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Helft den Erwerbslosen!

Anträge der sozialdemokratischen Landtagsfraktion

Die Sozialdemokratische Partei im Landtag hat folgende Anträge eingebracht:

I.

,, Die finanzielle Notlage der Gemeinden und Fürsorgeverbände birgt für die Arbeitslosen und alle Renten und unterstügungs­empfänger eine große Gefahr in sich. Ge= meinden und Fürsorgeverbände, die bis dahin in der Lage waren, während der kalten Jahreszeit besondere Zulagen für die Beschaffung von Feuerung, Kleidung und Schuhzeug und zusätz­lichen Nahrungsmitteln zu machen, sind ge zwungen, diese Maßnahmen einzu­stellen, weil ihnen die Mittel dazu fehlen. Die auf Grund der Notverordnung des Reichs­ präsidenten vom 19 Oktober 1932 mögliche Ge= währung von Sonderzulagen wird durch die vor­gesehene Anwendung der Bedürftigkeitsprüfung so gut wie aufgehoben, so daß nur eine sehr geringe Personenzahl in den Genuß dieser Zusagunterstüßung tommt. Die Erwerbslosen. wie auch die Renten- und Unterstützungs­Unterstützungs empfänger, sehen daher dem Winter mit sehr großer Sorge entgegen.

Wir beantragen: der Landtag wolle be. schließen, das Staatsministerium zu ersuchen, den Gemeinden und Fürsorgeverbänden mit Hilfe des Reiches die Mittel zur Ber fügung zu stellen, die erforderlich sind zur Ge­währung von Zusagunterstügungen an Erwerbslose und Renten- und Unterstügungs­empfänger zur Beschaffung von Brennmaterial, Kleidung, Schuhzeug und Nahrungsmittel. Berlin , den 17. November 1932."

II.

,, Die steigende Not der Erwerbslosen und der Renten und Unterstügungsempfänger hat zu einem außerordentlich starten Rüd. gang des Frischmilch absages geführt, der auch durch die amtliche Molkereistatistik be= stätigt wird. Durch die damit verbundene Unter­bindung der Eiweißversorgung für große Teile der Bevölkerung wird die Volksgesundheit stark ge= fährdet, zugleich aber auch der Veredlungswirt­schaft in der Landwirtschaft schwerer Schaden zugefügt.

Im Interesse der Boltsgesundheit muß die Milchpersorgung für die Arbeitslosen, Renten und Unter st ügungsempfänger unbedingt fichergestellt werden. Das Reich muß zu diesem Zweck Mittel zur Verfügung stellen. Damit würde zugleich der Frischmilchabjaz gehoben und dem Milchwirtschaft treibenden Teil der Land wirtschaft geholfen werden tönnen

Schritt der Schuldner

Amerikas Widerstand

Am 15. Dezember sind die 3 ahlungsraten fällig, die die europäischen Schuldner der Ber einigten Staaten nach dem Ablauf des Hoover Moratoriums zu bezahlen hätten Diese Staaten maren bereits in Lausanne dahin übereingekom­men, daß sie Amerita um einen neuen Auf­schub ersuchen würden, da Deutschland durch das Bausanner Abkommen ebenfalls bis auf weiteres feine Reparationen mehr zu zahlen brauche. Amerika hat zwar diesen Standpunkt niemals anerkannt, jedoch eine abwartende Stellung ein­genommen, da bisher kein offizieller Schritt in Washington erfolgt war. Die Schuldnermächte haben es auch vermieden, vor den Präsidenten­wahlen irgend etwas zu unternehmen, um nicht diese Frage zu einem Streitgegenstand in der Wahlpropaganda zwischen den Anhängern Roose­Delts und Hoovers zu machen, was zweifellos eine Lösung des Problems erschwert hätte.

Aber schon zwei Tage nach der Wahl hat England die Initiative ergriffen und ange­fündigt, daß es im Hinblid auf die Schwierig­feiten des Pfundkurses die fällige Rate nicht mürde transferieren fönnen. Unmittelbar danach folgte ein ähnlicher Schritt Frankreichs und nunmehr auch Belgiens . Auch die sonstigen fleineren europäischen Schuldner Ameritas wer den zweifellos diesem Beispiel folgen.

Es beginnt nun in Amerifa ein kompliziertes po= litisches Spiel zwischen dem bis zum März noch amtierenden Hoover und seinem bereits gewählten Nachfolger Roosevelt . Jeder möchte gerne dem anderen die Verantwortung für die Entscheidung überlassen, die, wie sie auch aus fallen möge, eine heftige Opposition auch in den Reihen der eigenen Parteifreunde auslösen wird, da es sowohl bei den Republikanern wie bei den Demetraten Anhänger und Gegner des Schulden­nachlasses bzw. der Schuldenstreichung gibt. Hoover hat Roosevelt zu einer Aussprache aufgefordert, die dieser angenommen hat, doch hat Roosevelt den weitergehenden Borschlag Hoovers, auch die Vor­stände der beiden Parte en gemeinsam über die Antwort der Vereinigten Staaten beraten zu lassen, abgelehnt. Er wünscht offenbar, daß Hoover und die Republikanische Partei bis zum Ablauf ihrer Regierungszeit den größtmöglichen Anteil an der Berantwortung gerade für diese heifle Angelegen­he't tragen.

Gegenwärtig steht es für die Schuldnerstaaten nicht günstig. Hoover, der sich natürlich ebenfalls von der Verantwortung möglichst ent lasten möchte, steht auf dem Standpunkt, daß

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Wir beantragen: Der Landtag wolle beschließen, das Staatsministerium zu er­suchen, bei der Reichsregierung durchzusetzen, den Erwerbslosen, Renten und Unterstützungs­empfängern im Interesse der Eiweißversorgung den Verbrauch von Frischmilch durch Einleitung einer Verbilligungsaktion zu ermöglichen."

Das Dritte Reich

wird ein drittes Arm!

Eigener Bericht des, Vorwärts"

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Weimar, 18. November. Die Thüringer Naziregierung hat der in immer tieferes Elend sinkenden Bevölkerung das tausendmal versprochene Paradies immer noch nicht gebracht. Als Ersatz für gekürzte Wohl­fahrtsunterstützungen bietet sie jedoch Jagd­spiele gegen die republitanische Presse. Nach den vielen Verboten folgte der Entzug der amtlichen Bekanntmachungen. Jetzt wird bekannt, daß die sozialistischen, demokratischen und Zentrumsblätter in Zukunft teine Presse­meldungen aus den Ministerien mehr erhalten sollen. Für die Berichterstatter der gleichen Presse droht außerdem der Entzug der Pressekarten für die Landtagssizungen. Bei dem demokratischen ,, Volksblatt" in Jena ist bereits der Anfang ge= macht worden

In Koburg tiefe Büdlinge vor abgetafelten Fürsten und Hofschranzen zu machen, die SA. zum Fadelzug und Türöffnen zu kommandieren, die Gelder der Stadt für Illumination bei der Fürstenhochzeit zu verpulvern und die Republi­faner sowie ihre Presse zu verbieten, das ist kein Kunststüd. Aber zu verhindern, daß das Volk die Wahrheit über das Dritte Reich in Thüringen erfährt, dieses Kunststück wird fein Hitler und feiner seiner Trabanten fertig bringen. Der 6. November hat das bewiesen.

Aus Frankenhein ( Rhön ) wird gemeldet, daß dort Erwerbslose einen Hunger­marsch veranstalteten und einen Bäcker und Fleischerladen plünderten. Als Ursache wird an­gegeben, daß den Erwerbslosen keine Unterstügung ausgezahlt werden konnte. Berhandlungen, bie deshalb zwischen dem Bürgermeister, dem Landrat und den Unterstüßungsempfängern geführt mur­den, verliefen ergebnislos. Die thüringische Naziregierung schichte ein Ueberfall. tommando aus Hildburghausen nach Fran tenbein

ber Rongreß allein für einen etwaigen Schuldennachlaß zuständig sei. Die Republikaner wollen weiter diese Schulden als ein Druckmittel in der Abrüstungsfrage verwerten, wäh rend die Demokraten eher geneigt sind, sie als Tauschobjekt für internationale Handelsverträge, also für die Herabseßung der ausländischen Bolltarife zu benutzen. Eine glatte Zustim mung der Vereinigten Staaten zu einer Schul­denstreichung tommt einstweilen nicht in Frage, und auch ein Schuldennachlaß dürfte nur das Ergebnis langwieriger Verhandlungen sein. Indirekt ist natür­lich auch Deutschland an diesem Problem im höchsten Maße interessiert, da das Schicksal des Lausanner Abkommens nach über­einstimmender Auffassung Frankreichs , Englands und der sonstigen Reparationsgläubiger einer befriedigenden Regelung des interalliierten Schuldenproblems abhängt

Wegen Spionage verurteilte das polnische Standgericht Bdingen den Schuldiener Mucz= towski zum Tode durch den Strang. Der Staatspräsident begnadigte ihn zu 15 Jahren Zuchthaus. Die mitangetlagte Frau Bowlelfti erhielt 15 Jahre Gefängnis.

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12/6/9/1/0

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Im Herrenklub

,, Nicht stören! Die Herren spielen gerade aus, wer der neue Reichskanzler wird."

Mit dem Dolch!

Abenteuer einer Ueberreizten

Vor dem Schnellrichter hatte sich gestern eine Frau Budde zu verantworten, die am 15. d. M. plößlich in die Reichskanzlei gestürmt und bis ins zweite Stockwert vorgedrungen war. Man hatte fie dann festgenommen und einen Dolch bei ihr gefunden Vor dem Schnellrichter sagte Frau Budde, sie sei Mitglied der SPD. und Leiterin einer Frauengruppe.( Das erste stimmt, das zweite nicht. Red. d. B.) Nach dem Grund ihres eigenartigen Eindringens befragt, erklärte fie, fie habe Papen zu einer Aenderung seiner Politik zwingen wollen

Der Ehemann, der Postinspektor Budde, be­zeichnete seine Frau als überreigt. Der sachver ständige Arst fonnte eine als Strafausschließungs. grund reichende Erkrankung nicht feststellen. Der Richter erkannte trotzdem, daß die Frau geistig nicht ganz normal sei. Er hielt es jedoch für notwendig, sie wegen verbotenen Waffen­tragens zu brei Monaten Gefängnis zu verurteilen

Es handelt sich offensichtlich um einen manich­lich bebauerlichen Fall ohne eigentliche politische Bedeutung. Der Angriff" wird schwerlich ein großes Gefolge finden, wenn er versucht, bie Angelegenheit als politisches Attentat aufzuziehen und aus ihr den Schluß zu ziehen, man müsse ,, ben Hegern in ben Rebattionen" das Handwert legen. Es ist nicht jedem gegeben, eine so gefittete und die politischen Sitten ver­edelnde Sprache zu führen wie der Angriff". Wir müssen daher die Anklage, beinahe ein Atten tat angestiftet zu haben, auf uns sigen lassen und überlassen sie zur weiteren Behandlung den Humoristen.

Schwindel- Abwehr

Genosse Philipp Scheidemann schreibt

uns:

In den Leipziger Neuesten Nachrichten" vom 17. November wird ein altes Interview mit mir völlig entstellt wiedergegeben. Brüsseler und Pariser Berichte über das gleiche Interview, das schon vor etwa zwei Monaten stattgefunden hat, habe ich bereits damals berichtigt. Inzwischen ist das Interview offenbar immer mehr, je nach Bedarf des betreffenden Blattes, zurecht- gemacht worden, so daß ich in absehbarer Zeit wohl als begeisterter Monarchist aufmarschieren fann. Mein Berhalten in den kritischen Tagen des November 1918 ist eingehend geschildert worden

Justiz gegen Republikaner

Ungeheuerliches Urteil im Alfelder Landfriedensbruchprozeß

Die Große Straftammer Hildesheim fällte jezt im Alfelder Landfriedensbruch - Prozeß, dem die schweren Zusammenstöße zwischen National­sozialisten und Reichsbannerleuten am 10. Juli dieses Jahres in Alfeld zugrunde lagen, das fol­gende Urteil:

Es erhielten von der nationalsozialisti schen Gruppe der Angeklagte Stohrbed a cht Monate Gefängnis, Müller, Friedrich und Her= mann Schütte, Kelle, Dettmar je sechs Mo= nate Gefängnis meitere Angeklagte Gefängnis­strafen von vier Monaten bis zu zwei Wochen. Zwei Angeklagte murden freigesprochen.

Bon den Mitgliedern der Eisernen Front erhielten Buch zwei Jahre Gefängnis, Herbed ein Jahr Gefängnis,

Bause ein Jahr sechs Monate Zuchthaus , die übrigen Angeklagten Gefängnisstrafen von acht bis vier Monaten. Sieben Angeklagte wur­den freigesprochen

Ob Bewährungsfrist gegeben wird. soll noch ge­prüft werden. Die Haft wurde bei sämtlichen An­geklagten aufgehoben bis auf Buch und Bause.

Es handelte sich um einen organisierten Ueber­fall, den eine S.- Kolonne in Alfeld auf Repu­blikaner und auf die Bevölkerung verübt hat! Der Führer der Nazis, die auf Lastwagen in Alfeld eingefahren waren, erhielt acht Monate Gefängnis

einer der Ueberfallenen aber ein Jahr sechs Monate Zuchthaus!

Justiz von heute!

in den ,, Denkwürdigkeiten des Prinzen Mag von Baden" und in meinen eigenen Memoiren. Ich habe seit Jahren bei jeder Unterredung den be­treffenden Berichterstattern die gewünschten Aus­künfte an der Hand meiner Aufzeichnungen ge= geben. Für den Unsinn der aus einem solchen Interview im Laufe der Zeit gemacht wird, bin ich nicht verantwortlich. Daß ich, um nur ein Beispiel anzuführen, jemals gesagt haben sollte, in Deutschland gebe es feinen Republikaner mehr, der bereit sei, sein Leben für die Republik ein­zusehen, fann fein Mensch glauben, der seine fünf Sinne beijammen hat.

,, Opferlisten" der Nazis

Falsche Helden

Zum 3mede der Heldenehrung", wie sie in den Naziblättern beliebt wird, veröffentlicht der ,, Schlesische Beobachter" wieder einmal eine Liste von 19 Nationalsozialisten, die für Deutschlands Ehre und Freiheit" gefallen sein sollen. Unser Breslauer Barteiorgan fann fafort nach dem ersten Blid auf die Liste feststellen, daß vier der an geblichen Opfer" durch Fälschungen auf diese Biste gelangt find:

Mar Gohla( betrunken vom eigenen Gespann gestürzt);

Wilhelm Thielsch( vom eigenen nationalsoziali stischen Bater erstochen);

Herbert Gürtel( angeblicher Reichsbannermörder freigesprochen, da Nazis selbst geschossen haben); Friz Winkler( durch Bauchschuß im Braunen Hause selbst zu Tode gelommen).

Das sind vier Fälle, die auf den ersten Blick festgestellt werden konnten.

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Sie reihen sich würdig den Fälschungen an, die beim Ueberfall auf unseren Genossen Bäschte in Reichenbach verbreitet wurden. Mord der ver­tierten roten Bestien" hieß es damals, jetzt hat das Schweidnitzer Gericht festgestellt, daß der Tod des Nazimannes mit den eigenen Spreng­bomben herbeigeführt wurde. So sehen die Heldenlisten der deutschen Kämpfer aus.

Juriften- Bereinigung

Die ordentliche Hauptversammlung der Bereinigung sozialdemokratischer Ju­risten fand dieser Tage in Berlin statt Sie war auch von Genossen außerhalb Berlins start besucht. Der Parteivorstand hatte den Genossen Georg Schmidt entsandt.

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In der Hauptversammlung wurde Sazungsänderung beschlossen, ferner ein neuer Borstand gewählt, und zwar wurden Bor sigende die Genossen Rechtsanwalt Dr. Franz Neumann , Berlin , Rechtsanwalt Dr. Rusch e- weyh, Hamburg. Als Beisitzer gehören dem Borstand an Regierungspräsident 3. D. Dr. Hans Simons, Berlin, Ministerialrat Dr. Georg Flatow, Berlin, Stadtrat Dr. Heuer, Berlin, Ministerialdirigent Dr. S. Rosenfeld, Berlin, Gewerkschaftssekretär Dr. K. Gusto, Bernau, Magistratsrat Dr. Reinemann, Berlin, Rechts­anwalt Dr. Curt Rosenberg, Berlin, Rechts­anwältin Hilde Rirchheimer. Berlin, Dr. Martin Draht, Akademie der Arbeit, Frankfurt a. Main, Rechtsanwalt Dr. Philipp Löwenfeld, München, Rechtsanwalt Dr. Kieß, Jena, Amtsgerichtsdirektor Dr. Weiland, Dresden, Wirtschaftsprüfer Assessor Dr. Günther, Berlin. Der neue Vorsitzende entwickelte am Schluß das neue Arbeitsprogramm der Vereinigung der sozialdemokratischen Juristen.

Als Faschistenspißel in der Schweiz verhaftet wurden weiter drei Italiener, darunter ein An archist" 3 amboni.

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