Naziarbeit im Parlament Der eingestampfte Straßer
Die Nazis ziehen ihren Antrag zurück...
Aus dem Ausschuß des Preußischen Landtags: Ein nationalsozialistischer Antrag steht zur Debatte, Angestellte bei der Pflicht arbeit nur mit Arbeiten zu beschäf= tigen, die ihrem ursprünglichen Beruf entsprechen. Der nationalsozialistische Berichterstatter macht lange Ausführungen
bevölkerungspolitischen
ein Ersagblatt liege nur dann vor, wenn dieses Blatt sich an den gleichen Leserkreis richte wie das verbotene Blatt und zugleich nach Tendenz und Inhalt wesentlich mit dem ververbotenen Blatt übereinstimme.
über die Notwendigkeit, Angestellte bei der Nazistammgäfte vor Gericht
Pflichtarbeit nur mit Büroarbeiten zu beschäf= tigen. Der sozialdemokratische Redner erklärt, die Sozialdemokraten seien damit einverstanden, wenn auch für Arbeiter gelte, daß auf ihren früheren Beruf Rücksicht genommen werde, fügt aber hinzu, daß vor einer Stunde im Plenum die Mehrheit von Nationalsozialisten und Kommunisten einem Antrag zugestimmt hat, die Pflichtarbeit ganz zu verbieten.
Lange Gefichter. Die Nationalsozialisten ziehen ihren Antrag zurüd...
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Die Nationalsozialisten haben einen Antrag eingebracht, daß bei Arbeitgebern, die die Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt haben, zunächst vor Ge richt verhandelt werde, ehe Bestrafung erfolgt, und daß die ausgesprochene Strafe aufgehoben werde, wenn die Beiträge abgeführt werden. Der sozialdemokratische Redner erflärt, daß die Sozialdemokraten einem Antrag nicht zustimmen fönnen, wonach denen, die der Arbeiterschaft abgezogene Beiträge unter schlagen, Straffreiheit gewährt wird. Die Nationalsozialisten sind verblüfft; ihr Antrag be handle doch gar nicht die abgezogenen Arbeiterbeiträge! Die Sozialdemokraten weisen ihnen nach, daß in dem Antrag nur von Beiträgen, also von den Beiträgen der Unternehmer und den Arbeiterabzügen die Rede ist.
Die Nationalsozialisten sind erstaunt. Sie ziehen ihren Antrag zurüd...
Aus dem Hauptausschuß des PreuBischen Landtags: Die Nationalsozialisten haben einen Antrag gestellt, Frembenheiminhabern an der Ostsee die Zahlung Don Hypothekenzinsen und Steuern zu erlassen. Im Hauptausschuß haben sie den Antrag so erweitert, daß er für ganz Deutschland gelten sollte. Es wird ihnen vorgehalten, daß es doch ganz unmöglich ist, Inhabern von gutgehenden Gaft und Schankwirtschaften, Fremdenheimen und Hotels, nachdem sie schon eine Bins fenkung und Steuergutscheine befommen haben, nun einfach alle Zahlungsverpflichtungen zu er laffen. Es wird ihnen auch gesagt, daß unter den Gläubigern Kleinrentner find, bie von ihren Hypothekeneinfünften leben müssen.
Berblüffte Gefichter. Der Antrag wird zurüd. gezogen...
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Die Nationalsozialisten beantragen die Ein. beziehung des Kreises Landeshutin die Osthilfe. Der Regierungsvertreter erklärt, der Kreis Landeshut sei seit langem in die Dfthilfe einbezogen. Ja aber", stammelt ber nationalsozialistische Berichterstatter, der Landrat hat mir doch gesagt, daß der Kreis Landeshut nicht einbezogen sei." nein", sagt der Re gierungsvertreter ,,, das tann Ihnen der Landrat nicht gesagt haben. Vielleicht hat er gesagt, daß das Stück des Kreises Boltenhain, das jetzt dem Kreis Landeshut zugeteilt wird, noch nicht einbezogen ist. Der Kreis Landeshut ist sicher seit langem in der Osthilfe."
Erstaunte Gefichter. Der Antrag wird zurüc gezogen. Und so weiter und so weiter!
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Berpuffte Naziaktion
Sauckel und das ,, Ersatzblatt"
Eigener Bericht des Vorwärts" Jena , 21. Dezember.
Der nationalsozialistische Gauleiter und Innenminister Saudel hat wegen Beschimpfung seines Parteifreundes und Ministerkollegen Wächtler unsere Parteizeitungen ,, Das Volk" in Jena und die„ Oftthüringer Tribüne" in Gera , für die Dauer von fünf bzw. 7 Tagen verboten. Der Geschäftsführer des Jenaer Parteiverlages, Genosse 3ahn, hat in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer des Freidenferverlags gemeinsam mit dem Sekretär des Ortsaus: schusses des ADGB . einen Geschäftsanzeiger" herausgegeben, der nur einen Feuilletonund einen Inseratenteil enthält. Die Polizei beschlagnahmte die Nr. 1 des Geschäftsanzeigers" mit der Begründung, es handle sich um ein verbotenes Erfagblatt. Die Staatsanwaltschaft erhob vor dem Schnellgericht Anflage wegen Bergehens gegen§ 16 der Verordnung gegen politische Ausschreitungen vom 14. Juni
1932.
"
In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht in Jena waren die Angeflagten vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Kieß, Jena , und Dr. Franz Neumann , Berlin . Der Staatsanwalt beantragte gegen den Genossen Jahn als Geschäftsführer des Parteiverlags 3 Monate und 2 Wochen Gefängnis und gegen die beiden anderen Angeklagten je 3 Monate Gefängnis. Das Amtsgericht sprach die Angeklagten aus Rechtsgründen frei, indem es fich auf den Standpunkt stellte,
Hitler- Redakteure
arbeiten nach Schmutzblattmanieren
Die Hamburger Nazirebatteure Becher und Plöhn sind Stammgäste des Schöffengerichts. Sie haben bereits ein halbes Dugendmal wegen Beleidigung vor dem Richter antreten müssen. Wahllos in der Art ihrer Mittel, heiligt diesen Jüngern des Dritten Reiches der Zwed jede Lüge und jede Berleumdung. Die Hauptsache ist, daß der politische Gegner besudelt wird.
Dieser Tage war Becher zum siebenten und achtenmal am gleichen Tage wegen bös= williger Verleumdung eines sozialdemo fratisch organisierten Angestellten und eines unbefoldeten sozialdemokratischen Senators ange= flagt. Nazi Plöhn, der Kollege, markierte den Entlastungszeugen und. suchte den ihm würdigen Freund herauszuschwören. Das Gericht bescheinigte jedoch den beiden Naziverleumdern, daß auf ihre Schwüre nichts zu geben sei und ihre Methoden wohl für Schmugblätter angebracht seien, nicht aber für anständig geleitete Zeitungen. Becher wurde in einem Fall zu 100 Mart, im zweiten zu 20 Mark Geldstrafe verurteilt. Die beiden sind ihrer Partei würdig!
Tränengas DRGM.
Im Zusammenhang mit dem Tränengasanschlag im Kaufhaus Rerngroß am Goldenen Sonntag hat die Polizei in der Nazi- Zentrale gehaussucht, doch wurden Gegenstände, die mit dem Attentat in Zusammenhang stehen, nicht aufgefunden. Acht Personen wurden verhaftet, von denen zwei wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Wei= tere neun Nazis wurden in ihren Wohnungen festgenommen. Der Behörde ist nur eine unversehrte Flasche in die Hände gefallen, die eine Tränengas erzeugende Lösung enthält. Eine derartige Mischung wird in Desterreich weder erzeugt noch in den Handel gebracht. Die Kennzeichnung der Flasche weist darauf hin, daß sie eine aus Deutschland eingeschmug= gette ift.d
JB
Ach wie bald, ach wie bald Schwinden Schönheit und Gestalt!
demokraten zum Bürgermeister ermöglichte. Der rechtsbürgerliche Kandidat fiel durch.
Dieser Ausgang der Wahl hat die KPD. gegen Jürgensen auf den Plan gerufen. Sie leitete gegen Jürgenjen ein Verfahren ein, das jeht damit endete, daß Jürgensen sich selbst„ von der Falschheit seiner Auffaffung überzeugt" hat und durch eine in der kommunistischen„ Hamburger Volkszeitung " abgegebene Erklärung zur Kennt nis gibt, daß seine Haltung der politischen Linie der Kommunistischen Partei widersprochen habe. Seine falsche Haltung bet der Abstimmung habe nur dem Wunsche entsprochen, noch besser als bisher den sozial- faschistischen Charakter der Politik der Sozialdemokratie entlarven zu können. Aber auch dieser Gesichtspunkt sei falsch gewesen. Nur durch schärfsten Kampf gegen die sozialdemokrati schen Führer werde es der KPD. gelingen, den Masseneinfluß der SPD . zu brechen, und nur auf diese Weise sei der siegreiche Kampf um den So zialismus möglich.
Form und Inhalt der Erklärung lassen deutlich erfennen, daß Jürgensen, der für würdig befunden
Ein gerüffelter Kommunist
Eigener Bericht des ,, Vorwärts" Hamburg , 21. Dezember. Eine Illustration zu dem Einheitsfrontgeschreider KPD. liefert der Fall des kommu nistischen Reichstagsabgeordneten Jürgensen, der kürzlich in Elmshorn die Wahl eines Sozial
JB
80 000 Exemplare des ,, Illustrierten Beobachters" mit einer Verherrlichung Gregor Straßers wurden eingestampft.
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Gestern noch die ,, deutsche Eiche", Heute eingestampfte Leiche...
Frau Müller- Ottfried abgesägt
Die deutschnationale Reichstagsabgeordnete Frau Müller Ottfried ist von der Parteileitung gezwungen worden, ihr Mandat nie= derzulegen, um einem Hugenberg genehmen Liftennachfolger Platz zu machen. Diese Maßregelung hat in den deutsch nationalen Frauenorganisationen große Mißstimmung erregt. Der deutsch evangelische Frauenbund erklärt, daß durch das Ausscheiden von Frau Müller- Ottfried aus der Reichstagsarbeit der Frauensache ein großer Schaden zugefügt ist". Man ersehe aus der ganzen Angelegenheit, wie gering Fraueneinfluß und wie gering Frauenarbeit eingeschätzt werden". Natürlich in der Deutschnationalen Partei.
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Kommunistische Heze
Vor Gericht
Halberstadt, 21. Dezember.
ihm von der Bezirksleitung bittierte Erflärung gibt man zu, daß sie unbegründet war unterschrieb und sich damit selbst geohrfeigt hat. Nicht genug damit, fügt das Kommunistenblatt im Fettbrud hinzu, daß mit dieser Erklärung ,, den Reformisten und allen Opportunisten eine energische Abfuhr in ihrer Spekulation auf Hilfe aus unserer Partei erteilt" worden ist. Eine einzigartige Illustration zu dem Einheitsfrontgeschrei der Moskauer Mamelucken.
Zu den Plänen der Großagrarier, die von Dr. Baade geleitete Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen und das von Professor Brandt geleitete Institut für landwirtschaftliche Marktforschung auffliegen zu laffen, hat jetzt das Reichsernährungsministerium eine Erklärung losgelassen. Sie bringt nicht nur die volle Bestätigung dieser Pläne, sondern läßt auch die Zustimmung des Herrn v. Braun erkennen. Der Skandal ist damit offen= bar.
Hinsichtlich des Brandtschen Marktforschungsinstituts versucht sich Herr v. Braun totzu stellen. Man wisse im Reichsernährungsministe rium nicht, ob die Deutsche Zentralgenossenschaftstaffe das Institut in Zukunft noch finanziell unterstügen wolle. Man muß den Mut des Herrn v. Braun und seiner Berater im Reichsernährungsministerium bewundern. Ist es dem Reichsernährungsminister vielleicht nicht bekannt, daß er selbst auf eine Anfrage des Kaiser- Wilhelm- Instituts, ob die Erhaltung der Forschungsstelle von Profeffor Brandt dem Reichsernährungsministe rium genehm sei, mit einer glatten Ab= fage geantwortet hat und daß erst daraufhin Herr Helfferich von der Deutschen Zentralgenossenschaftstasse ab 1. April endgültig jede finanzielle Unterstügung abgelehnt hat? Herr v. Braun verfucht also vergeblich, hier die Torpedierung einer hochverdienten wissenschaftlichen Forschungsstelle auf andere Schultern abzuwälzen!
Hinsichtlich der von Dr. Baade geleiteten Reichsforschungsstelle, bei der die Verantwortung des Reichsernährungsministeriums flar zutage liegt, ist dieser Abwälzungsversuch freilich nicht möglich. Es wird auch gar nicht bestritten, daß der
Reichsernährungsminister dem Deutschen Landwirtschaftsrat den beherrschenden Einfluß bei diesem Institut verschaffen will. Es wird nur in Abrede gestellt, daß die bei der Umorganisation frei werdenden Reichsmittel dem Deutschen Landwirtschaftsrat zur Verfügung gestellt werden
sollen.
Das Reichsernährungsministerium gibt sich auch reichlich naiv mit der Behauptung, ihm sei nicht bekannt, welche Mittel von der Landwirtschaft für die berufsständischen Organisationen aufgebraucht werden. Wir glauben nicht, daß Herrn von Braun die Schrift des ehemaligen Staatssekretärs Dr. Peters über die Belastung der Landwirtschaft durch ihre Organisationen unbefannt geblieben ist, und wir glauben auch nicht, daß Herr von Braun gar nichts davon gehört hat, daß die Millionen des Kalisyndikats auch die Preisberichtsstelle des Deutschen Landwirtschaftsrates gespeist haben, der man jeßt das Marktforschungsmonopol zuschanzen möchte.
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Mit der Unterstügung der großagrarischen Pläne, die Marktforschung zu einer Prozentwissenschaft des Junkertums machen, wird dem Reichskanzler Schleicher ein böses Kuckucksei ins Nest gelegt! Soll unter seiner Führung die Unabhängigkeit der Wissenschaft und der fachlichen Forschung in so standalöser Weise den großagrarischen Intereffentenhaufen geopfert werden?
Der alte Papengeist lebt bei Herrn von Braun munter weiter und darf jezt auch die wissenschaftliche Forschung in die Niederungen der junkerlichen Prozentpolitik herabziehen!
Die große Straffammer Halberstadt verurteilte den 22 Jahre alten kommunistischen Arbeiter Willi Kranz aus Thale auf Grund der Terrornotverordnung vom 9. August wegen schweren Landfriedensbruchs zu 10 Jahren 3uchthaus. Ursprünglich follte gegen 32 Angeklagte verhandelt werden. Wegen der Amnestieverhandlungen wurde jedoch nur das Berfahren gegen den Rädelsführer durchgeführt, und zwar unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. Kranz war Vorsitzender des Erwerbslosenausschusses in Thale . Obwohl der sozialdemofratische Bürgermeister des Harzstädtchens alles tut, was in seiner Macht steht, um den Erwerbslofen zu helfen, werden die Arbeitslosen von den Kommunisten immer wieder in unverantwortlicher Weise aufgeputscht. Am 31. Oktober forderte Kranz in einer Erwerbslosenversammlung auf, sich am nächsten Tage mit Sägen und Alerten zu be waffnen, um den Stadtwald abzuholzen. Am 1. November zogen unter Führung des Angeflagten 120 Menschen in den Gemeindewald, einen der schönsten Punkte des Kurortes, und begannen planlos Bäume zu fällen. Als die Polizei eingriff, waren bereits 25 junge Eichen abgesägt. Die Polizei zerstreute die Menschen mit Waffengewalt. Bor Gericht gab der Angeklagte entgegen seinen Hezreden vor den Arbeitslosen die Erklärung ab, daß der Bürgermeister ein sozial denkender Mensch sei, der seine Pflicht für die Erwerbslosen voll und ganz getan habe.
Auf Grund der Amnestie wird die Strafe von 10 Jahren Zuchthaus in eine Gefängnisstrafe von 2½ Jahren verwandelt werden.
Strümpfe
nur von
Leiser