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Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

Einzelne Nummer 15 Pfg.

Die Berliner Bolts- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh. Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Bfg. pränumerando( frei ins Haus)... Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Prets vierteljährlich 1 Mr. 50 Bfg.; eingetragen unter Nr. 893 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1890.)

Medaktion und Expedition:

8.0.( 26). Oranien- Straße 23.

19.

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Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Raum mit 20 Bfg. berechnet. Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

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Sonnabend, den 10. Mai 1890.

vollzogen hat."

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Die

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Ausgabe für Spediteure: Voltsblatt" Beuth- Straße 3.

IV. Jahrgang.

Der 1. Mai in Oesterreich . Die Mai- vorgebracht hat, ein überaus ernster und betrübender fallen, ihr Erfolg nicht derartig sem, wie es alle klassen­feier in Deutschland . Militärausgaben und trotz aller Ruhe und Ordnung, mit der die Arbeiter- Welt- und zielbewußten Arbeiter gewünscht und wie es wohl Reichsschulden. Der Arbeiterschutz- Gesetz- demonstration fich innerhalb der schwarzgelben Grenzpfähle dem geistigen Auge Aller vorgeschwebt haben mag, als es entwurf der Regierung. im vorigen Jahre bekannt wurde, daß der Pariser inter­Alte Banknoten von Miljukow. nationale Arbeiterkongreß diese Kundgebung beschlossen Demoralisation der englischen Bourgeoisie. Im österreichischen Hutmacher - Fachblatte lesen wir: hatte. Und wie es den Anschein hat, wird es ge­Sozialistische Spaziergänge. Praktischer Vor- Die Begeisterung für die Kundgebung am 1. Mai, welche rade Deutschland sein, wo diese Kundgebung schlag? Landlords und Pächter in Irland . die gesammten Kollegen Wiens beherrscht, imponirte verhältnißmäßig am unbedeutendsten ausfällt, Die Abrechnung der Tischler- Zentralkaffe. auch unseren Arbeitgebern, so daß sie uns in also in demselben Lande, dessen Arbeiterschaft von den feiner Weise an der Manifestation hinderten. Arbeitern der ganzen Welt in dem großen proletarischen Sämmtliche Hutfabrikanten und Meister gaben ihren Befreiungskampfe unbestritten und neidlos die Führerrolle Arbeitern, geleitet durch Initiative der Genossenschaftsvor- zuerkannt wird. Wie ist das möglich?

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Berliner Arbeiterbibliothek.tehung den Demonstrationstag frei, da sie eben ein­

Herausgegeben von Max Schippel - Berlin . Soeben erschien:

in Deutschland .

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sahen, daß wir uns nicht hindern lassen. Der Die Ursachen dürften mannigfache sein. erste Maitag wurde auch von Seite unserer Kollegen, so­Zunächst ist das" Demonstriren" seither der deutschen wie von der gesammten Arbeiterschaft ernst und froh be- Arbeiterbewegung ein ziemlich fremdes Element gewesen, II. Serie, Heft 1: Der Mythus vor der Grün: gangen, und kein Anlaß zu irgend welcher Störung geboten. oder doch nur wenig kultivirt worden, und zwar einmal, dung des deutschen Reiches. Eine historische Stizze Das österreichische Buchdruckerorgan, der Vorwärts" Wahlrecht befißen, demonstrative Kundgebungen nicht nöthig von Hans Müller- Rostock. 40 Seiten. Preis 15 Pf. weil man seither bei uns glaubte, da wir das allgemeine Binnen kurzem wird erscheinen Heft 2: Zur Geschichte und unseres Genossen Kralik, ist voller Begeisterung über das land.- Heft 3: Die Agitation für Bodenverstaatlichung Tag! Er wird jedem, der ihn mitmachte, unvergeßlich sein. artig find, resp. derartig gehandhabt werden, daß dem Charakteristik der antisemitischen Bewegung in Deutsch - herrliche" Fest: Es war ein herrlicher, wunderherrlicher zu haben, und andererseits in Deutschland die preß-, vereins- und versammlungsgeseßlichen Bestimmungen der= Was wir geträumt, ihn zum ersten Mai einer neuen Mera site ore zu gewissen Demon rationen nöthige Bewe­zu machen, ist vou, über Erwarten gelungen. Die Argungsfreiheit fehlt. Es ist daher nur zu natürlich, daß beiter Wiens haben gestern die Feuerprobe ihrer eisernen ein wesentlicher Theil der deutschen Arbeiterschaft der de­gungsfreiheit fehlt. Es ist daher nur zu natürlich, daß Disziplin, ihres Klassenbewußtseins bestanden: die Buch- monſtrativen Kundgebung des 1. Mai mit einer gewissen drucker Wiens sind dabei in den vordersten Reihen ge- Antipathie gegenübersteht. Und dieser Antipathie, in Ber­Die erste Serie( Heft 1-12) kann jetzt auch gebunden standen.. Die Polizeiorgane wurden überflüssig. für Mk. 2,50 bei unseren Kolporteuren, sowie in unserer Erpe- Ordnung, die wirkliche Ordnung, war den Händen der wohl schließlich auch die Hauptursache entwachsen, daß vindung mit unseren mißlichen gefeßlichen Zuständen, ist bition und bei allen Filialen bezogen werden. Direkte Einzel- Arbeiter vollständig anvertraut. Und diese versahen ihr die Mai- Demonstration so unbefriedigend aus­Amt mit Ernst und Eifer und alles fügte sich ihren An- fallen wird, wie es den Anschein hat: nämlich die man­Einbanddecken durch Kolporteure und Expedition 30 Pf., ordnungen. Der 1. Mai 1890, er ist ein Ehrentag der gelnde Einheitlichkeit des Demonstrirens. Arbeiter Wiens. Und nun zu uns Buchdruckern! Es gelnde Einheitlichkeit des Demonstrirens. hat noch keine solche Versammlung unter uns ge­

Wir sagen den deutschen Arbeitern für die bisherige rege Unterstützung besten Dank und bitten, immer neue Freunde für die Arbeiterbibliothek zu werben, damit wir immer Besseres und Reichhaltigeres bieten können.

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Der 1. Mai in Oesterreich .

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,, Wir wollen hier nicht nochmals weiter darauf ein­Der Verlag der Berliner Volks- Tribüne". geben wie die gestrige( früh morgens stattfindende). gehen, wen die Schuld dieses bisherigen Mangeis Die ältesten unserer Kollegen fönnen sich nicht erinnern, eines einheitlichen Vorgehens trifft, insbesondere in einem Lokale weit über 3000 Personen, Sezer und auch nicht untersuchen, ob es richtig war, die Pariser Drucker, Gießer und Korrektoren, Hilfsarbeiter und Ar- Kongreßbeschlüsse Mißdeutungen auszuseßen, indem man beiterinnen beisammen gesehen zu haben, mit jubelnden unterließ, sie mit den nöthigen Kommentaren zu versehen, In Desterreich hatte man bekanntlich an der Parole Zurufen erfaßten sie alle die Begründung unserer Forde wo ihre Faffung eine solche Auffassung seitens der breiten des Ruhetages festgehalten. Daß diese Art der Feier rurg des Achtstundentages. -Der Magistrat verbot uns Masse der Arbeiter zuließ. Auch kann hier unerörtert glänzend gelungen ist, gesteht auch die Kreuzztg." zu: unsere Versammlung mittels Karten riefen wir bleiben, ob nicht, als von maßgebender Seite in zwölfter Wenn der österreichische Sozialdemokrat in Zukunft mit eine so imposante Versammlung ein, wie noch keine da Stunde endlich System und Einheitlichkeit in die Sache Befriedigung, ja Stolz auf den 1. Mai 1890 hin- war. Ein hochweiser Magistrat hatte ferner den Beschluß zu bringen gesucht wurde, man dieser damit nicht mehr weisen wird, so hat die bürgerliche Gesellschaft um so der Versammlung vom 2. Februar, am 1. Mai zu feiern, schadete als nüßte, indem vielfach die Arbeiter in Er­weniger Ursache, diesen Tag als einen Ehrentag in ihrem inhibirt; er verlangte vom Obmannstellvertreter, die Ge- mangelung eines bestimmten Programms und leitender Kalender zu notiren. Er zeigte nur allzu sehr ihre Zer- hilfen darauf in geeigneter Weise aufmerksam zu machen, Fingerzeige schon nach eigenem Ermessen Bestimmungen fahrenheit und Schwäche, ihre Muthlosigkeit und ihr ge- daß sie mit dem Ruhen lassen der Arbeit an dem omi- getroffen, wie sie dem Beschlusse des Pariser Kongresses ringes Selbstvertrauen. Denn in Wien war fast nösen Tag einen unge jeglichen Schritt begingen Der bezüglich des 1. Mai gerecht werden wollten und nun zu­nicht eine einzige Werkstätte in der Großindustrie Obmannstellvertreter gab diesen Schritt bekannt in der meist vor der Alternative standen, entweder durch Wider­und im Kleingewerbe an diesem Tage im Be- Versammlung der feiernden Kollegen! Welche Ohnmacht ruf gefaßter Beschlüsse einzugestehen, daß man übereilt triebe, und die Unternehmer machten nicht einmal einen uns gegenüber! Und welcher Ueberfluß an Fürsorge! Aber und topflos gehandelt hatte, oder sich Mangel an Diszi­Versuch, diesen ihnen aufoktroyirten Feiertag durch festes gestern haben nicht nur wir, gestern haben alle Arbeiter plin müssen nachsagen zu lassen. Auch ist Thatsache, Busammenhalten zu hintertreiben. Und ebenso war es wiens bewiesen, daß sie alles selbst besorgen können, und daß das Unternehmerthum erst als es merkte, das fast in allen anderen Provinzstädten und In- daß nicht schlecht fährt, wer auf ihren Rath hört. Wir die deutschen Arbeiter sich darüber selber nicht dustriezentren. Wenn für die Sozialdemokratie in wiederholen: Der gestrige Tag war erhebend, großartig. böllig einig, wie sie am 1. Mai demonstriren wollten, in dieser jegt zu Tage getretenen schroffen Deutschland der 1. Mai das nicht gehalten hat, was Er giebt uns Muth und Kraft zu neuen Kämpfen. man von ihm erwartet, so ist dies zum nicht geringen All unsere Arbeit ist glänzend belohnt. Die Buchdrucker Weise Stellung gegen das geplante Feiern am Theil das Verdienst der Bürgerschaft, und ihrem Pflicht- find wieder daran, mit allen andern Proletariern gemein- 1. Mai nahm. gefühl gegenüber der bestehenden Staats- und Gesellschafts- sam zu marschiren.... Ein Glücklicher, der den herr- Die Arbeitgeber- Koalitionen, welche jetzt aus Ver­Ordnung, sowie ihrem berechtigten Selbstbewußtsein zu lichen 1. Mai des Jahres 1890 mitfcierte; er wird ihm anlassung der Maifeier entstanden sind, würden nicht zu danken. Die Maßnahmen der österreichischen Regierung, nicht aus dem Gedächtniß entschwinden, auch wenn der Stande gekommen sein, weil sie wirkungslos bleiben mußten, sowie der staatlichen und autonomen Behörden für den Ruf, der gestern aus Millionen Proletarierherzen sich wenn sich das Kapital einer einigen Arbeiterschaft gegen­Und gelingt es diesen Koalitionen, 1. Mai selbst waren ebenso klug wie energisch, dabei ohne emporrang, zur Wahrheit geworden: Es lebe der gesetz- über gesehen hätte. jede unnüße Provokation, so daß darüber nur eine Stimme liche achtstündige Arbeitstag!" des Lobes und der Anerkennung laut wird. So sehr aber für diesen Tag selbst Einsicht und Entschiedenheit von maßgebender staatlicher Seite bethätigt wurde, so wenig geschah vordem, um die Unternehmer zu einer festen Stellungnahme gegenüber der Arbeiterschaft zu ermuthi- so ist sie weit hinter der in Desterreich zurückgeblieben und gen; und so tragen beide Theile in gleicher Weise die im Großen und Ganzen hat sich alles erfüllt, was die Schuld, wenn die sozialdemokratische Organisation Neue Tischlerzeitung" das Organ einer der mäch­bereits vor der aus dem 1. Mai einen mächtigen Gewinn zieht, tigsten Gewerkschaften Deutschlands und wenn das Machtbewußtsein des vierten Monatswende schrieb: Standes in wahrhaft gefahrdrohender Weise gesteigert ,, Das Eine steht unbestreitbar fest: diese Kundgebung,

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Was die

Mai- Feier in Deutschland anbetrifft,

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die Arbeiter, welche zu feiern beschlossen, zur Zurück­nahme ihrer Beschlüsse zu bewegen, dann werden die Herren Arbeitgeber auch bald die Kraft ihrer Vereinigung in anderer Beziehung dem Arbeiter gegenüber versuchen, denn mit demselben Recht, näm­lich mit dem Recht der stärkeren Macht, mit welchem sie dem Arbeiter verweigern wollen, daß er an einem bestimm­ten Tage die Arbeit darf ruhen lassen, kann diesem auch verboten werden, einem bestimmten Verein anzugehören, eine Zeitung zu lesen u. s. w.

" Wir wollen hoffen, daß diese Erste- Mai- Feier keine

wurde..... So ist der Eindruck, den der 1. Mai her- diese erstmalige Erste- Mai- Feier wird nicht so aus- solchen Folgen hat und für künftige ähnliche Fälle durch