Ihr könnt euch denken: das mußte mich interefsiren. SBcis?!... Was?!... Wie kannst du denn Ge- sichter schneiden, wenn dein Bater nach Hause kommt?!.. Was?!... Und nun antwortete eine zitternde Mädchenstimme. Aber... ich habe ja gar kein Geficht geschnitten, Vaterchen?" Was?!... Das willst du noch lügen?!... Das kannst du noch bestreiten?!... Du denkst, dein Vater ist betrunken!... Au! Wenn doch den Alten erst der Kuckuck holte!...?!... Ach, mein Töchterchen! Ich kenne deine Gedanken ganz genau!" Aber, wie kannst du denn das nur sagen, Vaterchen." Sie weinte unterdrückt. O, das arme Frauenzimmerchen! dachte ich. Jetzt hörte ich ein Aechzen und irgend ein Gegen- stand flog gegen ein Möbel. Ein Stiefel, dacht' ich. Geh weg!... Ich brauche dick nicht!... Geh weg, oder du kriegst gleich noch eine Ohrfeige!... Ach, heule doch noch! Ja?!" Ich weine nicht, Vaterchen!" Akurat, wie deine Mutter war, bist du!... Nun sag' doch mal, was soll denn aus dir werden, wenn ich nicht mehr bin?!... Nun sag' doch mal?!... Gar nichts wird aus dir! Gar nichts!... Verhungern kannst du!" Jetzt klang diese lallende Stimme wie ein dumpfes Heulen. Ich sage euch: es lief mir eiskalt über den Rücken Deinem lieben Gott solltest du danken, daß du noch deinen Vater hast! Verstehst du, mein Töchterchen?!... O, wenn ich daran denke, was mal aus dir werden soll! Oh, oh, oh!..." Mir wurde auf einmal ganz wunderlich zu Muthe. Ich hatte einen Augenblick Mitleid mit ihm, obgleich er sinnlos betrunken war. Er betrinkt sich immer!... Der Alte ist ein Säufer!... Das arme Mädchen! sagen die Leute!. Die Leute haben's schon leicht, klug zu sein!... Aber warum der Alte trinkt,!... Warum?!... Danach fragen die klugen Leute nicht!" Ach, wenn ich euch das blos so wiedergeben könnte diese Stimme!... Willst du etwas Kaffee, Vaterchen?... Beruhige dich doch!" Ich hörte, wie Kaffeegeschirr auf einen Tisch gestellt wurde. Ja ja! Das Leben ist schwer, mein Töchterchcn!.. Dazu hat man's nun gebracht!... Man ist vcrkonimen! Wenn ich mich nun aufhängte, oder mir'ne Kugel vor den Kopf schöffe?!... Nun, mein Töchterchen?!... Was würde denn dann aus dir?!?!" O, Vaterchen! Sprich doch nur nicht so." Jetzt schluchzte es bitterlich auf. Ich lehnte wie erstarrt an meinem Thürpfosten und fühlte, wie mir das Kinn juckte, während ich in die kleine, blakende Oelfunzel starrte. Dann läufst du Abends umher... in den Straßen, in Wind und Wetter... wie die Frauenzimmer, die da hinten auf den Höfen wohnen, siehst du!" Jetzt klapperte die Taffe. Ach!... das geht mir alles durch den Kopf, siehst du!... Alles durch den Kopf!... Und nun willst du auch noch... Gesichter machen... Gesichter..." Es wurde still. Es schnaufte. Nach einer Weile fing es an zu schnarchen. Ich hörte nur noch ein stilles, bitter- liches Weinen... Ich starrte ganz mechanisch durch das Flurfenster aus den alten Hof hinaus. Ueber die breiten, dunklen Häuser- maffen mit ihren vielen, dunkelrothen Fensterlöchern flogen die langen, weißen Windwolken hin. Ich stand eine ganze Weile am Fenster, bis mir ein Frostschauer über den Rücken lief. Langsam ging ich in mein Stübchen zurück. Ihr macht euch keinen Begriff, wir mir zu Muthe war... Ganz gedankenlos betrachtete ich mir die Kopie, die ich mir von dem idealen Urbild des ersten Wirbelthieres gemacht hatte, und dann blätterte ich in derAnthropo- gerne." Mir war immer sehr wohl bei dieser Lektüre gewesen und das ist mir auch später immer so gegangen. Aber in diesem Augenblicke dachte ich: das ist ja alles Unsinn! (Fortsetzung folgt.) Iefferson Davis. der Führer der amerikanischen Sklavenhalter- Partei.') Wir gaben in unserer letzten Nummer das Bild eines edlen Vorkämpfers der unterdrückten Schwarzen in den Vereinigten Staaten wieder. Als Gegenstück dazu ent nehmen wir heute demPhiladelphia Tageblatt" ') Zum besseren Vcrständniß des obigen Artikels wollen wir unsere Leser kurz an folgende historische Thatsachen erinnern. Die Ursache des Absalls der Südstaaten von der Union und des nach- folgenden, vier Jahre lang wüchenden Bürgcrkampfcs war die Sklaverei, die von den sudlichen Baumwollcbaronen als unent- behrliche Grundlage aller Kultur bezeichnet, von den Nordstaaten dagegen aus hier nicht näher zu erörternden Ursachen als nicht erforderlich für das Glück der Menschheit gehalten wurde. Die Sklavenbcfreiung wurde bei den Parteien der Nordstaaten die Parole des Tages. Die entschiedenste Richtung verfolgte der libe­rale Flügel der republikanischen Partei, zu dem auch Lincoln ge- hörte. Dieser wurde 1860 als Kandidat für den Präsidentschafts- Posten nominirt und am 5. Dezember desselben Jahres als gewählt folgenden Nachruf für Iefferson Davis, den Führer der Sklavenhalterpartei, der trotz seines in jeder Beziehung niedrigen Charakters von unseren konservativen Blättern, besonders von derKreuzzeitung ", lebhast gefeiert wurde, als er im Anfang des Dezembers v. I. verschied. Das amerikanische Arbeiterblatt schreibt: Ein politisch seit einem halben Menschenalter Todter ist nun auch physisch dahin. Der Telegraph melde: uns das Abscheiden von Iefferson Davis, dem Erzrebellen, gegen den die Republik so großmüthig war und der es ihr nicht einmal damit vergalt, daß er sich in Schweigen hüllte, sondern der noch immer von Zeit zu Zeit in bösartigen, bissigen und verlogenen Auslassungen sich bemerklich machte. Von all den Führern der Partei der Sklavenhalter ist Jeff(Abkürzung für Iefferson) der bedeutendste gewesen, aber auch der wiverwärtigste und der verstockteste. Es giebt an ihm auch nicht einen großen, edlen Zug, der ihn mit seinen Miffethaten aussöhnen könnte. Andere Reprä­sentanten des Südens, die von der Gerechtigkeit ihrer Sache natürlich ebenso überzeugt waren, als Jeff, haben mindestens die Thatsachen anerkannt, wie sie durch den Krieg geschaffen wurden und ausrichtig Frieden mit dem Sieger gemacht. Jeff aber nicht; der Republik , welche ihm Leben und Freiheit schenkte, die er tausendmal verwirkt hatte, blieb er ein unversöhnlicher Feind und nur seine Ohnmacht verhinderte ihn, ihr wieder übles zuzufügen. Als 1860 die Rebellion der Südstaaten ausbrach, hielt Jeff Davis anfangs mit seinen Plänen und Absichten sehr hinter dem Berge, bis sich am 9. Januar 1861 der Staat Mississippi für den er in den Kongreß gewählt war, ebenfalls der Konföderation anschloß. Er verließ den Senat, nachdem er in einer Rede das angebliche Recht der Sezessionisten vertreten hatte. Am 4. Februar 1861 wurde Davis von der in Montgomcry, Ala., versammelten Konvention der Konföderirten Staaten zum Präsidenten der letzteren erwählt und am 22. desselben Monats feier­lich inaugurirt. Mit großartigem Eifer und gleichem Er- folge ging er sofort an das Zusammenbringen einer Armee. Als militärischer Organisator wird Iefferson Davis einen Namen in der Geschichte behalten. Seine Thätigkeit wäh rend des Krieges ist zu bekannt, um an dieser Stelle er- örtert zu werden. Mit der am 9. April 1865 erfolgten Waffenstrcckung Lee's war auch Davis' Schicksal besiegelt. Er irrte flüchtig in Georgia umher. Inzwischen war Präsident Lincoln am 15. April ermordet worden, und Präsident Johnson er- ließ eine Proklamation, worin er Davis der Betheili- gung an der Ermordung Lincolns zieh und auf seine (Davis') Festnahme eine Belohnung von 10 000 Dollars (40 000 Mark) aussetzte. Am 11. Mai 1865 fiel er in Irwin County, Ga., einem Unions Reiiergeschwader in die Hände. Ein hier wohnender deutscher Soldat faßte ihn ab. Zwei Jahre lang wurde er in der Festung Monroe in Virginicn gefangen gehalten, aber nur die ersten drei Monate lag er in einer gesängnißähnlichen Kasematte, später wurde er mit größler Nachsicht behandelt. Schließlich wurde vor dem Bundesgericht in Richmond ein Hochverrathsprozeß eingeleitet, aber immer wieder aufge­schoben, Davis inzwischen unter 100 000 Dollars Bürg­schaft gestellt, welche Horace Greeley ausbrachte und endlich wurde aus Befehl des Präsidenten Andrew Johnson die nklage niedergeschlagen und Davis war ein freier Mann. Er zog sich nach Mississippi zurück, wo er wie ein Heiliger verehrt wird. Fast alle anderen po- litischen und militärischen Führer der Konföderation suchten beim Kongreß um Wiedcrvcrleihung ihrer politischen Rechte nach, die immer ohne Anstand gewährt wurden. Davis aber blieb verbiffcn und, in der Theorie wenigstens, Rebell bis an sein Lebensende. Auf sein Haupt kommen nicht zum wenigsten die Ströme von Blut, die vergossen worden sind, um die Re­bellion der Sklavenhalter nieder zu werfen. Als die starke Einwanderung, und hauptsächlich diejenige von Deut- scheu, in die Nordstaaten, das Uebergewichl der letzteren besiegelt und die Herrschaft der Sklavenhalter gefährdet war(die sich aber immerhin noch im Besitz des Bundes- senats und des obersten Gerichtshofs befanden) da war vom Norden her durchaus noch nicht die Absicht, auch der Sklaverei ein Ende zu machen. Die Zahl derAboliiionisten" war verhältnißmäßig gering und die republikanische Partei hatte sieb blos gegen die weitere Ausdehnung des Sklavengebietes erklärt. Nur mit der politischen Herrschast der Sklarenbalter war es vorbei. Und da erfand man denn die Sczessions Theorie, auf Grund deren ein reiner Sklavenhalterbund gestiftet wurde, mit der Endabsicht, ihn durch die Annektion von Westindischen Inseln und Stücken von Mexiko zu ver­größern. proklamirt. Die Sklavenhalterpartei war trotz ihrer Umtriebe un- terlegen. Diese Niederlage brachte in den Südstaaten die lange schon gehegte Idee einer Lostrennung von der Union zur Reife und am 20. Dczemver 1860 beschloß der Konvent des Staates Süd- karolina, die Union zwischen sich und den Vereinigten Staaten am- zulösen. Bis Ende Januar waren 6 weitere südliche Staaten dem Beispiele des Abfalls gefolgt, wozu später noch 3 weitere sich ge­sellten, die zusammen dieKonföderirten Staaten von Amerika " bildeten und Jesscison Davis zu ihiem Präsidenten wählten. Die Konföderation zählte 5 Millionen Einwohner, wovon die Hälfte Sklaven, während die alte Union 18 Millionen Bewohner zähte. Die rebellischen Sklavenhalter planten die Vergewaltigung der ganzen Union und gingen daher zu Offensive über. Am 12. April 1861 griffen sie das Fort Sunter an, dessen aus UnionLtruppen bestehende schwache Besatzung bald kapituliren muhte, jedoch frei abziehen konnte. Damit war der Krieg zwischen dem Süden und dem Norden eröffnet, der ununterbrochen bis zum Frühjahr 1866 dauern sollte; ein Krieg, wie er grohartiger und blutiger in der Welt- geschichte nicht verzeichnet steht. Aber der Industriestaat und die Lohnarbeit hat über den Ackerbaustaat und die Sklaverei- Arbeit gesiegt und das war ein großer Fort- schritt. Das ist vorüber und nun kommt ein neuer Konflikt: der zwischen Kapital und Arbeit. Wird er in Amerika auchmit des Schwertes Schneide" gelöst werden müssen? Das hängt von den Iefferson Davis der Kapitalisten ab. *** DieNew-Dorker Volkszeitung" schließt einen Artikel über I. Davis mit den Worten:Schauerlicher Gegen- sah! John Brown , der Vorkämpfer jener Sache, für welche wenige Jahre später ein ganzes Volk in Waffen stand, gehängt Iefferson Davis, an dessen Hän- den das Blut von Millionen der besten Söhne des Landes klebte,in Ehren" ergraul, umgeben von der Achtung seiner Klasse, von allen Genüssen und Bequemlichkeiten des Lebens, sanft und in Frieden eines natürlichen TodeS sterbend. Das ist Gerechtigkeit der Weltgeschichte!" Gin�Feind der Arbeiter durch Selbstmord endend. Der Selbstmord von Franklin B. Gowen hat in Amerika , besonders aber in dem kohlenreichen Pennsyl- vanien grenzenlose und peinliche Ueberraschung hervor- gerufen. DieGesellschaft" war so vom Schrecken ge- lähmt, als die Nachricht eintraf, daß ihre Repräsentanten, die bei solchen Gelegenheiten zu Zeitungs-Jnterviews her- halten müssen, bloß einige Berlegenheitsphrasen stammeln konnten. Die Presse selbst scheint überwältigt worden z« sein und beHilst sich mit stereotypen Redensarten. Von einem Motiv für den Selbstmord keine Spur! Gowen war erst 50 Jahre alt, gesund, kräftig, besaß ein beträchtliches Vermögen, eine lukrative Advokaten- Praxis, war nichts weniger als sentiniental, sondern im Gegentheil ein Ausbund von Entschlossenheit, Thalkraft und Selbst- vertrauen. Nicht eine Zeile von seiner Hand verbreitet Licht über das Motiv für die Tragödie. Man hätte gern ein Attentat aus der Sache gemacht, wenn die Umstände dies nicht gänzlich ausgeschlossen hätten. DieTimes" deutet schüchtern die Geisteszerrülung in folge Ueberarbei- tung hin, wofür aber kein Beweis vorliegt. Den wahren Grund will und darf man nicht sagen. Dieser Mann lesen wir imPhiladelphia Tageblatt" hatte riesige Pläne. Er wollte den ganzen Hartkohlenabbau in Pcnsylvania beherrschen. Das war die Aufgabe seines Lebens. Sie mußte scheitern, weil seine Mittel nicht im Verhältniß zu der Größe der Aus- gäbe standen. Das noch größere Kapital setzte an ihm die Schraube an und so sehr er sich wehrte, zerdrückte es ihn langsam aber sicher. Das war ein ganz natürlicher Vorgang. Das solide" Kapital mußte am Ende über den Mann, der große Ideen hatte, aber nicht die Mittel, sie durchzuführen, triumphiren. Die Leute von der Penn- sylvania Eisenbahn und die Banderbilts haben keinebril- lauten Ideen", wie dieser Gowen, oder Villard, oder Leffeps, oder der jüngere Garrett. Sie lassen sich nicht aus Abenteuer ein, sind kühle Berechner und werden am Ende mit den titanischen Naturen sicher fertig, die sich mit einem gewissen Idealismus in gigantische Unternehmungen stürzen. Der romantische Held gehl zu Grunde, nicht blos auf der Bühne, sondern erst recht in derjenigen Welt, w» man mit Zahlen rechnet! Dieser Gowen ist in der Erreichung seines Zieles vor nichts zurückgeschreckt. Die Arbeiter spielten in 'einem Calcül lediglich die Rolle von Werkzeugen oder Figuren, die selbst der Beachtung nicht werth waren. Als ie ihm hinderlich waren, zertrat er sie; nicht weil er eine grausame Natur gewesen, sondern weil das Gelingen seines Planes davon abzuhängen schien. Franklin B. Gowen ist für die Arbeiter der Urheber der fluchwürdigen Jmportation von billigen Slo- waken und Italienern in Massen und des Elends in der pensylvanischen Kohlenregion. Als er sah, daß sein wahnwitziger Monopolisirungs- Plan undurchführbar sei, und als er nicht Geld genug ausbringen konnte, um die Zinsen aus die von ihm gemachten Riesenschulden für müßig daliegendes Land zu bezahlen, hielt er sich an dem Publikum und an den Arbeitern schadlos. Die verschie- denen Kompagnien bildeten eine Kombination, die Preise der Kohlen wurden emporgeschraubt, die Arbeitslöhne her- abgedrückt. Um das letztere fertig zu bringen, mußte er die iüch, tige Organisation der Kohlengräber zerstören. Diese verdienten anfangs der fiebenziger Jahre hohe Löhne. Gowen überschwemmte die Gegend mit impor» tirten Arbeitern, ließ dann den Betrieb zeitweilig suspendiren, hungerte damit die Arbeiter aus und machte sie verzweifelt. Die alten Bergleute, meistens Jrländer, spielten denScabs"(Streikbrechern) übel mit. Einige derselben wurden schwer verletzt. Gowen organisirte nun mit Bewilligung des Gou, verncurs eine ganze Armee von Privalpolizei. Zugleich schickte er Pmkerton'sche Spitz el unter die Arbeiter. Einer derselben, Mc-Parlan, wurde sogar Sekretär ihres Ge- Heimbundes. Es pasfirten mysteriöse Mordthaten, unzweifelhaft zum Theil durch Lockspitzel hervorgerufen. Es erfolgte sodann der Kreuzzug gegen die sog.Mollie Maguires"'), 21 wurden gehängt, und eine Menge in's Zuchthaus geschickt. Viele davon waren jedenfalls ganz unschuldig. ') Sprich: Molli MägeirS.