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18. März 1928
Politik.
Blick in die Bücherwelt
Dr. Carl Herz: Die Verwaltungsreform als Aufgabe der Demokratie. Verlagsgesellschaft des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes, Berfin 1927, 51 Seiten. Preis: tart. 1,20 m.( Für Organisationen 80 Pf.)
Die Bedeutung dieser Schrift liegt im Standpunkt ihres Berfaffers. Das Problem der Verwaltungsreform wird hier nicht nur von einem theoretisch geschulten Praktiker behandelt, sondern es wird dargestellt im Rahmen einer marristischen Staatssoziologie. Das kommt allerdings weniger in langen abstrakten Ausführungen zum Ausdrud als in der Art der Stizzierung der Probleme und der Lösungsmöglichkeiten. Man fpürt überall den Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung, obgleich er nur angedeutet werden kann, vor allem aber die Erfenninis des Klassencharafters der Berwaltung, ihrer Formen, der Art des Funktionierens. Es handelt sich hier um ein noch sehr wenig marristisch im einzelnen erforschtes Gebiet des Kampfes um den Staatsapparat. Es ist dies aber nicht nur eine theoretisch sehr intereffante Sphäre, sondern auch ein Kampfplak praktischer Politit. So stellt die Schrift einen grundsäglichen Beitrag dar zum Problem des Einheitsstaates, das heute das Ringen der verschiedenen Gruppen und Klaffen um Verwaltungsherrschaft praktisch zum Ausdruck bringt.
Es ist ein weiterer Vorzug der Schrift, daß sie eine Menge Einzelheiten gruppiert und mit genauer Sachkenntnis die prafti schen Brobleme fizziert, dabei vor der Kritif von Irrtümern und Einzelfehlern in der proletarischen Verwaltungspolitit nicht zurüdschreckend.
Selbstverständlich fann im Rahmen eines erweiterten Referats das weitschichtige Gebiet der Verwaltungsreform im Sinne der proletarischen Demokratie nicht erschöpfend behandelt werden. Die Hauptsache ist der Grundfaz: dezentralisierte Selbstverwaltung ist die dem Aufstieg der proletarischen Klaffe günstigste Form der inneren Staatsorganisation. Ohne sie bleibt die parlamentarische Demokratie selbst in der Form weitestgehender Bariamentsregierung unvollkommen. Es genügt nicht, die Kommandohöhen der Berwaltung mit Republikanern und Sozialisten zu besehen, sondern, so michtig das als Uebergangsmaßnahme ist, helfen fann auf die Dauer mir eine grundsägliche Umformung des heutigen Beamteninitems im Sinne der demokratischen und dezentralisierten Selbstverwaltung. Wir müssen hier anfnüpfen an die Ueberlieferungen der revolutionären Demofratie des Kleinbürgertums und Borproletariats der franzöfifchen Revolution, in Breußen an die stedengebliebenen Re formen des Freiherrn vom Stein. Wir können auch lernen von der englischen Selbstregierung, wenn wir nicht vergessen, daß sie vorwiegend die Selbstregierung der herrschenden Klassen ist.
Am Beispiel vom Verhältnis von Reich und Ländern zeigt Herz, daß der Weg zum Einheitsstaat über diese wirklich revolu tionäre Berwaltungsreform geht. Das hat natürlich zur Boraus legung, daß auch Preußen am Scheidewege, an dem es jekt steht, fich für die dezentralisierte Selbstverwaltung entscheidet. Mag die zentrale, technisch gut organisierte Beamtenverwaltung vom Standpunkt des leitenden Ministers Vorteile bieten, so fommt dieser Gesichtspunkt nicht für die Arbeiterklasse in Frage. Das Proletariat fann nicht, wie vielfach das Bürgertum, einen Herrschaftsapparat wenig verändert übernehmen, um nach vollendeter Revolution seine Minderheitsherrschaft bequem auszuüben. Die Arbeiterklaffe erstrebt auch die Herrschaft der Mehrheit in der Verwaltung und muß fie demokratisieren. Das tann Schwierigkeiten bieten, die aber übermunden werden müssen.
Beilage des Borwärts
Moderne Naturforschung.
Fortflanzung, Vererbung und Stammesgeschichte.
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Unter den neueren medizinischen Forschungen, die uns unge-| einem Bändchen, das„ Die Bererbung" betitelt ist( Berlag ahnte Ein- und Ausblicke eröffnet haben, gehört insbesondere die Hirt, Breslau . 142 S.) Unser Wissen über die Bererbungsfragen tiefere Kenntnis von den mannigfachen Aufgaben, die die sogenann ist noch mangelhaft genug, aber trotzdem hat die Fülle der befannten„ Drüsen mit innerer Sefretion" im Körper zu erfüllen haben. ten Tatsachen bereits einen derartigen Umfang angenommen, daß Was wir bisher über Ernährung, Wachstum und Zeugung, über selbst der Fachforscher nicht mehr in der Lage ist, das Gebiet in Rörperfonftitution und Seelenverfaffung wußten, war nur die allen Einzelheiten zu übersehen. Juft versteht es, die wesentlichen äußere Schale, der Kern blieb uns verborgen. Die Lehre von der Punkte aus der Masse der Tatsachen herauszuheben und damit eine inneren Gefretion entdeckte uns diesen Motor des Lebens, dessen Uebersicht zu schaffen, die auch der Nichinaturwissenschaftier begreift. Funktionen nicht zum geringsten Teil in den Dienst der Arterhaltung Es gehört allerdings ein gewiffes Interesse dazu, sich durch das gestellt sind, ohne daß damit seine Bedeutung erschöpft wäre. Buch hindurchzulesen. Anfänger in dieser Art Lettüre werden kaum Den Abschnitt des Drüsenapparates, dem die Regulierung der auf ihre Kosten kommen. Für den, der sich mit folchen Fragen feguellen Funktionen anvertraut ist, schildert Julius Cowy bereits öfter befaßt hat, ist allerdings die Beschäftigung mit den in seinem Buche„ Das Wunder der Liebe"( Seffe und Ausführungen Justs ein größerer Gewinn, es erspart die Durch Becker Berlag, Leipzig . 142 G.). Diese allgemeinverständliche Dar arbeitung umfangreicherer Werke, die mühselig ist, ohne mehr zu stellung der Wirkungsweise der Pubertätsdrüsen ist umfassend, ohne geben als die Wiederholung von Tatsachenmaterial. Was der Autor sich in spekulative Einzelheiten zu verlieren, sie gibt das, was bisher über die Entstehung neuer Erbanlagen fagt als sicher ertannt ist und vermittelt darüber hinaus die Kenntnis heißesten umstrittenen Probleme, die es überhaupt in der Wissen biologischer Zusammenhänge auch auf anderen Gebieten. Trotz aller schaft gibt ist sehr vorsichtig gefaßt und dürfte viel ausführlicher Gründlichkeit soweit der Raum sie zuläßt ist das Buch flott fein; die experimentelle Bearbeitung gerade dieser Frage gestattet geschrieben und reizt auch ten zur Lektüre, der sonst nicht geneigt jezt schon, erheblich mehr zu sagen, als Just es wagt. Die turze oder gewöhnt ist, sich mit physiologischen Fragen zu befassen. Literaturzusammenstellung am Schluß des Buches gestattet den. jenigen, die sich über Einzelheiten orientieren wollen, ein Zurecht finden in dem Dickicht der Fachveröffentlichungen. Drud und Bildermaterial des Buches stehen auf einer erfreulichen Höhe
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Prof. Dr. Heinrich Schmidts Werfchen Fruchtbarkeit und Bermehrung"( Uraniaverlagsgesellschaft, Jena . 96 S.) befaßt sich mit den technischen und zahlenmäßigen Vorgängen bei der Bermehrung und der Brutpflege in der Tierwelt und der Art erhaltung bei den Pflanzen. Der Autor bleibt aber nicht bei der reinen Beschreibung stehen, sondern geht auch zur soziologischen Betrachtung des Problems über, foweit es den Menschen betrifft. Er setzt sich dabei mit Malthus und Darwin auseinander und endet mit einer Feststellung, die ihrerseits wieder einen neuen Ausgangs punkt darstellt, daß für den Menschen die Fortpflanzung nicht mehr ein bloßer Naturprozeß ist, sondern mehr und mehr zu einem Kulturprozeß wird, der von der menschlichen Vernunft geregelt werden muß. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, deutet Schmidt bereits in seinen Ausführungen über den Einfluß der einzelnen Lebensfaktoren, namentlich des Milieus, an.
lehre behandelt der Greifswalder Privatdozent Günther Juff in Das ungeheuer umfangreiche Gebiet der Vererbungs
bewiesen" hat. Die Boltsmassen, vor allem die Arbeiterschaft, dürfen über die staatlichen Grenzen hinaus, mit vollkommener Deutlichkeit die Weltwirtschaftspolitit nicht zuständigen" bürgerlichen Gelehrten und Interessenten" überlassen. Die umfangreiche, von Tag zu Tag anschwellende Literatur über die Weltwirtschaft ist aber in der Regel nicht geeignet, den Wissensdurft der Arbeiter zu befriedigen. Es fehlt an gemeinverständlichen wissenschaftlichen Schriften, die das komplizierte Thema vom marristischen Standpunkt behandeln. Das Buch von Bienstock füllt im hohen Maße diese Lücke aus. Die Schrift behandelt das Werden der Weltwirtschaft, die zwischenstaatlichen Menschenwanderungen, die internationalen Ka pitalwanderungen, die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung, die Preisbildung auf den Weltmärkten, die internationale Wirtschaftspolitit Selbstverständlich ist Herz nicht blind für die Nebendinge: der Interessenten, die Organisation der Weltwirtschaft und die interOrganisationsreform, Beamtenausbildung, Brechung der Storps nationale Wirtschaftspolitik des Sozialismus. Bienstod beftreitet die herrschaft usw. Er sieht aber auch diese unter proletarisch politischem unter einem gewissen Teil der Arbeiterschaft verbreitete Ansicht, daß Gefichtspunkt. Wichtig erscheint uns, daß Herz, wie alle maßgeben die tapitalistische Weltwirtschaft ihrem Untergange entgegentreibt". den proletarischen Staatstheoretiter( Kautsky , Bauer usw.) die Ent- Bekanntlich wird dieser Glaube an den Untergang de. Beltkapitabureautratifierung der Wirtschaftsverwaltung verlangt, für die belismus" mit dem Prozeß der allgemeinen Industrialisierung der sondere Organisationsformen zu entwickeln sind. Weltwirtschaft in Zusammenhang gebracht. Mit Recht betont dem Auch dem Verwaltungsvraftifer gibt Herz eine Menae Anregungen, während er den Theoretiter in die Dynamit der Berwal- gegenüber der Verfasser, daß die Welt sich nicht am Ende, sondern in der Mitte, wenn nicht im Anfang, eines gewaltigen Industria tung einführt. So ist diese Schrift ein Vorstoß in das Gebiet lisierungsprozesses" befindet. das Gebiet lifterungsprozesses" befindet. Damit aber eröffnet fich für die marristischer Berwaltungswissenschaft Otto Jenssen . Rapitalausfuhr und auch für den Warenerport aus den Industrieländern ein gewaltiges Feld". Die untrifische Auffassung von der nächsten Zukunft des Weltfapitals fei geeignet, das Intereffe des Proletariats für die außerordentlich wichtigen Probleme der inter nationalen Wirtschaftspolitik lahmzulegen.
Weltwirtschaft.
Gregor Bienstod: Einführung in die Weltwirtschaft E. Laubsche Berlagsbuchhandlung. Berlin 1927. 164 S. Breis
fart. 2,50 m.
Diese Schrift ftellt einen Abriß der Borlesungen bar, die der Berfasser in der Berliner Arbeiterbildungsschule wie auch in einigen Bezirken gehalten hat. Sie tommt zur rechten Zeit. Vor dem Weltkriege haben nur die Nationalötonomen und Birtschaftsführer fich für die Fragen der Weltwirtschaft interessiert. Jegt ist es anders geworden. Mit Recht betont der Berfaffer, daß der Weltkrieg den engen wirtschaftlichen Zusammenhang innerhalb der Weltwirtschaft,
Im Schlußtapitel entwirft der Berfasser die Grundzüge einer felbständigen internationalen Wirtschaftspolitik des Sozialismus, die darauf gerichtet jein muß, den Prozeß der internationalen Arbeits teilung in bewußter und vorsichtiger Beise zu dem großen Ziel der Befriedigung der Bedürfnisse der ganzen Menschheit zu lenten". Ge rade deshalb erhalten auch die Ansäge einer überstaatlichen Orga nisation, wie der Völkerbund , eine außerordentliche Bedeutung für die internationale Wirtschaftspolitik des Proletariats.
Die inhaltsreiche, gut gegliederte und durchdachte Schrift fann auf das wärmste empfohlen werden. Peter Garwŋ.
eines der am
In der Sammlung Wissenschaft und Bildung"( Berlag Quelle u. Meyer, Leipzig ) erschien von Dr. Mar Hilzheimer„ Die Stammesgeschichte der Menschen"( 148 5.). Das Buch, das aus Borlesungen an der Volkshochschule Groß- Berlin hervorgegangen ist, bietet an sich nichts Neues, weder an Material noch an Gesichtspunften, aber es ist für den entwicklungsgeschichtlich intereffierten Laien sicherlich eine brauchbare Zusammenfaffung alles deffen, was er sich sonst erst mühselig aus dicen Wälzern zufammensuchen muß. Natürlich gibt es schon mehrere ähnliche populäre Darstellungen, aber Hilzheimers Buch besticht durch Kürze und Uebersichtlichkeit. In einer späteren Auflage würde es sich empfehlen, einige morphologische Einzelheiten fortzulassen und da für der biologischen Darstellung etwas mehr Raum zu gewähren. Kurt Biging.
Geschichte.
Michael Smilg- Benario: Der Zusammenbruch der 3arenmonarchie. Amalthea- Verlag. Zürich - Leipzig - Wien . 300 Seiten. Preis 12 Mt.
Die Kunst der Geschichtsschreibung ist schon an sich schwer. Doppelt schwer ist aber die Geschichtsschreibung der Gegenwart, da es hierzu notwendig ist, unvoreingenommenheit und Objektivität zu bewahren, um die Ereignisse richtig einordnen, erläutern und be urteilen zu können.
Unter den zahlreichen Schriften, die der russischen Revolution von 1917 gewidmet sind, zeichnet sich das umfangreiche und intereffante Wert von Smilg- Benario durch die Fülle des Tatsachenmaterials aus sowie durch das Streben, die Klaffengegenfäge schon am Borabend und in der Frühzeit der Märzrepolution aufzudeden. Leider ist es dem Verfasser trop feiner guten Abfichten nicht ge lungen, objektiv zu bleiben und eine wissenschaftlich fundierte Schrift zu liefern.
In der Zusammenstellung und Beurteilung der wichtigsten Ereignisse der Märzrevolution folgt der Verfasser, obgleich er tein ausgesprochener Bolschewist ist, dem bekannten bolichemistischen Schema. Den tommunistischen Geschichtsschreibern fulgend, überfchaßt er ungemein die Rolle der Bolschewisten in der Borbereitung und Durchführung der Märzrevolution und bemüht fich gleichzeitig, die Rolle der Menschemisten herabzusehen und zu entstellen. Es ist nicht wahr, daß die gemäßigten Sozialisten zu denen der Berfaffer alle nichtbolschemistischen Richtungen des ruffifchen Sozialismus Don Blechanow bis Martow rechnet thre Aufgabe in der Berteidigung der alten Rußland " fahen und die revolutionäre Bes megung der Arbeiterschaft" in ben Dienst der bürgerlichen Dumaopposition zu stellen beabsichtigen. Der Berfaffer irrt auch, wenn er die Rolle des bürgerlichen Liberalismus und der Dumaopposition am Borabend und in den ersten Tagen der Märzrevolution als gegenrevolutionär" bezeichnet. Die proletarischen Massen und das Soldatentum( d. h. die bewaffnete Bauernschaft) spielten bekanntlich eine entscheidende Rolle in der Märzrevolution. Nur unter ihrem Drud wurde die ängstliche Dumaopposition gezmungen. sich an die
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