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DRITTE BEILAGE

Vorwärts

Die Kritik der Tatsachen

Die Tatsachen selbst kritisieren die Maßnahmen der Hitler- Hugenberg- Regierung

Aufgabe der Presse ist die kritische Beleuc tung von Entwicklungen und Maßnahmen, um die Deffentlichkeit zur Meisterung der im Gesamt­interesse liegenden Aufgaben zu befähigen. In außergewöhnlichen Zeiten tann die Presse auf die Beleuchtung verzichten und die Tatsachen selbst Kritik üben lassen.

Zollerhöhungen

Die Regierung Hitler- Hugenberg hat in den legten 8 Tagen nach den vorhergehenden Zoll­erhöhungen für Vieh, Fleisch, Schmalz und Sped

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eine Reihe weiterer landwirtschaftlicher Zoll­erhöhungen angeordnet. Der Erlös für die Land­wirte soll dadurch steigen. Der Erlös ist aber auch abhängig von den verkauften Mengen, nicht allein vom Preis. Das ist bei allen Zollerhöhungen zu bedenken. Pro Doppelzentner wurden die Ein­fuhrzölle erhöht bei:

Speiseerbsen

Buchweizen

Futterbohnen u. Luninen

von 8 auf 30 Mr.

"

Rot-, Wirfing- u. Weißkohl von 2 bzw. 3

Salat..

Tafelfäfe

eingedickter Milch

12

553736

14288

19

10

"

"

10

"

19

99

カラ

20

99

99

30

90

99

99

99

60

90

"

von 20 bzw. 25

60

"

"

65

80

P

"

Karpfen, Schleie, Forellen

usm.

Bienenhonig

60

"

"

Bei rohem Schweine und Gänsefett, bestem Rinderfett und Rindertalg erfolgten Zoll­erhöhungen entsprechend der Schmazzollerhöhung Don 12 auf 50 Mart.

Angenommen, die Preise steigen ent sprechend der Zollerhöhung, dann wird der Land­mirt von den meisten Produkten, da die Einfuhr meist unbedeutend ist und die Kauffähigkeit der Verbraucher nicht mitsteigt, entsprechend we ni= ger ablegen. Uebrig bleibt nur die Verteue­rung für den Verbraucher. Was der Ver­braucher darüber denkt, wird er so frei fein, am 5. März mit dem Stimmzettel zu fagen.

Sinkender Absatz unvermeidlich

Für die Getreideftüßungsmaßnahmen und die, erhöhten Vieh- und Schmalzzölle hat die Kritik der Tatsachen schon eingesetzt. Die angekündigte verstärkte Magazinierung von Getreide hat die Weizenpreise je Tonne bis um 8 M., die aferpreise sogar bis um 11 m. steigen laffen.

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Die Mehlpreise geben allmählich nach oben. Bleibt es dabei auf die Dauer ist es unwahr scheinlich, weil Einsperrung das Getreide ja nicht verschwinden läßt dann kann das Brot teurer werden, und der Verbraucher wird weniger Fleisch. Butter, Schmalz und Eier essen, noch weniger als bisher. Nun ist aber in der Woche vom 8. bis 15. Februar bereits gestiegen:

der Inder für Schlachtvieh um 7,9 auf 61,6 Proz., hauptsächlich durch Steigerung der Schweinepreise;

der Inder für Vieherzeugnisse um 3,3 auf 88,8 Proz., hauptsächlich durch Erhöhung der Spec, Schmalz- und Talgpreise.

Auf die vom Landwirt abzusehenden Mengen wirken also zwei Faktoren ungünstig ein, einmal das Kleinerwerden der für Veredelungszwecke noch zur Verfügung stehenden Kaufkraft, sodann die Berteuerung dieser Veredelungsprodukte selbst. Troß augenblicklich steigender Preise muß also der Absatz der Landwirtschaft finfen. Aufgabe einer vernünftigen Aararpolitik wäre aber die Steigerung des Absatzes. Dafür gibt es neue Beweise.

Der Fleischverbrauch unter 1913 gesunken

Die Fleischerverbands 3eitung" fellt fest, daß im 4 Quartal 1932 der Rück gang des Fleischverbrauchs sich fortgesetzt hat. Pro Kopf der Bevölkerung sei der Gesamtfleischver­brauch im Jahre 1932 auf 49,2 Kilogramm gegen 50,8 Kilogramm im Jahre 1931 gefunken. Der Fleischkonsum liege damit gleichzeitig seit Jahren zum ersten Male wieder unter dem Durchschnitt des Jahres 1913 Der Frischmilchverbrauch geht dauernd

zurück

Das Preußische Statistische Landes. amt hat festgestellt, daß der Absatz von Frisch­milch im Dezember trotz des stärkeren Verbrauchs zum Weihnachtsfeit noch um 1,7 Proz. ge=

ringer war als im November. Der Absatz von Flaschenmilch( für die Kinder) sei sogar um 5,3 Proz. zurüdgegangen. Begenüber dem De­zember des Vorjahres hob: der Rückgang bes Frischmilchabsages nicht weniger als 10 Proz., der Rückgang des Flaschenmilchabsazes nicht weniger als 20 Broz. betragen.

3m ganzen Jahre 1932 feien 20 Proz. Frisch­milch weniger abgefeht worden als im ganzen Jahre 1930. Die Folge ist, daß die Butter­produktion des Jahres 1932 um 10 Proz. größer war als im Jahre 1930.

Der gefunde Menschenverstand reicht zur Erkenntnis der Ursachen dieser Entwicklung aus Verbraucher wie Landwirt sagen sich, daß Menschen, die von einer zum Leben nicht aus­reichenden Unterstützung existieren müssen, oder deren Einkommen noch schneller sinkt als die Preise, eben nicht genug verbrauchen tönnen und daß da alle Rollerhöhungen eben nichts nügen. Die Verbraucher werden das schon am 5. März zum Ausdruck bringen, die Bauern vielleicht etwas später, aber die sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen!

,, Schaumklöße"

Der Regierung Hitler- Hugenberg nahestehende Unternehmergrupper äußern sich zu den Zollerhöhungen in einer Werfe. die dem ihr mit Recht gewünschten Eindruck, daß ihre Maßnahmen zweckmäßig und zielstrebig sind. nicht günstig ist. Eine Veröffentlichung des Hansabundes, für die Reichsminister a. D Dr. Gothein verantwortlich zeichnet, nennt die Zollerhöhung auf Bieh und Fleisch ein untaugliches Mittel", den Zoll auf Schafe..unsinnig", die Zollerhöhung für Schweine sinnlos" die er­höhten Zölle für Fleisch finnlos und zwed­los", die Zollerhöhung für Schmalz zwar für wirksam. aber töricht", und Reichsminister Dr. Gothein schließt sogar seine Kritik der Zoll­erhöhungen mit den Worten Für die deutsche Landwirtschaft aber find es Schaumflöße, die ihr gar keinen oder nur einen rasch vorüber­gehenden Nutzen bringen..."

Der Fehlerzirkel: Arbeitslosigkeit und Preise steigen

Die ernsteste Kritik der Regierungsmaßnahmen, die in den Tatsachen selbst liegt, ergibt sich aus folgendem:

3m 3anuar ist die Arbeitslosigkeit noch gestiegen. Jn Ergänzung der bekannten offiziellen Ziffern hat der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund   am 18. Februar mitgeteilt, daß im Januar die Bollarbeitslosigkeit sich auf 46,7 Proz. gegen 45.6 Proz. im Dezember erhöht hat und die Kurzarbeit von 22,2 auf 23,3 Broz geftiegen ist. In der Saisongruppe stieg die Boll­arbeitslosigkeit von 83,8 auf 88,7 Pro., in der Koniunkturgruppe von 37,7 auf 43.0 Broz.

Steigende Arbeitslosigkeit heißt sinkendes Bolfseinkommen Bei sinkendem Bolks­einkommen müßten die Preise noch schneller finfen als das Einkommen; nur dann könnte die Produktion ffeigen.

Die Woche vom 8. bis 15. Februar hat aber zum erstenmal seit langem ein Steigen des Großhandelsinder ge­bracht. Der Großhandelsinder hat sich von 90,5 auf 91,2 Proz. erhöht, und wir in erster Linie wegen der Auswirkung der Zollerhöhun- en. Das Elend steigender Arbe'tslofirfeit muß durch stei­gende Preise noch verstärkt werden.

Hiobsnachrichten aus der Industrie

Es geht auch sonst in der Industrie nicht besser, sondern schlechter. Von einer günstigen Auswirkung der fd on fost zur Legende gewordenen Arbeitsbeschaffung tann man nicht mehr sprechen.

Der Kohlenbergbau meldet für Januar trotz der großen Kälte einen Rückgana der arbeitstäglichen Koblenförderung auf 358 382 Tonnen nenen noch 378 171 Tonnen im Dezember. Der Gesamtabsatz des Rheinisch- Westfälischen Kohlensynbitats war im Januar arbeits­täglich um 5,28 Proz. geringer als im De­zember und ohne Zechenselbstverbrauch sogar um 13.17 Proz. fleiner.

Die arbeit tägliche Erzeugung von Braun= fohlenbriketts in Mitteldeutschland   und im

Kommen höhere Eisenzölle?

Freie Bahn für das Monopolkapital

In den letzten Tagen wurde gemeldet, daß man fich in der Reichsregierung eventuell auch mit den Eisenzöllen zu beschäftigen habe. Offenbar handelt es sich um die Frage, ob die Eisenzölle erhöht werden sollen und mindestens um die Frage, ob nicht für bestimmte Fälle Eisenkontin gente festgelegt werden sollen.

Die Möglichkeit, daß die Erhöhung der Eisen­zölle erwogen wird, ist außerordentlich be­merkenswert.

Die Funktion der deutschen   Eisenzölle bestand bisher nur darin, daß sie im Ausmaß des Zolles für die Höherhaltung der deutschen   Eisenpreise über den Weltmarktpreisen eine Steinrechtferti­gung abgab. Der deutsche Eisenmarkt   wird nämlich vollständig von den deutschen   Eisenerzeugern be-­herrscht, und zwar vermöge jener Gebiets= schuza blommen, die bei der Gründung der internationalen Rohstahlgemeinschaft, die jetzt wieder belebt werden soll, abgeschlossen wurden, und die bis heute im wesentlichen voll wirksam waren. Die Bildung der deutschen   Eisen­preise war also eine rein deutsche An­gelegenheit, und ihre Höhe war nur davon abhängig, ob die Reichsregierung gegenüber den Eisenkartellen bei der Preisfestsegung eingriff oder nicht. So wurden ja auch die letzten Preis­fenfungen praktisch durch behördliche Maßnahmen durchgeführt.

Die Erwägung einer Erhöhung der Eisenzölle wird heute nun damit begründet, daß möglicherweise Belgien  , ein Mitglied der Inter­nationalen Rohstahigemeinschaft, fich an die Bin­dungen des internationalen Startells nicht halten würde. Es wurde auch darauf hingewiesen. daß allmählich die japanische und die indische Eisenausfuhr, die durch niedrige Löhne be= günstigt sei, auf dem deutschen   Markt fühlbar geworden ist. Wie dem aber auch sei, aus der Diskussion einer Eisenzollerhöhung geht eindeutig hervor, daß

die deutsche Eifenindustrie ihre Inlandpreise erhöhen möchte.

Es ist weiterhin der Schluß erlaubt, daß man nicht einfach, weil das wirklich zu schlecht aus= sehen würde, die Kartellpreise der Eisenverbände erhöhen will, sondern daß man die gewollte Eisenverteuerung auf dem Wege über eine durch die Konkurrenzverhältnisse notwendig gewordene" 3ollerhöhung durchführen mötte.

Wäre das die Absicht der Interessenten und würde diese Absicht von der Reidsregierung gut­geheißen die Dinge müssen sich in den nächsten Tagen flären, so wäre die Sache angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage in Deutschland  einfach phantastisch. Es wäre freilich begreif­lich, daß die monopolistische Eisenindustrie feinen Anlaß sieht, die deutsche Gesamtwirtschaft zu schonen, wenn nach der agrarischen Seite hin Subventionen über Subventionen ge= währt und Zölle über Zölle erhöht werden. Bis­her hat man das Verfahren gegenüber der Land­wirtschaft aber als Ausnahme verfahren und als Ausnahme notwendigkeit hingestellt.

Würde eine Erhöhung der Eisenpreise erlaubt, so würde die Ausbeutung der nicht durch den Staat oder durch wirksame kartelle besonders geschütten Industrie- und Wirtschaftszweige mitten in der schwersten Wirtschaft trise zum System erhoben und die wirtschaftliche Anarchie wäre innerhalb der privatkapitalistischen Wirt­schaft vollkommen geworden. Die Folgen wären gar nicht abzusehen.

Ein Beispiel dafür, daß man ohne jede Rücksicht auf die Wirtschaftslage und auf die kostenmäßigen Folgen bei den Abnehmern die Eisenpreise erhöhen. will, hat der Verein Deutscher Eisen­gießereien gegeben. Dieser Verein hat er klärt, daß er die Preise für Gußstücke einfach deshalb erhöhen müsse, weil die Industrie zu ihrer Erhaltung höhere Preise brauche. Hier stellt man sich ganz nackt und flar auf den Standpunkt, daß tartellierte Industrien in ihrer Preispolitik feine Rücksicht zu üben brauchen! Dabei stehen gerade bei dieser Industrie die Preise heute noch um 40 bis 58 Proz. über den Borkriegs=

DONNERSTAG, 23. FEBRUAR 1933

Rheinland   ist von 103 004 auf 97 823 Tonnen zu rüdgegangen.

Die Roheisen- und Stahlerzeugung war zwar im Januar etwas höher als im Dezember( zum Teil Sonderaufträge); die Preisverhältnisse im Ausland haben sich aber auch jetzt noch nicht ge= beffert.

Der Verein Deutscher   Maschinenbau­anstalten meldet für Januar eine schwäche re Anfragetätigkeit der Inlands- und Auslandskund­schaft. Der Auftragseingang aus dem Inland hielt knapp die Höhe des Dezember, der aus dem Ausland lag unter dem Dezember- Ergebnis. Der an den geleisteten Arbeitsstunder gemessene Be= schäftigungsgrad ist zum ersten Male seit einigen Monaten wieber zurüdgegangen ,. und zwar von 31,0 aut 303 7 Proz

$

Der Deutsche   3ement Bund meldet für Januar eine Versandmenge von nur 72 000 Tonnen. Das sind 28 Proz weniger als im Dezember.

Die Entwicklung des Außenhandels im Ja­nuar muß man geradezu bedenklich nennen. Die Einfuhr jant gegenüber Dezember um 55 auf 367,8 Millionen, die Ausfuhr aber um 100 auf 390,5 Millionen Der Ausfuhr= überschuß ist von 68 auf 23 Millionen zurüdgegangen Die Fertigwarenausfuhr ist um nicht weniger als 88 auf 299,2 millionen gesunken. Der Januar bringt im: ner Rückgänge gegenüber dem Dezember aber ein Ausfuhrüber­schuß von nur noch 23 Millionen Marf ist bei fortdauernder Krise angesichts der deutschen   Aus­zu landsverpflichtungen lebensgefährlich klein

nennen.

Rückgang der Produktion und Rückgang des Ausfuhrüberschusses im Januar hätten für die feit dem 30. Januar amtierende Hitler­Hugenberg- Regierung ein Warnungszeichen erster Ordnung sein müffer. das Preteniveau nicht steigen zu lassen und der Export pfleglich zu behandeln. Selbst die Unternehmer tönnen nicht der Meinung sein, daß das geschehen ist und wer­den, wenn sie gut berater find, om 5. März ihre Meinung auch nicht hinter dem Berge zurück­halten.

Man braucht also wirklich nur die Tat­fachen zu befragen um zu erkennen, daß die Don der Hitler- Hugenberg- Regierung befolgte Wirtschaftspolitik kaum zu einem guten Ende führen kann. Das arbeitende Bolt wählt jeden­falls

Liste 2 Sozialdemokraten.

preisen, während die eigenen Kosten erheb lich unter den Vorkriegskosten liegen. Bei dieser Industrie ist es ganz klar, daß gerad. die Hochhaltung der Preise zur Verschlechterung der Lage der Industrie beigetragen hat. Weil man aber die Preise zu hoch gehalten hat und infolge= dessen weniger verkaufte, will man jetzt die Preise noch mehr erhöhen!

Genau so liegt es bei der Eisenindustrie. Deutschland   steht vor dem endgültigen wirt­fchaftlichen Untergang, wenn die Kar­telle Freiheit für die Preisbildung bekommen würden, und die Gefahr dieser Entwicklung iſt dringend geworden.

SA. und Zeche Sachsen

Wahlspeck für die Kumpels

Seit Monaten wird in der Oeffentlichkeit ein erbitterter Kampf um die Erhaltung der Zeche Sachsen   geführt. Die sozialdemokra tische Fraktion im Preußischen Landtag hatte in diesem Kampf die Initiative ergriffen, um den 3000 beschäftigten Kumpels die Arbeitsstätte zu erhalten. Die nach dem Abkommen Otto Wolffs mit dem Hantel- Konzern abgerissen und per­schrottet werden solite.

Mit dem herannahenden Wahltermin haben auch die Nationalsozialisten ihr Herz für die Kum­pels entdeckt Nach der Frankfurter Zeitung  " erklärte der Kreisleiter der NSDAP  . in Hamm  , Deter, in einer Rundgebung, daß die drohende Stillegung unterbunden werden müsse. Er. Deter, glaube ganz im Sinne Hitlers   zu handeln, wenn er kurzerhand die Zeche von SA  .- Leuten besetzen lasse, um so die Stillegung zu verhindern.

Die Nationalsozialisten nehmen jezt furz vor dem 5. März den Mund sehr voll. Nach Tische wird sich die Sache anders ansehen, und die Kum­pels auf Beche Sachsen werden vergeblich nad) dem Wahlspeck der SA  - Besetzung Ausschau halten. Was aber werden die Ruhrherzöge zu diesen Freunden sagen, die hier mit pseudobolschewifti. schen Methoden drohen?

Bankfeiertage in Michigan   aufgehoben. Der Gouverneur des Staates Michigan  , Comstoc, hat die Banffeiertage ab Donnerstag in Michigan   aufgehoben.

zur Bereitung

MAGGI Fleischbrüh- Würfel vorzüglicher Fleischbrühsuppen