Abend- Ausgabe
Nr. 546 B 265 49. Jahrg.
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Vorwärts
BERLINER
E
VOLKSBLATT
SONNABEND
19. November 1932
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Solidarität!
Hetze gegen die Freidenkerbewegung
Der Deutsche Freidenfer Ber band hatte zu diesem Montag zu einer Protestkundgebung im Sportpalast aufgerufen. Er forderte alle Berliner Genossen auf, die Freidenkerbewegung gegen reaktionäre Verbotsabsichten zu schützen. Partei und Gewerkschaften haben diesen Aufruf unterstützt. Die Ausdehnung des sogenannten Burgfriedens bis zum 2. Januar hat diese Versammlung unmög lich gemacht! Während die Reaktion Verbotsabsichten gegen den Deutschen Freidenker- Verband ausstößt, wird es den Bedrohten verwehrt, öffentlich dagegen zu protestieren und Stellung zu nehmen!
Am 27. September 1932 hat der Hauptausschuß des Preußischen Landtages den Beschluß gefaßt, den Deutschen Freidenter Verband und ähnliche sozialdemokratische" Freidenkerorganisationen aufzulösen. Gegen den Antrag stimmten Sozialdemokraten und Kommunisten., das Zentrum enthielt sich der Stimme.
Die Regierung erklärte, daß ein Verbot aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen könne, weil der Verband sich im Rahmen des gesetzlich zulässigen halte. Dagegen meinte ein Deutschnationaler, daß gerade die gemäßigte Propaganda des Berbandes gefährlicher sei als die grobschlächtige der Kommunisten.
Die Nazifraktion als Antragstellerin gab vor, daß sie nicht beabsichtige, einen Gemissenszwang auszuüben. Doch sei die Propaganda des Verbandes zersetzend, weil sie marristisch sei.
Das war das Niveau der Debatte! So will man einer nach Hunderttausenden zählenden Organisation das Lebenslicht ausblajen.
Großzügig an diesen Attacken gegen die Freidenfer ist nur die Heuchelei, mit der sie betrieben wird. Keine antireligiöse Propaganda hat im letzten Jahrzehnt soviel Be= schimpfungen gegen die Kirche und gegen religiöse Gebräuche ausgestoßen wie die Nazi partei.
Jede Zeitepoche prägt sich ihr eigenes Weltbild. Wir leben nun einmal nicht in einer Zeit, in der die naive vorbehaltloje Frömmigkeit früherer Zeiten wieder geweckt werden kann. Wenn es der Kirche nicht gelingt, durch ihre eigene Propaganda ihren Mitgliederbestand zu erhalten, durch Polizeimaßnahmen wird das bestimmt nicht erreicht! Man fann einen Menschen nicht zwingen, an Gott zu glauben! Man kann ihn nicht mit der Bibel zufriedenstellen, wenn er sich in Eifer nach wissenschaftlicher Erkenntnis verzehrt. Man kann keine Liebe für die Kirche erwecken, wenn sie selbst durch ihr politisches Verhalten Mißtrauen jät. Nicht nur die freidenkerische Propaganda hat Kirchenaustritte hervorgerufen. Viele haben der Kirche den Rücken gekehrt, weil sie eine unverhüllte Propaganda für die Nazibemegung zuließ. Gerade die letzten Kirchenratswahlen haben bewiesen, wie stark die Kirche zum Tummelplatz parteipolitischer Kämpfe geworden ist.
Nazi, Deutschnationale und evangelische Kirche haben der Freidenkerbewegung den
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Um 11.30 Uhr suchte Adolf Hitler den Reichspräsidenten zu der vorgesehenen Besprechung über die innerpolitische Lage auf. Vorher hatte der Abgeordnete Göring eine Unterredung mit dem Staatssekretär des Reichs präsidenten Dr. Meißner. Hitler wurde bei seinem Erscheinen vor dem Präsidentenpalais trotz Demonstrationsverbots! mit Heilrufen begrüßt.
Im Zusammenhang mit dem Empfang Hitlers durch den Reichspräsidenten waren in Berlin be= reits Gerüchte verbreitet, wonach auf Grund einer Unterredung zwischen dem General v. Schleicher und Hitler dieser bereit sein mürde, zugunsten Schleichers auf das Kanzleramt zu verzichten. Diese Gerüchte sind, wie die Tel.Union zu berichten meiß, reine Rombinationen. Eine Einigung in der Frage der Neubildung der Regierung ist noch nicht erfolgt und mirb auch erst in den folgenden Tagen zu erwarten fein. Kommt eine Einigung Hitlers mit dem Reichspräsidenten zustande, müßte im übrigen erst
13 Auguft 1932
,, Da ist er wieder-."
noch eine Einigung mit den anderen Parteien erfolgen. Außerdem verlautet aus nationalsozialistischer Quelle, daß Hitler nach mie vor zunächst darauf dringen wird, selbst mit dem Kanzleramt betraut zu werden.
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Kurz nach 1 Uhr mittags famen Hitler. Straßer und Frid von der Besprechung mit dem Reichspräsidenten . An und gegenüber der Reichskanzlei hatten sich bereits am Vormittag, ebenso wie vor dem feudalen Hotel Kaiserhof, dem standesgemäßen Quartier dieser Arbeiterführer" mehrere hundert Neugierige eingefunden. Als die drei Osafs auf der Straße erschienen, ertönten andauernde Begrüßungsrufe, deren geringe Lautstärke aber auf das deutlichste bemies, daß nur ein kleiner Teil der Zuschauer sich daran beteiligte. Die furze Entfernung zum Kaiserhof hinüber legten die Retter" im Auto zurüd, wobei von den Nilpferdpeitschen diesmal kein Ge brauch gemacht wurde.
Ueber die Besprechung wird offiziös mitgeteilt, daß sie im ganzen eine Stunde und zehn Minuten gedauert hat und zunächst unter vier Augen zwischen dem Reichspräsidenten und Hitler geführt worden ist. Nach kurzer Zeit wurde Staatssekretär Meißner hinzuge zogen, bei dem vorher Goering gewesen war. Frick und Straßer haben der Besprechung Hitlers mit dem Reichspräsidenten nicht beigewohnt.
Es wird meiter mitgeteilt, daß die gegenseitigen Auffassungen besprochen morden sind und, da die Besprechungen noch nicht abgeschlossen seien, merden sie in der nächsten Woche fortge= setzt werden. Die Betrauung irgendeiner weiteren Persönlichkeit mit der Fortführung der Verhandlungen ist bisher nicht beabsichtigt.
Tonart gegen den Präsidenten gedämpft, sie hat nicht wie vor dem 13. August die Parole ,, Ales oder nichts" verkündet. Mit einer beachtenswerten Ausnahme.
Gestern hat der Borsigende der nationalsozialisti schen Landtagsfraktion in Preußen Wilhelm Kube im Preußischen Pressedienst der NSDAP . cinen Artikel veröffentlicht, der wütende Angriffe gegen Hindenburg enthielt und zugleich jeder Zufammenarbeit der NSDAP . mit anderen Parteien entgegentritt. In diesem Artikel wird behauptet, Hindenburg , Papen somie die übrigen adligen Mitglieder des Reichskabinetts seien vor menigen Tagen Gäste des Erkronprinzen im Cecilienhof ( Potsdam ) gewesen. Ertronprinz sei nach dem 9. November ,, ohne jeden Grund nach Holland " gegangen. Die Ertronprinzessin, die außerordentlich ehrgeizig" genannt wird, bemühe sich mit Beschäftigkeit", dem Extronprinzen den Weg zu ebnen.
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Der
Die NSDAP . so fährt Kube fort müsse einsam bleiben, sie stehe in einer ähnlichen Situation wie im November 1923. Schließlich heißt es:
„ Lieber Moskau als Hitler, das ist nicht nur die Parole der Juden in Deutsch land , das ist der Sinn des politischen Kampfes der Herren v. Papen und Dr. Hugenberg, das ist das Ende der Politik jenes Marschalls, der am 9. November 1918 seinen Degen der Regierung Ebert zur Verfügung stellte und der seinem Kaiser den dringenden Rat gab, Armee und Tradition zu verlassen und nach Holland zu gehen."
Begleitmusik zu Hitlers Empfang
Heute hat der Reichspräsident Adolf Hitler empfangen. Hitlers Presse hat diefen Empfang forgfältig vorbereitet. Sie hat die
Preußen protestiert
Braun wird im Landtag sprechen
Die preußische Staatsregierung stellte in der heutigen Staatsministerialfihung einstimmig feft, daß die gestern auf Antrag der Reichsregierung erlassene Verordnung auf Grund des Art. 48 Abs. 2 dem Wortlaut und Geist der Entscheidung des Staatsgerichtshofes nicht entspricht.
Ministerpräsident Braun wird in der ersten Bollfihung des Landtages am Donnerstag, 24. November, zu der dadurch geschaffenen Sachlage Stellung nehmen.
faffen. Die Gesamtziffer der Reichstagsabgeordneten erhöht sich auf 584.
Nach dem endgültigen amtlichen Ergebnis verteilen sich die 584 Reichstagsabgeordneten wie folgt auf die einzelnen Frattionen: Nationalsozia= liften 196, Sozialdemokraten 121, Rommunisten 100, Zentrum 70, Deutschnationale 51, Deutsche Volkspartei 11, Thüringer Landbund 1, Bayerische Volkspartei 20 , Wirtschaftspartei 1, Staatspartei 2, Christlichsozialer Volksdienst 5, Deutsch- Hannoveraner 1, Deutsche Bauernpartei 2, Landvolk 1 und Württembergische Bauern und Weingärtner 2.
Alterspräsident des neuen Reichstags wird der
Bernichtungsfeldzug angekündigt. Sie wird Endgültiges Wahlergebnis nationalsozialistische Abgeordnete General Litz
sich zur Wehr setzen, und zu ihr stehen die Arbeiterorganisationen und alle Bevölkerungskreise, die sich soviel politische Vernunft erhalten haben, um zu wissen, daß mit dem Polizeiknüppel nicht gegen Weltanschauungen gekämpft werden kann!
Deutscher Freidenferverband. Infolge Erweite rung des Burgfriedens bis zum 2. Januar 1933 findet die Protest fundgebung des Deut fchen Freidenferverbandes am Montag, dem 21. November, nicht statt.
Ein Zentrumsabgeordneter mehr
Der Reichswahlausschuß hielt
am
mann.
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spuden oder es wird ein Spiel mit verteilten Rollen gespielt: Hitler verhandelt und paftiert, und die Lautsprecher der NSDAP . müssen den Tatbestand durch Lärm gegen die Verhandlungspartner überdecken.
Gehalt auf Stottern
Staatsbeamte müssen warten lernen
Rach einer heute veröffentlichten Bekannt, machung des Staatsministeriums der Finanzen werden Dienst und Versorgungsbezüge der Beamten des Staates für den Monat Dezember zu einem Biertel am 3., zur Hälfte am 16., und mit dem letzten Viertel am 30. ausbezahlt. Die Inhaber von Bank- und Postscheckkonten können über die zweite Dezember= rate bereits am 15. Dezember verfügen.
Angesichts der Kassenlage des Staates müssen leider entgegen den früheren Absichten der Staatsregierung auch im Monat Dezember wie im November und Oktober die Bezüge der Staatsbeamten in drei Teilen ausgezahlt werden. Dabei hat es sich als notwendig erwiesen, die Zahlung einer Hälfte der Dezemberbezüge in die Mitte des Dezembers zu verschieben. Es war nicht möglich, die Zahlung des letzten Biertels der Dezemberbezüge noch auf die Zeit Dor Weihnachten zu verlegen. Auch für die
Sonnabend eine öffentliche Sigung zur Fest. Der neue USA .- Kongres Monate Januar und Februar 1933 muß mit der
stellung des amtlichen Endergebnisses der Reichstagswahl vom 6. November ab. An der Mandatszahl ist insofern noch eine Aenderung eingetreten, als das Zentrum noch einen meiteren Siz zugebilligt erhielt. Die Zentrumsfraktion im neuen Reichstag mird damt 70 Abgeordnete um
Der neugewählte kongreß der Bereinigten Staaten von Amerika , der seine Arbeiten am 4. März 1933 aufuimmt, besteht aus 314 Demofraten, 116 Republikanern und fünf Farmer- Arbeitern; Senat
aus
59 Demokraten, 36 Republikanern und 1 FarmerArbeiter.
Zahlung in drei Teilen gerechnet werden. Dabei mirb fich eine weitere Verschiebung der Zahlungen, ähnlich wie in den Monaten Oktober bis Dezember 1932, nicht vermeiden lassen. Für den Monat März 1933 ist die Zahlung der Dienst und Versorgungsbezüge in zwei Raten in Aussicht genommen.