Einzelbild herunterladen
 

Wochenbilanz

eines Arbeitslosen

Wir bekamen zu sehen: Fackelzüge,

Ein Staatsbegräbnis, Silberne Särge, Parademonturen.

Wir bekamen zu hören: Rundfunkaufrufe, Sehr viel Märsche, Glockengeläute, Versprechungen.

Wir bekamen zu fühlen: Davon laẞt mich Lieber schweigen. ( Von wegen

Pressenotverordnung.)

Wir bekamen zu essen:

Jonathan.

Das Kabarett lebt noch

Bei Willi Schaeffers  

-

In den guten alten Zeiten, als noch keine Not­verordnungen Freiheit der Presse und des Kabaretts bedrohten und nur der Majestätsbelei= digungsprozeß über unseren Häuptern hing, fon­statierte Frank Wedekind   in seinem 300logen von Berlin  ":" In den meisten Tieren schlummert eine Majestätsbeleidigung". Heute müßte es wohl schon heißen: In den meisten Dingen schlummert ein Verstoß gegen die Notverordnungen. Wie soll ein aktuelles Kabarett ohne anspielenden Wiz und zuschlagende Satire auf das, was aller Ge­müter bewegt, auskommen? In Willi Schaeffers  ,, Kabaret für Alle" hat man noch nicht auf dieses Recht verzichtet, und man tut gut daran, denn wir wollen auch im Brettl wissen, was die Stunde geschlagen hat.

Freilich die Narrenpritsche ist hier nicht die Hauptsache; man will ein gemischtes Publikum auf mannigfaltige Weise unterhalten. Stetſche und fleine Stücke zeigen das ganze Ensemble, vor allem Willi Schaeffers  , Grete Weiser   und Hugo Fischer- Köppe  . Etmas altmodisch, aber nicht ohne Wiz ist eine Jahrmarktsszene. Das jetzt aktuelle Thema der Ballsaison wird in einer Parodie Ach diese Welle" satirisch be= handelt. Besonders gelungen ist der Reichs­kommissar für das Ballwesen. In Hugo Fischer­Köppe verfügt das Kabarett jetzt über einen schlagkräftigen Chansonsänger von starker Ein­drudsfähigkeit. Das ist kein leichtes Getändel, in ihm ist Kraft und Saft. Wie padt er uns, wenn er das Elend der Fremdenlegion dramatisch ge= staltet oder einen echten Ganoven im reinsten Berlinisch vorführt, Lydia Wieser entzückt uns durch ihre ursprüngliche Tanzbegabung, die die richtige Kabarettform findet. Willy Rosen  bringt seine neuesten Schlager persönlich, darunter einen zündenden Tango. Als neuer Conferencier führt sich William Berner ein, der in seinem Quatsch neue und alte Wize produziert. Im Tanz auf der Gummiplatte brilliert Sherrier, und die beiden Boods verulfen bestens ein ganzes Barietéprogramm. d.

-

Wetter für Berlin  : Wieder milder, meist be= deckt, zeitweilig leichte Niederschläge, mäßige, süd­westliche Winde. Für Deutschland  : In der öst­lichen Hälfte Milderung mit verbreiteten leichten Regenfällen. Im übrigen Reiche mildes und be­sonders in Westdeutschland wieder etwas freund­licheres Wetter.

Bereinigung Sozialdemokratischer Juristen. Heute abend, 20 Uhr, Vortrag des Genossen Dr. Paul Szende, ehemaliger ungarischer Minister, über das Thema:" Staat und Gegen­staat", im Restaurant Pschorrhaus, 1. Stod, Tauenzienstr. 13.

Berliner   Bolks- Chor( Mitgl. des D. A. S.). Die llebungsstunden im Männerchor uns Frauenchor   fallen heute wegen der Teilnahme an der Demonstration aus.

Die Brücke nach Benedig ist fertig. Die Brücke über die Lagune, die Venedig   mit dem Festlande verbindet. ist jetzt vollendet Sie ist aber vor­läufig nur für den Fußgänger- noch nicht für den Kraftwagenverkehr freigegeben. Sie steht in Ber­bindung mit der bereits vorhandenen Eisenbahn­brücke, ist 22 Meter breit und ruht auf 225 Bogen. Die Länge beträgt 4 Rilometer; 18 Meter der Breite find für die Kraftwagen vorgesehen.

Enldedung einer neuen Sphing. Professor Selim Hassan   hat bei der zweiten Pyramide eine neue Sphing entdeckt Wie verlautet, sollen auch zwölf altägyptische Königsgräber gefunden worden jein.

Am Todestage Richard Wagners  , Montag, 13. e bruar, gelangt Der fliegende Holländer  " in neuer Inszenierung in der Städtischen Oper zur Aufführung.

Der Standal um die Osthilfe

Borbemerkung der Redaktion des Borwärts: Es wird unsere Leser inter­effieren, das Urteil eines nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten über den deutsch­nationalen Osthilfestandal kennen­zulernen. Der Auffah ist unter Weglajfung zweier nebensächlicher Absätze wörtlich dem ,, Reichswart" entnommen.

Ohne weiteres fann man zugeben, daß die Zu­wendungen der Osthilfe an große Grundbefizer von der linken, auch teilweise der mittleren Presse agitatorisch übertrieben werden, aber dies fann auch nicht das Kleinste an der anderen Tatsache ändern, daß hier ein unverantwortlicher Mißbrauch mit den Mitteln der Osthilfe getrieben worden ist. Das Wort Korruption ift in keiner Weise zu

scharf noch irgendwie unzutreffend. Osthilfe sollte bedeuten: die Landwirtschaft des deutschen   Ostens und die mit ihr direkt und in­direkt verbundenen Wirtschaftskreise vor dem Untergang und damit das Volksganze vor einer Katastrophe, Wirtschaft und Staat vor dem Zu­sammenbruch zu schützen und, gleichzeitig, eme Grundlage für die Zukunft im Sinne des Ge­meinnuges zu legen. Fehlt das letztere Element, ist es nicht in jeder Einzelleistung der Osthilfe flar festzustellen, so ist, der Grundgedanke der Ost­hilfe verdorben und verpfuscht.

Boltsbetrug liegt vor.

In vorliegendem Falle sind Millionen Mart

Von Ernst Graf Reventlow

an große Grundbefizer gegeben worden, die man zu einem mindestens sehr großen Teil als per­sönliche und dabei parteipolitische 3u= wendungen auffassen muß. In einer Reihe von Fällen wurde behauptet, ohne daß es wider­legt worden ist, daß solche Empfänger von Zu­wendungen sie zu persönlichen Lugusausgaben oder neuen Landkäufen verwendet hätten, während Sie kleinen Leute unberücksichtigt ausgingen und zugrunde gehen können.

Der derzeitige Reichskanzler Dr. Brüning war sicher nicht unser Mann, aber mit seinen Sied­lungsplänen war er durchaus auf dem rechten Wege, und man kann nicht oft genug daran er= innern, daß Dr. Brüning lediglich des= halb gestürzt worden ist.

Die Kreise des Herrn von Oldenburg  und andere sogenannte Standesgenossen des Reichspräsidenten   hatten diesem so ausdauernd zugesetzt, daß er Brüning sein bis dahin unbegrenztes Vertrauen entzog: er wolle feinen Bolschewis­mus". Also: wenn in der Katastrophe der Landwirtschaft nicht der große Grundbesik um jeden Preis und vor allem anderen vom Staate erhält, was er an Geldmitteln haben will, so ist das Bolschewismus.

Brüning hatte gewollt: Sanierung des sanier= baren, Aufteilung zur Siedlung des übrigen Großgrundbesizes.

Arbeiterfeste in neuer Form

-

( Saalbau Friedrichshain)

So wertvoll der Arbeitergesang auch ist, un­entbehrlich für Feier und Fest, stärkster und ge= schlossenster Ausdruck proletarischer Weltanschau­ung er kann und darf nicht die einzige fünſtle­rische Erlebnisform der Arbeiterschaft bleiben. Ge­sprochenes Wort, Bewegung und Tanz, Lichtbild und Film bieten sich an: und müssen alle in den Dienst jener großen Ideen gestellt werden, für die die Proletarier aller Länder fämpfen. Es wird freilich naheliegend sein, zunächst vom Gesang aus­zugehen, der den sozialistischen   Massen seit Jahr­zehnten vertraut ist; und von ihm aus die not­wendigen Verbindungslinien nach allen Seiten zu ziehen das heißt also Chormontagen, Sing­

-

spiele, Bewegungschöre zu schaffen und aufzu= führen.

Es bleibt ein unbestreitbar großes Verdienst Walter Hänels und Otto Zimmermanns, eine er: freulich zahlreiche Zuhörerschaft mit derartigen ,, neuen Formen für Arbeiterfeste" vertraut gemacht zu haben; wenn wir uns auch die Auswahl sorg­fältiger und, was die Ausführung anlangt, das Musikalische sauberer und präziser, das Beme= gungsmäßige unfonventioneller gewünscht hätten. Der Jugend und Kinder chor des Berliner  Volkschors sang und agierte ein neues Jugendfing­spiel in ,, Was sollen wir werden" mit recht unfindlichem Tert von Stemmle, mit wenig amüsanter Durchschnittsmusik von Großmann. Die ,, proletarische Tanzgruppe 3immer= mann" versuchte sich an Bewegungsskizzen zu den Intermezzi aus Wir" von Hendrik de Man  , deren von Gerst er stammende, geschickt illustrie­rende Musik ursprünglich( und richtiger) für Film gedacht war. Am anfechtbarsten waren Sing= bewegungschöre nach Liedern von Eisler  , Tießen und Knorr  , die dazu gar nicht ge= eignet sind: das Solidaritätslied zum Beispiel ver­lor auf diese Weise all seine prachtvolle Wucht und Geschlossenheit.( Die Ablehnung, es sei ausdrück­lich vermerkt, bezieht sich auf den besonderen Fall und keineswegs auf den Singbewegungschor an fich.) Einheitlich und eindrucksvoll Märsche von Gerster, Knorr   und Eisler nach bekannten Arbeiterliedern ,, Empor zum Licht", Wann wir schreiten" ,,, Internationale" gelungener Anfang einer proletarischen Marsch­mufit, die jede Anleihe bei den Militärmarschen der Reaktion bald überflüssig machen wird.

-

waren

Edwin Fischer   in der Volksbühne

-

-

Er spielte nur Beethoven  , drei große So­naten und erntete den enthusiastischen Beifall des ideal dantbaren, begeisterungsfähigen und begeisterten Publikums. Gar nicht pathetisch flang eigentlich die Pathétique  , spielerisch eher, schwer­los, fast zu graziös; wunderbar still, versponnen, poetisch verklärt, der erste Sah dann der Mond­

-

scheinsonate. Zum Schluß endlich rauschte die Apassionate auf, leidenschaftlichste und schwerste aller Sonaten für das Klavier: nicht die Ton­die fatarakte der donnernden Ecksäge, aber flingende Stille des Variationenſages brachte den Höhepunkt und jene Erlösung in Musit, die alles wieder gut macht: Lieb und Leid und Weit und Traum... A. W.

Das menschliche Herz

im Tonfilm

In der letzten Sizung der Berliner   Medizinischen  Gesellschaft zeigte der Berliner   Nervenarzt Dr. Leo Jacobsohn einen Film, in dem man die Bewegun­gen des Herzens jah  , wie sie bei Betrachtung vor dem Röntgenschirm erscheinen. Gleichzeitig hörte und das ist das grundsäglich neue am Ver­fahren die charakteristischen Töne, die der Arzt bei der Untersuchung des Herzens mit seinem Höhr­rohr abhorcht. Es ist also der Technik gelungen, die Herzarbeit gleichzeitig für das Auge und das Ohr wahrnehmbar zu machen.

man

-

-

Vor einem Jahr hatte Dr. Jacobsohn an der= jelben Stelle ein von ihm ausgearbeitetes Ver­fahren vorgeführt, mit dem man Herztöne und geräusche fünstlich erzeugen und im Lautsprecher ertönen lassen kann. Für das Verständnis der Herztätigkeit unter gesunden und krankhaften Ver­hältnissen ist es wichtig, zu gleicher Zeit die Herz­bewegung einem größeren Kreis sichtbar zu machen. Die Betrachtung dieser Bewegung ge­schieht im allgemeinen vor dem Röntgenschirm. Diesen Vorgang finomatographisch festzuhalten ist bisher nicht restlos gelungen. Um finomatogra­phische Bilder herzustellen, ging Dr. Jacobjohn so vor, daß er Röntgenaufnahmen der Hauptphasen der Herzbewegung machte und die lebergänge zeichnerisch darstellte. Um die Herztöne mit der Bewegung in Einklang zu bringen, zu synchroni sieren, verband er seine Herztonmaschine mit einer auf die Herzschlagfolge geeichten Reguliervorrich­tung. Was man mit dieser Apparatur jah und hörte, war überraschend und außerordentlich ein­drucksvoll. Obwohl die Töne gänzlich und die bemuzten Bilder zum größten Teil künstlich erzeugt sind, wird doch der Eindruck völliger Naturechtheit erzielt. Dr. D.

Nazi- Meinungsfreiheit

Des deutschen Spießers Rundfunk

Wie die Federn aus Frau Holles Betten, so fielen am Montag die Notverordnungen aus dem Lautsprecher, mittags, nachmittags, abends, mit Kommentar und ohne Kommentar. Bei solcher Gelegenheit erfuhr man nebenher, daß der draht.

Die politische Vormacht einer Schicht, einer An­zahl von Familien auf Grund ihres Besizes ist ein nicht minder grotesker Zustand als die Herr­schaft des Geldmannes und der Banken.

-

der Der Skandal- ist es ein Skandal! sogenannten Osthilfe fällt der Regierung zur Last, deren einschlägige Organe anstatt dem Gemein­nuz der Nation zu dienen, dem Eigennutz einer Kaste in empörender Bereit milligkeit und verschwiegenem Ein­verständnis entgegengekommen sind. Die Kreise und Sprecher dieser Kaste berufen sich auch noch immer auf die alte Legende, daß der große Grundbesitz eine wirtschaftliche Notwendig­teit sei, sie ist längst widerlegt, nicht durch Be­weise, sondern durch die wirtschaftlichen Tatsachen.

Sehen wir einen Augenblick hiervon ab, so bleibt das korruptive Element bedenklich und efelhaft, unwürdig und beschämend, ganz besonders auf dem düsteren Hintergrunde einer Volksverelendung, die noch nie so groß ge= wesen ist wie jetzt seit dem Jahre 1931.

Von Oldenburg- Januschau   hat sich in einem Brief in der Weise geäußert, wie man sie bei ihm gewohnt ist, selbstgefällig, kokett, im Be­streben, sich als origineller Junter besprechen zu lassen. Er führte sich ein mit der Zeile aus der bekannten Bogelhochzeit":" Da sprach der alte Pelikan( richtig: Auerhahn): Nun, Kinder, laßt mich auch mal ran." Und für den Staat galt, bisher, der andere Reim des Liedes: ,, Der Kranich  , der Kranich  , der steht dabei und kan' nich!"

-

lose Dienst, dessen Leitung einst Dr. Josef Räuscher allein und vorbildlich besorgte, jetzt neben dem Leiter Beumelberg nicht nur den Chefredakteur Frizzsche, sondern auch noch einen stellvertretenden Chef von Ziska hat. Für den deutschen   Rund­funkhörer wie für das deutsche   Volk ist wahrlich gut gesorgt! Sie brauchen nur zu zahlen und zu gehorchen.

Daß die freie Meinungsäußerung durch die neuen Notverordnungen nicht völlig unterbunden werden würde, legte mit unübertrefflichem Zynis­mus Bernt Gesevius in der Stimme zum Tag" dar; diese Verordnungen sollten, so erklärte er, nur dazu dienen, dem Volte den autoritären und den Führergedanken wiederzugeben. Na­tionalistische Meinungsäußerungen würden durch sie kaum behindert werden.

Ein ausführlicher Hofbericht, wenn auch nur aus Kairo  , malte den armen Republikanern den Glanz einer Residenz mit Hilfe entzückter Aus­rufe und klingender Namen. Dabei hätte sich vom Gastspiel der Wiener Oper in Kairo   und vom Leben in dieser ägyptischen  Stadt sicher eine sehr hörenswerte Schilderung geben lassen.

Will Vesper las im Programm der Funk­stunde einige bläsliche Verse und Teile aus einem Hutten- Roman, der, soweit man es nach diesen Proben beurteilen kann, so schwungvoll ist, wie Vespers Kriegspoesie, und von feinerlei Psycholo= gie angetränkelt. Hutten, der Kämpfer für Geistesfreiheit, dem zu seinem heißen Kopf auch heißes Blut gegeben war, mußte seine wilde Jugend bekanntlich mit einem qualvollen Hin sterben an der Luftfeuche büßen. Besper baute ihn auf als eine Gestalt für Siegesalleen, die durch ihren Tod an gebrochenem Herzen in allen Schullesebüchern um heldische Nachahmung wer= ben kann. -lz.

Um das Reichsehrenmal. Der Vorstand der Stiftung Reichsehrenmal würdigte das Ergebnis des Preisgerichts. Es bestand Einstimmigkeit darüber, daß eine voll befriedigende Lösung noch nicht gefunden ist. Zunächst werden sämtliche Entwürfe ab Sonnabend in der Technischen Hoch­schule ausgestellt.

Neuer Direktor des Berliner   Staats- und Dom­chors. Prof. Alfred Sittard   an der St. Michaelis­ Kirche   in Hamburg   hat den Ruf erhalten, die Nachfolge von Prof. Hugo Rüdel   als Direktor des Berliner   Staats- und Domchors zu über­nehmen.

Richard- Wagner  - Feiern sollen anläßlich des Todestages Richard Wagners  , der sich am 13. Fe­bruar zum fünfzigsten Male jährt, in allen Schulen Preußens stattfinden.

Im Metropol- Theater bringt die Notgemeinschaft ab Dienstag Oscar Strauß' Operette Eint Walzertraum" zur Aufführung.

Die Deutsche   Kunstgemeinschaft veranstaltet von Mai bis August eine Gesamtschan des deutschen   Kunst­schaffens im Rahmen der Berliner   Festspielwochen.

Die Tribüne hat in Erkenntnis der Unhaltbarkeit des Bon- Systems ihre Eintrittspreise auf 1 bis 6 M. herabgesetzt unter Abkehrung von jeglicher Bon­Mißwirtschaft.

Zeppelin kommt!