BEILAGE
VomNs
DIENSTAG, 31. JANUAR 1933
ffiobben-3mi ianmt Sin Abenteuer auf hoher See/ Von S, Richards
Der Schenke heißer Atem schluchzte leise, fast erstickend, ourch die Stille. Die Drehtür hatte zwei Seeleute ausgesaugt und sie der Nacht wieder- gegeben, deren Unterhaltung leise herüberdrang. „Damned— das war keine leichte Sache, Mike! Im Frühjahr sind wir von Frisko losgefahren. Smoke Bill hatte die Heuer ausgemacht: halber Lohn und zwei Prozent.„Jonetta" hieß der Cimer, ein schnelles Schiff. Der Raum an Boro war eng, aber wir hatten gut« Kost. Mittschiffs schliefen die Fänger, die Ofsiziere achtern und wir. von der Bootsbesatzung, vorn unter Deck. Wochen später waren wir in den Fanggründen der Bering- see. Die Wal « gingen mit uns nordwärts, und bald kreuzten wir die erste Herde schwarzer Rod- den. Dicht zusammengedrängt und träge schliefen die Tiere auf dem Wasser. Im Zug« der Herde sah die See schwarz und fettig aus. Wir hatten Glück und machten viel Fell«. Später gab es Böen und die verfluchten Nebel- bänke. Wir verloren die Herden. Wochenlang kreuzten wir vergeblich. Der Alle auf der Brück war still geworden: langsam und schwer, wie eine Gewitterwolke, schritt«r übers Achterdeck zur Hütte hin. Nachts hörten wir ihn jämmerlich siuchen. Wunderschöne Flüche! Wenn er aber morgens an Deck kam, die Mütze über die Glatze gezogen, die struppige Frese ums gegerbte Gesicht, roch«r nach Rum. Wir gingen ihm aus dem Wege. Es war August geworden Wir salzten und zählten, die Laderäume füllten sich nicht. Der Alle trat aus der Schanzluk«, rief den A. B., der Kurs wurde geändert. Unter dem harten Schlage des Ruders legt« sich das Schiff dwars zur See und schwere Brecher kamen über die Reeling. Die „Jonetta" hielt Kurs zur asiatischen Küste. „Wollen Scheinis sangen, das lohnt sich besser," lochte der Steuermann, als wir ihn ausfragten. Der Mann in der Tonn« sagte Land an. Die Rockys waren aufgekommen, die Schutzgebiete der Robben. Als das Land ausgesungen wurde, trat die Mannschaft an. Der Alte kam an Deck, besoffen wie ein Klotz, und lachte:„He—— Smott, wie steht die Sache? ... Heute gibt's Backpflaumen und Pudding fürs Borschiff und dann n'en ordentlichen Grog! Und ihr, Poys," wandte er sich väterlich an uns,„das wird'n Fang, gibt hohe Prozente auf's Risiko Aber Maul halten und stille Arbett. Verstanden!" De? Alte sah uns mit seinen verglasten Augen abwechselnd forschend und wütend an, dann hagelle eine wüst« Schimpfkanonade auf die geduckten Köpfe, wir wurden entlassen. Endlich wußten wir. woran wir waren. Gut, hatten auf Prozente geheuert, sein Geld war auch unser Geld. Wie er's beschafft«, war sein« Sache. Wer Hunger hat. fragt nicht nach der Herkunft der Brotrinde! Wir fraßen die Backpflaumen in fiebriger Er- Wartung der Dinge, die kommen mußten. Jllarm! „Ahoi!... Steuerbord Brandung voraus!" brüllte gegen 6 Uhr morgens der Mann im Korb. Der A. B. drehte das Ruder zwei Strich backbord nach Lee hinüber, das glasgrüne Wasser wurde bereits jenseits der dunkleschimmernden Klippen tmtenblau und lag grau und brackig zwischen den Felspfeilern der Küste. Aus der Ferne kam der Geruch von Salz und fauligem Zunder. Bootsmanöoer wurden gepfiffen. Wir fierten an den Davits, bis alle Boote trei- schend aufs Wasser aufsetzten, und ruderten an Land. Auf der kleinen Insel brüllten die Robben- bullen und schuppten sich geil an den rauhen Kan» ten'der Klippen. Mitten in die faulenzende Herde sprangen dt« Fänger und schlugen mit ihren langen Beilen gegen die Köpfe der Robbenbullen. Kein Schuß fiel, es wurde nur geschlagen, stille Arbeit gemacht. Die Seepatrouillen durften nicht aus- merksam werden. Das Blut der sterbenden Tiere floß wie ein Lavastrom über die brackigen Klippen- löcher ins Meer. Lei Sonnenuntergang pullten wir eine große Ladung Felle zur„Jonetta" hinüber Die Fänger verrichteten auf der dritten Insel ihre Arbeit. Seit Tagen stand eine kalte Dunstwand im Luv gegen uns, die immer näher heran- gekrochen kam. Ich saß mit dem Bootssteurer allein im Stern des Landbootes und schaut« dem kalten, stummen Morden zu.„Wenn's klappt, Sandy, dann gibt's alle Tage Kuchen in diesem Jahre," murmelte er zu mir hin. Ich nickte nur, der kalte September- morgen war in den Gliedern zu spüren. Plötzlich sah ich auf der„Jonetta" Flaggen in die Rehen steigen: zwei-, drei-, viermal! Spiele- risch leicht wehte das bunte Tuch im Winde, als hätte es Freude an unserer grausamen Arbeit Der Botsfteurer hörte meinen staunenden Ausrui, sah zum Schiff hinüber, dann noch einmal. Sein Gesicht wurde gelb wie Chamotte. „Alarm... I" Die Bootsmannpfeif« rief die Fänger in- Boot. die Felle wurden hastig verstaut, dann pullten wir um die Wette zur„Jonetta" hinüber. Von weitem erkannten wir schon den Alten, wie er erregt auf de« Brücke hin und her lief.
Im Topp sangen sie ein Lied aus: „Zwei Strich Nordost zu Ost Schiff ahoi!" Es war ein Kriegsschiff." Tom Slriegssdiiff verfolgl Der Sprecher schwieg, man hörte nur noch die tastenden Schritte zweier Männer auf der anderen Seite. Dann unterbrach eine Stimme die Stille: „Schiet was?... Und wie seid ihr klar ge- kommen von dem verdammten Kanonenlugger?" Die Stimme des Erzählers tönte wieder outt „Kaum hatten wir oie Boote in den Krampen. lief ein leises Zittern durch das Schiff, als sei es über die Meldung erschrocken, dann kräuselt« die Bugwelle auf, allmählich kam die„Jonetta" auf hohe Fahrt. Eine tolle Jagd Mite! Der Rauchstreifen am Horizont wurde immer größer und großer. Fast war er ohne Glas zu er- kennen. Di«„Jonetta" hielt Kurs auf die Dunst- wand. Aeußerste Kraft. Wenn uns vorher oas Kriegsschiss aufbrachte, muhte es uns zusammen- schießen. Vierzehn Meilen lief der Eimer. Der Alte wollte noch höhere Fahrt. Die Kohlenschlepps schafften es nicht, der Maschinist verlangt« Bunker- leute. Vier Mann von jeder Wache stiegen wir in die feuchten, dunklen Räume hinunter und dann be- gann ein Schuften, wie ich es noch nie erlebte. Das Fieber der Flucht hatte alle angesteckt. Wir schwitzten bei der ungewohnten Arbeit. Der Ober- Heizer war aufgeregt. Er schrie durch die langen
tiefen Eisenfchächt« der Bunker, in denen das Wasser alle Töne gluckernd verschlang, wenn wir überholten. Er brüllte, weil er Angst hotte. Angst vor dem Schiff, irgendwo dahinten. Der Alte schickte Kaffee und Rum herunter, damit wir durch- hielten. Da... ein furchtbarer Schlag... wir flogen gegen das Außenschott. Mit irrsinnig fragenden Augen schrie der Oberheizer:„Geschützeinschlag!" So ein Scheißkerl. Das wußten wir doch auch. Aber er hatte auf Kriegsschiffen gedient und wieder- holte nun in seiner namenlosen Angst all die Be- fehle, die ihm früher sinnlos eingedrillt worden waren. Wir warfen uns aus die Kohlen. Das Licht erlosch, drückende Finsternis lastete auf uns allen. Ein Streichholz flammte auf. Nach und nach fanden wib die Notlampen und zündeten sie an. Fragend klopfte der Oberheizer ans Kessel- schott:„Hallo... hallo... Heizraum?... Alles klar?" Di« Stimme war voller Angst. „Hallo, hallo?" In die wartende Stille tropfte das Wasser der Spanten und Nieten, aber nichts anderes regte sich Das Wasser der Schraube gluckerte nicht mehr an der Außenhaut. Das Schiff mutzte plötzlich die Fahrt gestoppt haben. Eklich brauner Rauch drang in den Bunker ein. „Gas...!" Entschlossen enterten wir durch die Luken ins Zwischendeck. Auch hier herrschte Dunkelheit. Dann blendete plötzlich Licht auf und über die Spanten kam der Alte selbst gestolpert, die große Bootslaterne in seinen klobigen Händen.
Stote£anmen- gelber Maß Sine Steporlage/ Von Wilhelm Vielgens
Zwischen dem Karibischen Meer im Osten uno den Anden im Westen Südamerikas liegt die Ltanos, jene endlose, tiefgelegene Ebene Venezue- las, durchzogen von den Wassermassen des Orinoco und seiner Trabanten. Der Gluthauch der Tropen- sonne gestattet nur eine karge Vegetation. Hie weiten Grassteppen, von einzelnen und gruppen- weis geschart«» Palmen überragt, sind das Reich wilder, berittener' Hirten, die auf' ihren flinken Gäulen über das offene Land dahinbraufen. Die Indianer und Mischling«, schicksalhast dem Boden und dem Klima verknüpft, kennen kein anderes Gesetz über sich als das des tropischen Regens. Wenn sintflutartig die Wassermassen herunter- stürzen, wenn die Ströme zu Meeren anschwellen uno die Bäche zu Strömen, dann wird da? tief- gelegene Land zu einem ungeheuren Sumpf, der die Wildheit und Raumfreiheit der Menschen in Fesseln zu schlagen scheint. Ein« neue, vielfältige und farbenreiche Pflanzenwelt schießt empor, und mit ihr steigt aus dem dampfenden Wasser, dem fiebrigen Sumpf, der betäubenden Blütenwelt der Phantasie des Menschen eine neue, gewaltige, glühende Wildheit auf. Urkräfte werden wach. Leidenschaften brechen hervor, Mensch und Welt lodern im Brand der Tropen. Das wiederholt sich im Wechsel von Sommer und Winter Jahr für Jahr, wühlt die Tiefen der Menschen aus, schürt den Glutbrand der Leiden- schaff und lauert wie ein Vulkan hinter allem menschlichen Tun. Wehe, wenn dieser Glutbrand der Leidenschaft durch gesellschaftliche Fehler uno menschlichen Haß geschürt wird! Dann lodert die Flamme der Empörung aus, die nirgends so gewalttätig und wild brennt wie in den revolutionsdurchwühlten Republiken des tropischen Amerika . Was besagt es, wenn die kämpfenoen Massen nicht wissen, wofür und war- um sie kämpfen? Ihre Leidenschaft treibt sie, zu morden, zu brennen, zu rauben, zu vergewaltigen, so wie die Natur um sie herum in wilder Lebens- überfülle mordet und vernichtet und neues Leben gebiert.„Die Erde ist dazu da, daß die Menschen auf ihr Krieg führen!" Das ist oie Welt, in die uns der Venezuelaner Pietri mit seinem Roman„Die Roten Lanzen" hineinführt.") Er schildert in glühenden Farben Farben die Geburt der südamerikanischen Repu- bliken. Mehr aber als die politischen Vorgänge und Schicksale der lateinamerikanischen Be- sreiuunszeit werden die Naturgewalten der Tro- penlandschasten uno seiner Bewoher vor uns leben- dig. Welch eine Urkraft der Darstellung und der Leidemschaft liegt in der kurzen Schilderung de? Zlngriffs der Llanos-Reiter! Da ist jedes Wort, jede Hanolung schicksalhaft und erdgebunden. Die Soldaten auf vorgeschobenem Posten wissen um ihren Untergong wie um ein unabwendbares Naturereignis.„Unerträglich dehnte sich die Er- Wartung. Aller Augen richteten sich auf die Senke, aus der die Angreifer hervorbrechen muß- ten. Glockenftork hämmerten die Pulse; die klein- sten Geräusche gewannen an Bedeutung. Es wurde Mittag. Sonnenglut eörrte die gelbe Erde Die Luft zitterte ofenheiß. Mattigkeit kroch an. Plötzlich scholl ein wilder Schrei:„Das sind sie!" — Wa» der Senk« jagten wie Wild auf der Flucht,
brausten wie Wogenprall, wimmelten wie Ameisen unzählige Reiter hervor. Fast nackt, dunkel wie ihre Gäule, bildeten die sestgeschlossenen Schoren ein« einzige finstere Wolke. Die Lawine von siebentausend Dserden rollte übers Gefild. Mit. schreckensstarren Äugen sahen sie die Soldaten her- anjagen: unwiderstehliche Naturgewalt! Die Ver- leidiger feuerten: einige Reiter� fielen. Die an- deren sprertgten über sie hinweg und brausten weiter. Der Knall der Schüsse erstickte im Donner der wütenden Hetze. Die Senke, die Bäume, die Ebene waren verschwunden: man sah nur noch den riesigen dunklen Fleck, den schwarzen Ge- witterregen, vor dem die Lanzen flammengleich auf- blitzten. Die Woge schwillt über Stock und Stein, prallt gegen Hauswände, saust durch die Straßen, spült an den entgegengesetzten Rand der Ebene. Siebentausend todbringende Lanzen!" Selten wohl ist die Erdenschwere des Menschen in einem Roman so wirkungsvoll und lebenswahr gestaltet worden wie in dieser Milieuschilderung, die uns mit den Revolutionskriegen Lateinameri- kas den Gluthauch der Tropen, leidenschaftspeit- schend und willensschwächend zugleich, spüren läßt. Aber diese Erdenschwere und Schicksalsgebunden- heit beherrscht den Menschen nicht nur im tropi- schen Amerika. Die politischen und kriegerischen Geschehnisse im Fernen Osten, die uns die Grau- samkeit und den glimemnden Haß der gelben Rasie so äußerst scharf und deutlich gerade in diesem Jahr erkennen ließen, haben ebenfalls ihre räum- gebundene Gesetzmäßigkeit. Das gilt für die heimtückische, zynische Gewalttätigkeit der Ja- paner ebenso wie für die zähe, ausdauernde und dadurch zerstörende Verbissenheit der nördlichen Chinesen. Diese spiegeln die schleichende, langsam wirkende Vernichtung der zentralasiatischen Winter- kälte wieder, jene die brutal auffpringende Zerstörung vulkandurchbebter Tropeninfeln und tai- sungepeitschter Tropenmeere. Die Lebensformen, die hier wirksam werden, stehen in Uebereinstim- mung mit den Lebens- und Daseinsformcn der Landschaften und Klimatypen, wie sie uns in Wort und Bild das„Handbuch der geographischen Wissenschaft""") für Asien und in den Schluß- heften Südamerikas für die Llanas einprägsam vor Augen führt. Es ist imemr wieder seltsam zu sehen, wie Erde und Mensch zu schicksalhafter Wechselwirkung mit- einander verbunden sind. Uslar -Pietris Roman schildert uns die Kämpfe und Schicksale der Men- scheu, aber in der Leidenschaft der Menschen er- stcht uns die Glut und Größe der Natur. Die Lieferungen des Geographischen 5)andbuchs bauen vor uns die Größe und Erhabenheit des asiatischen Raumes auf, und in der Erkenntnis seiner Gesetz- Mäßigkeiten und seiner Eigenschaften verstehen wir die Handlungen der Menschen, die es noch nicht gelernt haben, sich über die Erde, die sie be- herrschen, zu erheben.
„Jungs," jammert« er,„Jungs, was ist das? Nur noch eine kleine halbe Stunde und wir sind in der Nebelbank. Eine kleine halbe Stunde.!" In seinem zerfurchten Gesicht standen die Bart- stoppeln und unter den holbgeschlossenen Augen- lidcrn glitzerde es wäßrig und farblos; die Angst um die Beute. Wir mutzten in den Heizraum hinein. Als wir den Schacht hinunterstiegen, verbrannten uns die Knochen. Ein gräßliches Fluchen hob an. Die Handlampen leuchteten zu schwach, wir stießen überall an die heißen Rohre. Von oben drang das Wimmern des Alten herunter:„Nur noch ne kleine halbe Stunde. Boys." Es roch entsetzlich nach verbranntem Fleisch. Der ganze Raum schien dampsgefüllt. Wir hörten sie oben brüllen, verstanden aber die Worte nicht, die durch die Windhutzen herunter brandeten. Wir rissen die Feuerlöcher auf und nun beleuchteten die Flammen eine furchtbare Tragödie. Zur Unkennt- lichkeit verbrannt lagen auf Flurplatten und Schlackenhausen die Kesselbums. Haut und Kleider waren wie Zunder abgefallen. In der großen, fürchterlichen Stille, die der ersten Explosion folgte, mußten alle gestorben sein." Wie zum Gedächtnis riß hier die gesenkte Stimme ab, besann sich eine Weile und erhob sich dann in einem ausrüttelnden Tone: „Vier tapfere Jungens, Mike...vier...!" „Wir schnürten die Ueberreste der Toten zu Bündeln und seilten sie hinauf. Dann gingen wir vor die Feuer. Zur Trauer war keine Zeit. Ver- brüht oder verbrannt, das ist Heizerschicksall— f/tobhen Jim tnusf l Wir schufteten. Der Kreuzer kam näher. Viel- leicht gab es gar kein Entrinnen mehr. Di« Brust schien wie mit Blei belastet. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich alle. Wir wollten schreien, die Kehle war zugeschnürt. Kaum daß es zu einem Röcheln langte. Plötzlich lief der Nebenmann vom Feuer weg. Du hast ihn gekonnt, den langen Neger, Robben-Iim! Ein Kerl wie ein Turm. Eine fürchterlich gellende Lach«. Jim tanzte...! Wenig« Zeit zuvor hatte er noch die toten Kameraden geborgen. Der krause Wollschädel schien auf die Schultern genietet. Wie Hämmer pendellen die Arm« um seine Knie. Das Pferde- gebiß wurde sichtbar. Er lachte. Und doch war es ein Moment furchtbaren und feierlichen Irreseins. Die Glut der Kesselfeuer funkelte im Weiß seiner rollenden Augäpfel. Das Gesicht war bruial ver- zerrt und zugleich-rührend: wer ihn sah in diesem wartenden Augenblick, der begriff, daß im Strudel dieser einzigen Minute eine Seele untergegangen war. Jim war leer..'' Entsegensbleich starrten wir ihn an. Der Ober- Heizer kroch vor Grauen in ein« Ecke und wim- merte. Robben-Iim tanzte— tanzte...! Wir schrien, er tanzte und hörte uns nicht. Jäh verstummte das Lachen. Die Maschine seines Gehirns stand still. Mit gierigen Augen starrte der Negerkamerad ins Feuer, wandte sich um und stürzte brüllend auf uns zu. Danny Webbs schlug ihn nieder. Wie ein ge- fällter Baum stürzte Jim zu Boden. Sinoke Bill wird für ihn die Heuer sparen. Er hatte sich die Seele aus dem Leibe getanzt, zur Zeit, als von der Brücke herab das Signal klirrte:„Stopp!" Der Kanonenlugger hatte uns gestellt. Noch einmal erhob sich Robben-Iim. Keiner wagte es, den hünenhaften Neger anzufassen. Mit einem Ausdruck beseelten Stumpfsinns starrte er vor sich hin. Grauenhaft war das Bild. Dann brachen endlich seine Augen. Wir seilten ihn hin- auf. Danny murmelte immerzu:„Nein, nein ... ich nicht... den hat Smoke, der Baß, auf dem Gewissen!" Wir rissen die Feuer heraus. Dicker Schweiß tropfte auf die glühenden Schlacken. Keiner blickte auf. Die gellende Lache stand noch in aller Ohren. Wir hörten keine Kornmandos mehr. Ein Ge- danke bewegte alle: Rum! Als uns der Kanonenlugger endlich aufgebracht batte, torkelten wir schwer betrunken die Nieder- gänge hinauf." Der Erzähler schwieg, lieber den Schorf des Pflasters hörte ich sie langsam weiter in dl« Nacht hin«in-schreiten. In den Gossen murmelte das Wasser hafenwäris. Die Stadt strahlte im Lichter- glänz wie ein« Seerose und wuchs in der fernen, abgleitenden Tiefe immer mächttger....
•) Artaro Uslar. Pietri ,g>i« roten Lanzen", Roman aus der lateinamerikanischen Besreiaungszeit lledersedung»on(B. S Reuendorsf. mit Sarte»nd 2v Bil. dern aus dem tropischen Slemriyr Verlag der Allcherkreis, Berlin . Sandbuch der Geographischen Wissenschaft." tl.— Zt. Lieferung, Sitdosteuropa, Zentral- und Lltasien. Akademische Berlagsanstalt Athe. naion, Potsda».
Jtund um's tKleinaulo Hänschen war ein sparsames Kind. Jede Woche bekam er SO Pfennig Taschengeld von seinem Barer. Er kaust« sich weder Schokolade noch Kau- gummi: er sparte das Geld. Als Hänschen er» wachsen war und die erste lange Hose erhielt, hatte er schon so viel Geld auf der Bank, daß er sich ein Kleinauto kaufen konnte. Ein Kleinauto mit echtem Motor. Das Kleinauto war sein bester Kamerad. Sie lebten stets zusammen. Eines Tages, als Hänschen einen Ausflug ins Frei« machte und nur für einen Augenblick sein Auto allein ließ, kam plötzlich ein Steinailier ge- pflogen, packte das Kleinauw und verschwand mit ihm in den Wolken. Hänschen mußte ohne Auto nach Hause laufe» Und die Raten weiter zahle»..«