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ERSTE BEILAGE

mite Vorwärts

Warum so wenig gutes Obst?

Fruchtgroßhändler setzen sich zur Wehr

Kürzlich faßen bei Stroll am Tiergarten die deutschen Fruchtgroßhändler beisammen; anläßlich eines Verbandstages ihrer Organisation veranstalteten sie eine Rundgebung für ihre Wünsche. Denn seitdem das Autarkiegespenst um­geht, ist ihre Position feine besonders glückliche, es brauchte nur jemand verfügen, daß Deutsch­ lands Grenzen beispielsweise fortan für die Bananeneinfuhr gesperrt werden und schon sitzen Teile des Früchtehandels auf dem Trockenen. So wehren sich die Fruchtgroßhändler nach Kräften.

Dabei war es sehr interessant, wie sie den Spieß einmal umdrehten. Die Fruchtgroßhändler sagten: Warum reiten eigentlich die inländischen Erzeuger fortgesetzt auf die Einfuhr von Obst und Gemüse herum, die inländischen Erzeuger sollten dafür lieber besseres Obst liefern. Damit waren vor allem die Kirschen gemeint. In einer Ent= schließung, die der Verbandstag angenommen hatte, heißt es z. B. darüber: ,, Da sich auch im ab­gelaufenen Jahre eine Abnahme der berüchtigten Kirschenfliege nicht hat feststellen lassen, sind auch die damit im Zusammenhang stehenden Streitig­feiten über die in den Verkehr gebrachten mit Kirschenfliegenmaden behafteten deutschen Kirschen nicht zum Stillstand gekommen. Der Fruchtgroß­handel muß es in Zukunft ablehnen, eine Haftung für derartige Kirschen zu übernehmen. Haftbar fann bei einer strengen objektiven Beurteilung nur der Produzent selbst sein, der die madenverseuchten

Kirschen in den Handel bringt. Unter staatlicher Aufsicht muß eine energische Bekämpfung der Kirschfliege in Angriff genommen werden, da der Verbraucher sonst kaum noch Kirschen kaufen wird." Dabei erfuhr man auch, daß der überwiegende Teil des deutschen Obstes von den Chausseen stammt. Für die notwendige Qualitätsverbesse= rung dieses Chausseeobstes wird aber herzlich menig getan. Im Gegenteil, sagten die Frucht­händler. Einmal sind Chausseebäume alt und liefern nur noch minderwertiges Obst, dann haben sie schwer im Frostwinter 1928/29 gelitten, so daß im vorigen Jahr drei Viertel der Apfel­ernte so minderwertig war, daß sie nur noch als Mostobst verkauft werden konnte statt als Wirt­schaftsobst. Und drittens läge die Schädlings bekämpfung auf den Obst chausse en sehr im argen. So ließ ein Kreisbauamt in Schle­ sien die Bäume einer Apfelchaussee kurz vor der Ernte mit Kupfersulfatbrühe besprizen, was zur Folge hatte, daß die Brühe durch die kranken Stellen das sind die Schorfflecke in das Fruchtfleisch eindrang und die Aepfel für den menschlichen Genuß nicht mehr brauchbar waren. Schließlich landeten diese ,, angebrühten" Aepfel auf dem Misthausen. Sehr richtig, sagten die Händler: eßt deutsches Obst, dann soll man aber auch marktfähiges Obst liefern. Lediglich füd­deutsches Obst entspreche den heutigen Qualitäts­forderungen und das gute Bodenseeobst erziele auch einen guten Preis.

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Mieter und Hausreparaturen

Das Kontrollrecht über die Instandsetzungsarbeiten

August Battlo ch, der Vorsitzende des Wohnungs- und Mieterausschusses der Ber­ liner Sozialdemokratie, schreibt dem Vor­wärts":

Die Mieter haben in der Zeit vom 1. bis 10. Fe­bruar wiederum das Recht, sich um die Verwen­dung desjenigen Anteils der von ihnen gezahlten Miete zu kümmern, der für In standse kungs­arbeiten bestimmt ist. Bis zum 31. Dezember 1931 waren das 17 Proz. und seit dieser Zeit 16 Proz. der Friedensmiete. Bei den Mietern, welche die Pflicht zur Ausführung der Schönheits­reparaturen übernommen und dafür 4 Proz. ihrer Miete einbehalten haben, sind also 13 und jetzt 12 Proz. für laufende Instandsetzungsarbeiten dem Hausbesitzer gezahlt worden.

Als laufende Instandsetzungsarbeiten sind anzu­sehen: Reparaturen an Defen, Herden, Klosett­anlagen, Gas-, Wasser, Ranalisations- und Klingelanlagen, Dielen, Türen, Fenster usw. Der Hausbesizer ist verpflichtet, diese laufenden Instandsegungsarbeiten vorzunehmen und darüber der Mietervertretung oder, wo eine solche nicht besteht, den Mietern auf Verlangen die Ver­wendung dieser Gelder zweimal im Jahre, und zwar in der Zeit vom 1. bis 10. Februar und vom 1. bis 10. August unter Vorlegung der Rech­nungen nachzuweisen. Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach oder ist er mit der Aus­

setzungsarbeiten durch viele Vermieter( vielfach auch durch Ausländer- Hausbefizer)

ift es von großer Wichtigkeit, das Kontrollrecht auszuüben

und nötigenfalls von den im Gesez vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.

Die fachgemäße Verwendung der in der Miete für laufende Instandsetzungsarbeiten enthaltenen Beträge liegt nicht nur im Interesse der Instand­haltung des Wohnraumes, sondern hätte auch eine große Entlastung des Arbeitsmart­tes zur Folge. Bei einer jährlichen Friedensmiete von über 5 Milliarden Mark allein bei den Altwohnungen-

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erhielt der Althausbesitz bis einschließlich 1931 jährlich über 850 Millionen Mark

und ab 1. Februar 1932 jährlich über 800 Mil­lionen Mark an Reparaturbeiträgen für laufende Instandsetzungsarbeiten. Leider hat die Erfahrung gezeigt, daß bisher nur ein geringer Teil dieses Betrags seinem Zweck zugeführt wurde.

Wir empfehlen deshalb den Mietern dringend. von ihren wenigen Rechten Gebrauch zu machen. Bei auftretenden Schwierigkeiten werden die Ab­teilungsmietervertreter und die Ausschußmitglieder gern Auskunft geben.

führung im Berzuge, so hat auf Antrag das Be Wieder Paragraph 218

zirts wohnungsamt festzustellen, ob lau fende Instandsegungsarbeiten notwendig sind. Die Behörde kann dem Vermieter unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 1000 m. eine Frist bestimmen, innerhalb welcher er die Arbeit auszu­führen hat; sie bann auch anordnen, daß nach Ablauf einer bestimmten Frist die Mietervertre= tung oder der Mieter zur Vornahme der Arbeiten berechtigt ist und die Instandsetzungsbeträge bis zur Höhe der von ihm geleisteten Zahlungen ein­behalten kann. Nach ihrer Wahl kann die Behörde die Arbeiten auch selbst ausführen lassen und an­ordnen, daß die Mieter die Instandsegungsbeträge an die Behörde oder an eine andere Stelle zu ent­richten haben.

Angesichts der zahlreichen Beschwerden über die Vernachlässigung der laufenden Instand

Arzt vor Gericht

Bor dem Landgericht I begann ein auf mehrere Tage berechneter§- 218- Monftreprozeß. Angeflagt ist der Facharzt für Segual- und Frauenleiden Dr. M.; es werden ihm sechs Fälle der Abtreibung zur Last gelegt, darunter zwei mit tödlichem Ausgang. Die Anklage lautet des­halb auch auf fahrlässige Töfung in zwei Fällen. Wenn alles das, was von Dr. M. be­hauptet wird, richtig sein sollte, so hat man es in diesem Falle mit einem äußerst schlimmen Typus von Abtreibungsarzt zu tun.

Dr. M. betrieb im Zentrum eine äußerst aus­gedehnte Praris. Sein Name ging auch in der Umgebung Berlins . von Mund zu Mund. Seine

Da aber die Nachfrage nach Obst infolge der Erkenntnis von der Wichtigkeit der Vitaminlehre ständig steigt, müsse man sich eben nach Liefe ranten von Qualitätsobst umsehen. So führte Deutschland im Krisenjahr 1930 noch 488 000 Tonnen Obst ein, 1931 waren es 401 000 Tonnen und selbst im schlimmsten Krisenjahr 1932 stieg die Obsteinfuhr sogar auf 455 000 Tonnen, movon der Hauptteil mit 230 000 Tonnen auf Aepfel fiel. Denn das Schicksal der 1932er Ernte an deutschen Aepfeln war oben angedeutet. Im übrigen meinten die Händler- ginge durchaus nicht der Kleinhandelserlös z. B. einer 38- Pfund­Riste amerikanischer Aepfel im Betrage von 13,30 M. oder einer 40- Kilo- Kiste palästinischer Apfelsinen im Betrage von 12,50 M. insgesamt ins Ausland. Dorthin gingen vielleicht 20 bis 30 Proz. des Verkaufwertes; Frachten, Zölle, Steuern, Spesen, Löhne und Aufschläge blieben im Inland.

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Auf der Kundgebung bei Kroll hielt nach den Begrüßungsworten Bürgermeister Dr. Elsas für die Stadt Berlin u. a. Stadtmedizinalrat Prof. v. Drigalsti ein Referat. Bemerkenswert für die Hausfrau war dabei, daß die Vitamine durch­aus nicht immer durch Kochen zerstört werden. Es hat sich jetzt vielmehr herausgestellt, daß eine Reihe von Vitaminen leidlich hitzebeständig sei und viele gekochte Gemüse und besonders gekochtes Beerenobst noch ganz gute Vitaminträger sein fönnen.

Tare betrug 200 Mark; den Eingriff nahm er selbst unter Narkose unter Assistenz seiner medi­zinisch in keiner Weise vorgebildeten Ehefrau vor. Schien es ihm erforderlich, so blieben die jungen Mädchen einige Tage bei ihm; zu diesem Zweck verfügte er über mehrere Betten. Gegen Dr. M. schwebten auf Grund von Anzeigen verschiedent­lich Ermittlungen wegen Abtreibung. Die Ver­fahren verliefen im Sande. Bis sich die Ver­dachtsmomente gegen ihn derart verdichteten, daß er verhaftet und Anklage erhoben wurde. Seine früheren Patientinnen, die zum Teil bereits wegen Abtreibung abgeurteilt sind, belasten ihn sehr schwer. Hinterher widerriefen sie ihre Aus­sagen, wie die Anflage behauptet, beeinflußt durch

MITTWOCH, 8. FEBRUAR 1933

Patientinnen Behandlungen vorgenommen, die mit Schwangerschaft nichts zu tun gehabt hätten, oder es seien Nachbehandlungen gewesen bei be reits begonnenen Schwangerschaften. Es treffe auch nicht zu, daß er die in Frage kommenden Karten aus seiner Kartothek hinterher zurecht gemacht habe. Wenn sein Name in der Umgegend bekannt gewesen sei, so sei das auf ein von ihm veröffentlichtes Buch zurückzuführen. Bei diesen Behauptungen bleibt der Angeklagte trotz ener gischen Zuredens des Vorsitzenden.

Die beiden Todesfälle seien durch Bauchfellent­zündung verursacht worden. Unter den zahlreichen Sachverständigen befinden sich auch Professor Dr. Leppmann, Professor Müller- Heß und Medi­zinalrat Dr. Dyrenfurth.

Neue Grippewelle

1060 Grippekranke bei der AOK. Die Hoffnung, daß die Grippeerkrankungen im Abflauen begriffen sind, hat sich leider nicht erfüllt. Nachdem am Montag eine geringe Abnahme der Neuerkrankungen zu verzeichnen war, sind die Neuanmeldungen von Grippefällen bei der A11­gemeinen Ortstrantentasse am geftrigen Dienstag von 936 auf 1060 ange­stiegen. Zu den über 50 Schulklassen, die im Laufe des Vormittags wegen gehäufter Grippe­erfrankungen auf Anordnung der Kreisärzte ge­schlossen werden mußten, find am Nachmittag weitere 11 klassen hinzugekommen, und zwar handelt es sich dabei um Schulen in den Bezirken Zehlendorf , Dahlem ,£ ankwih und Lichterfelde .

Den Umfang der Grippeerkrankungen zeigen am besten die Krankenziffern der Allgemeinen Orts trankenkasse der Stadt Berlin . Während im De­zember 1932 bei dieser Kasse täglich etwa 40 Krant­meldungen wegen Grippe eingingen, stieg die Zahl dieser Kranfmeldungen im Januar 1933 bis zum Einsetzen der strengen Kälte langsam auf 150. Dann setzte aber ein sprunghaftes Ansteigen der Grippefälle ein. Es meldeten sich wegen der Grippe arbeitsunfähig am:

27. 1. 33 28. 1. 33 30. 1. 33 31. 1. 33 1. 2. 3

.

150 Versicherte

24. 1. 33. 25. 1. 33

.

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219

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26. 1. 33

215

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202

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253

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393

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572

759

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853

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936

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.. 1060

33

2. 2. 33

3. 2. 33

5. 2. 33 6. 2. 33

"

Mit der Ausdehnung der Grippe stieg natürlich

Für Freiheit, Volk u. Sozialismus! auch die Gesamtzahl der Arbeitsunfähigen. Wäh

Die vom Sozialistischen Kulturbund ver­anstaltete Massenkundgebung, die zum 15. Januar vorgesehen war, findet nunmehr am

Sonntag, dem 19. Februar, vormittags 11% Uhr,

im Volksbühnen- Theater statt. Die be­reits verkauften Karten behalten ihre Gültigkeit. Karten zum Preise von 30 Pf. sind an folgenden Stellen zu haben: Geschäftsstelle der Volksbühne, Linienstr. 227; Buchhandlung Dietz, Lindenstr. 2; Bezirksbildungsausschuẞ der SPD. , Lindenstr. 3, 2. Hof, 2 Treppen; Geschäftsstelle der Naturfreunde", Johannisstr. 15; Arbeiterbank, Wall­straße 65; Verlagsgesellschaft des ADGB. , Inselstr. 6a( Sortiment); Zigar­rengeschäft Horsch, Engelufer 24/25; Verlag des Bildungsverbandes der Deutschen Buchdrucker, Dreibundstr. 5, Volksbühnenbuchhandlung, Köpenicker Straße 68; Konsum- Warenhaus, Oranien­platz; Buchhandlung des. Deutschen Holzarbeiter- Verbandes, Rungestr. 30.

Dr. M. Unter den Zeuginnen spielt eine ganz besondere Rolle die frühere Angestellte des Ange­flagten E. Sie behauptet, es sei ihr von der Frau des Dr. M. verboten gewesen, sich an den Ofen im Sprechzimmer zu schaffen zu machen. Eines Tages fand sie darin halbverbrannte Glie­der kleiner Kinder. Der Angeklagte bestreitet ent­schieden jede Schuld. Entweder habe er bei seinen

rend die Allgemeine Ortskrankenkasse der Stadt Berlin am 2. Januar 1933 17 021 Arbeitsunfähige zu unterstützen hatte, muß fie jest 21 464 Kranken die notwendige Hilfe, Krankengeld oder Krankenhauspflege gewähren.

Bilanz der Katastrophe

Acht Tote bei Renault Paris , 7. Februar. Die Aufräumungsarbeiten in der Kraftwagen­fabrik Renault sind noch nicht beendet. Die Bilanz der furchtbaren Explosionskatastrophe beziffert sich auf acht Tote und 78 Verletzte, von denen 42 in verschiedenen Pariser Krankenhäusern untergebracht sind. Fünf der Verlehten haben so schwere Brand- und Schnittwunden davon­getragen, daß man ihrem Aufkommen zweifelt.

an

Eine ganze Reihe der anderen Berletzten, die meistens Kopfwunden durch das eingestürzte Glasdach erlitten haben, weisen außerdem Brand­wunden durch die ausströmenden heißen Dämpfe auf, die aus der Dampfleitung des geplatzten Refsels drangen. Von den acht Loten fonnten bisher nur sieben identifiziert werden. Der achte ist bis zur Unkenntlichkeit ver­stümmelt.

Geldtasche verloren. Die Genoffin Erna Jonas, Berlin- Pankow, Mühlenstr. 31, hat auf dem Fried hof Pankow- Schönholzer Heide ihr Portemonnaie verloren. Der Finder wird um Rückgabe gebeten.

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