Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

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Die Berliner Bolts- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.- Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus). Einzelne Nummer 15 Pfg. Durch jebe Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 Mr. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 893 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1890.)

Redaktion und Expedition:

8.0.( 26). Oranien- Straße 23.

4.

Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Raum mit 20 Pfg. berechnet. Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Bfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

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Sonnabend, den 25. Januar 1890.

Ausgabe für Spediteure: Boltsblatt" Zimmer- Straße 44.

IV. Jahrgang.

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Sozdem.

Kartell.

Freifinn.

·

17 803 19 324

Hauptwahl. Stichwahl Stimmenthaltung der Freisinnigen hätte also den

15 052 20 069

6 341

Die freifinnige Partei und die Sozialdemo- solches bei den sozialdemokratischen Arbeitern voraus. Den sicheren Sieg direkt entrissen aus unseren Händen tratie. Das gebildete Bürgerthum u. d. So- Wenn das letztere der Fall ist, so irrt er sich ganz ge-( ebenso wie im Königsberger Wahlkreis) haben die Frei­zialistengefeh Die Arbeiter und die Spar- waltig in seiner Annahme. Die Entrüstung über den finnigen in apostel. Dienstboten und Haussklaven. schmählichen Abfall der Freifinnigen bei den Stichwahlen 6. Hamburg III, wo bei der Hauptwahl die Sozialdemokraten Die Sozialdemokratie in Sachsen . des Jahres 1887 brennt heute noch mit derselben Leben- die relative Majorität erhielten. Auf zum Wahlkampf. Gedicht von J. Stern. digkeit in den Herzen der Arbeiter wie vor drei Jahren, Novelle von Joh. Schlaf. IV. Die Wiffen- als Schlag auf Schlag eine Nachricht nach der andern schaft als flavin des Kapitals. Die Hand- eintraf, daß sozialistische Kandidaten durch die freisinnigen habung des Sazialistengesetzes. Die Beerdi Stimmen zu Falle gebracht und Kartellbrüder gewählt Sieg der Sozialisten unbedingt herbeigeführt; die ersteren Desterreich und seine Ar- worden waren. gung Wedde's. Und dies trotz der vorangegangenen beiterbewegung. Zur Wahlbewegung. gegenseitigen Abmachungen! Aber selbst wenn die Arbeiter 3ogen indessen mit fliegenden Fahnen in's Kartelllager und jene Ereignisse vergeffen hätten, das traurige Vorspiel der stimmten fast geschlossen für den kolonialliberalen Wörmann, Chemnißer Landtagswahl hätte ihre Erinnerung daran der trotzdem nur mit genauer Noth den Sieg errang. unsanft wieder wachgerufen.

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Zur Beachtung.

Der heutigen Nummer liegt für unsere Abonnenten S. 81-96 des Reichstagsberichtes in Broschüren form bei.

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Wir wollen es nicht in Abrede stellen, daß bei den sozialistischen Stichwahlen des Jahres 1887 mancher mehr

7. Lübeck .

Wahlkreis. Hauptwahl. Stichwahl

Sozdem.

Kartell.

4254

5.908

·

5 168

7 439

Freifinn. 2566

oder minder ehrlich denkende Demokrat für den sozialdemo- Hier hätte ein geschlossenes Eintreten der Freisinnigen tratischen Kandidaten gestimmt haben mag, aber ebenso für den Sozialdemokraten ebenfalls zum Siege der letzteren Die Auslegung der Bahlliften unzweifelhaft ist es, daß bei weitem der größte Theil der geführt. Statt dessen ging der Kartell kandidat als Sieger Freifinnigen für den Kartellbruder eingetreten ist, mit aus der Urne hervor. Wenn irgendwo, so waren in hat Donnerstag, den 23. d. Monats begonnen und alleiniger Ausnahme von Frankfurt a. M., wo indessen Lübeck die Freisinnigen moralisch dazu verpflichtet, bei der dauert nur noch kurze Zeit bis zum 30. d. M.die Unterstüßung seitens der Volkspartei noch lau genug Stichwahl ihre gesammten Stimmen von der ersten bis Da der Andrang in den letzten Tagen regelmäßig gewesen ist( von den 7000 voltsparteilichen Stimmen zur letzten zu Gunsten der Sozialisten abzugeben, da bei besonders start ist, so erfülle man sofort seine Pflicht. erhielt der Nationalliberale 3000 by der Sozialdemokrat der Wahl im Jahre 1884 die Freisinnigen ohne die volle Einsprachen müssen ebenfalls sofort erhoben 4000 Stimmen, so daß der lettere mit nicht 200 Stimmen Unterstüßung der Sozialdemokraten jämmerlich unterlegen werden. Majorität siegte). In welchem Umfange und mit welchem wären, wie aus folgenden Zahlen zu ersehen ist: In Berlin liegen die Listen aus: Nachdruck die Liberalen, sich feiger Weise ihren Ver­für ganz Berlin : im Wahlbureau, Königstraße 7, Hof pflichtungen entziehend, sich gegen die Sozialisten wandten, Sozdem. Kartell.( Nat.) Freifinn. 2432 5 118 geht aus der nachfolgenden zahlenmäßigen Zusammen­5 437 für den 1. Wahlkreis in der Turnhalle des Friedrich- stellung derjenigen Wahlkreise hervor, in welchen der sonst Werder'schen Gymnasiums, Dorotheenſtr. 13/14; fichere Sieg der sozialdemokratischen Kandidaten durch jene unmöglich gemacht wurde.

3 Treppen, ferner zur Erleichterung der Wähler:

für den 2. Wahlkreis in der Turnhalle der 27./44. Gemeindeschule, Wilhelmstraße 117;

für den 3. Wahlkreis in der Turnhalle der 62. Ge­meindeschule, Schmidtstraße 38;

für den 4. Wahlkreis in der Turnhalle der 18. Ge­meindeschule, Krautstraße 43;

für den 5. Wahlkreis in der Turnhalle des Sophien­gymnafiums, Gormannstraße 4;

meindeschule, Ackerstraße 28a.

Wahlkreis 1. Königsberg .

Hauptwahl Stichwahl

Sozdem. Startell.

·

+

7.987 10 280

7408 12468

Freifinn.

6 427

1884 Hauptwahl

"

Stichwahl

3215 5 647

wahl leichtes Spiel gegenüber dem Freifinnigen gehabt, Hier hätte also der Nationalliberale bei der Stich wenn nicht die ganzen 2432 Sozialisten Mann für Mann für den Freifinnigen eingetreten wären, welcher da­her auch den Sieg erlangte. Wie sich hierfür die Frei­finnigen 1887 bei der Stichwahl zwischen Sozialist und

Die Freifinnigen hätten hier also schon allein durch Kartellkandidaten bedankten, wissen wir. Stimmenthaltung den Kandidaten der Opposition" durch- 8. Auch Braunschweig ging den Sozialisten ver­für den 6. Wahlkreis in der Turnhalle der 67. Ge- gebracht. Aber eben deswegen stimmten fie in Maffe für loren, weil die Freifinnigen, ohne einen eigenen Kandidaten Nur die in die Listen Aufgenommenen werden zur ben Kartellfandidaten, namentlich nachdem die freisinnige aufzustellen, in Folge eines Kompromisses mit den Kartell­Wahl zugelassen, jeder an sich Wahlberechtigte dagegen Königsberger Hartung'iche Zeitung" offen dazu aufge: parteien von vornherein für den liberalen" Septennats= wird zurückgewiesen, wenn er in der Liste nicht aufgefordert hatte, für den nationalen Hoffmann und gegen anhänger Retemeyer stimmten. den Feind der Ordnung einzutreten. Wahlkreis.

nommen ist.

Es ist nicht nöthig, persönlich die Liste einzusehen. Es tann einer für mehrere die Prüfung vornehmen. Wer 2. Breslau - Oft. aber irgendwie kann, gehe selber hin.

Namentlich haben diejenigen, welche seit dem Jahre 1887 ihren Wohnfig verändert haben, fich zu überzeugen, ob sie an ihrem neuen Wohnsiz in die Liſten eingetragen

find.

Arbeiter! Bringt euch nicht durch Nachlässigkeit um euer werthvollstes öffentliches Recht!

Die Deutschfreifinnigen und die Reichstags­wahlen.

pfr. Mit einer staunenswerthen Sicherheit stellte es türzlich ein Münchener Korrespondent der Volks- Zeitung" als etwas völlig Selbstverständliches hin, daß bei den kommenden Reichstagswahlen der Führer der füddeutschen Liberalen, Freiherr von Stauffenberg, im Wahlkreise Fürth­Erlangen bei der Stichwahl mit Hülfe der ausschlaggebenden Stimmen der Sozialdemokraten gewählt werden würde. Wir möchten sehr bezweifeln, daß in dem genannten Wahl­kreise irgend welche Abmachung zwischen unserer Partei und der des Herrn von Stauffenberg besteht, welche dem Korrespondenten der V.- 3." das Recht giebt, mit solcher phänomenalen Gewißheit über den Ausgang jener Wahl zu sprechen. Vielleicht hält er es aber auch ohne be sondere Abmachung für selbstverständlich, daß die Sozial­demokratie bei den zu erwartenden Stichwahlen ihre Stimmen ohne weiteres zu Gunsten des Freisinns in die Wagschale werfen werde.

Entweder hat jener süddeutsche Freisinnige oder Demokrat ein sehr schlechtes Gedächtniß, oder er sett ein

Hauptwahl Stichwahl

Sozdem. Kartell. Freifinn.

7781 10 069

8243 11075

5528

In diesen acht Wahlkreisen ist also die Sozialdemo= kratie durch die Wortbrüchigkeit der Liberalen unterlegen, d. h. in sämmtlichen Wahlkreisen, in denen die letteren überhaupt den Ausschlag für die Sozialisten hätten geben zum Siege können, haben sie dem Kartellkandidaten

verholfen.

genügt, um dem sozialistischen Kandidaten zum Sieg zu Die freisinnigen Stimmen hätten hier also mehr als verhelfen. Die Differenz zwischen den Stimmen der Sehen wir nun zu, wie strikte und gewissenhaft, das Sozialdemokraten und denen der Konservativen betrug bei geschlossene Uebereinkommen von Seiten der Sozialdemo= der Hauptwahl nur 462, bei den Stichwahlen aber in fraten innegehalten worden ist. Folge der gütigen Fürsorge der Freisinnigen für den Wahlkreis. Konservativen von Seydewig gar mehr als 1000 Stimmen. 1. Berlin 2. Sozdem.

Wahlkreis.

3. Magdeburg . Hauptwahl. Stichwahl

Kartell.

Freifinn.

+

11 438 13 465

13 495 15 770

3 592

2. Brandenburg . Hauptwahl Stichwahl.

3. Lauban - Görlitz . Hauptwahl. Stichwahl.

Hier hätte ebenfalls die freisinnige Partei mit Leichtig­feit zu Gunsten der Sozialdemokraten den Ausschlag geben können; fie hat es vorgezogen, den Kartellkandidaten durch­zubringen, da hier der Repräsentant der Opposition ein 4. Saalkreis Halle.

Sozialdemokrat.

Sozdem.

6520 9 895

Wahlkreis. 4. Ottensen - Pinneberg . Hauptwahl Stichwahl

Kartell.

Freifinn. Sozialdem.

Hauptwahl. Stichwahl

19 518

. 21 153

16 594 27 541

14 751

7165

5 176

4385

7117

9 264

13 737

13 710

3 350

13 787

17 461

Kartell.

Freifinn.

Hauptwahl Stichwahl

11 580

7.406

6590

12 449

14 351

5. Hanau .

10 250 12 241

6236

Hauptwahl Stichwahl

10 420

5475

5 203

11 709

11 806

6. Lennep - Mettmann .

Hauptwahl

14 247

8 634

8402

Stichwahl

16 099

16 410

7. Zittau .

Hauptwahl Stichwahl

8816

7.997

1703

9.686

10 828

Hauptwahl. Stichwahl

8143

·

7380

1'119

8920

9554

Hauptwahl Stichwahl.

4659

4414

340

5 128

5 177

Ganz zweifellos stand es auch hier in der Hand der Freifinnigen, durch einmüthiges Eintreten für den Sozial­demokraten diesem das Mandat zu verschaffen. Gotha .

5.

.

Wahlkreis.

Sozdem.

Hauptwahl Stichwahl.

8765

·

11 033

Martell.

Freifinn.

9 319 12 073

4 651

Dffenbar hätten auch hier die Sozialdemokraten einen leichten Sieg gehabt, wenn die Freifinnigen nicht wort­brüchig geworden wären.

8. Varel - Jever .

9. Coburg .