Beiblatt zur Berliner Volks- Tribüne.

20.

Sonnabend, den 17. Mai 1890.

solchen Mähren sicher nicht. Darauf stieg er ab, ganz

IV. Jahrgang.

Und ringsum der Hans und seine fünfe, die wie die

Berliner Arbeiterbibliothek. fachte, klopfte fich Rock und Stiefel zurecht, band die Leine Orgelpfeifen dastanden, eins immer kleiner wie das andre,

Herausgegeben von Max Schippel - Berlin . Soeben erschien:

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an eine Speiche, spannte einen Schwengel ab, damit die und die mit staunenden Augen den fremden Schwarzen an­Westpreußen" nicht lostrackten das that er aber nur starrten, der so seltsame Worte spricht, dann schließlich so aus Gewohnheit, denn bei den Grauen wars gar nicht mit drei Fingern ins Wasser patscht und naffe Tropfen II. Serie, Heft 1: Der Mythus von der Grün- nöthig und schritt aufs Haus zu. Das war ein großes dem Brüderchen dreimal ins Gesicht sprißt. Hierbei wim­dung des deutschen Reiches. Eine historische Skizze Haus, so groß wie das des Herrn; drum getraute er sich merte das kleine Wurm auf; doch das kleine Stimmchen von Hans Müller- Rostock. 40 Seiten. Preis 15 Pf. auch nicht an der Vorderthür zu klingeln; er torkelte zur drang nicht durch: denn der Pfarrer hatte soeben mit Binnen kurzem wird erscheinen Heft 2: Zur Geschichte und Hofthür, hin zur Küche und fragte dort nach dem Super- vollem Brustton und vollem Augenausschlag gesprochen: Charakteristik der antisemitischen Bewegung in Deutsch­Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen land. Heft 3: Die Agitation für Bodenverstaatlichung Geistes. Amen." in Deutschland .

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Wir sagen den deutschen Arbeitern für die bisherige rege Unterstützung besten Dank und bitten, immer neue Freunde für die Arbeiterbibliothek zu werben, damit wir immer Besseres und Reichhaltigeres bieten können.

Einbanddecken zur ersten Serie durch Kolporteure und Expedition 30 Pf., direkte Einzelbestellung nach auswärts inkl.

Porto 40 Pf.

Necht zahlreichen Bestellungen entgegensehend

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Berlin SO, Oranienstr. 23.

[ Nachdruck verboten.]

Etwas von Hans Derschlag.

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Stizze von K. Paul.

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intendenten.

Was er denn wolle?

Und Hans erzählte breit sein Leid.

Da käme er gerade zu uupaß.

Hans schüttelte den Kopf und sah der Magd treu und traurig in die Augen.

Hier sei heute große Gesellschaft.... und das sei

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Bei jedem Namen duckten sich die beiden Alten und ruckten und zerrten dabei an den Kissen, daß die Muhme fast auch mitknicksen mußte, was sie gar nicht thun durfte denn sie hielt ja das Kind.

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wollen Sie nicht,

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Und ein Hauch andächtigen Lauschens, seeliger Ver­Die erste Serie( Heft 1-12) fann jetzt auch gebunden so weit bis zu ihm. gessenheit durchwehte das Zimmer; seltsame Ruhe überkam für Mr. 2,50 bei unseren Kolporteuren, sowie in unserer Erpe- Hans ganz augenscheinlich O, er habe ein paar gute Pferde, das log nun der alle, und die Angst des Todes, die sie hier vereinigt, löfte dition und bei allen Filialen bezogen werden. Direkte Einzel- Superintendenten selbst warten, fügte er dann hinzu. -und er wollte schon auf den sich auf in das wußte eigentlich keiner recht zu sagen, bestellungen nach auswärts intl. Porto Mt. 2,70. auch nicht die Wöchnerin, die langsam ihr Haupt standen geduldig vor der Thür und träumten von besseren Das that er auch redlich. Und die Westpreußen " neigte und mit einem male friedsam druselte. Jetzt regte sich der Pfarrer; er trocknete sich die Finger. Tagen, den Tagen der Jugend und des reichlichen Futters, Die Muhme trug das Kind fort, die beiden Alten hum= und der Hans saß ruhig auf dem Küchenschemel und pelten mit, jebe an ihrem Zipfel, die Kinder folgten Der Verlag der Berliner Volks- Tribüne" was er sah. Manch einer ging vorbei, draußen und wollte, fand sie es todt. Sie deckte es leise mit ihrer wunderte mit den Augen herum auf all das Seltsame, bin in die Ecke. Als die Muhme das Kind aber betten drinnen, der sah das Unthier, draußen und drinnen, und Schürze zu, und ging zum Hans: Dat Jöhr ist all dot", fragte sich, wie das zum feinen Pastorhause heute käme und der Hans hob die Schürze auf: Dot, all dot", und konnte nicht draus klug werden. dabei kam ihm etwas wie eine Thräne ins Auge, die Endlich erfuhr es doch der mit dem langen Namen; wischte er sich ab, den ganzen Aermel entlang. der machte denn ein würdiges Gesicht, Nun standen sie alle wieder vor dem Kind, der der junge Re­ferendar hatte soeben einen seiner Wize erzählt und Pfarrer sprach einige Worte des Geleites; dann gab er Der Hans Derschlag war ein frommer Mann und bequemte sich zum Hans, der nochmals breit seine Noth dem Hans, auch der Muhme, die Hand und ging ein gerechter Mann, der wußte, was er von andern zu vortrug. Und der Herr Superintendent war ein frommer niemand begleitete ihn. verlangen und was er selbst zu thun hatte. Und erst Mann und ein gerechter Mann, der wußte, was die an- Aber die flüsterte schnell noch dem Hans was ins nach langem, langem Zureden seiner Frau, die krank im dern ihm schuldig waren; und als das stimmte, und der Dhr; der nickte eifrig und holte den Pfarrer vor der Thür Wochenbette lag, zog er sich den Sonntagsrock an auch Hans ihm die sechs Mark auf den Tisch gezählt- mancher ein; da machte er einen tiefen Beuger, er kam mit einer das hatte er zuerst nicht thun wollen und ging zum Nickel war darunter und dem Hans wurds etwas schwer großen Bitte: Herr Superndent, Herrn hinauf auf den Hof. das aufzuzählen- ging der Superintendent mit verbind- nicht gleich auch das andre lütte Sie sind ja nun hier Und der Herr war auch ein frommer Mann und ein lichem Lächeln zu seinen Gästen hinein und erzählte in das ist ja ein Weg"; Sollte der Schwarze das gerechter Mann, und der sagte dann zum Hans: Das ist falbungsvollen Worten, daß er leider in die Hütte eines nicht verstanden haben?... Hans wartete nun wurde ja ganz schön aber- jezt ein paar Pferde, wo wir Armen gerufen werde, um dort einem sterbenden Kinde er deutlich:" Taufen Sie mir schon das Wurmken." grade beim Heu find na, wollen sehen, was sich die heilige Taufe zu geben; das Kleine fei eins von die der Hans fast geschrieen hatte, und von ihrem Lager Die Wöchnerin schrat auf, sie hörte die letzten Worte, machen läßt." Zwillingen, und es sei das siebente, das Gott dem armen rief fie dazwischen: machen Sie das schon ab, Herr ,, Ach, Herr", erwiderte der Hans, wenn schon, denn Manne geschenkt und dabei hustelte der Referendar, man gleich. Das Kindchen lebt nur noch so vor sich hin und die andern hustelten auch und sahen sich an und Pfarrer. es stirbt mir ja unter.. fragten mit stummen Lippen und lächelnden Augen, was so ein Armer mit sieben Würmern wolle. Das war nun ein Thema; und dabei wurde man so seelig im Gefühl selbstbewußter, befriedigter Würde, daß man ganz den bei ruckte es in ihm ganz seltsam auf meins soll doch armen Hans und feine Noth vergaß, auch seine Grauen, nicht hinten am Zaune" er fonnte wieder nicht weiter über die man vorhin doch so herzlich hatte lachen müssen, " Nee, Herr, Timötes all aspanne laute. Min Ullsch weil sie der Hans erst nach langem Schnalzen und manchem würd mi dat nie vergäwe, wenn dat Jöhr ungedöbt ſtür, intendent eine so unglückliche Figur gemacht, daß sogar freundlich sein wollen, Herr Superndent." Sie hatte doch Hieb in Trab gebracht; dabei hatte der Herr Super- Haltsmaul und min ull Mutting würd mi nie me atchietche, sei is so froumm, sei is ja en Polsch, unn- nee, Herr, bhoes ſeine liebe Mine, sein treues Gesponst, den Gästen das Lebensart und hätte die Sache wohl zum guten gewandt, wenn nicht der Hans wieder gerufen hätte: Na, Herr Lachen verziehen. Superndent, wir sind arme Leute und das bischen Wasser". Unterdessen war der Hans schon weit aus der Stadt, und aus dem Bette hallte es nach:" arme Leute, nur aber in recht böser Stimmung; denn er hatte vergessen, diesmal.. Zucker und Zimmet, Mehl, Weizenmehl und Rosinen mit­zubringen. Das sollte zur Taufe am nächsten Sonntag, einen Trumpf, und er hatte gewonnen; drum sagte er Der Hans sah, der Pfarrer schwankte. Nun noch oder auch, wenn das Kleine vorher sterben sollte, zum ganz jovial: Na, Herr Pfarr, ich habe Ihnen schon Der Herr schwieg; der Hans schwieg auch; aber er Begräbniß dienen. Nun hatte er Bange vor der Muhme, manchen hübschen Verdienst gebracht, machen Sie das staunte in sich hinein und wunderte sich baß, wie er rühr- und dabei fuhr er schneller, als er wohl fahren sollte, und diesmal schon so ab." sam gesprochen und sich, und natürlich dem Herrn, die die Grauen bekamen manchen Klaps ab, den sie eigentlich Was der Hans nur schwaßte; die Muhme kam gar Nothwendigkeit der Taufe eingeredet, obwohl er die vor gar nicht verdienten. So kam er aufs Vorwerk, vor sein nicht zum vernünftigen Wort, und ihr Zuppen half auch her gar nicht für so unumgänglich gehalten und erst die Haus. Weiber seine Bedenken halbwegs beseitigt. Mit Mühe schälte sich der Superintendent aus der Pfarrer schwankte gar nicht; seine Gerechtigkeit hatte längst nichts. Aber auch Hansens Reden half nichts; denn der Nun trommelte der Herr an den Fensterscheiben; er Nachdem auch der Hans schnell die Pferde besorgt, schritten Worte des Trostes über den Tod des Kindes zuwarf, Masse der Decken und Tücher er war etwas pimpelig. entschieden; und indem er der Wöchnerin noch ein paar ärgerte sich. Aber nach langem Hinundherwägen der Hans war sein bester Arbeiter fiegte seine Gerechtig aufs Haus zu, in die Hütte, Baracke, Bude, Klabache, fie beide, begleitet von Hansens zahlreichem Nachwuchs ging er. feit, und er sagte halb über die Schulter, und dabei warf Doch die verstand ihn nicht; der Hans mußte ihr er den Kopf so recht ins Genic: Denn nimm Dir schon Kabiſe, Kabuse alles auf deutsch Ein- das erklären. Da hätte sie nun wohl aufschreien mögen, die Grauen. Aber fahr nicht zu schnell, da kommen sie wohnerhaus. und murmelte: Hei hatt all dhoun schullt." Das meinte sie konnte das nicht; langsam sank sie in die Kissen auf den Hof." der Hans auch und die Muhme und die Alten. Aber der Pfarrer, der doch ein frommer und gerechter Mann war, mußte das besser wissen; sie hielten ihr Urtheil zurück und dachten nicht weiter nach und zürnten nicht.

,, Gott, Hans, manches andere ist doch schon..." Jawohl, Herr; aber man nicht meins; das soll mir doch nicht so wie. wie... ein Stück Vieh"

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da=

Ji mi dat nie a." Das hatte der Hans ganz schnell ge­sprochen, wobei er immer die Müße drehte und ab und zu mit der Hand den blauen Rock Herunterfuhr, als ver­gewisserte er sich, daß all die schönen blanken Knöpfe noch daran wären, die schönen blanken Knöpfe, die sein ganzer

Stolz waren.

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Dagegen der Hans, der den Herrn nun schon an

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Kathe

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Die Muhme empfing fie mit vielen Kniren, Thränen

und Worten.

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Doch der Schwarze, der wußte was sich gehörte, sagte ganz wohlwollend zum Hans: Aber lieber Mann, wißt Ihr denn nicht: jede Haustaufe tostet sechs Mark!" Der Hans:" Ja, Herr Pfarr, das haben wir ja auch schon angewandt und da das nun doch umsonst

war.

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Da bekam er von der Muhme einen Stoß und ein dafür sprach fie: Wenn Sie schon so

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dem kleinen Finger zu haben glaubte: Jau, Herr, würd Der Pfarrer trat an das Bett der Wöchnerin und awer dei Superndent mit mi unn dei olle Kracke ook reichte der die Hand; und das arme Weib ergriff fie mit fäure wille?!" beiden Händen und umklammerte sie so, als wenn das Was?" Der Herr drehte sich plötzlich voll zum Hans allein schon Trost wäre den bekam sie aber noch ertra Der Hans mußte nun dem Pfarrer folgen, der schon und sah ihn groß an und der Hans, der ja, ein ge- und reichlich. wartend auf dem Wagen saß. Schweigend fuhren sie los. rechter Mann war, schwieg und wandte sich langsam und Nun wartete der Pfarrer. Die Muhme wischte Langsam krochen die Westpreußen vorwärts. Was fümmerte ging mit einem: ,, na, denn dank auch schön, Herr" ab. schnell noch einmal mit der Schürze die kupferne Wasch- das den Hans, daß der Pfarrer ihm öfters zuries, schneller Das dauerte nun nicht lange, so saß der Hans auf schüssel aus das war noch ein Hochzeitsgeschenk der zu fahren. Wenn er auch ab und zu einhieb, er vergaß dem Bretterwagen und fuhr nach der Stadt. Fahren Mutter vom Schulzenhofschüttete Waffer hinein, stellte das bald wieder. Seine Gedanken waren ganz wo anders. konnte er, daß mußte man ihm lassen, und das zeigte er, fie auf einen Stuhl mitten im Zimmer und holte dann Da hätte er den Weg zur Stadt der Taufe wegen so als er ohne viel Hallo, ohne Peitsche die Grauen vor den das Kind. schön sparen können, auch die drei Mark, die er noch zahlen mußte. Nun kam noch das theure Begräbniß. Grauen, die so abgemagert und wacklig und langsam Der Pfarrer beim Waschbecken unbeweglich, vor ihm Aber dazu wollte er den Pastor nicht nehmen. Hätte der waren, daß man sie spottluftig nur die Herrenesel" die Muhme mit dem Kind, an dessen Röckchen, jede an die Taufe umsonst gemacht, dann hätte er sich das wohl nannte. Bezeichnender wäre aber der Beiname West- einem Zipfel, zwei Alte anfaßten, deren man bei der vielen geleistet. Der Schulmeister machte das doch gerade so preußen" gewesen. Seine ganze Kunst bewies aber der Arbeit draußen auf dem Felde allein hatte habhaft werden gut, wenn nicht besser, billiger jedenfalls mit diesen Hans, als er in kurzen Schwenken gerade auf dem ab- können. bösen Gedanken brachte er den Superintendenten ab. schüssigen Berg, auf dem das Pfarrhaus stand, scharf um- Sonderbares Bild, fast lachhaft und doch rührend: Der trat wieder mit verbindlichem Lächeln unter bog, so daß der Wagen zum Abfahren gleich bereit stand. zwei zitternde, zerfallene Mütterchen geben einem lebens- feine Gäste und bat um Entschuldigung, daß sie ihn so Das machte ihm hier so leicht niemand nach- mit unfähigen Kind das Geleit ins Jenseits. lange entbehrt. Er sei noch zur rechten Zeit gekommen;

Augen des Herrn in einen gelinden Trab brachte, die alten Die Zeremonie begann.

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