Amerikas Ablehnung Was werden England und Frankreich tun? Die offiziellen Antworten der Ver- einigten Staaten an England, Frankreich , Bel- gien ufro. in der Kriegsschuldenfrage sind gestern überreicht worden Sie sind alle ziemlich gleich- lautend, also schroff ablehnend, nur die Antwort an England enthält einige scharfe Wen- düngen nicht, die in Paris als besonders pein- lich empfunden worden sind Die in den Noten entwickelten dargelegten Ar- guments waren aüe von vornherein bekannt: Nicht der Präsident, sondern allein der K o n g r e h der Vereinigten Staaten habe das Recht, die Schulden- Verpflichtungen abzuändern. Die Exekutivgewalt könne höchstens Maßnahmen empfehlen, ober schon jetzt lMtone die Regierung, daß das Schulden- prohlem nichts zu tun habe mit der R e p a r a- tionsfrage, daß jedes Zugeständnis an die Schuldnerstaaten lediglich eine Mehrbelastung der amerikanischen Steuerpflich- t i g e n zugunsten der Steuerzahler in den Schuldnerländern bedeuten würde, daß die W i r t- s ch a f t s d e p r e s s i o n, auf die sich die Schuldnerstaaten beriefen, auch die Vereinigten Staaten hart treffe, usw. choooer betont ausdrücklich, daß er dem Kongreß keine Empfehlung im Sinne des Verlangens der Schuldnerstaaten unterbreiten könnte und fügt hinzu, daß es sogar-unzweckmäßig wäre, Diskussionen über dieses Thema einzuleiten. Der Hinweis auf die Lausanne ! Konserenz wird glatt zurückgewiesen und schließlich die Bezahlung der am IS. Dezember sälligen Raten nochmals unzweideutig gefordert. In England macht sich bereits ein S t i m- mungsumschwung bemerkbar. Während die Regierung und namentlich das Finanzministerium noch immer an der Behauptung festhalten, daß England die hundert Millionen Dollar nicht zahlen könne, wendet sich die Bank- und Handels- well, unterstützt vom„Daily Herald", gegen diese den eigenen Kredit erschütternde, obendrein unrichtige Behauptung. Man glaubt, daß das Schatz- amt sehr bald einlenken und die Bezahlung zusagen werde.
Nie Funkreaktion Im Nooemberheft der„Sozialistischen Bildung " werden die Richtlinien für den Kamps gegen die Rundfunkdiktatur veröffentlicht, die von den in der Freien Funkzentrale ver- einigten Spitzenorganisationen der werktätigen Be- völkerung ausgearbeitet worden sind. Angesichts der Tatsache, daß die Empörung über die Rund- sunkreaktion in allen Bevölkerungskreisen wächst, werden die hier veröffenllichten Richtlinien sicher- lich die verdiente Beachtung finden. Von weiteren Beiträgen der erwähnten Nummer sei vor allem hingewiesen auf eine V o r t r a g s d i s p o s i t i o n von Dr. A. Braun- chal„Wirtschaftskrise und Arbeits- b e s ch a f f u n g", sowie auf einen längeren Auf- satz von O. Uhlig„Jugend ohne Beruf", in dem die Fragen der Arbeitslosenbildung in Verbindung mll der trostlosen Lage der prole- tarischen Jugend behandelt werden. Hingewiesen sei noch zum Schluß auf die Be- sprechung zahlreicher Kinder- und Jugendschristen in der Beilage„Bücherwarte", die allen Buch- interessenten gerade jetzt willkommen sein dürften.
kleine Theaterchronik. Millöckers unverwüstlicher„Bettelstudent" fand eine Auferstehung im Zentral-Theater.— Im Lustspiel- Haus wurde das von Mosers charakteristischer Prägung des angeblich reichen amerikanischen Onkels(ein Tonfilm) her bekannte Lustspiel mll Musik„Man braucht kein Geld" neu erprobt und fand Beifall. — Die„Katharina" des Theaters des Westens wies bei der 10l>. Aufführung eine Neubesetzung auf. Statt Gitta Alpar singt sie jetzt Erika F a l g a r, überschlank und überblond. Stimme(besonders gut in der Höhe) und Spiel sichern chr den Erfoig. Zusammenschluß der körperbildungrschulen. Unter dem Namen„Deutscher Körper- bildungsverband" haben sich die Schulen und Pädagogen der neueren Körperbildungs- bewegung zu einem einheitlichen Aktionsoerband zusammengeschlossen.— Es sollen Gymnastik, tänzerische und ltörperbilduiigsbewegung aus ihrer Enge befreit werden, um sie der A o l k s e r z i e- hung dienstbar zu machen. Der Verband gibt eine Zeilschrift unter dem Titel„Kontakt" heraus. Geschäftsstelle: Bsrlin-Grunewald, Gillstr. 10. Literalurpreis für Psychoanalytiker Jung. Der Stadtrat Zürich hat dem Psychoanalytiker Carl Gustav Jung in Zürich den 8000 Franken be- tragenden Literaturpreis der Stadt Zürich ver- liehen. Jung ist durch«ine große Anzahl bedsu- tender Aerosfentlichungen auf dem Gebiet« der Psychologie weit über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt geworden. Dczeto-Matiue« im Capltol. Tonmog, ll.M Uhr, tanzt zum ersten illlale die peruomiche Jntaiänzertn Helba Huara , anschlichend laust der Tonfilm„Europas ältestes Boll" lTie Basken am Gols von Bislaha). la« SouAtaxstonzert des Philbarmonischen Or- chelierS in der Tbilbarmonie enchält Orchesterwcrke von Scb"bcr:, GrH, Telibcs, Massen-Y Trorak und Marz- louslh. Solist des Äb-nds ist T. Coldtera lBtoline). Hanz Alb- S wird sein Gassipiel im„Tbeatcr im A d m i r r. I§ p a l o st" ml- nnarn und in» mm 15. Januar weiter in„Liliom" austreten Else«asker-Tchiil-r Test auS ibrcn nen'sten Ti»tun- gen MH'woch, 9 Uhr, im Schubert-Saal(Bulow- straße 104).
Reichsanwalt unbelehrbar! Er verlangt aufs neue Verurteilung Bullerjahns!
Zu Beginn der heutigen Verhandlung im B u I l e r j a h'n- P r o z e ß teilte der Borsitzende B ü n g e r mit, daß sämtliche noch ausstehenden Beweisanträge abgelehnt worden seien, so die Ladung des Bankdirektors von Stauß und die konsularische Vernehmung des Schweizers B i e n tz. Auf Antrag der Verteidigung wurde noch der Briefwechsel des Verteidigers mll dem Leutnant Jost zur Verlesung gebracht, serner ein Brief, den Bullersahn nach seiner Berhastung aus dem Ge- fängnis an seinen Onkel geschrieben hat. Sodann nahm der Reicheanwalt Dr. Nagel das Wort zu seinem Schlußwort. Er führte u. o. aus:
Seit den in Frage stehenden Vorgängen sind beinahe acht Jahre oergangen, und manche Zeugen, die wichtige Aufschlüsse geben konnten, wellen nicht mehr unter den Lebenden. Alle Quellen, die zur Erkenntnis dieses Falles noch zu Gebote stehen, haben wir in dieser Ber- Handlung restlos ausgeschöpft. Wenn es auch nicht gelungen ist, alle Einzelheiten vollständig aufzuklären, so hat die Verhandlung doch noch ein ganz um- fassendes und zuverlässiges Bild der damaligen Vorgang« ergeben. Nach den Ermittlungen stellen sich nun gewiß einige Einzelheiten anders dar, als es in dem ersten Urteil zum
Ausdruck gelangt und festgestellt ist, aber im Kernpunkt der Frage, ob der Angeklagte den ihm zur Last gelegten Landesverrat begangen hat. bin ich aus Grund der neuen Verhandlung zn der festen lleberzengung gelangt, daß diese Frage wiederum zn bejahen ist. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen gab Reichsanwall Dr. Nagel eine eingehende Schilde- rung des äußeren Mhmens des K o n t r o l l- Verfahrens und sucht dabei im einzelnen nachzuweisen, warum ein Verrat vorliege und deshalb gerade Bullerjahn als Verräter in Frage komme.
Volksstück im Komödienhaus
Die Leute, nein, eigentlich die Leit(bayerisch ) machen sich auf dem Münchener Oktoberfest eine Hetz, und da kommt es eben, daß der abgebaute Chauffeur Kasimir und sein Fräulein Braut, die Bürodame Karoline, beinahe unter die Räder kommen. Aus diesem Eben, aus diesem Belläufigen leitet Harocllh sein Volksstückchen ab, das nun wieder kein rechtes, einfaches Volksstück, sondern em vielfach getisteltes Theatsrstück über Wünchener Leut aus dem Volke ist. Da könnte der Dramatiker den Mund und die Szenen sehr voll nehmen sich zum Ankläger oder Verteidiger aufwerfen, mit sozialen Noten oder ihrem Gegenteil musizieren. Aber Horvath wünscht keines von beidem. Er sieht, was in diesem Stück geschehen soll, als ein gefühlvoller Satiriker, ein wenig auch als ge> reizter und gewitzter Kriminalist. Das Stück muß so nebenbei seinen Sinn hergeben. Der ganze Bierjahrmarkt mit Schaubuden , Trompeten- geschmetter, Lampions, volkstümlicher Besoffen- hell und Rauferei wird ausgeführt. Uebrig bleibt dann der Fall Kasimir und Karoline, er fällt zu- fällig aus dem Milieu, denn gar kein Pathos darf angeschlagen werden. Es ist typisch, daß die Karoline im Augenblick, da der Kasimir zum Stempeln reif ist, mit ihrem Herzen durcheinander gerät. Wird sie beim Zu- schneider(Kinderkonsektion), Herrn Schürzinger, bis in den drillen Stock hinaufsteigen? Ja, Herr Schürzinger besitzt eben die Suada, Schneider- marke, Theatermarkc. Er besitzt aber wenig Charakter. Denn er schaut artig und geduldig zu, daß Herr Kommerzienrat Rauch, der Chef, das alkoholisch geschwächte Mädel nach Altötting in seine Villa abtransportiert. Jetzt rührt sich der Moralist Horvath. Die Autopanne wird zum Schicksal des Volksstücks. Durch die Panne wird alles entschieden. Karoline wird dem Kommerzienrat abgejagt und davon überzeugt, daß chr Herzensstandquartier vorläufig bei Herrn Schürzinger zu sein hat. Der böse Geist des Volksstücks, der Zuchchäusler Merkl, wird ge- schnappt, gefesselt und abgeführt, wodurch wieder Merkls Geliebte, eine sehr sanfte Dame von der Straße, erlöst wird. Sie kann beschließen, den armen, abgebauten Chauffeur bei sich seelisch und materiell einzuquartieren. Durch die Panne enl- larvt sich auch die ganze Viecherei de! Besser- gestellten, die nichts anderes zu tun haben, als dem braven Jungen aus dem Volk die Mädchen wegzunehmen. Diese Verwirrung der Geschichte, bald traurig
eingefädell, bald sarkastisch aufgelöst, ist dem jungen Dramatiker gelungen. Die Aufricht-Produktion, für die der viel- nervige und feinnervige Herr Francesco von Mendelssohn Regiearbell leistet, nimmt sich dieses ehrenwerten und gestaltungswürdigen Stückes an. Das Wagnis ist künstlerisch ebenso erfolgreich wie das Experiment mll„Mahagonny ". Die Interessenten für das Wagnis werden aber wohl nicht allzu zahlreich sein. Denn„Dein ist mein ganzes Herz"— dieser Schlagerschleim ist konjunkturmäßiger als die graziösere Richtung. Oktoberseststimmung auf der Bühne und das Spielerische ist dem Regisseur wichtiger als das knallige Milieu, auch dem Bühnenarchitekten Caspar R e h e r. Die Darsteller sollen nicht zu derb ins Parkett hineinspielen, sie sollen mit ihrer
Rolle jonglieren. Klarer Naturalismus wird ver- warfen zugunsten des Symbolischen. Hermann E r h a r d t und Luise Ullrich hallen deshalb die gröbste Wirkung zurück, als Kasimir ErHardt sehr überlegen, als Karoline Fräulein Ullrich schon etwas gegen chren Willen. Sie ist von Natur eine entzückende Vorstadtschauspielerin und versessen darauf, zu gefallen und gekränkt, weil der Regisseur ihrer Anmut und Treffsicherheit das Ausbrechen verbietet. Frau Ebinger. Kam- p e r s und S t e p a n e k, die Typen aus dem proletarischen München , gehorchen ihrem Regisseur hemmungslos und talentvoll, während Adolph! und Scharf, Repräsentanten der höheren Steuerklasse, sich abseits spielen. Sie wollen ge- fallen durch einen krassen, nicht mehr zu zügelnden Applausklamauk. Aber Freunde des Hauses ver- zichten auf die äschetischen Unterscheidungen und beeilen sich, alles anzuerkennen: den verheißend begabten Dichter und den Regisseur, der sich allerdings nur zeitweise gebührenden Respekt für seine gesunde Idee schassen konnte. Nax Hochdorf.
Kleine Konzertchronik
Strauß und Pfitzner
Mit dem heiteren Wiener Ballett„Schlag- o b e r s" ist es seinem Schöpfer Richard Strauß recht übel ergangen. Aus einer öfter- reichisch-liebenswürdigen, für norddeutsche Ge- müter ganz merkwürdigen kulinarischen Phan- taste entsprungen, fand das Werk wenig Gegen- liebe in einer Welt, die weder phantasiereich noch lieben-würdig, noch kulinarisch sonderlich interessiert sst und sein kann: er blieb damit so allein. wie nur verspielte große Kinder und verspielte alte Meister allein bleiben können. Um die Parti- tur zu retten, hat er nun aus der Vallettmusik eine Konzertsulle gemacht— Bruno Walter beschloß mit ihr sein zwelles philharmonisches Konzert—, mit der es geht wie mit aller für das Theater ersundenen Musik im Konzertsaal: die Bühne fehll, deren Komplement sie ist. So klingen die acht Nummern(ungleich im Einfall, charmant gearbeitet alle miteinander) artistischer und sub- stanzloser als sie wirklich sind, so biegsam und schmiegsam, so graziös und temperamentvoll auch Walter, der für dergleichen die glücklichsten Hände hat, die Tanz- in Klangimpressionen zu verwan- dein wußte. Er hatte mit Beethovens„Achte r" schön begonnen. In der Mitte des Abends stand Brahms. der Konzertheilige des Jahres, mit dem V-Dur- Geigenkonzert, dessen Solopart Adolf Busch
in meisterlicher Sicherheit und stiller Reife zum Klingen bracht«. Nach einer kammermusikalisch sein getönten, mit ein wenig schulmeisterlicher Grandezza ganz ent- zückend wiedergegebenen H a y d n- Sinfonie diri- gierte Hans Pfitzner im Rundfunk eigens Werke: die Ouvertüre zu„K ä t ch e n von Heil- b r o n n", das Es-D ur-Klaviertonzert. Cr kommt aus der gleichen Klangwelt wie Strauß, seiner inneren Einstellung nach aber steht er zu jenen in unverkennbarer polarer Gegensätzlichkeit, die man über der gemeinsamen Etikettierung „Spätromantiker" heut gern übersieht. Niemals schreibt er Klingendes um des Klingens willen, immer ist er im Ringen um Bedeutung und Tiefe, nachdenklicher musikalischer Mystiker, dem freilich oft genug das zu aller Musik notwendige Glück der Oberfläche oersagt ist. So ist auch dos— von Maria K o« r s e r sehr sauber, sehr sachlich und sehr überlegen gespielte— Es-Dur-Konzert kein glanzvoll schimmerndes Virtuosenstück. Eine Art Sinfonie vielmehr mit olligatem Klavier, voll dunkler Farben, herber Tönungen, voll merk- würdig widerstreitender Kräfte, die sich strecken- weise völlig aufheben, die Musik aus überinten- sivem Au-drucksstrsben fast ausdruckslos machen — und bleibt doch ein wunderschönes Stück Musik.
E!n neuer Bali-Film „Kriß" im Marmorhaus Europamüde Menschen wollen irgendwo auf der Welt«in glückliches Eiland entdecken. Nach dem stillschweigenden Abkommen der internationalen Filmindustrie hat das Bali zu sein. Mit Sorgfalt und seinem Einfühlen drehten Andre R o o s e o e l t und Armand Denis, die sich fünf Jahre in Bali aushielten, einen Liebes- film mit kriminellem Einschlag. Kriß ist das durch Tradition gehelltgte Schwert in der Familie eines Prinzen. Der junge Prinz soll eine Prin- zessin heiraten, er liebt aber die Braut eines Kulis. Doch heiraten die jungen Leute ihrem Stande gemäß. Der Prinz verzehrt sich in un- glücklicher Liebe, der Kuli wird für einen Tag fortgeschickt und die junge Frau durch einen Liebestrank gefügig gemacht. Auf seiner häuslichen Lagerstatt findet der Kuli Kriß. das Schwert, er- sticht mit ihm den Prinzen, seine Frau, wird Amokläufer und stirbt, verfolgt von allen Dorf- biwohnern. Die Landschaft ist nicht nur eine gewaltige Kulisse, sie ist auch so schön, daß sie die Sehnsucht jedes naturliebenden Menschen wachruft. Aber wem gehört in diesem„Paradiese" das Land? Es gehört dem Großgrundbesitz: der den Acker bebauende Kuli schuftet für seinen Herrn, den Prinzen. Und die junge Frau des Kuli macht die Ehre«rztttern, als sie im Palast des Rajah empfangen wird.
Die Prachtliebe des Volkes wirkt sehr kultiviert. Dl» Künstler von Bali haben ein ausgesprochenes Verständnis für» Tier, sie stllisieren und symboli- sieren es und erfassen seine Seele. Ihre Boote gleichen Riesenseespinnen, ihre leichten Hütten wachsen wie Blumen aus der Landschaft. Das Volt hat schöne und interessante Gesichter und prächtige(nicht für das moderne Schlanksein ab- gehungerte) Figuren. Diese Menschen aus dem Volk sind ganz starke, natürliche Schauspieler, wie wir sie unter allen Primitiven finden, die die gesellschaftliche Lüge noch nicht kennen. Vorweg sieht man Tänze. Jede Belebung des Lichtspieltheaters, jedes Herauegehen aus der Tonfilmfchablon« soll freudig begrüßt werden, doch hier sind ungeeignete räumliche Perhältnisie. Man hat vor der Bühne ein Podium aufgebaut. Es liegt zu niedrig und die meisten der Zuschauer sehen nur zerrissene Figuren. e. b.
Rundfunkreklame Für Tanz und Arbeitsdienst Mit Superlativen, die sich perlengleich an- cinanderreihten, pries Dr. Johannes E ck a r d t vor dem Mikrophon der Funk stunde eine Tänzerin Helba Huara . die er als Mischdlut au» einem sürstlichen Jnkageschlecht und spani-
schem Adel vorstellte. Die Presse hat bisher noch keine Gelegenheit gehabt, die junge Damen tanzen zu sehen, die hier in Berlin auftreten will; die ganze Sendung war also nichts anderes als faust- dicke Reklame. Aber schließlich darf man nicht allzu hart darüber urteilen: die Darbietung be- weist ans jeden Fall die von bösartigen Hörern heute stark angezweifelte Objektivität des deutschen Rundfunks. Was unseren Freiherrn reckst ist, ist der blaublütigen Tänzerin billig. Ueberhaupt— weshalb über solche Kleinigkeiten nörgeln? Ist nicht der deutsche Rundfunk zur Zeit von Kopf bis Fuß auf Reklame eingestellt? Für Ufa-Füme, für Wehrgeist, für nationalsozialistische„Kultur- träger", für Arbeitsdienst wird, statt der kritischen Lupe, die rosafarben« Brille bemüht. Wenn man im Programm der Deutschen Welle einen Vortrag über„Arbeitsdienst" halten läßt, so muß er eitel Freud « und Voll- kommenheit ausstrahlen. Daß einem Mädchen- arbeitelager, das mit Heidekultur beschäftigt wird, Hoizsticsel und Stoff für Arbeitslosen geliefert werden, ist angesichts der besonders schweren und schmutzenden Arbeit eine zwingende Notwendig- lest. Nicht gesagt wurde ledoch von dem Vor« tragenden Dr. Wilhelm Hermann, daß für Männer Arbeitskleidung nur sehr selten gestellt wird, so daß die lungen Leute oft völlig unzü- reichend gekleidet sind und außerdem ihre letzten Sachen als Fetzen heimbringen. Ein einziger Satz �am Schluß wagte die schüchterne Anmerkung, daß der Arbeitsdienst keine Lösung der sozioten Frage darstellt.— 1*.