BTr. 26. �g, öcnt 27. gSvtni 1891. 1. Äshrg. .t Arbeit��., >X Mschrist /// für die MtrOu der Fmeii M MNcheii des MkileliSer Mikes. Organ aller auf dem Boden der modernen Arbeiterbewegung stehenden Vereinigungen der Arbeiterinnen. Gwtracht macht stark Kildnag macht fvei!--»4 Redaktion: Emma Ihrer , Pelten(Mark). Expedition, Druck und Verlag: 55 r. Meyer, Hamburg , Rosenftr. SS. Erscheint wöchentlich einmal und zwar am Sonnabend. Annoncen pro Zeile 20 Pfennig. Vereine erhalten Rabatt. , Abonnement pro Vierteljahr 1 Mark, Einzelnummer 10 Pf. Direkt per Kreuzband Mk. 1,40.% Freunde und Freundinnen! Sorgt für die Verbreitung derArbeiterin"! bor fremlsen THüren fegen. Ein fleißiger Mensch fegt stets vor der eigenen Thüre, und wenn auch nicht jeder Faullenzer vor fremder Thür fegt, so kann man doch ohne Furcht, irgend Jemand zu nahe zu treten, die Behauptung �ausstellen i Jeder, der vor fremder Thür fegt, ist ei!'. Faullenzer. Die deuischen Arbeiter wissen, daß vor ihrer 'Tbür sehr viel zu fegen ist, und sie fegen nach besten Kräften. Die deutschen Arbeiter sind eben fleißige Leute. Die deutschen Arbeitgeber dagegen fegen niemals vor der eigenen Thür ; sie gehen an dem bergehoch aufgehäuften Schmutz vorüber sehen ihn in ihrer Blindheit vielleicht gar nicht und gehen an die Thüren der Arbeiter, um dort, zu segelt. Die deutschen Arbeitgeber sind eben keine fleißigen Leute. Von dieser Eigenthümlichkeit der deutschen Arbeitgeber, die sich bei tausend Gelegenheiten äußert, haben wir jetzt wieder ein recht spaßhaftes Beispiel. Wenn über irgend eine Thatsacke unter allen llrtheilsfähigen Meinungseinstimmigkeit herrscht, so ist es die, daß die Erziehung unserer weiblichen Jugend noch weit schlechter ist als die der männ- lichen, und daß gerade in den sogenannten bürger- lichen Kreisen die Erziehung der Mädchen eine geradezu skandalöse ist, so daß die deutschen Frauen der bürgerlichen Kreise mit ihrer Putz-, Klavier- und Kochsucht und ihrem absoluten Mangel an Karaktersestigkeil das Gespött der englischen und amerikanischen Frauenwelt geworden sind. Draußen eine geputzte Puppe, zu Hause eine Kindermagd und Küchensklavin das ist das deutsche bürger- liche Weib, dessen Emanzipation eine des Schweißes der Edlen werthe Aufgabe ist. Das deutsche Arbeiterweib hat in der Jugend keine bessere Erziehung als das deutsche Bürger- weib, aber es hat durch eine Schule zu gehen, welche die Fehler der Erziehung theilweise gut macht: die Schule des Lebens und die Schule der Arbeit. Die Arbeiterin hat keine Zeit zur Frivolität, sie muß an der Seite des Mannes, tapfer wie die Frauen der alten Germanen, die . mit in die Schlacht zogen, den Kampf ums Dasein kämpfen sie kann nicht französisch parliren, aber sie ist eine Heldin und fühlt sich mit Recht jenen bürgerlichen Putzpuppen und Haussklavinnen überlegen. Wohlan wenn sich unsere Herren Bour- ge.is von der Erbärmlchkeit der Frauenerziehung überzeugt haben, so sollte man meinen, müßten sie doch vor allem an die erbärmliche Erziehung ihrer eigenen Frauen und Töchter denken. Allein weit gefehlt. Sie sehen den Schmutz nicht vor der eigenen Thüre sie haben nach Müßig- gängerart ein unwiderstehliches Bedürfniß, vor fremder Thüre zu fegen, und beschäftigen sich mit der Erziehung der Arbeiterinnen. Mit der Ueberschrist:Unsere Arbeiterfrauen" veröffentlichte dasLeipziger Tageblatt " vor einiger Zeit einen Artikel, aus dem wir das karakteristische herausgreifen wollen. Es sagt unter Anderem: Der Lindenauer Schuldirektor Oskar Pache, der sich in seinen Schriften mit besonderer Liebe der arbeitenden Klasse des deutschen Volkes angenommen hat, hat jetzt in einer trefflichen, zeitgemäßen, objektiv gehaltenen Schrift:Unsere Arbeiterfrauen"*.) dargethan, was uns noth thut, wenn die Arbeiterfrau der hohen, sittlichen und wirthschaftlichen Aufgabe gewachsen sein soll, die ihrer im Leben, nach ihrer ehelichen Verbindung, wartet. Vielfach ist bereits Klage darüber geführt worden, daß es unseren Arbeiterfrauen an der nöthigen hauswirthschaftlichen Ausbildung fehlt. welche unerläßlich ist, wenn Glück und Friede, Wohlstand und Gedeihen durch ihre Hand am häuslichen Herde geschaffen werden soll. Wir begreifen, daß selbst in den ruhigen Zeiten nur eiserne Energie es einer Arbesterfrau ermög- licht, ihr Budget in Ordnung zu erhalten, und daß eine bewunderungswürdige Zähigkeit die Vor- aussetzung einer gedeihlichen Entwicklung des Haushalts ist; denn es �ilt, mit fester Entschieden­heit zur Sicherung aller, auch der geringsten noth- wendigen Ausgaben jeden, auch den schönsten und berechtigtsten Lieblingswunsch zurückzuweisen; es gilt, genau abzuwägen, was unbedingt nothwendig, was nur nützlich und wünschenswerth ist, und auf Grund dieser Benrtheilung mit ruhigem Blute die Entscheidung zu treffen; es gilt immer und immer wieder zu erwägen und zu rechnen, denn oft verändern sich die Preise der nothwendigsten Bedarfsartikel, und in einer starken Arbeiteria- milie genügt ja schon die Vertheuerung des Pfundes Brod um einen Pfennig, die sorgt am erwägende Frau zur Abänderung ihres Budgets zu zwingen. Schon aus diesen Ausführungen ersehen wir, daß diejenige Arbeiterfrau, welche ihr kleines Haus- wesen in Ordnung zu halten versteht, eine gewaltig große finanzielle Aufgabe gelöst hat. daß diese Frau ein gefestigter, sittlich starker Karakter sein muß, der namentlich die so überaus schwere Kunst der Selbstüberwindung zu üben versteht, und wir müssen mit größter Hochachtung einem solch tapfern und tüchtigen Wesen die Anerkennung zollen, die ihm in vollem Umfange gebührt." In gleich be- redter Weise schildert der Verfasser die hohe Auf- gäbe, welche die Arbeiterfrau hinsichtlich der Er- Ziehung der Kinder, der Gesundheitspflege:c. zu erfüllen hat, und zwar unter gleich schwierigen Verhältnissen zu erfüllen hat. Ist die Frau des deutschen Arbeiters der ihr gestellten Aufgabe ge- wachsen? Der Autor verneint diese schwerwie- gende Frage und sucht in klarer, objektiver Weise ') Unsere Arbeiterfrauen. Wie sind sie? Wie sollen sie sein? Ein Beitrag zur Lösung der sozialen Frage von Oskar Pache. Zweite Auflage. Leipzig , Verlag von R. Voiztländer. nachzuweisen, daß der Arbeiterfrau die nöthige Vorbereitung zum Berufe der Hausfrau fehlt. Die Arbeiterfrau ist entweder Dienstmädchen oder Fabrikarbeiterin gewesen. War sie Dienstmädchen. sd ist sie noch nicht glücklicher daran, denn sie wird eine gewisse wirthschaftliche Ausbildung, Fleiß und Pflichtgefühl gelernt haben. Aber man darf nicht vergessen,daß das Dienstmädchen seine wirthschaftliche Ausbildung in einer wohlhabenden Familie, also unter Umständen erhält, die für seine späteren Verhältnisse durchaus nicht maß- gebend sind. Das Mädchen, welches mit verhält- nißmäßig großem Apparate und mit reichlichen Mitteln wirthschaften konnte, ist in der eigenen Familie gezwungen, mit einfachen Hülssmitteln und geringen Beträgen ihre Aufgabe zu lösen, was wesentliche Schwierigkeiten zur Folge hat und eine Kunst bedeutet, die manches dieser Geschöpfe niemals erlernt." Schlimmer ist die Lage noch, wenn He Arbeiterfrau als Mädchen seit ihrem Abgan z aus der Schule gezwungen war, in einer Fabrik Arbeit zu suchen.Verbleibt das Fabrik- mädchen innerhalb seiner Familie, so wird es zwar nicht an mancherlei Anregungen für wirthschaft- liche Dinge fehlen, dasselbe wird auch an ver- schiedenen Arbeiten sich gelegentlich betheiligen, eine umfassendere Thätizkeit in der angegebenen Richtung ist aber vollständig ausgeschlossen. Hat das Fabrikmädchen seine Wohnstätte in der Fremde aufgeschlagen, so kommt auch die letzte Veran- lassung zur Bethätigung in der wirthschaftlichen Arbeit im Wegfall. Der Erwerb in der Produk- tionsstätte sichert die Btittel zur Existenz, erscheint also von einer Bedeutung, hinter welcher die häus- stche Arbeit vollständig verschwindet. Die einsör- mige Thätizkeit in der oft schlecht ventilirten Fabrik, die schärfere Zucht, welche in den großen Werk- stätten nöthig ist, bestimmen das Mädchen, das Gegengewicht in der ungebundenen Ausnützung der freien Zeit zu suchen, und dabei verschwindet auch das letzte Interesse für die wirthschaftliche Arbeit des Hauses. So ist es möglich, daß 19- bis 20jährige Arbeiterinnen nicht mehr im Stande sind, sich einen Strumpf zu stopfen, ein Kleid zu flicken, ein Hemd zu fertigen, noch viel weniger eine genießbare Suppe zu kochen oder ein Fleisch- gericht herzustellen. Es darf auch nicht vergessen werden, daß die Fabrikarbeiterin fast in allen Fällen nur mit mechanischen Arbeiten beschäftigt wird, die sich Tag für Tag in dem langweiligsten Einerlei wiederholen. Der Geist des armen Ge- schöpfes erhält auf diesem Wege auch nicht die geringste Anregung, keinerlei Veranlassung zum Denken, was nothwendig zur Folge haben muß, daß die ernste Schulung der Seele unterbleibt, daß die Intelligenz des Mädchens nicht gefördert wird. Schließlich ist auch noch zu bemerken, daß unter den erwähnten Umständen niemand vor- banden ist, der dem Gemüthe der heranwachsenden Fabrikarbeiterin irgend welche Pflege zu theil werden läßt, und doch giebt die mechanische Ar-