/ BerUnrr Sozial-Politisches Wochenblatt. Ans der Moche. Gingelöstes Problem." Znm Miener Schacher- Macher. Moral, Moral. Uerfastnngsreviston in Sicht? Kebensmittel- Uertstenernng. Znr Konzen­tration des Kapitals.   Mieder ein nener Trnst. Kinderarbeit. Mieder«n- moralisch. Gedicht. KoveUe. Zur Lage der««- garischen Kandbevölkernng. Znr Krise in Deutschland.   Znr Mebernoth. Uom Reichstag. Kiterarisches. Aus der Moche. -sc.- Die spanische Regierung macht öffentlich be- kannt, daß der junge König von Spanien   ein geistig und körperlich durchaus normal sich einwickelndes Kind ist. Herr meines Lebens, werden die ehrsamen Hidalgos ein Freuden- und Vivat-Hochgeschrei über diese Botschaft er- heben! Aber etwas ärgert mich, als Deutscher, und das sind diese spanischen   Minister. Und sie nennen sich noch konservativ obendrein. Hat man schon so etwas gehört? Ein spanisches Königskind normal? Und nur normal? Der Sohn eines Begnadeten, mit dem bloße Sterbliche nach dem Hoszeremoniell nur auf den Knieen liegend sprechen durften! O Zeiten, o Sitten! Wahr ist's! der Geist der Unbotmäßigkeit und Revolution geht durch die Welt wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Jetzt ist er gar schon in die spanischen   Mi- nister gefahren. Die Sache macht sich, meint Lehmann. Der Vizepräsident des preußischen Herrenhauses, Hans von Rochow ist gestorben. Es ist dies jener Rochow, welcher den ehemaligen Polizeipräsidenten von Berlin  , Hinckeldey   niederknallte. Man hat niemals ge- hört, daß der Hoch- und Edelgeborene wegen Mord be- langt worden wäre. Das Brot bleibt theuer. Der Reichstag   hat mit 210 gegen 106 Stinimen beschlossen, von einer Herabminderung der Getreidezölle abzusehen. 210 deutsche Männer, welche sich alle in guten wirthschaftlichen Ver- Hältnissen besinden, haben es als gerechtfertigt anerkannt daß auf das Brot des armen, darbenden Volkes eine unmäßige Steuer gelegt werde, haben sich damit einver- standen erklärt, daß ungezählte, dem Volke abgepreßte Millionen in die Taschen reicher Grundbesitzer wandern. Und es waren viele darunter, die sich dieses Millionen- geschenk selbst votirten, und auch der ungepökelte Dr. Böckel war dabei, der wie eine Dachrinne jahraus, jähr- ein überfließt von Phrasen, die gegen Kapital, Korruption und Volksausbeutung donnern, dessen ganze Kunst aber nur darin besteht, reichen dummstolzen Bauernprotzen den Bart zu kratzen. 70 000 Unterschriften gegen Auf- Hebung der Brotzölle rühmt er sich zusammengebracht zu haben. Geduld! Die Stunde der Abrechnung mit diesemHeros" wird auch schlagen, ebenso wie die mit allen denjenigen, welche sich aus der Haut ihrer armen, wehrlosen Volksgenossen Riemen schneiden. Das Münchener Militärbezirksgericht verurtheilte einen Trainunteroffizier wegen Soldatenmißhandlung er hatte einen Mann wegen eines geringen Vergehens zwei Ohrfeigen versetzt und mit den Steigbügel» über den Kopf gehauen, daß er blutete zu einer Freiheits- strafe von 45 Tagen. In der gleichen Sitzung wurde ein Soldat wegen Aufwiegelung zu blU Jahren Festung und zum Nachdienen seiner übrigen Dienstzeit von diesem Zeitpunkt an verurtheilt. Die Anfwiegelung bestand darin, daß der Angeklagte seine Mitsoldaten veranlassen wollte, den Stall eine Stunde früher als vorgeschrieben zu verlassen. Und darum Räuber und Mörder und unglücklich für seine ganze Lebenszeit! Ein Kommentar ist überflüssig. Der Säbel haut. In Neumünster   ließ ein Offizier einen Matrosen, der ihn nicht gegrüßt hatte, arretiren. Auf dem Gange znr Wache suchte der Matrose zu entspringen. Der Offizier zog seine Waffe und hieb den Ausreißer über den Kops, daß der Degen in Stücke sprang. Und das Vaterland war wieder einmal ge- rettet! Im Reichstage vertheidigte der Regierungs-Kom- missär von Mecklenblirg das Verbot von Wählerver- sammlungen am Sonntag damit, man habe das Trommel- fell der Wähler schonen wollen. Potztausend! Die meck- lenburger Männleins scheinen sehr zart betrommelfellt zu sein! Am Ende sind gar alle seraphische Jünglinge, und vermuthlich hat ebendeshalb das Land der Obotriten den Ochsenkopf im Wappen? Der Herr Regierungs Kom- missär aus Mecklenburg   scheint da von der geistigen Kapazität unserer deutschen   Reichsboten eine sehr hohe Meinung zu haben, wenn er ihnen solche Romane erzählt. Der schönste Ehrenbcleidigungsprozeß wäre fertig, wenn sich nur ein unternehmender Rechtsanwalt fände. Der französische   Journalist Delabruyäre, welcher wegen Theilnahme an der Flucht Padlewski zu dreizehn Monaten verurtheilt worden war, wurde vom Appell- gerichtshof freigesprochen. Väterchen Zar hat daraufhin gleich eine Straf-- und Zornrede in Form eines Zeitungs- artikels nach Paris   hindonnern lassen. Schad't nischt, meint Rauke. Auch Padlewski hat man in Spanien  gefangen haben wollen und schrie das Ereigniß mit vollen Lungen in alle Welt hinaus. Eine ganze Kohorte ver- schämter und unverschämter Lockspitzel lächelte stillver- gnügt ihre Knopflöcher an, und meinte, jetzt endlich müßten die Piepmütze flügge werden. Es hat wieder nicht sollen sein. Der angebliche Padlewski entpuppte sich als ein belgischer Schwindler und Halbtrottel. Ein Schlosser des Feuerwerkslaboratorinms in Spandau   ist unlängst gestorben ohne ärztliche Hilfe er- halten zu haben. Jetzt werden Daten bekannt, welche auf das ganze Kassenärztewesen in dieser Stadt ein eigenthümliches Licht werfen. Für das gesummte Arbeiter- personal der Gewehr- und Munitionsfabrik, 6000 männ­liche und weibliche Arbeiter, sowie für deren Familien, sind nur 2 Kassenärzte angestellt, welche aber noch Privat- Praxis betreiben. An diese Aerzte müssen sich nun die Arbeiter wenden, da sie sonst extra bezahlen müssen. Der Arzt, welcher den verstorbene» Schlosser behandeln sollte, ist der einzige für 3 000 Arbeiter und Angehörige (ungefähr 6000 Personen) außerdem noch Arzt der Ortskrankenkasse(ca. 1000 Mitglieder), dabei besitzt er eine große Privatpraxis. Unter solchen Umständen ist es allerdings nicht möglich, daß der Herr für einen armen Teufel von Schlosser Zeit übrig hat. Die Hauptschuld trifft hier nicht den Arzt, sondern den Staat. Woher nimmt dieser das Recht, sich einen Kulturstaat zu nennen, wenn er einen solchen Zustand duldet? In Wien   stand eine Frau vor Gericht, unter der Anklage, sie hätte Mannspersonen durchs Schlüssel- loch sehen lassen, während sie Frauen massirte(knetete) Sie wurde freigesprochen. Diese Anklage erhob durch eins seiner Organe derselbe Staat, welcher den Menschen- Handel duldet und davon noch Steuern erhebt! Es wäre znm Lachen, wenn einem nicht der Ekel die Kehle herauf- stiege. Pfui Teufel! Einstimmig, mit 532 Stimmen, genehmigte die französische   Kammer den vom Minister des Innern ver- langten Kredit von 2 Millionen Francs für die durch die ungewöhnliche Kälte nothleidenden Bewohner der Städte. Ein weiterer Kredit soll für die Armen des flachen Landes eröffnet werden. Wir kennen die ge- Heimen Beweggründe der französischen   Machthaber nicht, vermuthlich sollen die zwei Millionen eine Art Be- stechung sein, damit das französische   Proletariat sich ruhig verhalte, und sich lammfromm weiter scheeren lasse. Mit dieser Ansicht wäre Herr Constans   allerdings auf dem Holzwege. Aber besser als nichts sind die 2 Millionen doch. Das Proletariat soll alles hinnehmen, was es kriegen kann, natürlich nur, wenn es keine Gegenverpflichtung auf sich zu nehmen braucht. Aber was thut der deutsche   Reichstag? Er beschließt mit Zweidrittclmajorität den Brotpreis so hoch als möglich zu halten. Und Berlin  ? Die neue Leuchte der Welt, seitdem das Babel an der Seine altersschwach und ab- getackelt worden? Der Magistrat erhöht bei Eintritt de? Winters den Preis des Hektoliters Koaks um 20 Pf. Und da stellen sich diese Freisinnigen noch auf den Markt der Oeffentlichkeit, preisen ihren Mannesmnth und ihre Liebe zum Volke und belästigen jeden mit ihren Betheuerungen, sie seien weder Zöllner noch Sünder, noch Brodverthenerer. Eine eiserne Stirn ist mehr Werth wie ein Meierhof, sagte einmal einer, und er mußte es wissen, denn er war groß im Volke der Bourgeois. DieFreie Volksbühne", eine Schöpfung der Berliner   Arbeiter, zählt 1713 Mitglieder. Die Ein­nahmen betrugen bis zur letzten Generalversammlung 4720,84 Mark, die Ausgaben 4002,30 Mark. Das Einschreibegeld, das früher mit 1 Mark festgesetzt worden war, beträgt von nun an nurmehr 50 Pf. Die Ber­ liner   Arbeiter haben alle Ursache die freie Volksbühne auch fernerhin zu stützen und auszubauen, sie haben durch die Gründung und bisherige Förderung dieses Institutes mehr wirkliches Kunstverständniß gezeigt, als der ganze Mob in Seidenhüten zusammengenommen. Rechtsanwalt Hoffmann in Leipzig   wurde in mehreren Fällen verurtheilt, weil er als Vertreter von Arbeitervereinen und einzelner Arbeiter dem Polizeiamt und einem Polizeikommissär schriftlich tüchtig die Meinung gesagt hatte. Bei der Verhandlung vor dem Schöffengericht wurde die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. O rühret, rühret nicht daran, an der sächsischen Polizei nämlich. Wie wäre es, wenn man die so empfindlichen Herren unter einen Glassturz stellen würde. Die Arbeiter wären es gewiß zufrieden. Eingelöstes Problem". i. 88. Die Konzentration des Kapitals vollzieht sich bereits heute mit einer Schnelligkeit, welche selbst die be- geistertsten Bewunderer des herrschenden Wirthschastssystems stutzig zu machen beginnt; weniger, weil hierdurch die Kluft zwischen den Trägern der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, auf deren Gegensätzlichkeit ja die kapitalistische Kultur beruht, naturgemäß immer unüber- brückbarer wird, sondern vielmehr, weil dieser rapide Entwickelungsprozeß in den Reihen der Besitzenden selbst furchtbare Verheerungen anrichtet. Die Aufsaugung des kleinen Kapitals durch das große gleicht im Zeitalter der Trusts und Ringe nur noch dem Abschlachten eines Wehrlosen durch eine übermächtige und wohlorganisirte Räuberbande. Aber auch die Erkenntniß, daß mit der endgültigen Vernichtung des sogenanntenMittelstandes" die Mission des Kapitalismus erfüllt und seine Ablösung durch die sozialistische Wirthschast dann unausbleiblich ist, scheint einem Thcile unserer Bourgeoisie aufzudämmern. Kein Wunder, daß das alte Lied von derLebensfähigmachung des Handwerks und Kleinbauernstandes" wieder in allen Tonarten gesungen wird. Wüßte man nur auch, wie und wodurch das geschehen soll! Eine Zeit lang setzte man große Hoffnungen auf den AllerweltshelferStaat", dieser, als Klasienstaat, der in erster Reihe die Interessen der herschenden Klasse, in unserem Falle also des industriellen und landwirthschaft- lichen Großkapitals zu vertreten hat, blieb jedoch taub. So ist man denn schließlich zu folgender Kalku- lation gekommen: Angenommen die bösen Sozialdemokraten haben Recht, der heutige Staat will und kann dem Kleinbetrieb nicht helfen, ist gesagt, daß wir selbst es nicht können?