ERSTE BEILAGE
Vorwärts
Teure und angefrorene Kartoffeln
Hausfrauen über die hohen Kartoffelpreise empört
Ueber den kürzlich in der Berliner Philharmonie abgehaltenen 16. Deutschen Kartoffel tag, der von den Kartoffelgroßerzeugern veranstaltet war, heißt es in einem Bericht:„ Unter starkem Beifall der gut besuchten Versammlung gab der Vorsitzende der Auffaffung Ausdrud, daß auch der Kartoffelbau heute, nach dem Regierungswechsel, wieder mehr Hoffnungen und Bertrauen hegen dürfe, da nunmehr die Regierungsgewalt bei den Männern liege, die über die Aufgabe und Bedeutung der deutschen Landwirtfchaft anderer Auffassung seien, als dies bisher in der Wirtschaftspolitik zum Ausdrud gekommen fei."
Einen Vorgeschmack von dieser neuen Linie haben die Berliner Hausfrauen bereits in den legten vierzehn Tagen bekommen. In einer faum je erlebten Weise sind die Kartoffelpreise sprunghaft in die Höhe geschnellt. Während Mitte Januar für zehn Pfund handelsüblicher Kartoffeln im allgemeinen noch 30 Pfennige verlangt wurden, kosten jetzt dieselben Kartoffeln beretts 45 Pfennige. Nur wenige Stadtteile zahlen gegenwärtig noch 40 Pfennige für zehn Pfund Kartoffeln.
Die Interessentenkreise führen diese außer= ordentlichen Preissteigerungen auf die vergangene Frostperiode zurüd. Die Erfonnten die Kartoffel
zeuger
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mieten nicht öffnen und so gingen die Zufuhren nach Berlin rapide zurück. In der zweiten Januarwoche kamen auf den Berliner Güterbahnhöfen noch 428 Waggons mit Kartoffeln an in der dritten Januarwoche nur noch 185 und in der vierten Januarwoche sogar nur noch 149 Waggons an. Noch stärker sank die Zahl der bahnstehenden Waggons mit Kartoffeln. In der zweiten Januarwoche standen auf den Berliner Güterbahnhöfen noch 957 Waggons, von denen für 529 Waggons Standgeld wegen nicht rechtzeitiger Entladung bezahlt werden mußte. In der dritten Januarwoche standen nur noch 233 Waggons in Berlin und in der letzten Januar woche standen nur noch 163 Waggons auf den Bahnhöfen.
Das find Zufuhren, die für den Bedarf der Reichshauptstadt natürlich nicht genügen.
Noch schlimmer als in Berlin war es übrigens im Reich. In Breslau fiel bereits am 19. Januar die Kartoffelpreisnotierung wegen Frost aus, in Magdeburg fam am 21. Januar keine Notiz mehr zustande, in Stettin am 24. Januar und aus Krefeld wird gemeldet, daß die Verbraucherpläge völlig von der Zufuhr abgeschlossen seien, Preissteigerungen seien unvermeidlich und die Versorgung werde nur durch Lastkraftwagen aus der näheren Umgebung aufrechterhalten. Für den Verbraucher ein betrübliches Bild.
Raubmord in Panfow
12500 Mark erbeutet- Auf der Straße niedergeschossen
In der Granitstraße in Pankow wurde in den gestrigen späten Nachmittagsstun den ein schweres Verbrechen verübt. Der Hauseigentümer und Malermeister Rudolf Koch aus der Jeverstraße 23 in Steglitz und ein Freund des Mannes, W. Krüger, der gleichfalls in der Jeverstraße in Steglit wohnt, wurden von Autobanditen auf offener Straße niederge= schossen. Die Täter raubten 12 500 Mark Mietsgelder und entkamen mit der Beute in einem bereitstehenden Privat: wagen. Das Räuberauto trug die Nummer IA 5004.
Roch hatte in der Granigstraße in den ihm gehörenden Häusern zusammen mit Krüger die Mieten tassiert. Kurz nach 16 Uhr war die Einziehung der Mieten beendet. Die beiden Männer verstauten das Geld in zwei Aktentaschen. Vor dem Hause Granißstraße 25 hatte Koch sein Auto zu stehen. Als er mit Krüger seinem Wagen zustrebte, fam plöglich in schneller Fahrt ein blaugraues Cabriolet heran. Der Führer des Autos bremste scharf, die Tür flog auf und ein mit einer Pistole bewaffneter Mann sprang aus dem Wagen auf die Straße. Zur selben Zeit stürzten, wie Zeugen beobachtet haben wollen, aus einer Haustornische zwei gleichfalls mit Pistolen bewaffnete Männer.
Auf Koch und Krüger wurde buchstäblich von zwei Seiten ein Pistolenschnellfeuer eröffnet.
Koch erlitt einen Schuß in die Leber, sein Begleiter wurde durch einen Schuß ins Genid niedergestreckt. In der ersten Aufregung konnten die Täter ungehindert die Geldtaschen an sich reißen. Sie sprangen in ihr Auto und raften in der Richtung der Prenzlauer Promenade davon. Passanten bemühten sich sofort um die beiden Männer, die in ihrem Blute auf dem Bürgersteig lagen. Koch starb bereits auf dem Wege ins Pankower Kran kenhaus. Die Verlegung Krügers ist nicht allzuschwer, er dürfte mit dem Leben davonkommen. Die Kriminalkommissare Draeger und Fähn= rich haben die Aufklärung des Verbrechens über
nommen.
Der Wagen gefunden
Im umgekehrten Maß zu den Preissteigerungen standen jedoch die Qualitätsverschlechterungen. Die Interessenten geben das auch zu. So heißt es in einem Bericht, daß die Kartoffeln in den nicht durch Stroh oder Vorsatzbretter geschützten Waggons durch Frost litten und von den 14 Kartoffelwaggons, die am Schluß der Frostperiode auf den Bahnhöfen stehen blieben, heißt es sogar, daß die Ware dermaßen erfroren war, daß sie für die menschliche Ernährung ungeeignet roar. Die Hausfrauen können jedenfalls ein Lied von erfrorenen und schlechten Kartoffeln fingen.
Es ist ein unmöglicher Zustand, daß beim Schälen der Kartoffeln die Hälfte weggeworfen werden muß.
Besonders die Erwerbslosen denken nicht daran, ihr weniges Geld für erfrorene Kartoffeln auszugeben.
Dabei taucht überhaupt die Frage auf, warum der Verbraucher regelmäßig für den Frost büßen soll. Im Kältewinter 1928/29 gab es teine Kohlen und die Verbraucher mußten frieren; im Hungerwinter 1932/33 fönnen die Mieten nicht geöffnet werden und die Erwerbs= losen müssen hungern. Die Erzeuger und der Handel müssen dann eben darüber nachdenken, wie sie auch in Frostperioden die Versorgung der Großstädte sicherstellen.
auf die Spur der Schüßen zu kommen, die in der Nacht vom Montag zum Dienstag den Polizeioberwachtmeister 3 aurig und einen Nationalsozialisten im gegenseitigen Feuerkampf erschossen hatten. Ein großer Gebäudekomplex wurde ab= geriegelt. Sämtliche Straßenzugänge wurden von Schupobeamten, die zum Teil mit Karabinern ausgerüstet waren, besetzt..
3eugen gesucht!
Bei der letzten Lustgarten- kundgebung ist der Genoffe Kurt Pietsch auf dem Wege zum Stellplatz von drei Nationalsozialisten überfallen worden. P. wurde verhaftet. Die Nazis blieben unbehelligt. Da noch mehrere Parteigenoffen in die Angelegenheit verwidelt worden sind, bitten wir Augenzeugen, die den Borgang beobachtet haben, der sich um 12% Uhr in der Erkstraße in Neukölln abgespielt hat, sofort bei dem Bezirksverband Berlin der Partei, Lindenstraße 3, 2. Hof II, zu melden.
Der Wagen, den die Räuber zu ihrer Fahrt in Pankow benutzten, ist in der Dunderstraße im Bereich des 66. Polizeireviers verlassen aufgefunden worden. Wo die Räuber den Wagen gestohlen haben, steht zur Zeit noch nicht fest. Die Zeit Kundgebung des Mittelstandes zwischen dem Ueberfall und dem Auffinden des Wagens beträgt fnapp eine und eine halbe Stunde.
Polizei- Aktion
Von der Politischen Polizei im Verein mit einem großen Aufgebot von Schupobeamten wurde gestern in Charlottenburg eine Großrazzia veranstaltet. Durch diese Polizeiaktion glaubte man
Das Berliner Kartell des selbständigen Mittelstandes e. V. veranstaltete im„ Clou" eine überfüllte Notwehr Kundgebung. Der Vorfizende des Berliner Kartells des selbständigen Mittelstandes, Geist hardt, erklärte, diese Notwehr- Rundgebung in Berlin sei der Auftakt zu einer langen Reihe von Mittelstandskundgebungen im ganzen Deutschen Reich, die in der nächsten Zeit durchgeführt werden sollten. Dann ergriff der Generalstaatssekretär des Zweckverbandes der Berliner Bäckermeister, Goettsch, das Wort
DONNERSTAG, 2. FEBRUAR 1933
und wandte sich einleitend gegen die bisherige Politik der deutschen Reichsregierungen. Sämt liche Kabinette hätten zwar viel versprochen, aber auch nicht das geringste gehalten. Die letzten Maßnahmen der Reichsregierung seien diftiert worden von der Großindustrie und der Landwirtschaft, während man für das Handwerk und den gewerblichen Mittelstand nichts übrig gehabt habe. Die Gewerbefreiheit werde in schlimmster Weise mißbraucht, und man müsse mit allem Nachdruck den Schutz des gewerb= lichen und gelernten Handwerkers fordern.
Nach einer kurzen Begrüßungsansprache des Vertreters des Jung- Kartells, Ludow, sprac der Bundespräsident der Saalbesitzer, Stadtverordneter Kockel, der die Schaffung einer selbständigen Stelle im Kabinett verlangte, die nur die mittelständischen Interessen zu wahren habe. Mit dem Gesang des Deutschlandliedes fand die Notwehr- Kundgebung ihr Ende.
Der gekaufte 3euge Zuchthaus für Meineid- Verleitung
Für Geld erhält man bekanntlich alles, erforderlichenfalls auch Zeugen. Insbesondere in dieser Zeit der Not. Wie man das macht, erfuhr man in einer Moabiter Verhandlung. Ein gewisser K. hatte einen Alimentenprozeß mit einem Mädchen, das behauptete, das Kind sei von dem Angeklagten.
Es gab nur eine Möglichkeit, der Verpflichtung aus dem Wege zu gehen: vor dem Gericht den Beweis führen, daß die Klägerin zu gleicher Zeit mehrere intime Freunde gehabt habe. Schön, besorgen wir uns also einen Zeugen! Das Ge schid war K. günstig. In einem Kino machte er die Bekanntschaft eines netten jungen Mannes, nach der Vorstellung tranf man zusammen einen Schoppen. K. erzählte u. a. auch von dem ihm bevorstehenden Prozeß, flagte sein Leid, meinte so nebenbei, es sei durch eine entsprechende Ausfage ein gutes Stüd Geld zu verdienen, und N.. erklärte sich bereit, die notwendige Aussage zu machen. 20 Mart erhielt er sofort als Anzahlung. Zur Gerichtsverhandlung erschien er prompt als Zeuge. Er war ein gewissenhafter Zeuge: er fenne die Klägerin schon seit langem so er= flärte er habe zur fraglichen Zeit mit ihr intim verkehrt, ob er der Vater des Kindes sei, wisse er natürlich nicht, es könne ebensogut von dem K. fein. Die Aussage war gemacht. Jetzt sollte die Bereidigung folgen. An diese ,, Kleinig teit" hatte N. gar nicht gedacht. Es wurde ihm plöglich mulmig zu Mute, er sah sich bereits im Zuchthaus und trat den Rückzug an. Ganz unerwartet für den Richter berichtete er: seine ganze Aussage sei unwahr, er sei von K. für 100 m. gekauft. Also hatte sich dieser vor der Straffammer wegen Verleitung zum Meineid zu verantworten. Er tischte vor Gericht ein Märchen auf: N. habe sich ihm selbst angeboten, aus Mitleid, da er selbst einmal in einer ähn= lichen Sache verwickelt gewesen sei.
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Das Gericht verurteilte K. zu 1 Jahr Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust.
Die Festung des Friedens. Die neueste Nummer der IRZ.", Illustrierte Republikanische Zeitung, bringt interessante Bilder über das völkerpädagogische Institut, das sich in der 2000jährigen Zitadelle von Mainz befindet. Die Nummer enthält auch sonst überaus wertvolles Tert- und Bildermaterial. Einen besonderen Schmuck stellt eine Kinderseite dar, zu der Zeichnungen und Tert Willibald Krain lieferte. Schließlich seien noch die Bilder vom Stilauf im Dienste des Wehrsports" erwähnt. Die„ IRZ.", die Illustrierte der Republikaner , ist überall für 20 Pf. zu haben.
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