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BEILAGE

Vorwärts

Herr Schrimmer Weltuntergang

Eine moralische Kurzgeschichte/ Von Alice Ekert Rothholz

Herr Schrimm ift...

Herr Schrimm ist Besizer eines Schallplatten. Ladens. Er ist auch Besizer einer ewig franten Frau sowie eines furchtbaren Geheimnisses. Nicht einmal Professoren und Friseure, die alles wissen, wissen das, was Herr Schrimm weiß. Er hat gestern erfahren, daß der Weltuntergang am nächsten Freitag ohne Voranmeldung stattfindet. Eigentlich hatte Herr Schrimm etwas ganz ande­res von dem Hellseher erfahren wollen. Er hatte wissen wollen, ob es sich lohne, zum Neujahrs­geschäft eine neue Serie vaterländischer Gesänge ( gegen Frankreich oder auch gegen das raffende Kapital) anzuschaffen. Vielleicht sollte man sich doch lieber mit totsicheren deutschen Tangos ein­decken?

Der Hellseher, ein Inder vom Wedding , konnte in dieser Geschäftsfrage genau so wenig hell­sehen wie Herr Schrimm. Er teilte statt dessen unaufgefordert mit, daß am nächsten Freitag der Weltuntergang bevorstehe. Ferner, daß dieje Auskunft zehn Reichsmart koste.

Herr Schrimm , an Weltuntergängen völlig des­interessiert, schimpfte lauter als seine lauteste Schallplatte. Er zog sich verdrossen und trauernd in seine Fünfzimmerwohnung zurück. Dort fand täglich mehrere Stunden und durchaus kostenlos Weltuntergang statt...

Herr Schrimm ist nicht nur Musikfeind und Schallplattentenner. Er ist außerdem außer ordentlich geizig. Wenn den Kunden eine Platte zur Probe vorgespielt wird, leidet Herr Schrimm törperliche Schmerzen wegen der unnüßen Ab­nugung. So leiden unglücklich Liebende. Oder glücklich Liebende... Auch Hungernde kennen diesen ziehenden Echmerz; aber den Hunger kennt Herr Schrimm bloß in Chansonform auf Schall­platten. Oder aus dem übertriebenen Geschwäh fozialistischer Zeitungen.

Auf alle Fälle hat Herr Schrimm beschlossen. dem Weltuntergang nicht mit leerem Magen ent­gegenzusehen. Wer weiß, wie die Verpflegung im Jenseits iſt! Die paar Gaststätten werden sofort belagert sein. Es wird laut und unan­genehm dabei zugehen. Alle werden sich um das­jelbe Schweine fotelett balgen! Menschen bleiben Menschen...

Jetzt ist es zwei Stunden vor Weltuntergang. Herr Schrimm wird noch etwas lustwandeln. Soeben fällt die Abendzeitung in den Briefkasten. Raubmorde. Ufapremiere. Bankskandal. Ber­fassungsmodelle. Wenn die Menschheit wüßte, was in zwei Stunden bevorsteht! Niemand würde die Welt mit diesen monotonen Abwechslungen franföden! Die Leute würten Schmetterlinge ocer Fliegen fangen. Der Rest ginge in die Kirche. Ganz Schlaue mie immer Ausland...

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ins

Herr Schrimm steift zufällig noch die Familien­anzeigen. Geburten. Geburten... Welche Ber­schwendung so furz vor Weltuntergang! Diese Koften! Der Arzt! Die. Windeln! Dem spar samen Herrn Schrimm zieht sich die Brieftasche vor Schmerz zusammen. Er hat sich selbstredend niemals Kinder angeschafft. Wenn sie klein sind, ziehen fie Geld für Spielfachen und Krankheiten. Wenn sie groß sind, ziehen sie ihrer Bege.

Herr Schrimm zögert... Herr Schrimm zieht jetzt ebenfalls seiner Wege. Zum erstenmal im Leien versucht er zu schlen­dern. Noch dazu mitten in der Geschäftszeit!

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Was hat es überhaupt- bei Weltuntergang besehen für einen Sinn, sich Tag für Tag wegen eines Haufen Geldes abzuschuften? Herr Schrimm wird plötzlich ein Weiser aus dem Abendlande! Zwei Stunden vor Weltuntergang ist der Kapitalismus genau so unbrauchbar wie ein altersschwacher Fordwagen...

Herr Schrimm, dieser Gandhi auf Bestellung, geht die Leipziger Straße entlang. Rotes Licht. Grünes Licht. Bemalte Frauen. Hastende Männer. Schwanken die großen Geschäftshäuser nicht schon ein wenig? Die Autos? Die Frauen? Vorsicht! Fallen die Lichtreklamen nicht vom Himmel? Herr Schrimm lacht höhnisch, aber ängstlich. Sollte er wirklich an das Gefasel dieses Hellsehers glauben?

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Herr Schrimm bleibt vor einem Automaten­restaurant stehen. Er will endlich wissen, was hier schwankt und was nicht. Ein Abendspazier­gang ist schließlich kein Börsenkurs! Herr Schrimm steht regungslos. Drinnen drehen sich die Brötchenplatten. Drehen sie sich nicht schneller als sonst? Oder sind die Leute bloß etwas gieri­ger? Für viele ist dieses Schinkenbrötchen Früh stück, Mittag und Abendbrot. Was geht das Herrn Schrimm an?

Nanu! Da fällt doch einer buchstäblich Herrn Schrimm zu Füßen! Beginnt jetzt schon das große Abfragen? Oder will einer Herrn Strimm anbeten? Der Fußfällige wimmert Verstiedenes vor sich hin... Wie lächerlich! Herr Schrimm hat sich umsonst geängstigt. Der Kerl da hat ein­Fach Hunger. Herr Schrimm ift tief verftimmt. Da lebt man in einem Lande der Ordnung und ber Berbote! Aber was mirklich verboten werden

müßte, ist natürlich erlaubt! Zum Beispiel: Hungernde vor Restaurants. Sie verderben den Essenden die Laune und dem Inhaber das Ge. schäft

Herrn Schrimm dröhnen die Ohren. Der Bett­ler wimmert künstlerischer als die höchstbezahlten Wimmerer auf Herrn Schrimms Star- Platten. Man darf nicht vergessen: jene wimmern in einem behaglichen, gutgeheizten Raum zu 20 Mark die Sekunde. Dieser hier wimmert gratis im Ost­wind. Alle Kunstliebhaber halten sich die Ohren zu. Kunst muß dezent bleiben.

Herr Schrimm zögert. Sollte man furz vor Weltuntergang nicht mit einer ellen Tat ab­schließen? Er faßt in die Westentasche nach dem losen Kleingeld. Dieser Geizkragen zieht tatsäch­lich einen Taler heraus! Im letzten Moment zuckt Herr Schrimm zurück und wenn der Weltunter­gang nicht stattfindet? In dieser Welt ist alles möglich!

Herr Schrimm lenkt seinen Schritt ins hell­erleuchtete Automatencafé. Der Hungrige hat ihn ans Essen erinnert....! Lachsmajonnaise. Die Majonnaise ist gelb wie die Sonne. Oder mie der Eiter im Auge des Wimmerers.

Pfui Teufel! Herr Schrimm schleudert die Majonnaise angewidert aufs Knie seines Nach­barn. Weltuntergang im Automaten! Männer find heroische Naturen. Sie können dem Tod oder dem Hauswirt ins Auge sehen. Aber Ma­jonnaise auf ihren neuen Hosen können sie nicht sehen! Der von Herrn Schrimm Dekorierte er­meist sich als ein Schreihale. Gleich wird er mit Gegenständen werfen. Herr Schrimm wirft ihm

Den bewußten Taler in den offenen Rachen. Dann flüchtet er ins Freie. Das ist ruhmlos, aber ber= nünftig. Herr Schrimm will bei einem Welt­untergang sein Leben lassen und nicht bei einer Lachsmajonnaise!

Es ist noch eine Viertelstunde Zeit.. Was tun? Sich noch rasch ein Mädchen an­lächeln? Reine üble Idee. Noch einmal Wärme spüren... Wenn es auch bezahlte Wärme ist. Herr Schrimm schüttelt verärgert den Kopf. Was hat er heute für sentimentale Anfälle? Nur megen... Warum soll man eine Frau nicht be­zahlen? Nichts ist umsonst. Zum Beispiel Bri­ketts fosten auch Geld. Deswegen wärmen sie nicht weniger gut... Niemand setzt sich freiwillig auch nur auf Stunden in einen Eisschrank! Aus­genommen Menschheitserlöser oder Artisten.

Kerr Schrimm liegt auf der Straße

Dicht vor Herrn Schrimm geht ein Liebespaar. Die Frau hat einen Pelz. Der Mann hat er­regte Augen und eine laute Stimme. Er be­schwört seine Begleiterin: Komm doch! Gerade heut brauche ich dich!" Er schreit fast.... Wenn sie nicht kommt, kommt scheinbar der Weltunter­gang!- Aber was antwortet das Herzblättchen im Pelz? Sie sagt: Ich muß jetzt mit meinem Mann ins Kino. Morgen, mein Süßer! Mor­gen bestimmt!"

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Herrn Schrimms Gesicht verzerrt sich vor lauter Vergnügen. Sie wird sich morgen umsehen. Er macht der Frau laut nach:" Morgen bestimmt, morgen bestimmt!" Die Pelzdame sieht sich auf­

FREITAG, 30. DEZ. 1932

geschreckt um. Herr Schrimm hat nichts gesagt. Er ist ein schwerhöriger Bassant kurz vor Welt­untergang

Der Himmel verfinstert sich. Was ist das? Die Stadt Berlin verwandelt sich ohne Voranmeldung in eine riesenhafte Schallplatte. Ganz langsame Drehung. Eine Schallplatte aus Schellack, schnei­dendem Glas, Schiefermehl, zitternden Lichtern, schwebenten Drähten, Budergesichtern, rasenden Wintern, Mondlicht und schwarzem Dred. Die Platte gibt eine furchtbare Musik von sich... Untergang dieser Zeit! Herr Schrimm ist sprachlos. Die Platte dreht sich jetzt schneller als alle Boli­tiker. Wo ist der Wimmerer von vorhin? Herr Schrimm dreht sich mechanisch mit. Er steht schon dicht am Rande. Er vollführt einen Totentanz mit Regenschirm. Gleich muß er stürzen..

Erraten! Herr Schrimm liegt auf dem Straßenpflaster. Er wimmert fast so schön mie vorhin der Hungerfünstler. Da er aber einen neuen Wintermantel, ein rasiertes Gesicht und eine Visitenkarte vorzuweisen hat, zollt man ihm etwas mehr Beachtung. Man beflagt seinen Un­fall. Der Wimmerer vor dem Restaurant kann sich dieser Teilnahme nicht rühmen. Dazu ist sein Unglüd leider zu unappetitlich.

Man packt Herrn Schrimm für sein Geld sogar in ein Auto. Allerhand! Die Welt ist ein Wohl­fahrtsunternehmen für Zahlungsfähige.

Herr Schrimm ist mit Recht gerettet. Ein wertvolles Mitglied der menschlichen Gesellschaft. Morgen wird er über das Auto schimpfen. Eben­falls mit Recht. Sind jetzt Zeiten für Autos? Ein Weltuntergang ist bestimmt kein Spaß. Aber ein Auto wegen eines Weltuntergangs, der nicht stattfindet, ist eine moralische Erpressung des Schicksals. Schlimmer: eine unnüze Aus­gabe! Herr Schrimm findet mit Recht, daß dieses Geld den Wimmerern vor den Cafés zugute tommen müßte. Besonders kurz vor dem Welt­untergang.

Toub- Kal, der Riefe

4200 Me.er hoch in Nordafrika

Um fünf Uhr in der Frühe find wir aus dem Zelt getrochen. Nach drei Stunden Vorbereitungen fönnen wir endlich abmarschieren. Ein Einge­borener aus Arround begleitet uns mit einem hochbepackten Maulesel, der unsere Rucksäcke mit dem Proviant für acht Lage trägt. Dazu den Schlafsack zum Uebernachten in den Bergen, Decken, Kochapparate, Photo und warme Kleider, insgesamt eine schmere Last Das Tier ist sehr aufgeregt und verschiebt mit fühnen Sprüngen dauernd seine Ladung. Bei der Talverengung von Sidi Chamarouch, wo wir rechts abbiegen müssen, wird es unter viel Geschrei und Peitschen­schlägen durch den Bach getrieben. In dem an­geftauten Wasser blühen leuchtende Blumen, die legten. Hinter uns liegen die Maisfelder, Korn­flecken und Nußbäume, die durch künstliche Be­wässerung geschaffen wurden. Uns erwartet die graue, endlose Einöde der Steinwüsten im Hohen Atlas.

Auf Saumpfaden

Der Aufstieg geht langsam, auf einem von den Eselstaramanen der Berber viel benutten Saum­pfad. Die Sonne brennt in kochender, erbarmungs­loser Glut, die von den Felsplatten vielfach zu­rüdgeworfen wird. Ausgedörrte Distelbüsche mit rüdgeworfen wird. Ausgedörrte Distelbüsche mit langen Stacheln und den Gebirgslatschen ähnliche Krüppelgewächse bilden die letzte Vegetation. Da­für schwirren durch die flimmernde Luft märchen­hafte, blaue und grüne Vögel, die mir für Bienenfresser halten. Auf Höhe 2840 Meter werden die ersten Steinhöhlen erreicht, die auf der Karte eingezeichnet sind und Azibs heißen. Wir steigen noch 300 Meter höher bis zu den nächsten, die den langen Namen: Azibs Isgoun Duagouns haben. Dadurch wollen wir auf alle Fälle schon diese Nacht so nahe wie möglich an das Toubkalmassiv heran, das sich noch immer hinter vorgelagerten Bergketten versteckt.

Die Höhlen, die den vorbeikommenden Esel­treibern als Unterschlupf dienen und zum Schutz. für die Tiere von Steinmauern umgeben sind, haben eine ganz häusliche Einrichtung mit etwas Heu, dafür aber auch Flöhe, wie wir am nächsten Morgen feststellten. Im Freien wäre es während der Nacht aber schon empfindlich kalt geworden, zumal von Süden ein gar nicht warmer Wind bläst.

Den eigentlichen Anstieg zum Gipfel des Toub­fal machen wir ohne Gepäck. Um sieben Uhr brechen wir auf, überqueren zunächst das Ait Mizanetal und steigen dann die den Azibs gegenüberliegende. Geröllhalde steil hinauf. Die lockeren Steinmassen geben unter jedem Tritt nach, weshalb wir uns nach Möglichkeit in einem ausgetrockneten Bachbett halten, wo das loſe Ge­stein weggeschwemmt ist und wir von einem Fels­blod zum anderen foringen können. Dadurch wird das stete Zurüdrutschen bei jedem Echritt der= mieden, wenn auch die Hüpferei von Stein zu Stein nicht gerade ein Bergnügen ist. Einen Meg gibt es hier natürlich nicht mehr.

Wir gehen ganz nach Karte und Kompaß, wo

beldes versagt, nach dem Gefühl des Bergsteigers, der stets den besten Anstieg zu einem Gipfel herausfindet, soweit er das Gelände überschauen kann.

Zwischen Ursteinblöcken

Hier oben ist der Himmel gar nicht mehr so ewig blau wie in der Ebene. Wolfenfegen fliegen über die dunklen Felsgrate. Auf der Schattenseite und bei andauerndem, leichten Wind läßt es sich ohne allzu große Anstrengung steigen. Zwischen riesigen Ursteinblöden finden wir zu­fällig die Reste eines früheren Lagers und in der Nähe eine winzige Quelle. Am erschmerten Atmen spürt man langsam die außer­ordentliche Höhe, während die Türme, Nadeln und Spigen der verwitterten Berggruppen noch den Dolomiten in unseren Alpen ähneln, die fast zweitausend Meter niedriger sind. Wider alles Erwarten finden wir feinen Flecken Schnee und viel weniger etwa Gletscher oder Eisfelder. Auf Bildern und in früheren Berichten aus dem Atlas murde meist von riesigen Schnee­massen erzählt, was offensichtlich daran liegt, daß andere Expeditionen immer schon im Frühjahr gekommen sind, wenn das Klima in Maroffo er­träglicher ist, hier oben aber dann natürlich noch Winterreste geblieben sind. Wir hatten unten fürchterlich unter der Hitze zu leiden, dafür aber im August die Berge frei zum Klettern. Unsere Eispidel können wir trokdem benuken, mit ihnen läßt es sich herrlich im Geröll abfahren.

Nach knapp drei Stunden kommen wir an ein Weqproblem. Drei schmale Rinnen führen zwischen hohen Felswänden steil zur Paßhöhe, die wir erſteigen müssen. Wir gehen ganz links, wie sich später herausstellte, in der richtigen Annahme, dann bequem wieder nach rechts abbiegen zu fönnen, wo sich noch immer der Gipfel versteckt halten mußte. Um 10 Uhr sind wir auf Höhe 3950 Meter. Wir empfinden jetzt die Kälte sehr. obgleich es im Schatten mindestens noch einige Grad warm ist, weil unsere Körper an die Hize der Täler gewöhnt sind. Nach einer weiteren Steigung von etwa 200 Meter, die ohne Echwierigkeiten langsam genommen wird, liegt plötzlich eine flache Geröllhalde vor uns, auf deren höchstem Punkt ein großer Eisentriangel steht. Das ist der Djebel Toubkal, der mit seinen fast 4200 Metern der höchste Gipfel Nord­ afrikas ist. Erst sehr spät, im Jahre 1923 wurde er zum ersten Male erstiegen. Man hatte ihn früher für einen unbedeutenden Berg gehalten, der keinerlei interessante Kletterprobleme hat und erst bei neueren Messungen wurde festnestellt, daß er höher als die nach Süden steil abfallende Kette von l'Quenfrime ist, die gegenüber liegt.

Am Gipfelkreuz

Am Gipfelkreuz fißt unser italienischer Teil­nehmer Dougan, der mit zwei Kameraden auf dem Südwestgrat vom Duanoumspaß über den Toubkal Westgipfel als Erstersteigung herauf.

gefommen ist. Sie haben eine ganz schwierige Kletterei hinter sich. Das Gestein im Atlas ist furchtbar verwittert und bröckelig, jeder Griff fann fich lockern und zum Absturz führen. Dazu kommen plötzlich auftauchende Wegeschwierigkeiten. Eine Wand fällt 100, 150 Meter senkrecht ab. Mühsam müssen Haltepunkte gesucht werden und einer kann sich abseilen, während die beiden anderen zur Hilfe bereitstehen. Dougan ist der Erfahrenste aus der Partie, die zusammen den langen Grat von Toubkal bis zum Likoumtgebiet bezwingen wollen, der fast nur aus Viertausendern besteht.

Völlig erschöpft tommen nun auch die beiden anderen an, und das Wiedersehen, sowie der ge= lungene Ersterfolg wird mit Hundekuchen( lies Rnädebrot), Wagenschmiere( Düsseldorfer Apfel­fraut) und Büchsenmilch gefeiert. Der eingeborene Träger und Führer" Si Omar läßt sich von uns schriftlich seine Eignung bestätigen, obgleich er immer nur auf Umwegen mit dem Proviantfad nachgekommen ist. In seinem langen, dickwollenen Umhang mit Kapuze, dem ehrwürdigen Bart und dem weißen Turban sieht er wie der Berggeist felber aus.

Die Aussicht nach Norden ist sehr gut. Ueber viele Bergketten hinweg kann man die grünen Täler von Asni und die dunstige Ebene nach Marrakesch zu erkennen. Dagegen tommt merf würdigerweise von dem Sousgebiet und der dahinterliegenden Sahara wüste andauernd schlechtes Wetter. Dichte Wolken friechen von dort herauf und wir erhalten auf dem Gipfel einen regelrechten Graupelschauer. Auch das zweite, große Bergmassiv des Likoumts im Often liegt meist voller Nebelschwaden. Wir ver­vollständigen noch hier oben so gut es geht unsere Wegangaben und müssen dabei feststellen, daß selbst die Karte des französischen Alpenklubs nur sehr unzureichend ist. Zumal die Südabhänge, die sehr viel interessanter sind und in steilen Wänden abfallen, sind nur sehr ungenau eingezeichnet.

Steinlawinen

Der Abstieg nach dem Lager ist sehr leicht. Mit großen Sprüngen setzen wir in die losen Geröll­halden und rutschen mit ihnen auf den Bickel ge­stützt ab. Allerdings ahnen wir dabei nicht die Gefahr, der wir ausgesezt sind. Als wir schon eine Weile bei den Steinhöhlen zurück sind, hören mit plöglich ein donnerhaftes Rollen. Es sind Steinlawinen, die vom Gipfel in das Kar hineinrutschen, durch das wir eben noch gegangen waren. Hunderte von Metern hoch steigen die Staubwolfen und geben uns einen Begriff von dem Ausmaß dieser Naturgemalten. Eine kurze Weile späterer Aufbruch, und der Berg hätte uns wie nichts in seinem Steinmeer zermahlen. Noch ein zweitesmal rollt das Unheil in die Tiefe und es ist fürchterlicher, als alle Schneelaminen in den Alpen. Dann bleibt wieder Schweigen über den Bergen und schnell bricht eine dunkle, finstere Nacht herein. Karl Moeller.

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