ERSTE BEILAGE
Vorwärts
SONNABEND, 10. DEZ. 1932
Einzug in die Stadtrandsiedlung
Die ersten Tage sind die schwersten Tage
Ohne Einzugsmarsch und Festreden, die auch wenig am Platze gewesen wären, ist der Siedler auf seine neue Scholle gezogen. Der letzte Möbelwagen, der durch die Löcher auf der ausgefahrenen Bohlenfahrt holperte, beschloß eine Rette von Aufregungen, die jeder in seinem Leben nicht zweimal erleben möchte. Doch haben solche Erlebnisse die Eigentümlichkeit, daß man sich an sie gewöhnt, wenn sie etwas alltäglich Wiederkehrendes geworden sind. So wird sich auch die innere Umfrempelung des Stadtmenschen zum Siedler sicher nun in aller Stille vollziehen. Soviel hat jeder Erwerbslosensiedler während der dreiviertel Jahre Aufbauarbeit gelernt, selbst mit Hammer und Zange, mit Spaten und Hacke umzugehen.
Nur die wenigsten erwerbslosen Siedler hatten es sich leisten können, einen richtigen Möbelwagen für ihre Sachen zu bestellen. Die sonderbarsten Vehikel wackelten heran, auf denen hochgestapelt wie der schiefe Turm von Pisa der Hausrat ver= packt und verschnürt war, denn selbstverständlich hatten die Wohlfahrtsämter, die für die Umzugs= kosten auftamen, nicht allzu große Summen ausgegeben. Zu alleroberst saß auf einem quergestellten Sofa das Kind oder die Frau, die einen Käfig mit der Kanarienvogelhecke oder eine Katze trampfhaft auf dem Schoß hielten.
An
diesen Tagen glich die Stadtrandsiedlung mehr einem Ort, der seinen Auszug halten will; wie nach einem Brand oder einer Massenermission lagen Möbel und der ganze Schamott zwischen Bauschutt und dem mickrigen Grün der künftigen Gärten verstreut, weil sich die Fülle nicht so schnell durch die schmalen Türen in die kleinen Häuser verstauen ließ. Dazu kam, daß in der teils richtigen, teils falschen Erkenntnis, ein Sied ler könnte alles gebrauchen, was beweglich ist, viel unnützes mitgenommen worden war; ja,
viele alte Laubenkolonisten hatten auf einem Anhänger gleich den früheren Garten mit Laube, Bäumen, Sträuchern und Kaninchenställen aufgeladen. Leider ist dieser Tonfilm von dem Einzug der Siedler, der Verstopfung auf den Wegen, dem Fluchen der Kutscher, dem Weinen und Schreien der Frauen von keiner Filmgesellschaft aufgenommen worden, er wäre ein besonderer Kulturbeitrag für das Museum der Neuzeit ge= wesen.
Natürlich zeigte sich, daß alle Berechnungen des Familienvaters, der doch in eigener Person das Haus mit aufgebaut hatte und seine Maße in- und auswendig kannte, gar nicht stimmten. Die Betten ließen sich in der kleinen Kammer von zirka neun Quadratmetern nicht zusammenstellen, wie man es in der Berliner Wohnung gewöhnt war. Der große Kleiderschrank ging auch nicht hinein, wenn der Raum für ein Kinderbett benötigt wurde. Waschtoilette und Nachttische mußten im Stall Unterkunft finden, wo sie wohl heute noch stehen werden. Der Schrank tam also in die gute Stube" von zwölf Quadratmetern Ausmaß, die durch diesen Zuwachs die hier getroffenen Dispositionen auch nicht vertrug. Mutters Nähmaschine wurde zu ihrem größten Jammer als überflüssiges Möbel erklärt und die schönen Besuchsstühle mußten ebenso auf den Boden wandern wie andere nützliche Dinge. Die Küche mit zirka sieben Quadratmetern war der letzte Zufluchtshafen, der alles noch aufnahm, was aus dem großen Chaos zu retten war; das übrige wurde auf den Hausboden verpackt, wo es für lange Zeit verstellt und unauffindbar bleiben wird. Trotzdem haben es einige musikfreudige Siedler fertiggebracht, in ihre Stube ein Klavier, ein„ Trumeau", Sofa mit Umbau, Plüschsessel und das unumgängliche Grammophonfchräntchen hineinzupfropfen, so daß
einem Entmündigungsverfahren gedroht. Jetzt
Unglücklicher vor Gericht hatte die Frau den Mann in der Hand. Sie
Die Frau erstochen
Vor dem Landgericht II schilderte ein unglücklicher Mensch die Geschichte feiner kurzen Ehe. Er erzählte, wie es dazu kam, daß er in der Erregung seine Frau niederstach.
Der 50jährige Schuhmacher E. hat über Menschen und Dinge viel nachgedacht. Er besitzt ernste Grundsäge und hat vom ehelichen Zusammenleben eine hohe Meinung. Seine erste Ehe verlief mehr oder weniger glücklich. Seine Frau starb, im September 1931 lernte er die zweite Frau kennen, fünf Monate später heiratete er fie. Er verschwieg ihr nicht, daß er einmal wegen eines Trunken= heitserzesses vorbestraft sei, sie aber verheimlichte ihre Vorstrafen, zeigte sich auch sonst vor der Ehe anders, als sie in Wirklichkeit war. Das eheliche Leben mit ihr wurde für einen Mann mit den Grundsägen des Angeklagten zur ständigen Qual. Er war gezwungen, über sich allen Hausflatsch ergehen zu lassen, mußte mit der Frau stundenlang im Café fizen, er durfte kein Wort zu Hause sagen, keine Frage stellen, sofort gab es Streitigkeiten. 20 Mart Wirtschaftsgeld pro Woche waren ihr zu wenig. Sie wollte ewig ausgehen, sie gab auch Anlaß zu Mißtrauen und belog den Mann. Als dieser megen eines erneuten Alkoholexzesses, als Epileptiker vertrug er nicht das Trinken nach Wittenau gebracht wurde, nahm sie ihn nach zwei Wochen aus der Anstalt, trotz der Warnung des Arztes. Im Falle der Wiederholung eines Trunkenheitserzesses wurde mit
6. tymit.
drohte immer wieder mit Wittenau . Als am 16. September die Frau während des Streits wieder mit der Drohung fam, erklärte er ,,, jezi mache ich Schluß" und ging aus dem Hause. Aus Brandenburg ſchrieb er an die Frau, fie möge nicht glauben, daß das ein Scherz™ sei, wenn sie den Brief erhalten würde, würde er nicht mehr am Leben sein. Zwei Tage blieb er von Hause fort. Am 19. September lernte er in
man hier freilich keinen Schritt vor den anderen jezen kann. Dieses Abstrahieren alles Ueberflüssigen von des Lebens Bequemlichkeit hat ge= wiß etwas Erzieherisches, nur bekommt diese weise Einrichtung einen bitteren Beigeschmack, weil die Beschränkung gerade den Aermsten, den Arbeitslosen, auferlegt wird. Tatsächlich hat auch fast keine Stadt in Deutschland so eng und unbequem ihre Stadtrandsiedlungen gebaut wie ausgerechnet Berlin . Es haben zweifellos jene Kollegen das große Los gezogen, die aus einer engen Hinterwohnung von Stube und Küche oder gar aus Kellerwohnungen hierher zogen, wie auch einer dabei war, der aus einer„ Belt" stadt fam, um mit einem Schlag zum Hausbesitzer zu avancieren. Solche Siedler werden nun von den anderen wegen des„ vielen Raumes in ihrer Wohnung beneidet.
Der Umzug ist zu Ende. Andere Sorgen haben Plaz gegriffen. Das wirkliche, das große Glück wird erst dann in der Stadtranosiedlung einziehen, wenn der Siedler wieder Arbeit und Verdienst findet. Es ist vorauszusehen, daß dann viele Siedler zu einer Großstadtwohnung zurückkehren. Denn man muß mit einer allgemein verbreiteten Vorstellung einmal aufräumen, daß der Erwerbslosensiedler in der Stadtrandsiedlung vorläufig besonders billig wohne. Neben dem vielen Heizmaterial, das er verbraucht, hat er dauernde und oft recht erhebliche Aufwendungen zu machen, die sich fast dem: städtischen Hauszins gleichstellen. So mußte er in eine nur halbgestrichene Wohnung ziehen und die Farben für Türen, Fußböden, Treppen u. a. selbst kaufen. Jetzt hat man ihn mit einem Stamm Hühner beglückt, die er im Winter durchfüttern muß, obwohl sie nicht legen. Es gehört eben doch sehr viel dazu, um eine eigene Siedlungswirtschaft beginnen zu können.
einem Lotal in Steglig einen Landsmann kennen, trant mit ihm und beschloß nun, nach Hause zu gehen, sich hier auf eine Chaiselongue zu legen und sich mit einem Messer die Pulsadern zu öffnen. Das erste, was er auf dem Tisch erblickte, waren ein Blumenstrauß und zwei Kaffeetassen. Er ging in die Küche, die Frau folgte ihm, sagte zu ihm, jetzt geh ich aber zur Polizei, jegt werde ich es dir besorgen; ihn packte die Wut, die Angst vor der Irrenanstalt, er stach nach ihr mit dem Messer. Wie alles vor sich gegangen ist, dessen
Weihnachtsmarkt ab Sonntag
Auch die Weihnachtsbäume sind da
,, Een Jroschen die laufende Maus" wird es am kommenden Sonntag, dem ,, Silbernen", wieder durch die Straßen und über die Plätze Berlins hallen, wenn der Weihnachtsmarkt eröffnet wird. Die Tage vom 11. bis 27. Dezember hat die Polizei für diesen traditionellen Markt freigegeben. Hauptsächlich im Osten, in der Petersburger und Warschauer Straße, aber auch überall in der Stadt, wo der Verkehr nicht behindert wird, werden die Buden mit ihrem bunten Inhalt, der Alt und Jung entzückt, erstehen.
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Am gleichen Tage beginnt auch auf den Straßen der Verkauf der Weihnachtsbäume, deren
größter Teil bereits in den letzten Tagen angerollt wurde. Hauptsächlich aus dem Harz und aus Holstein sowie aus Bayern , das die Edeltannen liefert, deckt die Reichshauptstadt ihren Bedarf an Weihnachtsbäumen, der auf ungefähr eine halbe Million geschätzt werden kann. In diesem Jahre werden die Bäume etwas billiger sein als früher; eine größere Preissenkung verbieten jedoch die großen Unkosten, die nicht zuletzt in der kostspieligen Anzucht liegen. Ein guter mittlerer Weihnachtsbaum von 2 bis 3 Meter Größe, der ein Alter von etwa 9 bis 12 Jahren hat, wird im Kleinhandel etwa 1,50 bis 2,50 M. toften.
tann er sich nicht mehr genau erinnern. Das Messer mag er schon in der Hand gehabt haben, um sich damit selbst das Leben zu nehmen. Er stellte sich der Polizei, die Frau starb im Krankenhaus nach einer Operation.
Medizinalrat Dr. Frommer wollte für den Angeklagten den§ 51 nicht gelten lassen. Der Staatsanwalt ließ die Anklage wegen Totschlags fallen und beantragte wegen Körperverletzung mit Todeserfolg anderthalb Jahre Gefängnis. Das Gericht erkannte auf zwei Jahre Gefängnis.
Todesurteil
Gegen den Giftmörder Just
Görlik, 9. Dezember.
Jm Klein- Partwiher Giftmordprozeß wurde nach fünftägiger Verhandlung das Urteil gefällt. Der Angeklagte Eduard Just wird wegen Mordes in vier Fällen, begangen an seiner 3weiten Frau, an seinem Schwager Christian Groba, an Frau Groba und dem kinde Groba viermal zum Tode verurteilt. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm viermal auf Lebenszeit aberkannt. Wegen einer weitere Vergiftung( Türke) wird der Angeflagte wegen Totschlags zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Angeklagten zur Caft. Der Berurteilte nahm das Urteil ziemlich gefaßt auf.
In der Urteilsbegründung wurde be= tont, daß der Angeklagte auf Grund seines Geständnisses in vier Fällen des Mordes schuldig sei. Auf Grund der Beweisaufnahme sei das Gericht gleichfalls zu der Ueberzeugung gekommen, daß der Angeklagte die Taten mit voller Ueberlegung ausgeführt hat. In allen Fällen tomme als Beweggrund Ha bgier in Frage. Außerdem spielen bei der Vergiftung der Familie Groba auch feruelle Motive eine Rolle, da Just die Familie Groba beseitigen wollte, um die Kleinert heiraten zu können. Den Schwiegervater Türke, mit dem sich der Angeklagte gut stand, habe er nur leicht vergiftet, so daß er deshalb nur wegen Totschlages zu bestrafen sei.
Benzinerplosion!
Zwei Frauen verletzt
In der Fabrik für Kunst- und Maschinenstickerei der Firma Stöß u. Sabersti in der Kommandantenstr. 10/11 ereignete sich gestern ein schwerer Arbeitsunfall, bei dem zwei Angestellte verletzt wurden.
In einem Sonderraum, der für Reini gungszwecke hergerichtet und von der Gewerbepolizei genehmigt ist, war die 42 Jahre alte Plätterin Gertrud Knappe aus der Werrastraße in Neukölln mit Reinigungsarbeiten beschäftigt, wozu Benzin verwandt wurde. Aus noch ungeklärter Ursache entzündeten sich die gefährlichen Benzindämpfe explosivartig. Durch eine Stichflamme wurde die Einrichtung des Raumes in Brand gesetzt. Es wäre trotzdem noch alles gut abgelaufen, wenn die Plätterin sofort den brennenden Raum verlassen hätte. Statt dessen versuchte sie das Feuer zu löschen, um die wertvollen Stoffe zu retten. Dabei fingen ihre Kleider Feuer und lichterloh brennend lief die Unglückliche auf den Flur hinaus. Die Expedientin Käte Peterson aus der Hohenstaufenstr. 10 eilte der Verunglückten zu Hilfe. Das junge Mädchen erlitt bei ihren tapferen Rettungsversuchen selbst erhebliche Verbrennungen an den Händen.
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GARBAY
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GESCHÜTZE
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dick- rund liebt, bei ,, Saba bleibt man bei ,, Saba"
Saba ohne" hat das Vertrauen seiner Millionen treuen Raucher seit Jahrzehnten immer glänzend gerechtfertigt. Die unerreichte, stets gleichbleibende Qualität ist das Fundament dieses Vertrauens und zugleich die Erklärung dafür, daß ,, Saba ohne" heute die meistgerauchte Cigarette Berlins ist.
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