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BEILAGE

Vorwärts

Menschen im Ruhrgebiet  

Geht dem Rheinländer der Ruf besonderer Fröhlichkeit und Aufgeschlossenheit voraus, so sagt man vom Westfalen  , der ja immer noch dem Ruhrgebiet   seinen Charakter aufprägt, daß er schwerfällig, ja humorlos sei. Das ist wie alle Urteile über Charaktere nur zum Teil richtig. Der Westfale ist schwerblütiger als sein westlicher Nachbar am Rhein  . Die größere Abgeschlossen­heit des bis in die letzten Jahrzehnte hinein vom Verkehr kaum berührten Gebiets mußte natür­lich einen mehr nach innen gerichteten Menschen­schlag heranziehen. Der belebende Einfluß des Wassers. das den Menschen fröhlich macht und den Verkehr heranträgt, fehlt in Westfalen völlig. Die Ruhr ist ja in ihrem oberen Lauf nicht schiffbar und wurde auch früher nur von den Kohlenschiffern des Reviers befahren. Die Lippe   zieht sich langsam zwischen Schilf und Heide hin und bestärkt den Westfalen eher noch in seiner nach innen gerichteten Schmermut, als daß sie ihn löst. Kleineren Flüssen, wie Stever  und Emscher, fann faum ein Einfluß auf die Gemütsart der Bewohner der von ihnen durchflossenen Gegend eingeräumt werden, wie er dem Rhein   ohne weiteres zukommt.

Bleibt das Land. Weite, flache Ebenen, von Knids umfäumt. Pappeln und Buchen, Heide und Sand, über denen abends die Nebel brauen, lenken den Sinn der Bewohner dieses Gebiets, wenn schon nicht zum Spukhaften( Spökenkiefer nennt man die Bewohner des Münsterlandes), so doch stark nach innen. Fehlt dem Auge des Menschen die wechselnde Landschaft als Anre­gung seiner Phantasie, beschränkt er sich leicht auf die innere Schau. Er schließt sich ab gegen die äußeren Einflüsse. Er wird unwirsch, ohne aber doch damit ein Feind der Gesellschaft zu werden.

Gewöhnt, sich viel mit sich selbst zu beschäftigen, empfindet er Einflüsse, die pon außen kommen, zunächst als Störung. Er muß sich auf den neuen Eindruck einstellen, ehe er sich mit ihm abfindet und, was seltener ist, ihm gute Seiten abgewinnt. So ist die Geschichte von der Erschaffung des ersten Westfalen zu verstehen. Der Herrgott ging, nachdem er die Welt geschaffen, allein durch die unwirtliche Gegend Westfalens  . Er fühlte sich ein­fam und unbehaglich und beschloß, sich einen Ge­fährten zu schaffen. Ein Stein lag ihm im Wege. Er stieß ihn mit dem Fuße an. Werde ein Mensch, sagte er. Sogleich erhob sich ein unge­schlachtetes Wesen von der Erde, reckte sich hoch und fuhr den Herrgott an: Wat stött hei mi?( Was stößt er mich?)

Das war der erste Westfale. Die später diesen Namen trugen, sind nicht viel anders geraten. Immer noch reagieren sie auf unerwartete und ungebetene Einflüsse von außen mit einem brümmischen: Wat stött hei mi? Aber das hindert sie nicht, schon einen Augenblick später mit dem so angebrüllten gut Freund.zu sein, was aber nicht immer gelingt, weil die so angefahrenen sich dann abkapseln und in der Welt herumer­zählen, der Westfale sei ein brümmischer unzu­gänglicher Mensch. Aber das ist nicht wahr. Man muß dem Westfalen nur Zeit lassen,

Studie von Erich Grisar  

sich umzustellen. Die Derbheit seines Aus­drucks besagt ebenfalls nicht, daß der Westfale nicht wie andere Menschen von großer Empfind­lichkeit sein kann.

Nicht ganz zu Recht besteht auch der Vorwurf von einem ungewöhnlichen Pflegma des West­falen. Es stimmt, daß er sich nicht leicht aus der Ruhe bringen läßt, aber er sagt nicht: Kommit du heute nicht, so kommst du morgen und über­morgen ist auch noch ein Tag, sondern was heute eilig ist, mar auch gestern schon eilig und ist also gestern schon getan worden. War es aber gestern noch nicht eilig, dann hat es auch heute noch Zeit. Das Leben ist lang und man soll nichts über­stürzen. Dann hat man hinterher auch nichts Uebereiltes zu bereuen.

Die Eingewanderten freilich, mehr auf Geschäftstüchtigkeit als auf Ausdauer eingestellt, die eine Tugend des Westfalen   ist, legen das falich aus und so fommt es, daß ein sonst so fluger Mann wie Erik Reger   abfällig über die Westfalen   schreibt: Ein Zugereister braucht nur

fünf Minuten früher aufstehen und fünf Minuten länger arbeiten, um die Ansässigen aus dem Feld zu schlagen Das mag in Geschäften an der Börse, mie sie der überzüchtete Hochkapitalismus mit sich bringt, der Fall sein, im übrigen aber trifft Regers Urteil nicht zu.

Der Westfale ist wie alle Landbewohner kon= servativ, und was an der Ruhr an großen Unternehmungen aufgebaut wurde, ist von Frem­den erbaut worden. Zugewanderte sind es auch zumeist, die sich in den großen Werken quälen. Einzig die Arbeit des Bergmanns hat sic) der Westfale, der sie seit Jahrhunderten ausübte, norbehalten. Aber selbst die heißblütigen Polen  und unruhigen Sachsen  , die das Schicksal in das Revier verschlagen hat, nahmen bald die ruhige überlegende Art des Westfalen an. Um Eisen zu schmelzen, muß man geduldig sein, und mer in der Grube ungeduldig ist, lebt nicht lange. Ueberhaupt tam die Todesnähe, in der der Berg­ mann   ständig schwebt, dem Charakter des West­falen, der zum Spintisieren neigt und fatalistische

DONNERSTAG, 17. NOV. 1932

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Neigungen hat, überaus meit entgegen. Defto leichter begehrt der Westfale jedoch auf, wenn man ihn zum Gegenstand eines Scherzes macht. Fremde, die das feststellen, schließen dar­aus, daß der Westfale keinen Spaß verstehe. Aber es ist anders, er versteht ihn zu gut. Er weiß um das Körnlein Wahrheit, das.in jedeme Scherze steckt und spürt es heraus, wenn es gegen ihn und seine Art gerichtet ist. Trifft aber ein Scherz mit seinem Kern einen Mangel oder die schnuche Stelle eines vermeintlich starten, so ist keiner, der so kräftig auf einen Scherz reagiert wie der West­fale. So sind denn auch die Späße der weft­fälischen Originale, die als Baron von Bom= berg und Professor Iselmott in die Literatur eingegangen sind, nur darum so populär geworden, weil sie Zustände, die reformbedürftig waren und eine Gesellschaft, die sich in ihren Formen überlebt hatte, an den Pranger stellten.

Gerne nehmen sich die Einheimischen auch die Zugewanderten zum Opfer ihrer oft derben Späße. Denn man liebt die Fremden nicht und vor allem nicht die sich überstürzenden Verände= rungen, die sie gebracht haben und immer noch bringen; denn alles Plögliche erscheint dem mit der Natur noch verwachsenen Westfalen unge­sund. Und in der Natur ist es ja so, daß das, was am schnellsten wächst, das Unkraut ist. Das Gute braucht Zeit. Darum läßt der Mensch an der Ruhr sich nicht leicht bluffen.

Der Tod hinterm Rücken...

Bild eines Fördermaschinisten/ Von Walter Vollmer  

Fördermaschinisten sind bisweilen eigene Käuze. Das kommt, weil sie verpflichtet sind, jahraus, jahrein ein einsames Leben hinter ihrer Maschine zu führen. Daher kommt es auch, daß sie bis­weilen einfilbig und nachdenklich werden und sogar auf die Dauer anfangen, sich mit ihrer Maschine zu unterhalten.

Das große Maschinenhaus der Zeche ist blank­geputzt wie ein Tanzsaal. Am saubersten sind die Fliesen und die vielen weißen Platten an den Wänden. Und alle Maschinen, die Kompressoren und die Dynamos   mit den vielen Messinggriffen und hähnen und blanken Streifen und Röhren leuchten immer festlich unter dem einfallenden Licht der Bogenlampen.

Es legt sich schwer auf die Brust, wenn man die riesige Halle betritt, man möchte statt der Schuhe Pantoffel an den Füßen haben, weil man fürchtet, die ehrfurchtgebietende he des Raumes mit flapperndem Schuhgepolter zu stören.

Der Lärm von der Schmiede draußen auf dem Zechenplay, von der Schreinerei und Kokerei, das Wagengepolter an der Hängebant und das Stöhnen der Lokomotiven auf den Anschluß­geleisen dringt mie aus weiter Ferne zu dem einsamen Mann in seinem Lehnstuhl hinter der Fördermaschine. Es stört ihn nicht. Es kommt aus einer anderen Welt, um die er sich nicht zu fümmern hat.

Ein feines, sehr leises und eintöniges Summen läuft unermüdlich durchs Maschinenhaus, als schwinge es ständig hoch unter dem Dach der

großen Halle. Der Fördermaschinist kennt das. Er hört das surrende Gebrumm der Maschinen längst nicht mehr.

Man weiß nicht, woran er denkt, wenn er in gelassener Ruhe vor seinem Ungetüm, der Ma­schine, sitzt. Sicher hat er Frau und Kinder zu Hause. Es gibt Dinge wie: Kartoffel hacken, Holz besorgen, die Rechnung an den Bäcker bezahlen und das schlimme Ohrensausen des Kleinsten da­heim, ganz einfache Sorgen der Liebe und der Pflicht um die Seinen, an die er denken mag, während er still da sitzt, fast ohne sich zu rühren. Die Kaffeeflasche steht auf dem Sims neben ihm; sie sieht eigentlich lächerlich aus, diese weiße Blechkanne, die schon einen Sprung hat und deren Stopfen mit Papier   umwickelt ist. Und die Jacke hängt steif am Pfosten, als warte sie auf die Schichtzeit.

Der Maschinist hat die Aermel seiner blauen Arbeitsbluse hochgekrempelt; er hat dichte, schwarze Haare auf den Unterarmen und raucht die halblange Jägerpfeife, die einen maidwund geschossenen Hirsch auf der Borderseite trägt. Ein schönes, buntes Bildchen, welches eigentlich gar nicht hierher paßt. Eine hohe Holzkulisse trennt ihn von dem Kameraden drüben, der mit seiner Maschine die anderen Sohlen zu bedienen hat.

Selten kommt es vor, daß sie miteinander sprechen. Außer ihnen ist niemand in dieser Halle mit den schmalen, hohen Fenstern, die wie Kirchenfenster aussehen, es sei denn der Maschinen­wärter oder der Steiger von über Tage oder der

Georg Schwarz Rauch an der Ruhr

Am Tag des Buches 1929 schrieb die Stadt Essen   einen Literaturpreis aus mit dem Thema: Die Energien des Ruhrlandes, seiner Dinge, Menschen und Wesen in einem Roman freizulegen". So heißt es in dem jedem Rezen­senten vorsorglich zugeleiteten Waschzettel des Ver­lags J. Engelhorns Nachfl., Stuttgart  . Dieser Verlag hat nämlich das vom Preisgericht erkorene Wert herausgebracht.( Felix Wilhelm Beielstein  : Rauch an der Ruhr. Der von der Stadt Essen   preisgekrönte Ruhrroman. Karto­niert 3,50 M. In Leinen gebunden 4,80 m.)

In keiner Weise entspricht dieses Buch dem ge= stellten Thema. Hier ist vielmehr mit allen Mitteln, die ein Schreibender aufzubringen ver­mag, das Gegenteil von dem erreicht worden, was unter dem Freilegen der Energien des Ruhr­landes seiner Dinge und Menschen verstanden werden muß. Das ideologische Niveau des Ro mans Rauch an der Ruhr" entspricht dem ideo­logischen Niveau der Wertszeitungen; gelbes Gift, Nebelgas und Qualm. Der Ver­fasser hat sich zwar in der Bibliothek des Berg­arbeiterverbandes um die Fundierung seines Wissens bemüht, wie man aber sieht, mit sehr wenig Erfolg Man glaubt ihm gern, daß er In­genieur ist; erschütternd kommt die Denksturheit eines von den herrschenden Mächten abhängigen Menschen in seinem Buch zum Durchbruch.

Unmöglich ist es für den Autor, sich die im Ruhrgebiet   wirksamen Energien anders als in einem Mann verkörpert vorzustellen, der nach be­währter Manier den Laden schmeißt". In diesem Fall ist der Ladenschmeißer ein widerwärtiges Reptil, ein Romanheld, der nur darum zum Hel den werden konnte, weil er als Arbeiter Streit

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brecherdienste verrichtete und für diese kor­ruptive Arbeit vom Werkbesizer auf die In= genieurschule geschickt wurde.( Bei dieser Gelegenheit sei angemerkt, daß ein prominenter Mann von den Christlichen   Gewerkschaften als Preisrichter für den Ruhrroman mitgewirkt hat.) Ein gar harter und wilder Gesell, dieser Held Hans Sondorf. Was sich um ihn so alles tut und wie er so für alles den Dreh findet schämt werden die gewiegtesten Kolportageschrift­steller nach der Lektüre dieses Buches ihre Kon­zepte verbrennen. Da können sie nicht mit! Der Junge ist richtig! Im Höllentempo baut er mit in Holland   gepumptem Geld eine Schnellbahn, die die großen Entfernungen zwischen den ein­zelnen Ruhrstädten in Minutenschnelle durcheilt, er jagt Ingenieure und andere Offiziere des Ka­pitals wie dumme Schuljungen durcheinander, den Wirtschaftsführern imponiert er durch suggestive Reden, und in der Masse, dem Träger der Pro­duktion des Reviers, sieht er nur Mob, der nach der Pfeife der Herren vom grünen Tisch zu tanzen hat.

Dieser wilde Egozentriker, der in bemerkens­werter Firigkeit mit einer Reihe für das Ruhr­ gebiet   brennender Probleme fertig wird, ist ein großer Einsamer. Wäre die Tochter seines Mäzens, das sonnige Industriellenkind An­ nemi  , nicht da( sie übernimmt in diesem Roman die Funktion des Komteßchens aus den Werken der Esch struth und Courths Mahler  ), würden wir den Helden kein einziges Mal schwach und menschlich sehen, und das ist wohl auch so in der Ordnung, wenn man an die starken Männer, die den Laden schweißen, glaubt,

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Natürlich hat dieser Prinz aus dem Märchen­

wald der Industrieromantik auch seine Neider, die ihm Aufstieg und Erfolg mißgönnen. Der schlimmste unter ihnen ist der eigene Bruder, der sich extra einen falschen Namen zulegt, um Redak­teur einer Arbeiterzeitung und Streit­aufmiegler werden zu können. Ihn trifft die gerechte Strafe, ein Freund des großen und er­folgreichen Bruders läßt den Hezer von seinen eigenen Leuten fillen. So undankbar sind nun mal die Arbeiter, sie legen ihre Führer glatt um, wenn ein Agent der Gegenseite sie höflich darum bittet.

An der Leiche des Toten hält der Erfolgreiche folgenden Monolog:" Nicht wahr, Ernst, man fann nicht herrschen, ohne zu dienen. Sieh, das hat dein Leben dich nie gelehrt. Darum auch bist du immer dort gelandet, wo man nicht zu dienen braucht, bei den Menschen der ewigen Unruhe, bei den Menschen der Phrase." Es ver­steht sich, daß mit diesen Menschen der ewigen Unruhe solche Arbeiter gemeint sind, die um ihre sozialen Rechte tämpfen müssen, weil die herrschende Klasse sie ihnen vorenthält.

Trifft den Autor die Schuld? Hat er nicht akkurat das geschrieben, was mit der geistigen Haltung der für das Ruhrgebiet   verantwortlichen wirtschaftlichen, fulturellen und kommunalen Kreise konform geht? In keiner Weise steht seine Anschauung von den gesellschaftlichen Erscheinungs­formen des schwerindustriellen Reviers an irgend­einer Stelle seines Buches in Widerspruch zu den Anschauungen der ehrenwerten Herren des Breisgerichts: Generaldirektoren, Minister, Biblio­thefare, Kunstschriftleiter, Buchhändler und, last not least, Dr. Franz Bracht, damals noch Oberbürgermeister in Essen  .

eine oder andere Elektromonteur, die hier immer etwas zu suchen haben.

Grell janken die Signale und hallen flirrend in der Stille wieder. Da rückt auch schon die Bremse dröhnend um, und die gewaltige Trommel beginnt, sich mit leisem, fnisternden Schleifen zu drehen. Das Untier ächzt und knarrt, surrend rollen die armdicken Seile durch einen schmalen Spalt hoch oben in der Wand der Halle, und der fleine Teufenzeiger schnurrt mechanisch seinen Weg hinunter und zeigt die Fahrt der Körbe an. Schließlich stürzen die Seile in fluchtartiger Hast nach draußen, ein rollendes Stampfen erschüttert den Boden, die heißen Lungen des Untiers feuchen die Seilfahrt geht!

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Das weiß er genau, der Mensch da, in seinem Lehnstuhl: Wenn er nun die Hände losläßt, wenn er nun an das Dhrensausen des Kleinsten denkt und dabei das Biest da vor sich die Maschine, die stets auf der Lauer liegt außer acht läßt, oder, wenn er von seinem Gartenhäuschen in der Kolonie träumt, an welchem die Holunderbeeren, Rankenbirnen schon reifen, daß es dann um sechs­undneunzig Menschenleben geschehen sein fann, menn gerade Leuteförderung ist, das weiß er!

Die Seile reißen nicht, mögen sie noch so. tläg­lich wimmern, die Riesenkraft unter seinen Händen bodt nicht, es geht alles mit unheimlicher Ge­schwindigkeit und Sicherheit unerbittlich seinen 1 Gang: Achtzehn Meter in der Sekunde! Es kommt dabei nur auf ihn an! Ganz allein auf ihn!

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Das helle Warnungssignal, dreißig Meter, bevor der auffahrende Korb am Tage ist, würde ihn jäh aus seinen Träumen reißen die Ge= wohnheit macht ja so stumpf!- und würde er es überhören, so ginge die unheimliche Jagd noch einige Minuten lang gut, aber dann hätte er die Katastrophe im Schachtsumpf und unter den Seil­scheiben! Beide Körbe! Dann möchte sich vielleicht der gefürchtete Gefängnisriegel für ihn öffnen, dann wäre es endgültig aus mit ihm!

Aber das sind alles nur Gedanken! Nur Ge­danken, die ein Mann wie er nicht haben darf! Rasselnd fassen die mächtigen Bremsen ein, der Gegendruck des Dampfes wirft sich vor das ge­waltige Schwungrad, in die Stille hinein knirscht ein langgezogenes Schleifen aus den Achsen, die Hebel knacken wie sie herumfliegen, und flatschend schlagen die Seile auf: Die Körbe stehen! Auf den Zoll genau! So geht das nun Stu.ide um Stunde, herrisch gebieten die flingenden Signale von draußen, Korb um Korb steigt und fällt im Schachtzehnmal, zwanzigmal, auch dreißigmal in der Stunde! Und draußen rollen die unend­lichen Wagenzüge zur Wäsche.

Kohlen! Kohlen! Kohlen!

Der Mann an der Maschine sieht sich nicht um. Was hinter seinem Rücken vorgeht, darf ihn nicht stören. In gleichmütiger Gelassenheit spielt er wie ein Kind mit seiner Maschine.

Fast zweitausend Menschen schickt er täglich in die Achtzehnhundertmetertiefe and holt sie tes Mittags, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, wieder heraus. Davon spricht er nicht. Daß er es muß und kann, genügt ihm. Auch sonst spricht niemand von ihm. Er würde es nicht einmal glauben, wenn man von seinem verantwortungs­vollen Beruf ſpräche. Vielleicht mürde er still lächeln und keine Antwort geben und sich rieder feiner Maschine zuwenden. So ist er!

Und daran darf er nicht denken, daß stündlich der Tod hinter seinem Rücken steht ind, wenn er mill, über seinen Kopf hinweg unsichtbar in die Geile greifen fann. Er fönnte dann schon sein Spiel verloren haben!