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Strafe zu erwarten, so wird das Verfahren zu nächst fortgesetzt, d. h. der Täter wird abgeurteilt. Das Gericht darf aber feine schwerere Strafe ver­hängen als bei Anwendung der Straffreiheits­bestimmungen für bereits abgeurteilte Straftaten übrig bleiben würde. In dem oben gezeigten Bei­spiel darf also der Täter nicht zu zehn Jahren Suchthaus, sondern nur zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt werden.

Stichtag 1. Dezember

Die Straffreiheit in allen Fällen erstreckt sich nur auf Straftaten, die vor dem 1. Dezem ber 1932 begangen worden find.

Darüber, ob ein Täter unter die Amnestie fällt, entscheiden die Gerichte. Ist die Tat noch nicht abgeurteilt, muß ein Antrag auf Einstellung des anhängigen Verfahrens beim zuständigen Gericht gestellt werden. Gegen die Entscheidung findet fo fortige Beschwerde statt.

In Privatbeleidigungssachen, z. B. Beleidigungsprozessen, werden die Kosten des Berfahrens niedergeschlagen. Die dem Privat­tläger und dem Beschuldigten erwachsenen not­wendigen Auslagen kann das Gericht angemessen verteilen oder einem von ihnen ganz auferlegen. Die Amnestie ist erwachsen aus dem Gedanken, der ungeheuren wirtschaftlichen Not im deutschen Volke und unseren zerrütteten politischen Ver­hältnissen Rechnung zu tragen. Gelingt es, auf beiden Gebieten alsbald zu besseren Zuständen zu tommen, so ist der schwere Eingriff in die Straf rechtspflege, den sie darstellt, hinreichend gerecht. fertigt!

Wer wird frei?

Ein erster Ueberblick

Wie unumgänglich notwendig eine weitgehende Amnestie war, zeigt allein schon die flüchtige, lange nicht erschöpfende Durchsicht der in den letzten Monaten gefällten Urteile. Sie hat folgendes Ergebnis:

1. Am 11. Mai wurden vom Schöffengericht Großenhain vier Reichsbannerleute zu ein bis zwei Jahren Zuchthaus wegen Landfriedens­bruchs verurteilt.

2. Am 8. Juni wurde vom Amtsgericht in Braunschweig ein Jungbannermann zu ein Jahr Gefängnis verurteilt, meil er einem provo­zierenden Nazischüler das Müzenabzeichen abge­riffen hat.

3. Am 20. Auguft fällte das Sondergericht von Brieg das Ohlauer Schredensurteil, durch das drei Reichsbannerkameraden zu Zucht­hausstrafen von zwei bis vier Jahren und zwei Eiserne- Front- Beute zu Gefängnisstrafen von einem bzw. anderthalb Jahren verurteilt wurden.

4. Am 31. Auguft wurde Mar Rothe vom Berliner Sondergericht magen perfuchten Lot­fchlages in Lateinheit mit Landfriedensbruch zu fünf Jahren 3uchthaus verurteilt. Rothe fällt unter die Amnestie, ba laut Feststellung des Urteils der Schuß, den er abgefeuert haben soll, niemanden getroffen hat.

5. An 24. September wurden acht Reichs. bannerleute Dom Sondergericht Liegnig zu Gefängnisstrafen von drei bis fieben Monaten verurteilt.

6. Am 8. September 15 Reichsbanner­leute von Sondergericht Breslau zu nier Monaten.

7. Am 12. September ein Reichsbanner. mann vom Schöffengericht Berlin­Mitte megen Berstoßes gegen die Notverordnung über unbefugten Waffenbesig zu ein Jahr zwei Monaten Gefängnis.

8. Am 14. Ottober drei Reichsbanner­Ieute vom Schöffengericht Freiburg zu je ein Jahr Zuchthaus.

9. Am 22. Oftober in Hannover drei Reichss bannerleute zu je drei Monaten Gefängnis.

10. Das Sondergericht in Gladbach­Rheydt verurteilte am 23. november den Reichsbannermann Karl Klein wegen Landfriedensbruchs und Rädelsführerschaft zu 10 Jahren Buchthaus. Das Gericht selbst befürwortete ein Gnadengesuch. Der Staats­anwalt hatte 1 Gefängnis beantragt. Auf Grund der Amnestie beträgt seine Strafe nun 2% Jahr Gefängnis,

11. Am 26. November verurteilte die Straf tammer im Landgericht III den Reichs. bannermann Besch zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis. Die Reichsbannerleute Neumann und Borchard zu 6 resp. 4 Monaten Gefängnis. 12. Das Gericht in Greifswald verurteilte am 26. Nopember den sozialdemokratischen Land­arbeiterführer Töpper zu 3 Jahren 6 Monaten Gefängnis, drei weitere Angeflagte zu 3 bis 8 Monaten Gefängnis. Es handelte sich dabei um den Selbstschutz beim Ueberfall der Nazis auf das Kinderfreundelager bei Negaft.

13. Das Landgericht Jhehoe verurteilte am 3. Dezember 18 Reichsbannerleute, die bei der Beerdigung des von Nazis getöteten Jungbannermanns Jäger fich der Nationalsozia listen ermehrten, zu Gefängnisstrafen von 3 bis 10 Monaten.

14. und 15. In den Landfriedensbruchprozessen in Finom und Lychom wurden zahlreiche Reichsbannerleute zu Gefängnisstrafen bis zu einem Jahre verurteilt.

Dies ist nur ein ganz geringer Teil von Reichs bannerfameraden, Eiserne- Front- Leuten und Sp­zialdemokraten, die durch die Amnestie entweder aus den Zuchthäusern und Gefängnissen befreit werden oder ihre Strafe nicht anzutreten brauchen.

Herriot außer Gefahr?

Schuldenzahlung wahrscheinlich- Stimmungsumschwung in der Kammer

Eigener Bericht des Vorwärts"

Paris , 9. Dezember. Herriot hat am Freitag den Finanz- und den Auswärtigen Ausschuß der Kammer, die zu einer gemeinsamen Sigung zusammengetreten waren, über das Schuldenproblem unter­richtet.

am

Der Ministerpräsident beleuchtete das Problem von der diplomatischen und finan ziellen Seite aus. In dem ersten Teil seiner Ausführungen ging er auf die Geschichte der inter­alliierten Kriegsschulden bis zum Abschluß des Gentleman Agreement in Lausanne ein und er­innerte an die Bedingungen, unter denen das Hoover- Moratorium und das zwischen Hoover und Laval in Washington vereinbarte Kommuniqué zustandegekommen waren. Im zweiten Teil seines Bortrags sezte der Ministerpräsident die Bedeu­tung der beiden französischen Noten an Amerika und der beiden amerikanischen Antwortnoten aus­einander. Am Schluß schilderte Herriot die fran­zösisch- englischen Besprechungen über die 15. Dezember fälligen Zahlungen und sprach sich dabei sehr anerkennend über die Haltung Englands gegenüber Frankreich aus. Herriot machte den Kommissionen feinerlei Andeu­tung über die Absichten der Regierung in bezug auf die Zahlung am 15. Dezember. Der 3wed seiner Ausführungen bestand darin, die Kom­missionen in objektiver Weise über das Schulden­problem zu unterrichten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, die verschiedenen ihnen vorliegenden Entschließungen vor der öffentlichen Kammer­debatte genau zu prüfen. Die Mitglieder der Kommissionen gewannen jedoch aus den Er­flärungen Herriots und besonders aus seiner Kritik der zwischen der Zahlung und der Zah­lungsverweigerung liegenden Mittellösungen den Eindruck, daß die Regierung die am 15. De­zember fälligen 19 Millionen Dollar

unter der Bedingung bezahlen wird, daß fo­fort Berhandlungen mit Amerika über die Neuregelung des Schuldenabkommens ein­

geleitet

werden, die der durch die Beschlüsse der Lau­fanner Konferenz gefchaffenen Lage Rech­nung trägt.

In parlamentarischen Kreisen hat sich in den legten 24 Stunden ein

bedeutender Meinungsumfchwung vollzogen. Während es noch vor zwei Tagen ab­solut sicher war, daß sich von über 600 Abge= ordneten kaum 50 finden würden, die einen Antrag der Regierung auf Zahlung der am 15. Dezember fälligen Rate unterstüßen würden, fann man jetzt sagen, daß mindestens 200 Abgeordnete die Zahlung an Amerifa befürworten. Die radikale Partei mit ihren 160 Mitgliedern dürfte sich geschlossen hinter die Re= gierung stellen und auch in den Mittel­parteien fann das Kabinett auf zahlreiche Stimmen rechnen. Der Meinungsumschwung iſt zum Teil darauf zurückzuführen, daß die Re­gierung ihr Borgehen mit ihrer Verein­barung mit England begründet und erflärt, daß ein ablehnender Beschluß der Kammer zu­gleich eine Kündigung der englisch - französischen Zusammenarbeit bedeuten würde.

Amerikas Antwort an Frankreich

Paris , 9. Dezember.

Die amerikanische Antwort auf die zweite französische Schuldennote ist in der Nacht zum Freitag im Auswärtigen Amt eingetroffen. Auch darin lehnt Hoover jeden Zahlungsaufschub der am 15. Dezember fälligen Schuldenrate ab, obgleich er den Wert der von Frankreich ange

Der Krach um Hitler

Organisatorische und personelle Aenderungen in der NSDAP .

Die innere Bewegung in der NSDAP . geht meiter. Die Briefe Straßers und Feders haben bereits Andeutungen über organisatorische Fragen Fragen gemacht. Eine Erklärung Röhms an die S. läßt erkennen, daß 5itier große Um­änderungen plant. Diese Erklärung lautet:

,, An die S2. und GS.! Der Führer wirb, veranlaßt durch die Beurlaubung Gregor Straßers, eine Reihe organisatori fcher unb personeller enderungen in der Gliederung der Bewegung durchführen. S. und SS. merden durch diese Maßnahme nicht berührt. Als die Kerniruppe der Bewegung stehen sie, ihrer Verpflichtung und Berantwortung bewußt, in Treue und Ge schlossenheit vor dem Führer. Der Chef des Stabes( gez.) Ernst Röhm ."

Da werden offenbar noch mehrere Leute eine Krankheit nach Maß bekommen! Der Schluß der

Eine Anzahl von Verfahren, in denen die An­flagefchrift bereits fertiggestellt ist, wie im Falle des Landfriedensbruches in Arnswalde und in Friedeberg, müssen eingestellt werden; der augenblicklich in Eberswalde stattfindende Prozeß gegen Oberberger Reichsbannerfameraden

tann nicht

mehr zu Ende geführt werden. Die erst vor wenigen Tagen wegen eines Zusammenstoßes mit Nationalsozialisten verhafteten 18 Reichs. bannerleute merden aus der Haft ent= lassen werden müssen.

Die Kameraden Teichmann und Schmidt, die vom Sondergericht megen versuchten Tot schlages, der erstere zu zwei Jahren Zuchthaus, der andere zu Jahren Gefängnis verurteilt wurden, dürften gleichfalls unter die Amnestie fallen. Es ist nicht erwiesen worden, daß die Schüsse, die sie abgefeuert haben sollen, irgend jemand getroffen haben. Das Urteil ist heute, nach zwei Monaten noch immer nicht ausgefertigt!

Die Kommunisten

In besonders hohem Maße tommt die Amnestie den verurteilten Kommunisten zugute. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle sämt­liche ungeheuerlichen Urteile anzuführen, die gegen Kommunisten gefällt worden sind. Es sollen hier nur genannt werden die Urteile des Berliner Sonbergerichts gegen Schmide 10 Jahre Zuchthaus, gegen Büschel und Kopper je 10 Jahre Zuchthaus; sofern das Urteil nicht fest­stellt, daß durch die Handlungen dieser Angeklag. ten Menschen zu Tode gefomnien sind oder ver legt wurden, fallen auch sie unter die Amnestie. Das Gleiche trifft zu auf die Sondergerichts­Zuchthausurteile gegen Kommunisten in Altona , Dortmund , Breslau , ieg= niz usw. Auch der Arbeiter Rhode, der vom

Röhmschen Erklärung unterscheidet sich im übrigen von anderen Bonalitätserklärungen! Alle stehen hinter dem Führer, die SA. aber vor dem Führer! Das flingt, als ob Hitler durch die Prätorianer vor den Rebellen geschüßt werden müsse.

gebenen Argumente zu schäßen miffe und zu= gebe, daß das Sinken der Weltmarkt. preise die sich aus dem Schulpenabkommen er= gebenden Lasten bedeutend erhöht habe Jmmer­hin erklärt sich Hoover bereit, mit der fran­zösischen Regierung zusammenzuarbeiten, um eine Neuregelung des Edjalbenabkommens in die Wege zu leiten. Diese Neuregelung schließe jedoch eine vollkommene Annullierung der Schulden aus. Für Zugeständnisse, die Amerika Frankreich eventuell machen werde müsse Frank­ reich wirtschaftliche Kompenfationen gewähren und sich auch in stärkerem Maße als bisher für die Abrüstung einsehen. Beschlüsse der Parlamentsausschüsse

Paris , 9. Dezember.

Der Kammerausschuß für auswärtige Angelegen­heiten und der Finanzausschuß der Kammer haben getrennt über ihre Haltung zur Schulden­frage beraten. Der Kammerausschuß für aus­wärtige Angelegenheiten hat drei Möglich. feiten ausgeschlossen, nämlich:

1. die bedingungslose Zahlung.

Der Finanzausschuß hat sich mit 26 gegen 5 Stimmen bei 9 Enthaltungen gegen eine bedingungslose Zahlung ausgesprochen.

2. Die Zahlung mit Borbehalten nach engli­schem Muster und

3.

Die Zahlungsverweigerung

schlechthin.

Er hat dagegen mit 21 Stimmen bei drei Ent­haltungen eine Formel angenommen, die eine be­dingte Zahlung vorsieht, und zwar bedingt durch die Einberufung einer konfe­renz, die mit der Revision des Schuldenproblems beauftragt werden muß.

daß die von ihm geleitete Wirtschaftsabteilung ebenfalls aufgelöst werden soll.

Die Reichstagsfraktion der NSDAP . ist gestern abend nochmals zu einer geschlossenen Kundgebung zusammenberufen worden. Sie sollte eine neue

cäfaristische Rede Hitlers im Ich- Stil entgegen­

nehmen.

abou

Gottfried Feber hat am Freitagnachmittag Bölferbund weicht aus!

die folgende Bonalitätserklärung abgegeben:

,, Begenüber den in der Deffentlichkeit ver breiteten Meldungen und unzutreffenden Auf­faffungen über mein Verhältnis zur NSDAP . und über meine Haltung gegenüber ihrem Führer Adolf Hitler gebe ich die Erklärung ab, daß ich auf Ehre und Gewissen mit Treue und unerschütterlicher Ergeben. heit hinter meinem Führer Adolf Hitler stehe."

Dadurch werden die sachlichen Buntte seines Schreibens an Hitler nicht berührt. Tatsache ist,

nestie. Desgleichen fallen unter fie auch die zahl reichen verurteilten Kommunisten aus dem Auf­ruhrprozeß Rolonie Grönland".

Die Opfer des BVG.- Streiks Schließlich erhalten auch die Opfer bes Verkehrssondergerichts ihre Freiheit wieder; so die beiden wegen Steinmurfs ver­urteilten Frauen, die zu je 2% Jahren Zuchthaus verurteilten BBG.- Arbeiter usw.

Unter den megen Landesverrats Berurteilten wäre der Schriftleiter der Weltbühne Of­fiezti zu ermähnen.

Es muß die Erwartung ausgesprochen werden, daß die Gerichte bei Auslegung des Amnestie­gefeges insbesondere bei dem außerordentlich dehn­baren Begriff der wirtschaftlichen Not nicht flein­lich vorgehen, eingedenk dessen, daß das Gesetz den hohen Zwed erfüllen soll, eine gewisse Ent­fpannung im politischen Leben herbeizuführen.

Entscheidung

über die Mandschurei wieder vertagt

Eigener Bericht des Vormårts"

Genf , 9. Dezember.

Troy aller Reden der Vertreter fleinerer Staaten hat sich die Bölferbundsvollversammlung am Freitag vor den Drohungen Japans und der ausweichenden Taktik der Großmächte in das übliche Verfahren zurüdgezogen. Alle Reden und Anträge wurden dem Neunzehneraus. schuß überwiesen, der Borschläge für eine Lösung des Mandschureikonflikts im Sinne einer Verständigung zwischen den Parteien ausarbeiten und der Bollversammlung in möglichst kurzer Zeit überreichen soll. Im Januar soll dann ein Ver= ständigungsfomitee zusammentreten, dem mahrscheinlich auch Sowjetrußland und Amerita angehören werden.

Die Vollversammlung vertagte sich bis auf weiteres. Borher wurde noch mit 42 gegen eine Stimme bei einer Enthaltung die Ernennung des Franzosen Avenol zum Generalsekretär des Bölkerbundes ab 1. Juli 1933 bestätigt und der ausscheidende Generalsekretär Sir Erik Drum­ mond mit der Feststellung geehrt, daß er sich verdient gemacht habe um den Bund und den Frieden. Sein Bild foll im Bersammlungssaal aufgehängt werden.

Der Badische Landtag stimmte am Freis tag in zweiter Lesung dem Gesezentwurf über die Kirchenverträge 31.

Zwei Lebende und ein Toter"

unser neuer Roman, der ab Sonntag erscheint, ist verfaßt von Sigurd Christiansen , der fast über Nacht in die erste Reihe der nordischen Erzähler rückte. Er wurde 1891 in der norwegischen Hafenstadt Drammen geboren und ist dort heute Postexpeditor. Sein Roman, der ihm zwei erste Preise eintrug, geht auch von einem Postamt aus. Scheinbar ist es ein Kriminalroman, er hat all das Spannende dieses Genres, aber aus dem Kriminalfall wird alsbald ein tiefes seelisches Problem, das uns bis zur letzten Zeile nicht mehr losläßt. Christiansen ist nicht nur ein interessanter Erzähler, sondern auch ein meisterlicher Gestalter,

Berliner Sondergericht zu 1 Jahr 7 Mondten ein Seelenkünder und ein Kämpfer um Gerechtigkeit!

Zuchthaus verurteilt wurde, fällt unter die Am