der Verein wird der Jütländischen Arbeilsmänner-Organisation bei- treten, deren Etatuten er angenommen hat. Aus England. Der Verband der britischen Post- b e a m t e n wird diese Woche in London tagen. Er zählt jetzt 15 000 Mitglieder. Zur Berathung werden folgende Forderungen kommen: Mindestlohn von 40 Sh. die Woche, Achtstundentag, Abschaffung der Weihnachtsgeschenke, Aushebung aller Be- schränkungen der Bürgerrechte, Pensionirung nach dreißigjähriger Dienstzeit. Die Postbeamten von Norwich beantragen, daß ein jeder seine Beschwerde unmittelbar seinem Postdirektor vorlegen dürfe. Der Führer der Dockarbeiter Tom Mann stellt in Abrede, daß der Internationale Verband der Schiffs-, Hafen- und Dockarbetter am 23. September einen Ausstand beginnen wolle. Der Zentralrath habe beschlossen, daß kein Ausstand eintreten solle, ohne vorherige namentliche Abstimmung kämmt- licher Mitglieder des Verbandes. Nur wenn sich die Mehrheit dafür ergebe, solle der Kampf auf der ganzen Linie beginnen. Stadtverordueten-Versammlung. Oeffentliche Sitzung vom Donnerstag, den 3. September. Stadtverordneten- Vorsteher LangerhanS eröffnet die Sitzung um SVz Uhr mit einer kurzen Begrüßung der Kollegen nach den Ferien. Die neugewählten Sladtvv. Hugo Quednow und Julius L e m v werden eingeführt und vom Vorsteher begrüßt und durch Handschlag verpflichtet. Das Andenken des verstorbenen Stabtv. Löwel ehrt die Versammlung durch Erheben von den Sitzen. Der Stadtverordnete H e i l b o r n hat sein Mandat nieder« gelegt. Die Aktenvorlage betr. den Ablauf der Wahlzeit des Stadt« raths Friedet und des Bauraths Hobrech r wird einem Ausschuß von 15 Mitgliedern überwiesen. Zur Kenntniß werden genommen die Vorlagen betr. die Frequenz in den G e m e i n d e s ch u l e n und betr. den Ge- schästsbetrieb der Sparkasse für Januar-März d. I. Ein Antrag von 93 Stadtverordneten geht dahin, den Magistrat zu ersuchen, zur Bearbeitung und Verwaltung der BerkehrS-Angelegenheiten eine Verwaltungs- Deputation einzusetzen. Stadtv. D i n s e befürwortet den Antrag damit, daß die gemischte Verkehrsdeputation sich nicht als geeignet genug für die wichtigen Verkehrsinteressen der Stadt gezeigt habe. Stadtv. Singer: Ich empfehle auch meinerseits den An- trag auf da? dringendste. Die Verkehrsangelegeuheiten werden seit Jahren von den städtischen Behörden nicht genug gefördert. Die Große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft, um die es sich hier hauptsächlich handelt, hat gewiß reichlich zur Verlangsamung dieser Angelegenheit beigetragen. Die Stadtverordneten- Versaminliuig muß durch ihre Vertreter entscheidend in diese Angelegenheiten eingreisen können, bisher sind die Dinge in den verschwiegenen Bureaus des Magistrats und der Pferdebahn-Gesellschast bearbeitet worden. Und wenn dann die Stadtverordneten-Versammlung zu einer so bearbeiteten Vor- läge nur einfach Ja sage» oder sie ganz ablehnen konnte, so konnten die Sachen nicht so behandelt werde», wie sie verdienen. Die bedeutenden Verkehrsangelegenheiten müssen ebenso behandelt werden, wie die anderen Angelegenheitc» der Stadt, d. h. in einer Deputation, in welcher die Versammlung selbst mitzureden hat. Möge sich der Magistrat diesem Antrage gegenüber entgegenkommender verhalte», als er es manchen anderen Wünschen der Versaminlung gegenüber gethan hat. Bürgermeister K i r s ch u e r: Der Magistrat hat einen definitiven Beschluß in der Sache noch nicht gefaßt. Schwierig ist die Abgrenzung der Kompetenz der Baudeputation 11 und der neu zu schaffenden Deputation. Die Baudeputation II ist damit beschäftigt, eine» Entwurf dafür aufzustelle», und danach wird der Magistrat Beschluß soffen. Durch den Mangel der Deputation sind die Berkehrsverhällniffe bisher nicht ver­zögert worden; die Arbeiten, welche der neuen Deputation zu- fallen würde», sind auch jetzt schon mit großem Fleiß und großer Sorgfalt ausgeführt worden. Der Antrag wird hierauf einstimmig angenommen. Der Mindest-Verkaufspreis für das Gemeinde- Grundstück Georgenstr. 23 wird nach dem Antrage deS Magistrats aus 400 M. für den Quadratmeter aus weitere drei Jahre festgesetzt. Die Borlage betr. den Erwerb der von den Grundstücken Alte Jakobstr.»022 zur Straßenverbreiterung erforderlichen Flächen geht an einen Ausschuß.