Nr. 4 15. April 1928 �Hlick in öie �ücherivelt Vellage des Vorwärts Erzählende Literatur. Karl Schröden Aktiengesellschaft chammerlugk. Lüchergilde Gutenberg, 204 Seiten. Das Schrifttum unserer Tage hat keinen Mangel an antikapita- listischen Dramen, Romanen und Novellen. Wenn in der Fülle solcher Dichtungen eine Erzählung, wie dieseAktien-Gesellschaft nammerlugf" in besonderer Weise hervorsticht und den Leser sessell bis zur letzten Zeile, so bekommt die Frage nach dem Geheimnis der Wirkung tieferen Grund. Das Geheimnis des Erzählers Schröder ist dieses: er gibt einen Einblick in das innerste Getriebe der kapita- listischen Wirtschafts Mechanik. Cr verzichtet auf kunstvoll- romaneske Fabulierung eines Einzelschicksals, und hält sich dafür an die Schilderung der Dramatik einer Wirtschaft, die dia. Phantasie eines Poeten in den Schatten zu stellen vermag. Er gibt eine verblüffende Schilderung vom Raffinement eines Systems, in dem fiktive Werte bösartige Realitiäten werden, in dem hinter dem so hannlos an- mutenden Papier der Aktie sich Knäuel von Lumperei und Schäbig- Zeit zusammenwirren, in dem Finanzämter sowohl wie Konten privater Jnteresienten nach allen Regeln der Kunst begaunert werden, und zwar völliglegal". Schröder erzählt uns, wie man Sanierungen vornimmt, indem man Krankheitsstoff« aus dem einen Werkkörper herausnimmt, um sie in den anderen zu übertragen; er erzählt von der pfiffigen Schiebung der Tochter- und Schachtel-Gesellschasten, und vor allem macht er uns mit der fo oft überfehenen Tatsache bekannt, wie dieses ganze kapitalistische Geschiebe und Getriebe wirtschaftlich und mo- raiisch verheerend in der Klaff« der Kapitalisten selber sich auswirkt, wie auch der Ausbeuter und Raffer keinen Augenblick vor dem Biß dessen sicher ist, der noch besser und raffinierter auszubeuten und zu raffen vermag als er. Ein überaus praktischer Anschauungsunter- rjcht ist es, der in dieser Erzählung dem Arbeiterleser vom Wesen d«s Kapitals gegeben wird, so anschaulich und praktisch, daß man wünschen möchte, das alles wäre noch um ein paar Bogen weiter verfolgt worden. Die.Handlung" ist einfach geschürzt: Ein junger Dr. Erwin Grünberg muß das beabsichtigte Lebensziel eines akademischen Lehrers fallen lassen und umsatteln. Mit allen guten Borsätzen kommt er in die Stellung eines Privatkekretärs des Direktors Ma- lente der A.-G. Hammcrlugk, lernt hier den oben skizzierten Schieber- betrieb gründlichst kennen, sieht aber auch das Elendsdasein der Ar- b«iter   und die nicht Minder skandalöse Existenz der Angestellten und landest schließlich bei der Notwendigkeit, die sich noch immer für jeden anständigen Menschen ergab: lieber knappes Brot essen, aber reine Luft atmen zu wollen. Eine zarte Liebesgeschichte flicht sich hinein. Das Ganze wird mit künstlerisch reifen und kulttvierteu Mitteln vorgetragen. Das in jeder Beziehung empfehlenswerte Buch ist vom Verlag der Büchergilde Gutenberg in bekannt guter Ausstattung heraus- gebracht worden. Es ist die erste dichterische Zlrbeit, die Karl Schröder   vorlegt. Sie bedeutet für ihn einen vollen Erfolg. Mit Recht kann man auf den vomBücherkreis" angekündigten, dem- nächst erscheinenden ffkoman SchrödersDer Sprung über den Schallen" gespannt fein. Friedrich Wendel  . Martin Andersen   ZfcxS: Lauern. Novellen. Verlag Albert Langen  , Minchen. 290 Seiten. Preis 6 M. lieber achtundzwo nzig Jahre erstreckt sich die Entstehungs- geschichte dieser Novellen. Die erste dieses Bandes wurde 1894 ge- schrieben, die letzte 1922- Aber alle zusammen sind sie fest verwoben zu� einem starken, haltbaren, wenn auch nicht immer ganz gleich- müßigen Faden, der uns durch das Labyrinth einer Volksseele führt. Was uns Nexö   hier verstehen lehren will, ist der dänische Bauer, und sein Gegenstück, der dänische Landarbeiter. Was er zeigt, ist mehr, ist ein Zlnsschnitt aus dem großen WeltkapitelMensch". In Scelenphotographien hält Nexö   bald dies, bald das fest. Er lobt kaum und er tadest kaum: er enthüllt nur die Dinge wie sie sind, ihre Wahrheit und die Ursachen, die sie entstehen ließen. Mit so billigen Begriffen wiegut" undböse" läßt sich da nichts anfangen. Die Frau, die ihren alten, ein wenig trottelhasten Mann ermorden läßt, weil ihr« buchstabengläubige Moral es ihr verbietet, an ihm zur Ehebrecherin zu werden, die aber noch in der Mordnacht den Mörder in ihrem Bett aufnimmt, ist ebensowenig schlecht wie der Einarmige, der sich trotz einer gesicherten Lebensstellung aus verletzter körper- sicher Eitelkeit erhängt, ohne auch nur einen Gedanken für feine Braut zu haben, die Jugend und Geld für ihn opferte. Auch der Schmied, der sein Neugeborenes fallen läßt, um zu sehen, ob es von rechtem Holze sei", der aus demselben Grunde den heran- wachsenden Knaben grauenvoll plagt und ihn damit zu einem heim- tückischen, boshaften Scheusal macht, ist nicht schlecht. Nur eine Triebfeder steckt in allem: Dummheit, die in einem satten Bauch, in einer vollen Geldtasche ihren Nährboden findet. Wo dieser Boden fehlt, da trägt sie nicht ihre fetten, tollen Früchte, sondern sie treibt die leere, verkümmerte Aehre der Dumpfheit. Beide, die Dummheit und die Dumpfheit, sind Moderpflanzen des Dunkels. Man kann sie nicht ausroden. Man muß die Bretter niederreißen, die dem Lichte der Erkenntnis den Weg versperren, wenn man sie zum Absterben bringen will. Der einzelne geht an diesem Versuch zugrunde. Aber trotzdem wissen immer mehr und mehr um das Licht, und immer wieder findet sich ein Mutiger. Und einmal werden die Bretter fallen. Die Zähigkeit der Bauern- schädel, die sich für soviel Sinnloses und Schädliches einsetzt, wird eines Tages auch ihre Kraft am Guten, Nützlichen erproben. Eines sehr fernen Tages vielleicht erst. Aber kommen wird dieser Tag. Das ist der große Glaube dieses Buches. Trude E. Schulz. Joseph Eonrad: Sieg(Roman  ). 476 S. N o st r o m o (Roman  ). 617 S. S. Fischer Berlag, Berlin  . Conrads Romane stehen außerhalb jedes Schemas, sie behan- dein Abenteuer, sie schildern die See, die Tropen, ferne Länder, sie geben Porträts seltsamer Menschen mit der Treffsicherheit des photo- graphischen Apparats, sie malen daneben die Alltäglichkett, sie sind manchmal von stiller Melancholie und manchmal überlegen iranisch, aber alle Elemente mischen sich, kinematographisch schnell huschen die Situationen vorüber, die Menschen sind wirklich und unwirtlich, bald scharf umriffen, bald von verschwimmenden Konturen, bald un» Neuere Geschichisliteratur. Zwei wichtige Reuerscheinungen. Hans Delbrück  : Weltgeschichte. 1. Teil. Das Altertum, 671 S. 2. Teil. Das Mittelalter. 84S S. 3. Teil. Neuzeit bis zum Tode Friedrichs des Großen, 676 S. 4. Teil. Neuzeit. Die Revo- lutionsperiod« von 1789 bis 18Z2. 800 S. Preis je Band, Halb- leder, 25 M. Johannes Ziekurfch: Politische Geschichte des neuen deutschen Kaiserreiches. 2. Band: Das Zeitalter Bis- morcks(18711890). Frankfurter   Sozietätsdruckerei, Frankfurt  o. M. 1927. 484 Seiten. Bon Delbrücks monumentaler Weltgeschichte liegen nun vier Bände vor. Ein durchaus persönliches Werk, die Zusammenfassung einer Lebensarbeit, begründet auf einem erstaunlichen Detailwiffen, zugleich Erbe und Zeugnis einer aussterbenden Gelehrtengeneration, die noch den ganzen Umfang einer Wissenschaft von Grund auf zu erfassen versuchte, einen Stamm zahlreicher Schüler aussandte, die richtunggebend für herrschende Auffassungen und Lehrmeinungen wurde. Solche Männer wie Kuno Fischer  , Schmoller, Lamprecht wird unsere, auch in der Wisfenschast pragmatisch sich einstellende Zell nicht mehr hervorbringen. Die Kluft zwischen der Fülle des Einzelwiffens und dem Streben nach philofophifchcr Synthese tonnte noch von Hegel durch die dia- lektische Konstruktion, von Raak« durch die metaphysisch-idealisttsche Grundauffassung überbrückt werden. Auch Delbrück   sucht diese Brücke; aber nicht auf dem Wege zweckmäßiger Rationalisierung, wie etwa Lamprecht, Breysig, Aulard, sondern rückwärts gewandt in einer SynilPse von Hegel und Ranke mit stark protestaniisch-gläubigem Hintergrund. Von Ranke   übernimmt er die Ideeulehre, die er aber stärker empirisch zu begründen versucht, befonders durch die Einschal- tung des Perfönlichen. Mit Hegel   sucht«r dieSelbstoffenbarung des Geistes" als Zweck der Geschichte und den Staat als Urgrund aller menschlichen Erscheinungen zu begreisen. Nicht in historischen Gesetzen und soziologischen Entwicklungsrechen, sondern durch die Polarität gegeneinander wirkender Ideen wie Individuum und Gemeinschaft, Persönlichkeit und Masse, Staat und Kirche, Staat und Gesellschaft möchte er die Fülle der Erscheinungen fassen. In der Ausführung entgeht er jedoch nicht der Gefahr, die gefchichttiche Bewegung zu einem..bloßen Durcheinander von Vorgängen" werden zu lassen (Brie ä brec des Hittorismus, wie es Lamprecht genannt hat), be- sonders in der Ueberoetonung des Persönlichen, das im dritten Band ein auch durch die Notwendigkeit des Zusammenhangs nicht gerecht- fertigt« Vereinzelung erfährt(vgl. die beinahe wie eine Satire wirkende Stelle III. S. 447, in der eine legendäre Klatschgeschichte in unmittelbare Nähe von ganz abstrakten Zweckgedanken gebracht wird, ähnlich III. S. 450). In der Bewunderung für Persönlich- ketten, die sich besonders bei Napoleon   beinahe enthussastisch äußert. Legen so starte subjektive Elemente, daß die Kritik auf Einzelheiten verzichten muß. Di« Wirkung der Ideen wird nicht aus materiell greifbaren Ursachen abgeleitet. Die dualistische Auffassung Delbrücks gibt ihnen eine Eitzeneristenz, die für die Wertgesichtspunkte entscheidend ist. Z. B. sind für ihn der Kölner Dom   und das Nibelungenlieddie beiden grandiosesten Schöpfungen des Mtttelallers". Selbst die Wissenschait, sogar die Naturwissenschaft, spielt eine untergeordnete Rolle. Kein Wunder, daß er jede monistische Erklärung, die aus der Naturverbundenheit des Menschen die gesellschaftlichen und recht- lichen Formen zu verstehen sucht, hartnäckig ablehnt. Mit Vorliebe wendet er sich gegen diesozialdemokratische Geschichtsauffassung", wie er sie versteht. Mit den von den soziologisch und ökonomisch ge- richteten Historikern aufgeworfenen Problemen der Zusammenhänge zwischen Produktionsverhältnissen, sozialen Stufen, Klassenbildung und geistigen Bewegungen beschäftigt er sich ausfallenderweise nur gelegentlich im römischen Altertum� wo ihn die recht einseitigen untersuchuntzen Pöhlmanns leiten. Seine Auseinandersetzungen mit Mehring und Cunow I. S. 577, IV. S. 197, weisen auf die Schwäche und Einseitigkeit seiner Stellunjj. Wenn Mehring ihn nach dem Er- scheinen derGeschickte der Kriegskunst" für die materialistische Ge- schichtsauffassung reklamiert hat. wogegen Delbrück, sich sträubt, zeigen in der Wellaeschichte Stellen wie III. S. 250 f.. 343 f.. 392, daß solche Betrachtungsweisen ihm nicht fremd sind, sobald er auf seinem Spezialgebiete, der Kriegsgeschichte, nach tieferen Zusammenhängen sucht. Nur daß er das historisch Wirtsame dieser ökonomisch-tech- Nischen Ursachen in dem Genius derHelden" steht. Bei der Analyse des BegriffsMasse" kommt er auffallenderweise gerade In der neueren Zeit über die ständisch-rechtlichen Unterschiede nicht hinaus. Den AusdruckKlassenkampf" oerwendet er nur in der Polemik gegen Marx, der für ihnals Demagoge«in Heros, als Denkerein Sophist, als Gelehrter ein Scharlatan" ist. Diese der heutigen Generation un- begreifliche Horizontenge, dieser zünftlerische Hochmut erregt Mit- leid. Eine absterbende Generation! Im Rahmen der zünftigen Unioersitätshistoriter bleibt Delbrück  trotzdem eine imponierende Erscheinung. Er hatte den Mut. seinen eigenen Weg zu gehen und dasPreußeittum", den Treiffchkekult, die Hohenzollernlegende zu bekämpfen; ziemlich einsam, wie Max Leh- mann, der ihm in der Grundanschauung verwandt, aber offiziös kollgestellt war. Inzwischen sind ihm Meinecke und� Brandenburg auf diesem Weg nachgefolgt. In Bd. III und IV mögen die durch dieborussizistische" Geschichtsauffassung(Duncker, Droysen  ) verbil­deten Geschichtschrerbcr und Lehrbuchverfasser ihr« Prunk- uvS Schaustücke begraben. Es sei auf die grundsätzliche Ausemander- setzung Bd. III S. 69 f. hingewiesen. S. 88 wird die Legende vv« der deutschnationalen Haltung des großen Kurfürsten zerstört.M» den Worten: Gedenke, daß du ein Deuffcher bist!, die er gelegeni- sich' einmal gesprochen, darf man ihn nicht charakterisieren wollen, als ob er bewußt seine Politik in den Dienst des deutschen Reichs- gedantcns gestellt".(III. S. 526) Die vielbeliebten, neuerdings durch die Filmpropoganda popularisierten Fridericusgeschichten werden ihres Nimbus entkleidet und damll der vielverlästerte Hege- mann gerechtfertigt. S. 600 werden die persönlich egoistischen Mo- tive sür den ersten schlesffchen Krieg zugegeben, S. 601 die Fluäst aus der Molwitzer Schlacht. S. 610 wird Max Lehmanns Ansicht über den Ausbruch des Siebenjährigen Krieges(gegen den Präventiv- krieg),die in der Zunft der deutschen Historiker einen Sturni patriotischer Entrüstung erregte", als völlig durchschlagend bezeichnet. Die Widersprüche zwischen Theorie und Praxis bei Friedrich werde:» deutlich herausgearbeitet(besonders im Hinblick aus den Anti-Mac» chiavell). Der Generationen lang als byzantinische Legende verbreitet« Müller-Arnold-Prozeßdem er seine Popularität fast nicht weniger als seinen Heldentaten verdankt", wird durch politische und Wirtschaft- liche Motive, nicht durch Humanität oder Rechtsgefühl begründet. Die Bedrückungen des Volks durch Steuern und Verwallungsschikane werden zugegeben, ebenso die einseitige Bevorzugung des Adels. Der Siebenjährige Krieg hat dem Staat Preußen nichts eingetragen als den Ruhin." Besonders wertvoll sind die Abschnitte über das Fiasko des deutschen Bundes und die Reaktion in Preußen. Wenn auch versucht wird, zu verstehen, warum dieser aus den verschiedensten Landschasts- und Bevölkerungsteilen zusammen gewürfelte Saateine klägliche Figur" machen müßte. Die Widerstände Friedrick WU- Helms III. und der junkerlichen Kreise gegen den Derfassungs- oedanken und gegen die Reformer werden ähnlich wie bei Mar Lehmann charakterisiert Die Ablehnung der Volkssouveränität durch Friedrich Wilhelm IV.   wird aus dessen Brief an E. M. Arndt illustriert. Es wäre zu wiin-schsn, daß der noch zu erwartende fünfte Band diese ersreuliche Klärung für die Geschichte des Kaiserreiches fortsetzt. Bei der Einstellung Delbrücks ist jedoch zu befürchten, daß die Persönlichkell Bismarcks eine überragende Rolle svielen wird. für diese Zeit gibt ober die soeben erschienene Darstellung von i e k u r s ch die heute von vielen begehrte Ergänzung. Der zweite Band von Zieiurschs Gcschidste des Kaiserreichs(vgl. die Besprechung des ersten Bandes vom 4. April 1926) hält, was vom ersten Band her zu erwarten war. Die schwierige Aufteilung der an Stoffülle und Problematik überreichen Zeit sucht Ziekurfch durch eine getrennte Behandlung der Außen- und der Innenpolitik zu lösen. Die sachlichen Bedenken gegen eine solche Trennung werden durch den Gesamteindruck bestätigt, daß, abgesehen von der stark persönlichen Motivierung, die legten materiellen Triebkräfte und die Zwangsläufigkeit der Außenpolitik Bismarcks nicht völlig über- zeugend hervortreten. Gegenüber den gründlichen Darstellungen Brandenburgs   und R a ch f a h l s bringt feine Darstellung nichts wesentlich Neues. Immerhin ist wertvoll, daß die Rechen- fehler Bismarcks beim Berliner   Kongreß, beim Abschluß des Drei- bunds und der lleberschätzung des RückVersicherungsvertrags, sowie der Ilnterschätzung der deutsch  -englischcn Bezishungen deutlich gekenn- zeichnet werden. Die letzte Quelle der Bismarckschen Irrtümer liegt in dem Bestreben, die Außenpolttik in den Dienst des monarchischen Gedankens zu stellen. Hier ist nach Ziekursch die Brücke zwischen Bismarcks Außen- und Innenpolitik. In diesem Sinne ist die durch die Verfassung des norddeutschen Bundes und die erste Reichsverfassung geschaffene Alleinherrschaft des Kanzlers die Ursache des außenpolitischen Fiaskos und des innen- politischen Zusammenbruchs. Der fruchtlose Kampf gegen die katho- lische Kirche, die Polenunterdrückung und das Sozialistengesetz mit seiner völligen NMennung der sozialen Frage sind die Symptome des innenpolitischen Mißerfolgs. Sein Sturz ist nach Ziekursch also ein« Folge verfehlter Innenpolitik. Seit dem Auftauchen der so- zialen Frage war sich Bismarck   im klaren, daß entweder gewaltsamer Sturz der Verfassung oder sein eigener Sturz die Lösung war. Es ist des Verfassers besonderes Verdienst, daß er auf diesen Konflikt mit ausführlichen Belegen über Bismarcks Staatsstreich- absichten hingewiesen hat(vgl. S. 359, 363, 436, 447). So kommt Ziekursch zu dem Ergebnis:Der Sturz Bismarcks konnte nur durch einen Bruch mit Bismarcks Staatsfonn gerechtfertigt werden, der 18. März 1890 mußte zur Revolution wie der 18. Mörz 1848 werden" Daß diese Revolution weder im Volke für notwendig ge- halten, noch von dem jungen Monarchen als Gefahr erkannt wurde, weist wieder auf die letzte Ursache für den Zusammenbruch des Kaiserreichs hin. Damit gibt Ziekursch das Leitmotiv für den noch zu erwartenden Band(Das Zeitalter Wilhelms II.), der hoffentlich bald folgen wird. Erwin Marquardt. erträglich banal, bald voll mystischer Sehnsucht. Vielgestaltig und vielgesichtig ist die Well dieser Romane, so vielgestalttg und ständig fließend, wie das Leben selber. Was ist dieser Varon Heyst inS i e g"? Ein Abenteurer, der keine Abenteuer sucht, der zwecklos zwischen den Inseln der malayischen Archipele herumgondelt und hin und wieder vom Grün- dungsfieber geschüttelt wird, ein Mensch von korrekt gesellschaftlicher Haltung zwischen Leuten, die im heißen Klima wieder zum Tier herabsinken,«in Wohlläter, dem niemand die Wohllaten glaubt, und ein skeptischer Philosoph, der die Menschen verachtet, weil er hinter ihre Masken schaut. Und dann erlebt dieser alle menschlichen Bin- düngen ablehnende Weltmann sein Damaskus  , als er die kleme Tän- zerin aus Surabaja   mtt sich in die Einsamkeit nimmt. Hier durch- bricht er die starr« Haltung, und im Augenblick der höchsten Gefahr verwachsen die beiden Menschen miteinander und finden gemeinsam den Tod. Und was ist N o st r o m o, der kühne Nachkomme der Kon- quistadoren und Kondottteri? Ein Abenteurer? Vielleicht. Auch bei Nostromo eine Wandlung, aber zu einem anderen Ziel hin. Dieser Vorarbetter in den Häsen einer südamerikanischen Republil. kühn und ungezügelt, de» Mächtigen ergeben, nicht nach Geld strebend, sondern sich mit dem Ruhme des kühnsten Mannes beschei- denk», erkennt eines Nachts, als er unter Todesgefahr aus der be­lagerten Stadt einen Silberschatz auf einem Boot rettet, daß er letzten Endes ein großer Narr ist. Was bedeutet er den Reichen? Weniger als nichts. Er schafft den Schatz auf eine Insel und gibt nur r Sigapette euooen' inoni&n?