Sozial-Politisches Wochenblatt.

Geganisationsplan. An die Partei genossen. Die lebten Tage des lozial- demokratischrn Kongreises. Das allgemeine, gleiche, direkte«nd geheime Wahlrecht. Die erste Vorstellung im PereinFreie Volks­bühne". Gedicht. Ztooelle. Ans meinem Kanern- lpiegel. Spießbürgerliche Reformideen zur Lösung der sozialen Frage. Bürgerliche Gr- ziehungsideale.

Organisation

der sozialdemokratische» Partei Deutschland«. Z 1. Zur Partei gehörig wird jede Person betrachtet, die sich zu den Grundsätzen des Parteiprogramms bekennt und die Partei nach Kräsle» unterstützt. § 2. Zur Partei kann nicht gehören, wer sich eines groben Verstoßes gegen die Grundsätze des Parteiprogramms oder wer sich ehrloser Handlungen schuldig gemacht hat. Ucbcr die Zu- geHörigkeit zur Partei entscheiden die Parteigenossen der einzelnen Orte oder Reichstags-Wahlkreise. Gegen diese Entscheidungen steht den Betroffenen die Berufung an die Parteileitung und den Parteitag zu. Vertrauensmänner. § 3. Die Parteigenossen in den einzelnen Reichstags-Wahl- kreisen wählen in öffentlichen Versammlungen zur Wahrnehmung der Parteiinleressen einen oder mehrere Vertrauensmänner. Die Art der Wahl dieser Vertrauensmänner ist Sache der in den einzelnen Kreisen wohnenden Genossen. § 4. Die Wahl der Vertrauensmänner erfolgt alljährlich und zwar im Anschlüsse an den vorausgegangenen Parteitag Die Vertrauensmänner haben ihre Wahl mit Angabe ihrer genauen Adresse sofort der Parteileitung mitzutheilen. § 5. Tritt ein Vertrauensmann zurück oder tritt sonstwie eine Vakanz ein, so haben die Parteigenossen umgehend eine Neuwahl vorzunehmen und davon entsprechend§ 4 Abs. 2 der Parteileitung Mittheilung zu machen. § 6. In einzelnen Staaten, in welchen aus gesetzlichen Gründen die in den vorstehenden Paragraphen gegebenen Vor- jchristen unausführbar sind, haben die Parteigenossen mit örtlichen Verhältnissen entsprechende Einrichtungen zu treffen. Parteitag. § 7. Alljährlich findet em Parteitag statt, der von der Parteileitung einzuberufen ist. Hat der vorhergehende Parteitag über den Ort, an welchem der nächste Parteitag stattfinden soll, keine Bestimmung getroffen, so muß die Parteileitung mit der llteichs- tags-Verlretung hierüber sich verständigen. § 8. Die Einberufung des Parteitages muß spätestens vier Wochen vor dem Termin der Abhaltung deffelben durch das osfi- zielle Parteiorgan mit Angabe der provisorischen Tagesordnung erfolgen. Die Einladung zur Beschickung des Parteitages ist nundestens dreimal in angemessenen Zwischenräumen zu wieder- holen. Anträge der Parteigenossen für die Tagesordnung des Parteitages sind bei der Parteileitung einzureichen, die dieselben spätestens 10 Tage vor der Eröffnung des Parteitages durch das offizielle Parteiorgan bekannt zu geben hat. § 9. Der Parteitag bildet die oberste Vertretung der Partei. Zur Theilnahme an demselben sind berechtigt: 1. die Delegirten der Partei aus den einzelnen Wahlkreisen mit der Einschränkung, daß in der Regel kein Wahlkreis durch mehr als 3 Persone» vertreten sein darf. Insoweit nicht unter den gewählten Vertretern des Wahlkreises Frauen sich befinden, können weibliche Vcr- treter in besonderen Frauenversammlungen gewählt werden. 2. die Mitglieder der ReichStags-Fraktion; 3. die Mitglieder der Parteileitung. Die Mitglieder der ReichstagS-Fraktion und der Parteileitung haben in allen die parlamentarische und die geschäftliche Leitung

der Partei betreffenden Fragen nur berathende Stimme. Der Partei- tag prüft die Legitimation seiner Theilnehmer, wählt seine Leitung und bestimmt seine Geschäftsordnung. § 10. Zu den Aufgaben deS Parteitags gehören: 1. Entgegennahme des Berichts über die Geschäststhätigkeit der Parleilettung und über di; parlamentarische Thätigkeit der Abgeordneten. 2. Die Bestimmung des Orts, an welchem die Parteileitung ihren Sitz zu nehmen hat. 3. Die Wahl der Parteileitung. 4. Die Beschlußfassung über die Parteiorganisation und alle das Parteileben berührenden Fragen. 5. Die Beschlußfassung über die eingegangenen Anträge. § 11. Ein außerordentlicher Parteitag kann einberufen werden: I. durch die Parteileitung; 2. auf Antrag der Reichstags-Fraktion. 3. aus Antrag von mindestens 15 Wahlkreisen. Falls die Parteileitung sich weigert, einem Antrag auf Ein- berusung eines außerordentlichen Parteitages stattzugeben, so ist derselbe durch die Reichsiags-Fraktion einzuberufen. Als Versamm- lungsort eines ordentlichen Parteitages ist ein geographisch möglichst günstig gelegener Ort zu bestim..etil § 12. Die Einberufung des außerordentlichen Parteitages muß spätestens vierzehn Tage vor dem Termin der Abhaltung desselben durch das offizielle Parteiorgan in wenigstens drei auseinander- folgenden Nummern mit Angabe der Tagesordnung erfolgen. Anträge der Parteigenossen sind spätestens 7 Tage vor der Abhal- tung des Parteitags im offiziellen Parteiorgan zu veröffentlichen. Im Uebrigen gelten für die außerordentlichen Parteitage dieselben Bestimmungen wie für die ordentlichen Parteitage(§§ 8 10). Parteileitung. § 13. Die Parteileitung besteht aus 12 Personen, und zwar aus 2 Vorsitzenden, 2 Schriflsührern, 1 Kassirer und 7 Kontroleuren. Die Wahl der Parteileitung erfolgt durch den Parteitag mittelst Stimmzettel. Nach erfolgter Wahl hat die Parteileitung ihre Könstituirung vorzunehmen und dieselbe im offiziellen Parteiorgan bekannt zu machen. Die Parteileitung verfügt nach eigenem Ermessen über die vorhandenen Gelder. § 14. Die Mitglieder der Parteileitung können für ihre Thätigkeit eine Besoldung beziehen. Die Höhe derselben wird durch den Parteitag festgesetzt. § 15. Die Parteileitung besorgt die Parteigeschäfte, kontrolirt die prinzipielle Haltung der Parteiorgane, beruft die Parteitage, und erstattet auf denselben über ihre Thätigkeit Bericht. § 16. Scheidet einer der Vorsitzenden, Schriftführer oder der Kassirer aus, so ist die Vakanz durch eine von den Kontro- leuren vorzunehmende Nemvahl zu ergänzen. Parteiorgan. § 17. Zum offiziellen Parteiorgan wird dasBerliner Volksblatt" bestimmt. Dasselbe erhält vom 1. Januar 1891 ab den Titel: Vorwärts " Berliner Voltsblatt Zentral-Organ der sozialdemokratischen Partei Deutschlands . Alle offiziellen Bekanntmachungen sind an hervorragender Stelle des redaktionellen Theiles zu veröffentlichen Abänderung der Or ganis ation. § 18. Acnderungcn an der Organisation der Partei können nur durch einen Parteitag vorgenommen werden, doch muß die absolute Mehrheit der anwesenden Vertreter sich dafür erkären. Anträge aus Abänderung der Organisation können nur berathen werden, wenn sie innerhalb der Fristen, welche die§§ 7 und 1 1 vorschreiben. zur öffentlichen Kenntniß der Parteigenossen ge- langten. Eine Abweichung von der letzteren Bestimmung ist nur dann zulässig, wenn mindestens'/e der anwesenden Vertreter aus einem Parteitag sich für die Abweichung entscheiden.

A» die Parteigenossen! Durch den Parteitag in Halle a. S. zur Leitung der Partei berufen, hat sich die unterzeichnete Parteileitung, entsprechend der Bestimmung des§13al III des Lrganisationsstatuts, konstituirt.

In Bezug aus die geschäftliche Behandlung der Partei- angelcgcnheiten sind folgende Beschlüsse gefaßt: Das Bureau des Parteivorstandes befindet sich: Krrlin SW., Katzbachstr. 9, 1. Alle für die Parteileitung bestimmten Zuschriften und Ein- sendungen sind an diese Adresse, und zwar bis auf Weiteres an den Genossen J. Auer zu richten. Alle für Parteizwecke bestimmte Geldsendungen sind an den Partcikassirer: August Debet , Kerlin Vf., Groß-Görschenstr. 22a zu adressiren. Beschwerden, die sich gegen die Parteileitung oder deren Geschäslssührung richten, sind an den Genossen August Aakobey, Kerlin R., H ochstr. 33, Hof III zu senden. Indem wir die Genossen allerorts ersuchen, im Jntereffe einer raschen und pünktlichen Erledigung der Parteigeschäfte, sich genau an die vorstehend aufgeführte Eintheilung zu halten, warnen wir ganz besonders davor, daß politische Vereine oder deren Vertreter mit der Parteileitung in Verbindung zu treten versuchen. Jeder derartige Versuch könnte zu Prozessen Wgen Verletzung der vereinsgesetzlichen Bestimmungen und eventuell zur Schließung der betreffenden Vereine und der Parteiorganisation führen. Diese Warnung gilt besonders auch für jene, sich zu unseren Parteigrundsätzcn bekennenden Vereine, welche ihren Sitz in Ländern haben, die entweder gar kein Vereinsgesctz kennen, oder wo das letztere doch die Bestimmung nicht enthält, daß politische Vereine nicht mit einander in Verbindung treten dürfen. Wenn auch für letztere Bereine keine Gefahr aus ihrem Ver- kehr mit der Parteileitung erwachsen könnte, so würde sich doch letztere eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des preußischen Vereinsgesctzcs schuldig machen, wenn sie solchen Verkehr pflegte. Es muß deshalb jeder derartige Verkehr unter allen Umständen unterbleiben. Die Verbindung zwischen der Parteileitung und den einzelnen Wahlkreisen und Orlen wird ausschließlich durch die Vertrauens- männer(siehe die§§ 35 der Organisation) vermittelt werden. Wir fordern deshalb die Genossen der einzelnen Orte oder Wahlkreise aus, die Wahl der Vertrauensmänner in öffentlichen Versammlungen möalichst umgehend vorzunehmen. Die gewählten Vertrauensmänner aber werden ersucht, ihre genauen Adressen schleunigst an das Partei bureau, unter der Adresse: Z. Auer, Kerlin SW., Katzbachstraßc 9, einzusenden. Parteigenossen! Nach zwölfjährigem schwerem Ringen und Kämpfen, und nachdem wir eine Periode der Verfolgungen durch- gemacht haben, wie sie in der Geschichte der modernen politischen Parteien wohl beispiellos dastehen dürste, ist es uns wieder möglich gemacht, uns gleich den bürgerlichen Parteien zu organisiren Der Parteitag in Halle hat demzufolge eine Organisationssorm geschaffen, die nach allgemeiner Ueberzcugung einerseits den Partei- bedürsnissen genügt, andererseits aber der durch die deutsche Vereins- gesetzgebung geschaffenen Zwangslage gebührende Rechnung trägt. Die während der schweren Kampfesjahre, welche wir hinter unS haben, so oft und glänzend bewiesene Parteidisziplin der Genossen bietet die Garantie dafür, daß sie auch in Zukunft und unter den veränderten Verhältnissen immer nur das Parteiinteresse als die Richtschnur für ihr Handeln gelten lasse» werden, so daß es einer besonderen Aufforderung unsererseits nicht bedarf. Das große Ziel, dem wir alle vereint entgegen streben, kann nur erreicht werden, wenn wir alle unermüdlich und in treuer Kampfgenossenschast dafür eintreten. Jeder an seinem Posten und mit dem Aujgebote aller ihm zu Gebote stehenden Kräfte, wollen wir vereint die Befteiung des Proletariats aus den Fesseln der Lohnsklaverei, der politischen und geistigen Bevormundung erkämpfen. Die Erfolge der Vergangenheit verbürgen uns den Sieg in der Zukunft. Die Parteileitung verspricht den Genossen, Alles, was an ihr liegt, zu thun, um den Triumph des Proletariats, welcher de» Triumph der Kultur ist, herbeizuführen. Wir alle haben die heilige Pflicht, durch unermüdliche Agitation und Ver-