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Nationalfapitalistische Regierung

Erkenntnisse und Bekenntnisse

Nach dem Freudenrausch des Fackelzuges meh­ren sich verhältnismäßig rasch die bedenklichen Stimmen, welche darauf schließen lassen, daß manchen Leuten die Augen schneller übergehen merden, als es die Deutsche Allgemeine Zeitung" erwartet hat. Und zwar auf allen Seiten mit Ausnahme der Großkapitalisten. So urteilt 3. B. die rechtsstehende Tägliche Rundschau" über das Hugenberg- Kabinett, dem auch Hitler angehört:

3wischen Papen und hugenberg, die die wichtigsten Bosten innehaben, einge tlemmt, sowohl vom Gebiet der Wirtschaft und Ernährung, wie von dem der Sozialpolitik ausgeschlossen, Chef eines Kabinetts, das wieder die reinste Form des Natio nalfapitalismus verförpert, ist das das Ziel, um das es sich gelohnt hat?" Hitler   ist das dein Sieg? fragt zweifelnd selbst dieses Blatt.

Gegen das Börsen- Mekka Demgegenüber sucht die Deutsche Zeitung" Trost in der Hakenkreuzdemonstration gegen die Börse; die sie begeistert feiert:

Im Anschluß an die Kundgebung bildete sich ein riesengroßer Zug, der, unter Gesang von Kampfliedern, über die Linden nach der Börse marschierte, um dem Mekka  " des deut= schen Judentums recht eindringlich die große Wandlung vor Augen zu führen. Bald erschien an den Fenstern der Finanzzwingburg deren aufgeregt gestenschwingende Besatzung.

Ein aufschlußreicher Gegensatz in den Gesich tern derer hinter den Scheiben und derer auf der Straße. Bleich und gejagt die einen, frisch und ruhig die andern. Zwei Wirtschaftsauffassungen standen einander gegen­über: Jene, die nur Werte verhandeln fann und jene, die Werte schaffen will." Hoffentlich bleibt diese Stimmung bestehen, da­mit die nationalsozialistischen Stimmen im Reichs­tag dem sozialdemokratischen Antrag auf Ver­staatlichung der Großbanken zum Siege verhelfen. Der Freund des jüdischen Danatbant- Goldschmidt, Herr von Papen, wird diese Begeisterung hoffent­lich nicht zügeln. Wir sehen der Abstimmung mit Bertrauen entgegen.

Die erste größere Tat

Die sonstigen Antrittstaten des Kabinetts Hitler  scheinen nicht gerade erstrangig zu sein, immerhin feiert sie Der Angriff" begeistert:

In allen Ministerien herrscht die fieber­

Daladiers Linksregierung Weiterer Ruck nach links Eigener Bericht des Vorwärts" Paris  , 31. Januar.

Das Rabinett Dalabier mit Boncour als Außenminister, Chautemps als Innenminister und Bonnet als Finanzminister, ist am Diens tag- Nachmittag vom Präsidenten der Republik  bestätigt worden.

In letzter Stunde mußten in der bereits über­mittelten Ministerliste noch einige Aenderungen vorgenommen werden. Der für das Justiz­ministerium ausersehene Senator Regnier hat dieses Amt abgelehnt; an seine Stelle tritt der

hafteste Tätigkeit und es ist schon in den allernächsten Tagen mit einer Reihe durchgrei fender schöpferischer Maßnahmen zu rechnen. Eine besondere Tat bedeutet in diesem Zusammenhange schon die Ernen. nung des Direttors Milch von der Luft­hansa zum stellvertretenden Reichskommissar im Range eines Staatssetretäts, in dem Pg. Gö­ring unterstellten Reichskommissariat für den Luftverkehr( Luftamt)."

Alle Achtung! muß man da sagen: die schöpfe­rische Maßnahme der Ernennung des Luftfahrt­sekretärs hätten wir mit dieser Entschiedenheit nicht erwartet. Aber Herr Göring fann das: Das hat er bei den SS. und SA.   gründlich gelernt. Ernennungen, das geht wie geschmiert.

Dämmernde Einsicht

Die kommunistische Welt am Abend" bringt in ihrer merkwürdig zurückhaltenden Betrachtung der Lage folgendes Bekenntnis zutage:

,, Dabei geht es der Arbeiterschaft sowohl um ihre politischen als auch um ihre so­zialen Rechte und Errungenschaften. Sie zu verteidigen, schließen sie ihre Reihen. Einheitsfront, unverbrüchliche und unüberwind­liche Einheitsfront aller werktätigen Antifaschisten ist das Gebot der Stunde!"

Daß es wirklich soziale Errungen schaften gibt, die der Verteidigung wert sind, und daß das nicht nur Schwindel der Sozial­verräter ist, darin liegt eine ganz wichtige Er kenntnis, die wir ebenso begrüßen wie die Ein­schäzung des Werts der politischen Rechte im ta pitalistischen Staat. Vielleicht erstreckt sich die Ein­sicht bald auch auf die verfehlten Abwehr"= aftionen, über welche die Berliner   Boltszeitung" ganz richtig sagt:

,, Die Art, wie hier von kommunistischer Seite versucht wird, isolierte Aktionen zu erzwingen, ist von feinerlei politischer Klug­heit und Vernunft diftiert. Es ist im Augenblick finnlos, mit solchen Parolen, die schließlich nicht einmal von der eigenen An­hängerschaft befolgt werden, vorzuprellen und den Kopf zu verlieren."

Besonders die Tatsache, daß nirgends in Deutschland   die kommunistischen   Anhänger selbst den verfehlten Parolen dieser Führer Folge ge leistet haben, mußte ihnen doch starke Bedenken an ihrem Verfahren erwecken. Eigentliche Aktio= nen der Arbeiterschaft, dafür halten auch wir uns hereit aber feine unsinnigen Parolen, deren Resultat nichts als eine Schwachung sein fann.

internationales Gerechtigkeitsgefühl ließ ihn aber mit der gleichen Unerschrodenheit den Kampf gegen den französischen   Militarismus an per Ruhr und am Rhein   und für die von Pilsudski  unterdrückten deutschen   und ukrainischen Minder­heiten führen. Die hiesige Rechtspresse verlangte abwechselnd seine Ausweisung, wenn er über die Zustände in Deutschland   die Wahrheit sagte und fie zitierte ihn anderentags ausführlich, menn er sich zum Sprachrohr des drangsalierten Aus­landsdeutschtums machte.

Sein Nachfolger in Berlin   wird der bisherige Pariser   Korrespondent des Manchester Guard­ian"

Mr. Werth.

Fahrschule Hugenberg

Hitler

Papen

Hugenberg

Hugenberg zu Papen  : Der Neuling da vorn mag sich ruhig einbilden zu lenken, die wirkliche Steuerung des Wirtschaftskurses haben wir!"

Blutvergießen in Breslau  

Am Dienstag

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Ein Toter und sechs Schwerverletzte

Breslau  , 31. Januar.

In Breslau   wurden am Dienstag­mittag bei Zusammenstößen eine Per jongetötet und sechs Personen schwer verlegt.

Der erste Zusammenstoß ereignete sich gegen 12 Uhr mittags während eines nationalsozialiſti­schen Umzugs in der Gartenstraße. Es kam zu einem Handgemenge mit Kommunisten. Ein SA.­Mann erhielt einen Stich in die Brust; er mußte ins Krankenhaus geschafft werden. Ferner trug ein Nationalsozialist Stichverlegungen am Kopf davon. Drei Angehörige der KPD. wurden fest= genommen.

Einige Zeit später erfolgte ein zweiter, meit folgen­fchwererer Zusammenstoß in der Bittnerstraße, im proletarischen Westen Breslaus  . Ein überwiegend aus Kommunisten zusammengesetzter Erwerbslosen­Demonstrationszug, deffen Teilnehmer Sprech höre gegen Hitler   bildeten und angeblich verbotene Lieper fangen, murde von der Polizei aufgelöst. Wäh rend die Massen vor den rüdsichtslos mit dem Gummifnüppel vorgehenden Polizeibeamten flüch teten, schlugen einige fommunistische Demonstran ten die Schaufensterschreiben eines SA. Kaufladens ein und riffen die im Laden befindlichen Aus­lagen auf die Straße. Daraufhin machten die Beamten von der Schußwaffe Gebrauch. Vier Demonstranten wurden getroffen und muß ten mit schweren Verlegungen ins Hospi­tal gebracht werden. Außerdem wurde ein völlig unbeteiligter Mann, der 54jährige

studenten erhoffte Ergebnis. Der Rektor sagte lediglich die Entfernung der Polizeibeamten aus der Universität zu und verwies die Nazideputation wegen der Forderung auf Unterbrechung der Bor­lesungen Cohns an die juristische Fakultät. Die Aufhebung der Relegation tönne nur auf Grund eines Gnadengefuches erfolgen, das der verurteilte Student einreichen müsse. Eine Rücknahme des Urteils sei juristisch nicht haltbar.

KPD  .- Versammlungen verboten!

Eigener Bericht des ,, Vorwärts"

Breslau  , 31. Januar.

Der Breslauer Polizeipräsident hat ab sofort alle Versammlungen und Umzüge der Kommunistischen Partei, ihrer Neben­organisationen sowie der unter tommunistischer Führung stehenden Erwerbslosenausschüsse bis auf weiteres verboten. Die Beamten der Polizei haben Anweisung, gegen jede Ueberschrei­tung dieses Verbots mit allen polizeilichen Mitteln einzuschreiten.

In der Begründung des Verbots wird auf die Staatsfeindlichkeit der KPD  . und darauf hingewiesen, daß durch die Beranstaltungen der Kommunistischen Partei in letzter Zeit in Breslau   wiederholt die öffentliche Sicherheit gestört worden sei.

Von ähnlichem Vorgehen gegen die mit Tränen­gasbomben mersenden Nazistudenten und S.­Leute hat man nichts gehört!

Steinfeger Mag Wasner, der mit der Sozial. Verhaftung im Kreis Ohlau

demokratischen Bartei sympathifierte, erschossen.

Die Pressestelle des Polizeipräfi diums teilt über die blutigen Zusammen­stöße am Dienstag mit, daß von der Polizei

radikale Senator Benoncier. Der bisherige Aussperrung verhindert lediglich Schrefchüffe abgegeben. worden

Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt Cot  , der dieses Amt beibehalten sollte, ist zum Luft­minister ernannt worden, da Painlevé infolge feiner Krankheit auf die Fortführung dieses Amtes verzichten zu müssen glaubte. Arbeitsminister wurde der bisherige Borsitzende der radikalen Frattion Francois Albert. Die unmittel­bare Folge dieser Ernennung wird die Wiederwahl Herriots zum Fraktionsvorsitzenden sein. Das neue Kabinett wird sich am Freitag dem Barlament vorstellen.

Der Charakter der neuen Regierung ist eindeutig lints. Sie weist nur wenige Aenderungen gegen­über dem soeben zurückgetretenen Kabinett Paul­Boncour auf; cber gerade diese wenigen Aende­rungen bedeuten einen weiteren Rud nach links. Das gilt einmal für den Posten des Finanz­ministers, den Bonnet statt Chéron befleidet; sodann für den mutigen neuen Arbeitsminister Francois Albert, der immer wieder als Wortführer der radikalen Fraktion gegen frühere reaktionäre Regierungen in Attion trat, sowie für die Beförderung des jungen bisherigen Unter­staatssekretärs Cot zum Luftfahrtminister an Stelle des alten und etwas wankelmütigen Painlevé.

Ein vorbildlicher Journalist Mr. Voigt verläßt Berlin  Der langjährige Berliner   Berichterstatter des Blattes Manchester  großen fortschrittlichen Guardian", Voigt, verläßt mit dem heutigen Tage die Reichshauptstadt, um als Hauptvertreter der gleichen Zeitung in Paris   zu wirken. Voigt hat sich durch seinen unerschrodenen Kampf gegen die reaktionären Kräfte viele Feindschaften zu­gezogen, die ihn und sein Blatt nur ehrten. Sein

Die Tat der dänischen Regierung Kopenhagen  

, 31. Januar. Beide kammern des Reichstags haben die Ge­fetzesvorlage der sozialdemokratischen Regierung

seien. Die Schüsse, durch die eine Person getötet und vier Personen verlegt wurden, seien während der polizeilichen Säuberungsaktion von Rom  = munisten hinter dem Rücken der vorgehenden Polizeibeamten abgefeuert worden.

Unbewiesener Verdacht gegen sozialdemokratischen Arbeiter Eigener Bericht des ,, Vorwärts" Breslau  , 31. Januar.

In Rosenhain, Kreis Ohlau, wurde der sozial­demokratische Arbeiter Karl Ziebolz ver. haftet. Er soll an dem Ohlauer Blut­fonntag vom 10. Juli 1932 den SA.- Mann Koniehti erstochen haben.

Die Festnahme von Ziebolz hat unter der Oh­lauer Arbeiterschaft starke Erregung hervor­

Stauning über das Berbot von Streifs und Aus- Naziftudenten werden frecher gerufen, zumal er an dem fraglichen Sonntag gar

sperrungen in der Zeit bis 1. Februar 1934 an­genommen. Die für morgen angekündigte Aus­sperrung, um einen Lohnabbau von 20 Prozent durchzusehen, ift darauf abgefagt worden.

Der Lahusen- Prozeß

Verfahren

gegen Heinz Lahusen abgetrennt

Das Verfahren gegen Heinz Lahusen, dem vor acht Tagen eine Niere entfernt worden war, ist jetzt auf Beschluß der Bremer   Straftammer abgetrennt worden, so daß am 28. Februar der Prozeß nur gegen Karl Lahusen beginnen dürfte. Die Verhandlung gegen Heinz Lahusen   wird erst an­beraumt werden, wenn seine Verhandlungsfähig­

feit feststeht.

Oberst von Bredow beurlaubt. Nach dem Rück­tritt des Reichskanzlers von Schleicher ist nunmehr auch Oberst von Bredom, der die frühere Stel­lung Schleichers als Chef des Ministeramtes im Reichswehrministerium innehatte und ein Ber­trauensmann Schleichers war, vorläufig beurlaubt worden. Hitlers  

Kanzlerschaft ermuntert sie Eigener Bericht des Vorwärts" Breslau  , 31. Januar.

Die reaktionären Studentenverbände, die nach der Ernennung Hitlers  zum Reichskanzler anscheinend neuen Mut zum Radaumachen gefaßt haben, veranstalteten am Dienstag auf dem Universitätsplan in Breslau   eine

Demonstration.

Einige Hatenkreuzstudenten versuchten an einem Portal des Universitätsgebäudes die aten treuzfahne anzubringen. Die Fahne murde jedoch sofort wieder entfernt. Am Fechter­brunnen vor der Universität wurden mehrere An­Sprachen gehalten, in denen sich die Führer der Hakenkreuzstudenten in unerhörten Ausfällen er­gingen. Eine Abordnung der randalierenden Stu­denten trug dem Rektor die Forderungen der Naziverbände vor. Die Hakenkreuzler verlangten sofortige Unterbrechung der Lehrtätigkeit von Pro­feffor Dr. Cohn bis zur endgültigen Entscheidung durch den neuen preußischen Kultusminister, außer dem wurde Zurückziehung der Kriminalbeamten qus dem Universitätsgebäude und Rückgängig machung der fürzlich vom Disziplinargericht aus­gesprochenen Relegation eines Raziſtudenten ge fordert.

Die Verhandlungen mit dem Reftor brachten nicht das von den hatenfreuzlerischen Radau.

nicht in Ohlau   gewesen sein soll. Ziebolz ist in das Brieger Gerichtsgefängnis eingeliefert worden. Die Mörder des von SA.- Leuten erfchoffe nen Jungarbeiters Hanisch beiben in Freiheit. Alle Inftanzen, bis zum Straffenat des Oberlandesgerichts, haben die Beschwerde des Staatsanwalts wegen der Haft­entlaffung abgelehnt.

Verboten!

Sozialdemokratische Versammlungen in Thüringen  

Eigener Bericht des Vorwärts" Weimar  

, 31. Januar. In Apolda   und Jena   sind sozial­demokratische Versammlungen, die sich mit der politischen Lage und der Stellung der Sozialdemokratie zur Regie­rung Hitler- Papen- Hugenberg beschäftigen sollten, verboten worden. Die Ver­sammlungsverbote und Willkürmaß­nahmen sind das Ergebnis eines Erlasses der Thüringer   Nazi­regierung, in der der Polizei jede Deckung zugesagt wird, falls sie Kund. gebungen gegen die Hitler  - Regierung ver bietet.