Feine Leute!"
Die Regierung der„feinen Leute".., (Zosddsl« lum Kabinett Pape«-
Wien , 30. Januar. Die Wiener „Arbeiterzeitung" schreibt zur Ernennung Hitlers : „Diese Regierung ist das Ergebnis des ab- scheulich st en Kuhhandels, der je einen Wechselbalg von Ministerium hervorgebracht hat. Niemals unter der Herrschaft des vielgelästerten Parlamentarismus, niemals in der Zeit des söge- nannten„Packelns"(Kuhhandels) zwischen den Parteien hat sich ein ähnlich widerliches Stück begeben, wie bei diesen geheimen Per- Handlungen, die Herrn Hitler auf den Reichs- kanzlerposten Deutschlands gebracht haben. Nicht als Führer vorwärtsstürmende.- Braunhemden, nicht als Führer einer faschistischen„Revolution", sondern als Kanzler des Kuhhandel«, als Chef einer Koalitionstirma ist er eingezogen. Alles, was in der deutschen Reaktion Namen hat, ist in seiner Regierung vertreten. Man sieht, es ist eine Regierung de- Kampfes gegen das Volk und des Raubes an der Republik . In diesem historischen Augenblick llt auf die Schultern der deutschen Arbeiterklasse die s ch w e r st e V e r» antwortung gelegt. Sie wird die Herausforderung annehmen müssen, ohne sich durch die Empörung des Augenblicks in aussichtslose und verhängnisvolle kämpfe einzulassen, lln diesem Kamps wird auch mancher Streit, der die Spaltung der deutschen Arbeiterklasse verschärft hat. an unmittelbarer Bedeutung verliert n. Morgen können die deutsch m Kommunisten in die tage kommen, die von ihnen gehaßten sozialdemokratischen Gewerkschoflea im Kampf zu verteidigen, morgen körnen die sozialdemokratischen deutschen Arbe ter gezwungen sein. die Organisationsfreiheil de» Proletariats gegen eio Verbot der Komm mistischen Partei zu schützen. Gegen die Regierung der vereinten Reaktion kämpft die deutsche Arbeite klasse umBrotund Freiheit und um die Rechte der Re- publik von heute. Die heißesten Wünsche, die treueste Solidarität uud kampfentschlossenste Hilfsbereitschaft der Proletarier aller Länder sind den deutschen Arbeitern in ihrem Kampf sicher." Die„Arbeiterzeitung" veröffentlicht dann noch «inen Aufruf, den der österreichische Partei» vorstand an die Arbeiterschaft erlassen hat, und in dem er sie zu kainp bereiter Soli- d a r i t ä t mit dem deutchen Proletariat, das den Faschismus bekämpft, auffor. ert. Frresunx in Pari« Paris , 30. Januar. Die Ernennung Hitlers zum Reichs- kanzler und von Popens zur' Vizekanzler und Kommissar von Preußen hat in parlamentarischen Kreisen starke Erreg ing hervor- gerufen. In den Wandelgängen der Kammer waren die Ereignisse in Deutschland in gl ichem Maße wie die französische Kabinetlskrise t.egenstand ledhaf- ter Erörterungen. Allgemein h ,rte man die An- ficht äußern, baß die Ernenmm, Hitlers ein« Woge des Rationalismus i, Frankreich zur Folge haben wird und sie auch die Bildung des neuen Kabinetts beeinflussen würde. Daladier , dem die Rachrichr während seiner Unterredung mit der sozialistischen Frakt.on überbricht wurde, gab vor der Presse folgende Erklärung ab:„D i e innen- und außenpolitischen Schwierig- leiten h ä u f e.1 sich. Sie-wissen, daß in Ber- lin Hitler zum Reichskanzler ernannt worden ist. Das ist eine nicht zu veracht-nd« Tatsach«. Ich be- mühe mich heut.' wie stets, lpyol zu sein und die Dinge so zu sehen, wie sie sind." Der„Tempr" schreibt, mit der Berufung des Kabinetts Hitler beginne für Deutschland das Experiment, das die Tür für alle Abenteuer weit ö fnet. Holland meint: Gefährliches Abenteuer Amsterdam , 30. Januar. Das sozialistische„Het Volk" schreibt zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler: Der Faschismus>K>be jetzt in Deutschland die Siaatsmacht in der Hand und zwar der Fa- fchismus in Gestalt seiner abenteuerlichsten und gei ährlichsten Führer. Der Faschismus im Bunde mit Hugenberg. in dem der ruchloseste K l a s s e n e g o i s m u s sowohl der adligen Großgrundbesitzer als der Jndustriekönige des Ruhrgebiets verkörpert sei, und überdies habe er Seldt«. den Organisator des Stahlhelm uno Papen , den Phantasten aus der alten Kaiserzeit, zur Seite. Unter der Leitung dieser Mächte gehe dos deutsche Volk und mit Deutschland ganz Europa politisch wie Wirtschaft- lich einer sehr trüben Zukunft entgegen. Der„T e l e g r a a s" spricht von einem p o l i t i- scheu Abenteuer, in das Deutschland sich begibt. Namentlich die Ernennung Hugenbergs zum Krisenminister müsse vom Ausland mit großer Beunruhigung aufgenommen werden, da man dessen Vorliebe jür Autarkie kenne. Auch seine Finanzpolitik sei außerordeiülich bedenklich, da selbst die deutschen Handelsschulden für ihn nicht Unantastbar seien. Von Papen schein« die Roll«
eines Bormundes zu spielen und das Heer habe man den Hitlerianern nicht anzuvertrauen gewagt. Der einzige Lichtpunkt in der nsusn Situation sei, daß die Nationalsozialisten jetzt end- lich zu verantwortlicher Arbeit gezwungen würden. Sie könnten nicht länger nur versprechen, ohne auch den Versprechungen Taten folgen zu lassen. Der„Neue Rotterdamer Courant" hebt ebenfalls die abenteuerliche Zusammensetzung der neuen Regierung hervor. kesorznisse in Prag Prag , 30. Januar. Das sozialdemokratische„P r a v o Li hu" schreibt zu Hitlers Ernennung:„Schwere Wolken hängen über Deutschland . Das Hitlersch« Regime kann in außenpolitischer Hinsicht eine wssentlich« Aenderung der Situation und eine Gefahr für Europa bedeuten. Der Gedanke einer An- Näherung zwischen Deutschland und Frankreich und einer Paztfizierung Europas ist w den Hinter- grund gedrängt. Hitler bedeutet sowohl für Deutschland als auch für das Ausland einen Schritt nach rückwärts und sein Regime wird in Europa die reaktionären, antisozialen und nationalistischen Tendenzen stärken. A n H i t l e r s Machtergreifung sind zum großen Teil die Kommuni st en mit ihrer Taktik schuld. Di« einzige Partei, die Deutschland noch retten könnt«, ist di« Sozialdemokratie." Sensation in Ameriha R«w Port, 30. Januar. Di« amerikanisch« Presse bringt die Meldungen über die Kanzlerschaft Hitlers in größter Auf- machung, enthält sich jedoch zunächst noch j«der Stellungnahme. Auch von feiten der amtlichen Kreise Washingtons liegt noch keine Erklärung vor. An der Börse konnten sich deutsche Anleihen nach kleinen Schwankungen erholen. Der demn- kratische Abgeordnete und Vorsitzende des Außen- ausschusses des Repräsentantenhauses McRey- n o l d s, erklärt«, es sei zu hoffen, daß das deutsche Volk unbeschadet des Hillerkurfes ge- meinsame Anstrengungen machen werde, um im nationalen Interesse die politischen Verhältnisse zu stabilisieren. Der.republikanische Abgeordnete Laguardia erklärt« aus seiner bekannten Ein- stellung heraus, das Hitlerkqbinett fei da» größte Unglück feit dem Weltkrieg, weil es den ersten Schritt M- WiMrkesir der Hohenzollern bedeute.'"
Wie f e i n sie doch zu den Feinen passen!
politische Schießerei Vier Verletzte in Oranienburg 3n Oranienburg an der Rordbahnstrecke ist e» gestern abend zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen Raiionaisozialisten und Kommunisten gekommen. Es entspann sich eine Schießerei, bei der es vier Verletzte gab. Wie wir aus Oranienburg erfahren, veranstalteten die Oranienburger S A.- L e u l e einen Um-ss zug durch die Stadt. Die hltlergardisten, Die sich als Herren der Situation fühlten, provozierten in der gemeinsten Weise. Schließlich entspann sich ein wildes Handgemenge. Die SA.-Vurschen waren mit Pistolen bewaffnet. Ein Kommunist wurde durch einen Veckenschuß niedergestreckt. Außerdem wurde ein an der Schlägerei Veteil'gler von einer Kugel ins Knie getroffen. Zwei weitere Personen wurden durch hieb- und Stichwunden verletzt.
WWelm reisefertig? Eigener Bericht des„Vorwärts" Amsterdam ,>Z0. Zonuar. Das Zsutratorgau der holländischen fazial- demokr, tischen Parte,..het Votk" erfährt, daß der
Die.Mitteilungen der Deutschnattonalen Bolls- parte!" teilen kurz und bündig mit, daß in der neuen Regierung nicht nach Hitlers, sondern nach Hugenbergs Programm regiert werde: „Die Einheitlichkeit des wirtschaftlichen Millens ist durch die Zusammenfassung der Wirtschafts- Ministerien in Hugenbergs Hand ge- währleistet. Das ist das stärkst« Posittvum der neuen Lösung. Das ist die E r f ü l- lung der Forderung, die wir vom ersten Augenblick an gestellt hatten. und ohne die wir eine Verantwortung in diesem Kabinett nicht übernommen hätten. Schafft das Kabinett die polittschen Voraussetzungen fiir ein« stetige Arbeit, dann wird hugenbero der vielleicht allein in Deusichland alle Zusa.iinenhänge des wirt- jchaftiichen Leb.vorsieht, die Wöglichkeil haben, s e i n e p i ä n e in die Tat umzusehen. Das wird um so mehr der Fall sein, je ent- schlossener die zutschnationale Vollspartei sich hinter ihren Führer stellt und den deutschnatio- nalen Zielen, die unverändert bleiben, Geltung verschafft." Hitler braucht sich nicht anzustrengen, um Pläne aufzustellen! Gottfried Feder und Walter Funk. seilte wirtschaftlichen Berater, sind beifeit« ge- schoben! Der Kapitalist Hugenberg bestimmt den Kurs. Es wird kapitalistisch regiert! Hitler auf der Linie Hugenbergs München. 30. Januar. Das Urteil der Bayerischen Volkspartei über die Regierung H i t l e r- H u g e n b e r g ist scharf ablehnend. Eine parteiossizielle Auslassung erklärt unzweideutig, daß die Bayerische Volks- parte! für eine Tolerierung der jetzt gefundenen Harzburger Lösung nicht zu haben ist und daß sie frei sein wollen von jeder Teilhaberschaft an dem. was sich jetzt als Führung der Nation austue. In dem Artikel der Bayerischen Bftlkspartei- Korrespondenz wird ausdrücklich darauf hin- gewiesen, daß die katholischen Parteien bereu ge- wesen wären, zur aktiven Mitarbeit an einer
„Herr von Doorn" dieser Tage 4 große Merced «- reiseautos gekaust hat. Der Prinzgemahl drr Riederlande, Prinz Heinrich von Mecklenbur j. fuhr mit einem dieser Waget� beladen mit e\- kaiserlichem Gepäck, am 21. d. M. noch Berlin .
parlamentarischen Mehrheitsregieryng, sechst unter der Kanzlerschaft eines Hitler, wenn man ihnen den ihrer Stärke entsprechenden Einfluß in der neuen Regierung eingeräumt hätte. Der Wille Hugenbergs habe aber die bewußte Ausschaltung alles dessen erreicht, was irwendwie nach katholisch riecht. Unter diesen Umständen sei das neue Kabinelt eine Minderheitsregierung präsidialen Charakters im Sinne der deutsch - nationalen Drahtzieher. Hitler habe sich damit völlig auf die Linie der Hugenberg - schen Politik begeben. ReaMonäreMorgeliluft Die Funkstunde schwenkt ein Die Ernennung des Hitler-Papen-Kabinetis hat das Volk in schwere Beunruhigung gestürzt. Wer sich keine Zeitung kaufen kann, wartet auf Taget- Nachrichten Was tut die Berliner Funkstunde' Sie sagt die für 9 Uhr abend- programmgemäß vorgesehenen Tage-nachrichten ab. Auf sachliche Informationen hgt der Untertan keinen Anspruch. Dafür wurde er in der„Stimme zum Tag" davon unterrichtet, was er über die politische Lage zu glauben hat. Ein Ferdinand Ernst Reuth er- klärte, daß„wir" uns feit der Revolution regiert gefühtt hätten von einem System, daß eine Mi- schung von Ideologien und der Berfassung von Weimar darstellte, und das„wir" selbstverständlich ahlehnten. Und dann mahl« der Herr aus dem Gefolge der„feinen Leute" sich an. vom„Volk in seiner Mehrheit" zu reden. Auf den„Schlag dieser Herzen" habe der Reichspräsident gelauscht. als er, entsprechend dem„unzweideutigen Willen des Voltes" das Razifreihorrnkabinett berief, in dem„nationale und soziale Gesinnung, gezügelte Vernunft und heißeste Leidenschaft" vereint sei, wie dies die„nationale Front" feit fünfzehn Jahren bewiesen habe.„Ost", bekannte der Red- ner,„haben die Führer der nationalen Front daran gezweifelt, ob sie ihr Ziel erreichen wür- den": nun aber sei es gelungen, ynd damit fei ein Wendepunkt zu verzeichnen. Das Parteigetriebe werde ein Ende haben! Hitlermopgenluff w der Funtstunde!
SA. und Polizei Gemeinsame Lebung in Mecklenburg Aus Schwerin wird gemeldet: Das enge Zusammen spiel zwischen der SA. und dem mit Nationalsozialisten de- setzten Kommando der Mecklenburger „Ordnungspolizei" wird durch ein zu pllig bekanntgewordenes Schreiben des Führers der SA.-Standarte 90 an das Kommando der Ord- nungspolizei in Rostock enthüllt. Das Schreiben lautet: „Betrifft Schießen auf dem Schießplatz des Kommandos der Ordnungspolizei. Am Sonntag. dem S. Januar ISZZ. steh» der Sturm t0 90 in Stärke von 40 SA ab 6 Ahr aus dem Schießstand der Orduungspolizei zum Schießen bereit. Standarte 90 bittet um Abkommandierung des erforderlichen Per- f s n a l s und Stellung der Waffen. Munition sowie Scheiben werden von den: betreffenden Sturm gestellt. Der Führer der Standarte 90: gez. Fiebelkorn. Sturmbannführer." Zum erstenmal ist hier einwandfrei nach» gewiesen, daß die st a a t l i ch e mecklenburgische „Ordnungspolizei" der SA. für Schießübungen Waffen und die Schießstände der Polizeimvnn- schalten zur Verfügung stellt. Die De- setzung aller führenden Stellen der staatlichen Ordnung-polizei mit n a t i o n a l s o z i a l i st i» schen Polizeioffizieren trägt also ihre Früchte.
„Wie August 1914" Görings ,, bessere Zeiten"— im Rundfunk Ein Razi und ein Stahlhelmer funkreportierten gestern in später Stunde über ihren Fackelzug. Sie begaben sich sodann, funktechnisch hörbar, in das Arbeitszimmer, in dem der Reichskanzler Adolf h i l l e r—„tiefernst, kein Siegeslächela sichtbar" am Schreibtisch stand. Ein Versuch, ihn zum Sprechen zu bringen, blieb vergeblich. An seiner Stelle sprach der neue Minister GL ring ein paar markige Sätze, in denen er zweimal versicherte, es sei„ein Ausbruch der Ratton wie im August 1914". hindenburg und Hitler , Aller und Jugend im Bunde, würden das deutsche Volk nun„besseren Zeilen" entgegenfiihren. Wilhelm II. sagte„herrlichen",
Naladier und Sozialisten Fünf Ministerien angeboten Entscheidung vertagt Eigener Bericht des„Vorwärts" Paris . 30. Januar. Der mit der Regierungsbildung beauftragte Kriegsmintster Daladier hat den Sozialisten am Montag fünf Ministerien uate- der Voraussetzung angeboten, daß sie da» von dem Finanzausschuß der Kammer beschlossene Finanz- Programm annehmen. Die sozialistische Kammersroktion be- ichtoß nach dreieinhalbstündiger heiliger Debatte mit S4 gegen 1? Stimmen, die Entscheidung über da» Angebot Daladier» dem sofort tinzube rufenden Laadesansfchuß zu Lbertchsen.