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ERSTE BEILAGE

Vorwärts

Kann Berlin   sich noch selbst helfen?

Wie die Sparschraube angesetzt wird

Am Donnerstag wird der Berliner   Etat vor­aussichtlich in dritter Lesung verabschiedet werden

so oder so. Die Stellung der Parteien zu diesem Haushalt der Not ist bekannt. Auch die Beratungen der dritten Lesung haben in der Stadtverordnetenverfammlung fein neues Moment trifischer Betrachtung gebracht. Dagegen sind diesem Etat in der Presse zwei kritiker in zwölfter Stunde erstanden, die mit gänzlich neuen Argumenten gegen ihn zu Felde ziehen.

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So wird in einer Montagszeitung errechnet, daß alle Ersparnisse dieses Sparhaushalts nur eine ,, optische Täuschung" seien und daß noch ganz andere Maßnahmen zum Ausgleich des Haushalts ergriffen werden müßten und fönnten selbst nach Ueberwindung der Wirt­schaftskrise. Der andere Kritiker, ein Mann des ,, Latfreises", verlangt nicht mehr und nicht weniger als daß das Kapitel 3insendienst" rund und schlicht gestrichen werde! Die beiden Ratgeber stimmen also darin überein, daß die Stadt sich auch heute noch aus eigener Kraft helfen könnte. Was ist daran Wahres?

Der erste Radikalkritiker rechnet aus einer er­staunlich oberflächlichen Gegenüberstellung der Ausgaben in den Jahren 1930/31 heraus, daß die Ausgabenjenkung zum großen Teil" auf das Konto Wohnungswesen" entfalle und daß hierbei nur der ,, durchlaufende Bosten" der Haus­zinssteuer weggefallen sei, da die Stadt vom Reich feine Hauszinssteuer mehr erhalte. Es werde also eigentlich gar nicht gespart. Ein ganz närrischer Schluß, dem ja alle Erfahrungstatsachen,

alle schmerzlichen Einschränkungen auf den Gebieten der Schule, des Gesundheitswesens, der Besoldung und den übrigen Aufgaben­gebieten der Stadt ins Gesicht schlagen. Wenn man die Ausgabenjenkung in ihrem Wesen und in ihrem Ausmaß richtig beurteilen will, muß man die Wohlfahrtslasten und den übrigen Haushalt gesondert betrachten. Und um sich vor dem Irrlicht durchlaufender" Posten zu schützen, muß man die Ausgaben nicht allein betrachten, sondern in ihrem Verhältnis zu den Einnahmen, d. h. man muß den sogenannten 3uschußbedarf" der einzelnen Berwaltungs­gebiete miteinander vergleichen.

Wie rigoros gespart wird

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Der Zuschußbedarf aller übrigen Ver­waltungsgebiete außer der Wohlfahrt iſt in den zwei Jahren seit 1930 von 282 Millionen Mark auf 189 millionen, also um genau 33 Proz. gesenkt worden. Hieran ist die Schule mit 30 Proz.( von 121 auf 80 Millionen), das Ge= sundheitswesen mit 44 Proz.( von 50 auf 28 Millionen), die Bauverwaltung mit 33 Proz. beteiligt. Ist das wirklich nichts? Ist das nur eine ,, optische Täuschung"? Der Zu­schußbedarf der Wohlfahrt ist in der gleichen Zeit von 238 auf 324 Millionen gestiegen, also um 36 Proz. Und der Steuerertrag sank von 498 auf 389 Millionen.

Der Kritiker des Montagsblattes folgert aus seiner oberflächlichen Rechnerei, daß die Stadt auch in besserer Zeit mit ihren jetzigen Ausgaben nicht auskäme. In Wirklichkeit lehrt ein einziger Blick auf diese Zahlen, daß Berlin   selbst aus dem jetzigen abnorm niedrigen Steuerertrag außer diesen Ausgaben noch den Zuschußbedarf der Wohlfahrtspflege etwa in der Höhe des Jahres 1929( 190 Millionen) decken könnte. Nur die un­mögliche Aufbürdung der gesamten Wohl=

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KONIGIN VON SABA

GES GESCH

frisch

immer

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Notwendige Arbeiten bleiben liegen

fahrtslasten in dieser Krisenzeit führt zu den unmöglichen finanziellen Zuständen der Städte. Und die Ausgaben sind so weit gesenkt, daß sie ohne schwerste Schädigungen feinesfalls mehr lange auf diesem Tiefpunkt gehalten werden können.

Es bleibt schon dabei: die Städte haben getan, was sie konnten. Und insbesondere Berlin   hat im letzten Jahre eine finanztechnische Musterleistung unter schmerzlichstem Ver­zicht auf die Erfüllung wünschenswerter und sogar notwendiger Aufgaben vollbracht aber es ist nun auch am Ende seiner Kraft und fann sich nicht mehr selber helfen. Also

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die sagt der Tatkreis"-Kritiker 3inszahlungen einstellen! Und mit diesem Gelde ein

wären seine eigenen finanziellen Verluste weit höher als bei einer vorsorglichen Hilfe= leistung. Daran würde kein noch so schönes kommunales Arbeitsbeschaffungsprogramm auch nur einen Deut ändern. Es ist nun eben heute leider so, daß keine Stadt, auch nicht die Reichs­hauptstadt, von sich aus in der Frage der Arbeits­beschaffung irgendeinen entscheidenden Schritt tun kann, weil in den Gemeinden jeder Pfennig neben Löhnen, Gehältern und Schuldendienst für die Aufrechterhaltung der Unterstützungen und Fürsorgeeinrichtungen gebraucht wird. Die Hand am Hebel der Arbeitsbeschaffung hat allein das Reich- und die Sozialdemo= fratie hat es nicht an Mahnungen und Warnungen, aber auch nicht an Vorschlägen fehlen laffen.

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Arbeitsbeschaffungspro Bürgschaften Bürgschaften der Stadt

gramm finanzieren. Zur Durchführung eines solchen Programms dürfte es nur nach der Ein­stellung des Zinsendienstes nicht mehr kommen! Sollte sich der Schreiber nicht vorstellen können, welche unmittelbaren und sofortigen Folgen die erklärte Zahlungsunfähigkeit der deutschen  Reichshauptstadt haben würde und haben müßte? Und würde die mit soviel Inbrunst herbeigesehnte ,, berufsständische Bürgerschaftsvertretung" auch

eine von diesen Folgen abwenden

nur fönnen?

Wenn Berlin   seinen Schuldendienst einstellen würde oder besser müßte, so hätte das Reich selber jedenfalls dabei weit mehr zu zahlen,

MITTWOCH, 30. NOV. 1932

nannt ,, der Mixer". Alle drei stammen aus Reinidendorf. Sie sind überführt und geständig.

Bei den Tätern handelt es sich um Mitglieder des Vereins der Pankgrafen  ". Die Mit­glieder sind sämtlich junge Burschen, denen sich andere des aufgelösten Vereins Feste Hand". und des Roten Panthers" angeschlossen. hatten. Der ,, Vorstand  " der vereinigten Gruppen ist 19 Jahre alt.

Wie noch erinnerlich, war der Kutscher mit einem Einspänner durch Reinickendorf   gekommen und hatte die Wittestraße in Borsigmalde passiert. Plöglich sprangen ihm ein paar Burschen ent­gegen, hielten das Pferd an, schnitten dem Kutscher die Geldtasche ab und flüchteten. Sie hatten 574 M. erbeutet. Die Räuber hatten Gas- und Schreckpistolen bei sich. Als sie die Tasche mit dem Gelde erbeutet hatten, rannte Martin wie ein Wilder mit der Beute davon und flüchtete in Richtung zum dortigen Russenfriedhof. Er hatte eine Gaspistole bei sich. Als er die Mauer des Friedhofs überklettern wollte, rutschte er aus und die Pistole ging los. Von dem Gasnebel murde er betäubt und blieb eine ganze Weile liegen. Später vergrub er die Tasche. In der Nacht noch wurden die ,, Bankgrafen" benachrichtigt

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Stadt und eine Abordnung ging die Tasche holen. Dann

In der guten" Zeit hat die Stadt Berlin   in zahlreichen Fällen für Vereine Bürgschaften übernommen. Jetzt, da die Pleite regiert, sind auch angesehene und ehemals finanziell starke Vereine in Schwierigkeiten geraten und die Stadt muß nun auf Grund der geleisteten Bürgschaft einspringen. Der erste Fall dieser Art beschäftigte den Haushaltsausschuß der Stadtverord­netenversammlung. Es handelt sich um einen Tennisklub, die verbürgte Summe beträgt 7000 m. Der Ausschuß vertagte seine Entscheidung, um durch ein juristisches Gutachten erst die Rechtslage genau feststellen zu lassen.

Brand im Schauspielhaus

Verhängnisvolle Zigarette

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- Junger Schauspieler schwer verletzt

Bei der gestrigen" Faust"-Probe im Staatlichen Schauspielhaus am Gendarmenmarkt entstand gegen 15.30 Uhr durch die Unvorsichtig­feit eines jungen Schauspielers Feuer, das um ein Haar schwerste Folgen gehabt hätte. Mit ge­fährlichen Brandverletzungen mußte der 20jährige Schauspieler Erich Schwarz aus der Fasanen­ straße 44   in die Charité gebracht werden. Der plötzliche Feueralarm hatte unter den zahlreich anwesenden Schauspielerinnen und Schauspielern größte Aufregung verursacht. Die Probe mußte abgebrochen werden.

Entgegen dem strengen Rauchverbot zündete sich Schwarz während einer kurzen Pause in der Chorsängergarderobe eine Zigarette an. Dabei fiel ihm das Zündholz aus der Hand und setzte sein Kostüm, das aus leichten Stoffen be­stand, in Brand. Lichterloh brennend eilte der Unglückliche auf den Gang hinaus, wo Kollegen, die durch die gellenden Hilfeschreie alarmiert worden waren, hinzueilten. Geistesgegenwärtig öffneten einige Männer den Hydranten und be­wahrten dadurch den bereits bewußtlos am Boden Liegenden vor dem Flammentod. Schwarz hatte am ganzen Körper schwere Verbrennun= gen erlitten. Besonders im Gesicht sind die Wunden sehr schwer, da die aufgeklebten Bart­haare und die Perücke in Flammen aufgingen. in Der Schwerverlegte wurde die Charité gebracht.

Auf dritten Alarm war Oberbaurat Footh von der Wache Hafenplatz mit drei Löschzügen an die Brandstelle geeilt. In der Zwischenzeit war das Feuer, das auf einige Garderobenstücke über­

RB

GAR

Wo

gegriffen hatte, von der ständigen Hauswache ge= löscht worden. Man kann von Glück sagen, daß der Vorfall, der sich im dritten Stockwerk ab= spielte, nicht noch schwerere Folgen nach sich gezogen hat. Der Unglücksfall erbringt wieder einmal den Beweis, wie berechtigt das scharfe Rauchverbot in allen Theatern und Licht­spieltheatern somie in den Film= ateliers ist, besonders bei den letzteren, wo Arbeiter und Komparsen, die beim Rauchen er­mischt werden, rücksichtslos auf die Straße fliegen, mährend manchem allgewaltigen Regisseur, sowie mancher und manchem Prominenten das Rauchen nachgesehen wird. Der Vorfall wird der Inten­danz des Staatlichen Schauspielhauses erneut Ver­anlassung geben, noch schärfer als bisher, für die Einhaltung des Rauchverbots Sorge zu tragen.

,, Pantgrafen

Der Ueberfall auf den Kutscher

Der schwere Raubüberfall, der sich am ver­gangenen Freitag in der Wittestraße in Borfig­walde auf den Kutscher Kurt Ebert abgespielt hatte, wurde jetzt durch die Beamten des Raub­dezernats aufgeklärt. Als Täter wurden ermittelt der 23 Jahre alte Frizz Weiland aus der Bürgerstraße, der 20 Jahre alte Qualih aus der Pantstraße, der den Spitznamen Stubing" führt, und der 19 Jahre alte Martin Walter, ge­

man sonst zweifelt, man ,, Saba vertraut man, Saba

Wahrlich, die Auswahl der Cigaretten- Marken ist groß. Aber der Berliner will keine Ladenhüter.

Er bleibt bei seiner ,, Saba ohne" weil er weiß:

die ist immer gleich gut und frisch!

wurde in der Brunnenstraße die große Zecherei veranstaltet.

90000 m. veruntreut 34 Jahr Gefängnis

Dresden  , 29. November. Vor dem Dresdener   Schöffengericht hatte sich der langjährige Kassierer der Sektion Dresden   des Deutschen   und Desterreichischen Alpenvereins, Ansoul, wegen der umfang­reichen Unterschlagungen zu verantworten, die im Juli dieses Jahres aufgedeckt wurden und damals großes Aussehen erregten. Die Höhe der Unter­schlagungen ließ sich bisher noch nicht genau er­mitteln; sie wird aber auf mindestens 80 000 bis 90 000 Mark beziffert. Ansoul war Ende Juli bei Aufdeckung der Unterschlagungen ge= flohen, wurde aber am 30. Juli von der Kriminal= polizei auf dem Dresdener Hauptbahnhof ver­haftet. Das Urteil lautete auf drei Jahre drei Monate Gefängnis und drei Jahre Ehrenrechts­verlust.

Förster ermordet

Mordkommission an der Arbeit

Gleiwih, 29. November.

Der Revierförster Mendel aus Kupfer­hammer wurde im Jagen 71 des Reviers Brzezinka ermordet aufgefunden. Sein Hund lag erschossen neben ihm. Von den Tätern fehlt vorläufig jede Spur. Sämtliche Anzugtaschen des Försters waren leer. Ob der Tod durch Schuß oder Hieb eingetreten ist, konnte bei der vorläufigen Untersuchung noch nicht ein­wandfrei festgestellt werden. Revierförster Mendel hat sich am Sonntagnachmittag allein zu einem Streifengang vom Hause entfernt. Etwa eine Stunde später wurden drei Schüsse gehört.

Der Mord wird zur Zeit von einer Berliner  Mordkommission untersucht. Auf Ersuchen der Gleiwizer Staatsanwaltschaft wurde vom Landeskriminalamt Kriminalkommissar Dr. Bern­dorf zur Untersuchung entsandt. Die Forst grenzt an das Gleiwizer Stadtgebiet. Mendel hatte am Vormittag seinen Rundgang angetreten und seine Frau davon unterrichtet. Sie glaubte später in weiter Entfernung zwei Schüsse zu hören, denen ein langgezogenes Heulen folgte. Wahrscheinlich ist zu dieser Zeit der Förster mit den Wilderern zusammengestoßen.

KÖNIGIN VON

6 Stück 20 Pfg.

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KÖNIGIN VON SABA

GESC

Saba

Flugzeugbilder mit Hoheitszeichen

ohne

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