Berliner
Volks- Tribüne
Social- Politisches Wochenblatt.
-
-
Die Berliner Volts- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh. Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus). Einzelne Nummer 15 Pfg. Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 mt. 50 Bfg.; eingetragen unter Nr. 850 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1888.)
Redaktion und Expedition:
S.O.( 26). Oranien- Straße 23.
№. 50.
-
-
Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Naum mit 20 Bfg. berechnet. Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Bfg.- Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.
-
"
Ausgabe für Spediteure: Merkur" Zimmer- Straße 54.
Sonnabend, den 15. Dezember 1888.
II. Jahrgang.
-
Die Verpflegung armer Schulkinder in Mutter wirklich zu arm sind, um die Kinder mit geeigneten die in ihm und außer ihm liegen, und die sich unter Paris . Der Mutterberuf der Frau. Die Kleidern und Schuhwerk für den Schulgang zu versehen, einander fördern, bekämpfen, aufheben. Krenzzeitung über Belgien . Aus Liebknecht's so werden Kleidung und Schuhe unentgeltlich zur Rede. Die soziale Gleichheit eine Forderung Verfügung gestellt. Jede Ausrede solcher Art wird dadurch der Moral. Die Lage der Tagelöhner in beseitigt. Hinterpommern.- Die Unfallversicherung 1887.
-
-
-
ohne Kenntniß der physischen( körperlichen) und psychischen Das Ziel der Erziehung kann nicht erreicht werden, ( geistigen) Gefeße, welche die Entwickelung des Kindes beherrschen, ohne Verständniß für die natürliche und gesellschaftliche Umgebung, in welcher dieselbe vor sich geht. das heißt also Es kann auch nicht vollkommen erreicht werden ohne Kenntniß und Beobachtung der pädagogischen Methoden, welche fich auf die obigen Gesetze gründen.
Ferner sind Schulküchen bei jeder Schule vorhanden, Gedicht von Derossi. Der Hunger. um für die Kinder Mahlzeiten zu liefern. Für jede dieser Soziale Stizze.- Zentralverbände oder lokale Mahlzeiten werden 10 Centimes Gewerkschaften? Offener Brief von Gustav 8 Pfennige gezahlt. Das Essen wird in der Schule an Keßler.- Wachsende Internationalität im Ort und Stelle hergestellt. Die Sache geschieht in folgenWirthschaftsleben. Aus Frankfurt a. M. der Weise: Das Kind geht zum Lehrer und erhält für Zur Berliner Arbeiterinnenbewegung. Jeder Handwerker oder Künstler muß das Material seine 10 Centimes eine Anweisung auf eine Portion Effen. kennen, das er bearbeitet, er muß Meister gewisser technischer, Ist jedoch ein Kind zu arm, um diesen Preis entrichten berufsmäßiger Handgriffe sein, die für Gestaltung des zu können, so ist der Lehrer schon vorher davon unter- Materials nothwendig sind. Das Gleiche muß von der richtet, und das arme Kind erhält seine Anweisung in Person gelten, welche Menschen formen soll. Sie muß deren Eltern zahlungsfähig sind, sodaß die Mitschüler welche zur Behandlung am geeignetsten scheint, sie muß derselben Weise und zu derselben Zeit wie die Kinder, den Thon kennen, den sie zu kneten hat, die Methode, nicht erfahren, wer umsonst zu essen bekommt. Sind für den erzieherischen Beruf vorbereitet sein. die Anweisungen vertheilt, so gehen die Schüler nach der Rantine, und der Mann, welcher die Jour hat, bringt möglich erzeugt werden, überläßt man ihre Damit die einfachsten Gegenstände so vollendet als
Die Postabonnenten unseres Blattes erinnern wir daran, ohne Säumen und vor Monatsschluß ihr Abonnement zu erneuern,
das sonst von der Poſt als erlosch en betrachtet wird. Erst nach dem Monatsschluß eingegangene Bestellungen sind mit unnügen Kosten und Arbeits- und Zeitvergendungen verbunden
abgesehen davon, daß eine Nachlieferung der bereita gang jedem Schüler oder ieder Schülerin ihre Martion in
Nummern oft gar nicht mehr erfolgen tann.
Die Kreuzbandabonnenten bitten wir, wo es irgend angeht, in Zukunft bei der Post zu bestellen. Die Be stellungen müssen einige Tage vor Monatsschluß bewirkt
fillen, verschieden, bald besser, bald schlechtse, je nachdem der man übergiebt ihn einem Fachmann, dem Schuhmacher, Rüchenmeister ehrlich ist oder nicht. Gewöhnlich bestehen damit ihn dieser nach allen Regeln seiner Kunst in die die Portionen aus Fleisch und Gemüse oder aus Wurst Kur nehme. Auf die Erziehung der Kinder nimmt man und Linsen. In beiden Fällen wird ein großes Stück nicht soviel Rücksicht, für die wichtigste aller gesellschaftBrod beigegeben. lichen Funktionen sieht man von der Nothwendigkeit einer So ist jedes Kind in Paris , dessen Eltern zu arm beruflichen Ausbildung ab. werden und können bei allen Postanstalten des Reiches find, um es zu kleiden und zu beköstigen, wie es der Mehr noch ihre Ausübung durch Kräfte, die nicht erfolgen( unter Nr. 850 der Zeitungspreisliste für Unterricht erfordert, sicher, auf öffentliche Kosten anständig für den Beruf ausgerüstet und vorbereitet sind, wird 1888). Gegen 15 Pf. Aufgeld pro Quartal liefert der gekleidet und genügend genährt zu werden. Die Erfahrungen zum Dogma erhoben, denn:„ die Mutter ist die natürBriefträger frei in's Haus. Auch nehmen alle Brief- mit diesen Mahlzeiten in den Schul- Kantinen sind dieselben, liche Erzieherin der Kinder." Also die erste beste träger solche Postbestellungen entgegen. Wo nicht wie sie fast überall sich ergeben. Sie haben entschieden Gans man verzeihe den Ausdruck- welche Mutter besondere Nachricht erfolgt, stellen wir vom 1. Januar eine hohe erziehliche Bedeutung: Die Kinder verbessern wird, erhält durch die bloße Geburt die magische Gabe, an die Kreuzbandlieferung ein. sich nach jeder Richtung hin, und die Eltern trifft in sich dieses schweren und folgereichen Berufs zu erledigen! keiner Weise das Brandmal des Almosens . Und das Diese Auffassung ist ihren Ergebnissen nach geradezu verUeber die Verpflegung armer Schulkinder alles verdankt man lediglich dem Umstande, daß die brecherisch. Gemeindebehörden von Paris offen anerkannt haben:
in Paris
veröffentlicht der bekannte englische Sozialdemokrat Hyndman in der Londoner „ Pall Mall Gazette " einen Artikel, der uns wichtig genug erscheint, um ihn hier in den Grundzügen wiederzugeben. Er lautet:
Aber," sagt der wohlgesinnte Spießbürger mit einem 1. Hungernde Kinder können sich geistig nicht ent- sentimentalen Augenaufschlag gen Himmel, aber die Natur wickeln, und hat der Frau den Instinkt der Mutterliebe gegeben, und dieser Instinkt tritt da helfend und ergänzend ein, wo das Wissen fehlt."
2. Gesunde Kinder sind für ein Gemeinwesen eher noch mehr werth wie gut unterrichtete Kinder. Der Gemeinderath von Paris giebt jetzt jährlich Eine schlechte Beweisführung, die sich auf solche Was die Behandlung der armen Kinder und ihre 300 000 Franken für diese freien Mahlzeiten aus, und Gründe stüßt! Unfre Zeit ist nicht so mystisch, um noch Versorgung mit Nahrung in den Schulen anbelangt, so die verfügbare Gesammtsumme zu diesem Zweck und zur an die wirksame Kraft gleichsam überweltlicher Offen= find auf Anordnung des Gemeinderaths von Paris ver- Bekleidung der von allem entblößten Kinder werden zum barungen zu glauben. Der Instinkt der Mutterliebe ist blind, er tappt im schiedene Veranstaltungen getroffen, die um so bemerkens- Theil durch private Sammlungen und zum Theil durch werther sind, wenn wir bedenken, daß von den 88 Gemeinde- öffentliche Fonds aufgebracht. Alle diejenigen, welche Finstern. Er kann nun und nimmer ersetzen, was das räthen in Paris nur 10 Sozialisten sind und nur 15 fort- jährlich 6 Franken an den allgemeinen Erziehungsfonds Wissen und Können zu leisten vermöchte. Er kann im geschrittene Radikale, während die übrigen Opportunisten zahlen, gehören zu der Kommission des Arrondissement. besten Falle bei der Erziehung des Kindes das Schlimmste oder offene Reaktionäre sind. So werden jährlich 400 000 Mark für diesen Zwed aus- verhüten, aber er ist unfähig, das Vollendete zu leisten.
Was trotzdem schon erreicht worden ist, zeigt in der gegeben, und alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß Die Frau, die über die Grundbedingungen der körperThat, was eine entschlossene zielbewußte Minorität durch dieser Betrag in der nächsten Zukunft noch rasch wachsen lichen Entwickelung des Kindes im Dunklen tappt, der ein Agitation und Thatkraft selbst in einer Körperschaft zu wird, selbst wenn das System der unentgeltlichen Verab- Schlüssel für das Verständniß von dessen geistiger Herauserreichen vermag, in der die Majorität aus den erbittertften reichung von Mahlzeiten nicht für alle Schüler zur An- gestaltung fehlt, die nicht weiß, wo sie mit zartem Takt Gegnern besteht wendung kommen sollte. und ohne schulmeisterliche Pedanterie fördernd oder hemmend Der Elementar- Unterricht ist in Paris unentgeltlich, Es würde sicherlich gut sein, wenn die( Londoner ) einzugreifen hat, die Frau, welche über keinen der techdie Eltern brauchen kein Schulgeld zu zahlen. Da die Schulverwaltung eine Spezialkommission nach Paris senden nischen Kunstgriffe verfügt, welche dem Kinde die Entwicke= Kinder aber in die Schule müssen, so sind die Behörden wollte, um die Wirksamkeit der Schulküchen und das lung zur Menschwerdung erleichtern, die kann auch nicht der Meinung, daß es durchaus im Interesse des Gemeinde- System kostenfreier Gewährung von Kleidern und Schuhen zur Rolle der Erzieherin berufen sein, und wäre sie zehnwesens liegt, die Kinder nicht nur zum Schulbefuch zu an bedürftige Kinder einer näheren Prüfung zu unter- mal des Kindes leibliche Mutter. zwingen, sondern auch dafür zu sorgen, daß sie in einer ziehen! solchen körperlichen Beschaffenheit dort hinkommen, daß sie durch den Unterricht nicht in ihrer Gesundheit Das ist heute ein Ariom aller geschädigt werden. fortgeschrittenen Pädagogik, so befremdlich dies den NationalDekonomen der alten Schule scheinen mag.
Der Mutterberuf der Frau. Aus Frauenkreisen.
III.
Täglich hat man Beispiele vor Augen, welche zeigen, was für Ungeheuerlichkeiten, um nicht zu sagen Verbrechen gegen die Entwickelung der kindlichen Natur die zärtlichsten Mütter im Namen des Instinkts der Mutterliebe" be= gehen. Ein gut Theil der körperlichen und geistigen Verfrüppelung der Jugend ist darauf zurückzuführen, daß die Erziehung dem ,, mütterlichen Instinkt" überlassen bleibt, anstatt dieselbe zur Sache eines zielbewußten Wissens und Könnens zu machen. All die populären Abhandlungen" über Kinderpflege und Jugenderziehung können hieran nichts ändern, um so weniger, da sie für die Mehrzahl nimmt, sie werden nur ersucht, einen Bericht über ihre Ziel und Zweck der Erziehung ist, die Kinder zu der Mütter verloren gehen. Die Frau, welche täglich 10, Lage an die Schulkommission einzureichen, welche aus Menschen in der vollen Bedeutung des Wortes zu formen. 12 und noch mehr Stunden in der Fabrik oder von früh gewöhnlichen Bürgern jedes Arrondissements zusammen- Der moderne Mensch ist aber ein sehr komplizirtes Ge- bis spät Abends im Hause gewerblich arbeitet, hat nicht gesezt ist. Stellt sich alsdann heraus, daß Vater und schöpf, das sich in Gemäßheit bestimmter Geseze entwickelt, die Möglichkeit, sich Forschungen über ihren Beruf als
zur Schule zu schicken, so werden sie nicht vor irgend Rechtfertigt vielleicht das Vorhandensein der zweiten, eine hohe Behörde zitirt, um dort einer öffentlichen und oben genannten Vorausseßung, die bessere technische Ausdemüthigenden Untersuchung unterworfen zu werden, die bildung, daß man der Frau so apodiktisch die Rolle als fast immer den Charakter einer Kriminal- Untersuchung an- Erzieherin zuspricht?