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Der heilige Geist im Arbeitslager

Ist das die Erneuerung der Nation?

Eigener Bericht des ,, Vorwärts" Frankfurt a. d. Oder, 19. Dezember. In der Nacht vom 12. zum 13. Dezem ber erfolgte im Arbeitsdienstlager Alt­Drewitz bei Küstrin ein Ueberfall auf mißliebige Arbeitsfreiwillige. Fünf verlette Arbeitsfreiwillige kamen ins Krankenhaus.

Ueber diesen Ueberfall sind jetzt Einzel­heiten bekanntgeworden. Es waren in der Presse kritische Berichte über das Arbeitsdienst­lager erschienen. Am Sonntag, dem 11. Dezem ber, wurde im Pflichtgottesdienst eine Predigt gegen den bols chemistischen Satans= geist gehalten. Am anderen Tage redete der Lagerleiter, Hauptmann 3immer, vor den Arbeitsfreiwilligen: 99 Prozent der Frei­willigen feien aufbauwillige Kräfte, nur ein Bro­zent sei von diesem Satansgeist erfüllt. Diese Strolche müssen aus dem Lager ausgerottet wer­den. Wenn sie sich nicht freiwillig zum Abgang melden würden, werde sich etwas ereignen, und er werde die Leute rausschmeißen. Borkomm niffe im Lager dürften in Zukunft nicht durch Ge spräche in die Deffentlichkeit kommen, sondern feien als interne Lagerangelegen

heiten zu betrachten.

Bald darauf erzählte man sich im Lager, daß in der Nacht der heilige Geist kommen

wird.

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die einzelnen SA. - Leute von den Lieferanten persönlich haftbar gemacht wurden. Um das abzuwenden, verkaufte der Sturm­bannführer des Sturmes 5 und des Sturmes Bettenhausen eigenmächtig 300 3entner Kartoffeln, die von Landwirten für die nationalsozialistische Winterhilfe gestiftet worden waren. Aus dem Erlös von 600 Mark wurden dann die SA. - Uniformen bezahlt. Der Sturmbannführer wurde wegen dieser Handlung vot ein Parteigericht gestellt und mit sofortiger Wirkung ausgeschifft. Als die SA. diese Ent­scheidung des Parteigerichts erfuhr, brach ein Sturm der Entrüstung aus. Die beiden Stürme entschlossen sich, der Partei geschlossen den Rücken zu fehren und so ihre Solidarität mit dem ausgeschlossenen Sturmbannführer zu befunden. Damit hat etwa ein Drittel der Kaffeler SA. der NSDAP . den Rücken gefehrt.

Litwinoff bei Schleicher

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Völlige Uebereinstimmung

in den Auffassungen" Halbamtlich wird gemeldet:

Volkskommissar Litwinoff, der auf der Rückreise von Genf nach Moskau zu kurzem Auf­enthalt in Berlin eingetroffen ist, stattete am Montag dem Reichskanzler von Schleicher und dem Reichsaußenminiffer Freiherrn von Neurath Besuche ab. In den Unterredungen

Der Bettelorden

QUANDT MACHIF

tes

,, Erschütternd, Joseph, wie die armen Jungen betteln müssen." ,, Laẞ nur. Besser sie betteln, als daß sie meutern."

starte antiklerikale Note durch. Die Partei

In der Nacht vom 12. zura 13. Dezember, wurden die Deutschland und die Sowjetunion Pilsudski übertrifftẞapen entschlossen, sich gegen den Mißbrauch der

zwischen 12 und 1 Uhr, ging ein Roll gemeinsam berührenden Fragen durchgesprochen tommando von Stube zu Stube.

Der Arbeitsdienstfreiwillige Müller wurde in unmenschlicher Weise geschlagen und mit Füßen getreten, bis er zusammengefunken in einer Blutlache lag. Ein weiterer Freiwilliger namens Mingerzahn wurde von acht Leuten blutig geschlagen. Noch drei weitere Arbeits­freiwillige wurden verletzt.

Einer der Ueberfallenen verließ noch in der Nacht, in eine Decke gehüllt, fluchtartig das Lager. Er wurde mit einem Auto ven Alt- Drewitz in das Krankenhaus Rüstrin gebracht. Die übriger: Verletzten sowie eine Anzahl von Arbeitsfrei­willigen, die über den Vorfall empört waren, verließen am Morgen das Lager. Die lleber­fallenen mußten ins Krantenhaus gebracht werden.

Das ist ein böser Anfang! Diese Vorfälle legen es nahe, gewiffe Barallelen zu dem frühe ren Arbeitsdienft" zu ziehen! Die Methode der Rollkommandos und der e me sind seit­dem befannt genug. In Lagern, in denen solche Dinge paffieren, muß mit eisernem Besen aus. gefehrt werden.

und die völlige Uebereinstimmung in den Auffassungen der beiden Regierungen erneut festgestellt.

In der Zeit der Regierung Papen ist Lit­winoff mehrfach durch Berlin gereist. Es ist uns nicht in Erinnerung, daß in dieser Zeit auch nur ein einziges Mal ein- derartig demonstrativ freundschaftliches Rommuniqué über die deutsch - russischen Beziehungen erschienen ist. Das wäre auch schwer möglich gewesen, nachdem jebermann wußte, daß Franz von Papen mit den Rechbergschen Ideen eines europäischen Kreuzzuges gegen den Bolschewismus" sym­pathisierte. Aus französischen Kreisen ist sogar behauptet worden, daß von Papen in Lausanne recht plumpe Anregungen dieser Art unterbreitet haben soll. Jedenfalls ist es fein Zufall, daß gerade in dieser Zeit die russisch - französische und die ruffisch polnische Annäherung beträchtliche Fortschritte machte.

Schleicher , ebenso wie Neurath , gehörten dem Bapen- Kabinett an. Aber deshalb keine Feind. schaft nicht! Die Sowjetunion ist großherzig. Sie weiß sehr wohl: Schleicher fann eben alles! Gestern Wehrminister eines Reichs­fanzlers, der bei jeder Gelegenheit gegen den

Aus dem Hitler- Sumpftulturfeindlichen Bolschewismus vom Leber zog

SA. - Heim als Diebeshöhle

Hagen i. W., 19. Dezember.

Wie erst jetzt bekannt wird, ist in der Nacht zum Sonnabend eine überraschende polizei liche Durchsuchung des S.- Heims in Bolmarstein vorgenommen worden, da man in Erfahrung gebracht hatte, daß die Insassen des Heims zahlreiche Diebesfahrten aus­geführt haben. Bei der Durchsuchung wur­den vier SA. - Leute verhaftet; bei einem von ihnen wurde unter dem Kopffiffen eine mit acht Patronen geladene Mauferpistole vor­gefunden.

Die Berhafteten legten bereits ein um­fassendes Geständnis ab: Sie gaben zwei Einbruchsdiebstähle zu, die sie in der vergangenen Woche verübt haben, ferner ge­ffanden sie, einen vorgetäuschten Raub­überfall auf die Kassiererin eines Bolmar­steiner Geschäfts geplant zu haben, der durch ihre Festnahme vereitelt wurde. Die Kassiererin war mit den S.- Ceuten im Bunde, der Plan follte noch in dieser Woche zur Ausführung kom­men. Auf das Konto der Verhafteten kommt auch ein Einbruchsdiebstahl in die kontor­räume einer Brennstoffveredelungsgesellschaft und 3 mei kohlendiebstähle.

Das S.- Heim wurde sofort aufgelöft; weitere Festnahmen stehen noch bevor.

SA. - Massenabmarsch Eigener Bericht des Vorwärts"

Kaffel, 19. Dezember. In Kassel haben am Sonntag 600 S.- Leute geschlossen ihren Austritt aus der NSDAP . erflärt.

heute selber Reichskanzler, der am liebsten wieder angenehme Plauderſtündchen an neu­tralem Ort" mit Heinz Neumann verbringen. würde, wenn dieser nicht inzwischen abgehalftert wäre; deutliche Drohung im Rundfunk mit dra­fonischen Maßnahmen gegen die Kommunisten, falls sich diese allzu maufig machen sollten, bald danach völlige Uebereinstimmung in den Auffassungen" zwischen seiner und der Sowjetregierung Schleicher fann alles!

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Gemeint sind wohl nur die Auffassungen über außenpolitische Probleme...

,, Robotnik" 100 mal verboten!

Jm polnischen Parlament führte der Sozialist Du­bois darüber Klage, daß die oppositionellen 3eitungen so oft der Beschlagnahme verfielen. So sei der Robotnit" innerhalb des letzten Jahres über hundertmal, die sozialistische Zeitschrift Der Volkskamps" 17mal verboten worden. Diese 17 Verbote entfielen auf nicht mehr als 20 Nummern der Zeitschrift.

Jubiläum der PPS.

Eigener Bericht des ,, Vorwärts"

Warschau , 19. Dezember.

Die Polnische Sozialistische Partei ( PPS.) feierte am Sonntag den 40. Jahrestag ihres Be­stehens. Auf eine ebenso lange Eristenz blickt auch das Krakauer Parteiorgan ,, Naprzod"( Borwärts) zird, der alle diese Jahre hindurch von dem verdienten Chefredakteur Emil a eder geleitet wird. In allen größeren Zentren der Bewegung wurde der Jahrestag durch Feiern begangen.

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Belgischer Kampf

Kongreß der Arbeiterpartei

Eigener Bericht des ,, Vorwärts"

Brüffel, 19. Dezember.

Am Sonntag tagte ein außerordentlicher Kon­greß der Arbeiterpartei. Nach dem Referat Banderveldes stellte der Kongreß einstimmig fest, daß eine Beteiligung der Sozialisten an der Re­gierung unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht in Frage kommen könnte. Aber die Arbeiter= partei wird sich nicht auf negative Opposition be= schränken, sie wird in der Opposition ton ft ruf tive Maßregeln zu erzwingen versuchen. In der angenommenen Entschließung flingt eine

Sowjet- Rußlands Sorgen

Brotplan versagt Viel zu wenig abgeliefert

Moskau , 19. Dezember. Das amtliche Blatt des Ernährungskommissariats ,, Sozialistische Landwirtschaft " bringt einen Ar­tikel, in dem auf die neue Verschärfung in der Ernährungslage hingewiesen und insbesondere das Zurückbleiben der Brotperfor gung unterstrichen wird. Das Blatt sagt, es sei schon ziemlich klar, daß bis zum 1. Januar, dem letzten Tage der Brotablieferung, der Plan nicht durchgeführt werden würde. Nicht nur die Eigenbauern seien ganz. unglaublich zurückgeblieben, auch die Kollettivmirt schaften und die Staatsgüter hätten ihre Ablieferungsziffern längst nicht erreicht. Be sonders bemerkenswert sei es, daß auch die motorisierten Kollektivwirtschaften die von ihnen geforderten Mengen nicht bereitstellen

fonnten. Die äußere Ursache der Meuterei ist in der Nichterfüllung von Ver­sprechungen zu suchen, die der Anhängerschaft von den Führern gemacht wurden, ohne ein­gehalten zu werden. Wie im übrigen Deutschland , so fonnten auch in Kassel die für die SA.= Ausrüstungen notwendigen Gelder nicht aufgebracht werden. Die Folge war, daß

Es ist zu berücksichtigen, daß der Plan eine starke Steigerung des Anbaues und der Brot erzeugung fordert und daß seine Erfüllung die Anlegung großer Reservebestände ermög­lichen sollte. Auch muß die zu geringe Ablieferung, die nicht auf Mißernte beruht, ihren Grund nicht

im Eigennug der Bauern aller Grade haben. Es ist bekannt geworden, daß allerhand Industrie­waren direkt von den Betrieben, die neuerdings auf sich selbst gestellt sind, im direkten Tausch gegen Lebensmittel an die Landwirtschaft ab­gegeben werden da bleibt aber natürlich weniger für den Staat übrig. Indessen ist Sabo­tage der Bauern nicht ausgeschlossen, die am Privatlandbesig festhalten. Wer in einem Be­trieb oder einem Großbürobetrieb tätig ist, wird dort recht und schlecht versorgt. Aber es wird immer weniger und es gibt sehr viele, bie weder dieser Versorgung teilhaftig werden, noch in Auslandsvaluta be= soldet werden, darum aber die Inflations­preise des freien Marktes" nicht aufbringen und in den Torgsinläden, die nur gegen Valuta ver= taufen, nichts erhalten können; für diese Leute muß der Staat ausreichende Lebensmittel zu er schwinglichen Preisen beschaffen, wenn sie nicht zugrunde gehen sollen.

Die strenge Parteireinigung, die allen anderen Arbeiten der Funktionäre vorangestellt ist, hat man mit gemeinschaftsfeindlichen Mißbräuchen an der Brotfront" begründet Hierdurch war bereits der Ernst der Situation bezeichnet, was der oben zitierte offizielle Artikel noch unterstreicht.

ist

religiösen Gefühle der Bevölkerung im politischen Kampf, wie er bei den letzten Wahlen von der Katholischen Partei und dem Klerus geübt wurde,\ energisch zur. Wehr zu setzen.

Die neue Regierung de Broqueville bezeichnete Vandervelde als die reaktionärste belgische Regierung seit dem Kriege, eine Regierung des Großkapitals und stehe unter der Kontrolle der Hochfinanz. Ihr bezeichnendes Merkmal sei, daß die einzigen wirklich demokra= tischen Minister ausscheiden mußten, nämlich der wallonische Demokrat Bovesse und der flämische Minister für soziale Fürsorge Heyman. Heyman wurde durch einen Reaktionär ersetzt, dessen Haupt­aufgabe die Beseitigung der sogenann= ten Mißbräuche bei den Sozial­leistungen, mit anderen Worten der Abbau der Sozialgefeggebung sein wird.

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Hoovers Schuldenbotschaft Zum Entgegenkommen bereit

Washington , 19. Dezember.

In der Kongreßbotschaft Hoovers zur Kriegsschuldenfrage befürwortet der Präsident die Schaffung eines amerikanischen Aus­schusses zur individuellen Regelung der kriegsschuldenfrage mit der Weltwirtschaftskonferenz und der

Abrüstung".

Die dem Ausschuß angehörenden Persönlichkeiten sollen später auch als Mitglieder der amerikani­ schen Abordnung für die Weltwirtschaftskonferenz nach London gehen. Hoover schlägt vor, die Mit­arbeit Roosevelts für diese Zwecke nach­zusuchen. Er erinnert daran, daß der Kongreß im letzten Jahr seinen, Hoovers, Vorschlag zur Wiedereinsetzung des Kriegsschuldenausschusses ab­gelehnt habe. Die Entwicklung der Lage

mache jedoch ein eigenes Handeln des Präsi­denten vorbehaltlich der nachträglichen Zu­stimmung des Kongresses erforderlich.

Präsident Hoover lehnt dann erneut die Schul­denstreichung ab und empfiehlt eine Herab­sehung der Schuldenzahlungen gegen 3uge­ständnisse auf Handelsgebiet,

Die Opposition gegen eine solche Einsetzung einer Schuldenkommiffion ist jedoch so start, daß Hoover erklärte,

er habe nicht die Hoffnung, daß sein Wunsch in dieser Hinsicht erfüllt werden würde.

Die Lage, sagte er noch, ist so schwierig, daß wir der nationalen Solidarität und Zusammenarbeit dringend bedürfen, wenn wir dem Wohle des amerikanischen Volkes dienen und die Kräfte be­siegen wollen, die zur Stunde selbst die Grund­lagen der Zivilisation bedrohen.

In langen Ausführungen über die Wirtschafts­lage erklärte Hoover, daß die Wichtigkeit der Kriegsschuldenfrage, gemessen an dem wirtschaft­lichen Wertproblem überschätzt werde. Die Stabilisierung der fremden Währungen, die He­bung des Preisstandes und des Verbrauchs feien Borbedingungen für die Wirtschaftsbelebung..

Sokolnikow, der frühere Sowjet- Botschafter in London , dementiert in einem Brief an News Chronicle" die Gerüchte, daß er in Rußland ver­haftet und nach Sibirien verbannt worden sei.