im Wagen, welche kleine kupferne Wärmkessel mitgebracht hatten, zündeten jetzt die in diesen Apparaten befindlichen Kahlen an und zählten einander einige Zeit lang die Vortheile dieser Dinge auf, wobei sie immer wieder auf Sachen zurückkamen, welche sie eigentlich schon längst mutzten. Als endlich der Eilwagen wegen des.erschwerten Forkkommens mit sechs statt vier Pferden bespannt war. frug eine Stimme von autzen- Sind alle eingestiegen?" Jawohl," erscholl es aus dem Wagen, und fort ging es. Das Gefährt kam nur sehr langsam vorwärts. Die Räder sanken tief in den Schnee ein, und der ganze Rumpf des Wagens stöhnte in dumpfem Krachen; die Pferde, oft ausgleitend, schnaubten und dampften, und die riesige Peitsche des Kutschers knallte ohne Unterlatz nach allen Seiten, sich windend und dehnend wie eine dünne Schlange, hier und da auf den Rücken eines Pferdes niedersausend, welches dann�seine Anstrengungen verdoppelte. Aber mittlerweile wurde es ganz unmerklich Tag, und jene leichten Schneeflocken, welche ein Reisender, ein echtes Kind Rouens, mit einem Watteregen verglichen hatte, fielen nicht mehr hernieder. Ein trübes Licht drang durch die dicken dunkeln Wolken, welche die weiße Hülle der Landschaft noch greller hervortreten ließen, in der bald eine Reihe reifüberzogener Bäume, bald ein tief in Schnee gehülltes Häuschen an den Augen der Passa- giere vorübereilten... Im Wagen selbst wurden bei dem trüben Scheine dieser Morgendämmerung neugierige Blicke gewechselt. Ganz hinten auf den besten Plätzen saß Herr Loiseau, ein Weingrotzhändler aus der Rue Grand-Pout, gegen- über seiner Frau; beide schliefen. Ehemals Kommis bei einem bankerott gewordenen Prinzipal, hatte Loiseau das Besitzthum gekaust und sich damit ein bedeutendes Vermögen erworben. Er verkaufte sehr billigen, aber auch sehr schlechten Wein an die kleinen Krämer der Umgegend und galt unter seinen Freunden und Bekannten für einen ausgemachten Spitzbuben, für einen echten freundlichen uormännischen Schlaukopf. Sein Ruf als Spitzbube war so allgemein bekannt, daß eines Abends auf der Präfektur Herr Tournel, ein witziger Kopf und Verfasser zahlreicher Erzählungen und Lieder, den Damen, welche er etwas abgespannt fand, ganz laut vorgeschlagen hatte, mit ihm eine Partie Loiseau der Dieb" zu spielen. Dieser Scherz war weiter erzählt worden und hatte einen Monat lang in der ganzen Provinz lebhaftes Gelächter erregt. Loiseau war übrigens wegen seiner dummen Streiche, seiner guten und schlechten Witze bekannt, und tvenn Jemand von ihm sprach, so fügte er gewiß die Bemer- kung hinzu:Rein, dieser Loiseau ist nicht mit Gold zu bezahlen." Seine Taille war dünn, desto dicker�, sein Bauch, und das röthlich angehauchte Gesicht umrahmte ein grau- melirter Backenbart. Seine Gemahlin war eine große, starke und resolute Person, welche streng auf Ordnung und Genauigkeit im Geschäft sah, während er durch seine Heiterkeit dem Ganzen einen frohen Charakter verlieh. Neben ihnen saß mit würdiger Miene, weil einer höhern Klasse angehörig, Herr Carrö Lamadon, Besitzer dreier Baumwollspinnereien, Offizier der Ehrenlegion und Mitglied der Provinzialkammer. Während der ganzen Dauer des Kaiserreichs war er das Haupt der gemäßigten Opposition geblieben, nur um sich dann seinen Ueber- tritt zu der andern Partei teuer bezahlen zu lassen, welche er, wie er sich selbst auszudrücken pflegte, nur mit stumpfen Waffen scheinbar bekämpfte. Madame Carrö-Lamadon, welche viel jünger war, als ihr Gatte, blieb der Trost aller vornehmen Offiziere, die nach Ronen in Garnison kamen. Sie saß ihrem Gemahl gegenüber; ein kleines zartes Weibchen, eingehüllt in ihr Pelzwerk, und mitleidige Blicke auf das klägliche Innere des Wagens werfend. Ihre Nachbarn, der Graf und die Gräfin Hubert de Bröville, trugen einen der ältesten und vornehmsten Namen der ganzen Normandie . Der Graf ein alter Edelmann von seinen Manieren, gab sich alle Mühe, in seiner Toilette seine natürliche Aehnlichkeit mit dem König Heinrich. hervorzuheben, welcher nach einer echten Familientradition einst in Bröville eine Dame geschwängert haben sollte, deren Gatte daraufhin in den Grafen - stand erhoben und zum Provinzialgvuverneuer ernannt worden sei. Als Kollege des Herrn Carrö-Lamadon in der Pro- vinzialkammer, vertrat Graf Hubert die orleanistische Partei im Departenient. Die Geschichte seiner Verhei- rathung mit der Tochter eines kleinen Schiffseigners in Santes war stets geheimnißvoll geblieben. Allein da die Gräfin ein vornehmes Aeußere zeigte, außerordentlich fein ihre Besuche zu empfangen verstand, ja sogar von einem Sohne Ludwig Philipp's mit Liebesanträgen um­garnt worden sein sollte, wurde sie von der ganzen vor- nehmen Welt geehrt, und ihr Salon blieb der erste in der ganzen Umgegend, der einzige, in welchem noch die alte Galanterie herrschte und zu dem der Zutritt äußerst schwierig war. Das Vermögen des Grafen, durchweg in liegenden Gründen bestehend, ergab, wie allgemein behauptet wurde, funfhunderttausend Livres Rente. Diese sechs Personen füllten die Hintersitze des Wagens, die Abtheilung für die wohlsituirte Gesellschaft, für die bevorzugten. Leute, welche Religion und Grund- sätze besitzen. ZurUage der ungarischen Kandbenaliternng. MDie BudapesterArbeiterpresse" bringt in ihrer letzten Nummer eine Schilderung der ländlichen Arbeiter- Verhältnisse in Ungarn , welche theilweise fast wörtlich mit unseren Beschreibungen der Lage des Proletariats in Posen übereinstimmen der klarste Beweis, wie bei ganz andern geographischen, nationalen und politischen Verhältnissen doch das Ausbeuterthum immer dasselbe bleibt. Wir bringen den Artikel mit einigen Kürzungen: Wenn von denvolksbeglückenden" Errungenschaften desglorreichen" Jahres 1848 die Rede ist, so weist man seitens der herrschenden Klasse vor Allem gerne auf die Befreiung der Bauern hin. Was es mit dieserBe- freiung" auf sich hat, davon weiß das landwirthschaft- liche Proletariat ein nicht gerade erbauliches Liedchen zu singen. Die Jahrhunderte alte Bedrückung hat eine etwas andere Form angenommen, im Wesentlichen jedoch blieb Alles beim Alten, nur daß der Kleinbauer jetzt vielfach anstatt in den Klauen des Adels und Klerus in den Krallen des Hypothekarwucheres sich befindet. Der Verfall des Kleinbauernthums wird wohl deut- lich genug illustrirt durch die Thatsache, daß in den Jahren von 1870 1880 die Zahl der Grund- besitzer in Ungarn um fast eine halbe Million abgenommen hat. Dieser Versall aber wäre noch viel augenscheinlicher, wenn dieHerren", in deren Krallen der unglückliche Kleinbauer zappelt, es nicht vorziehen würden, anstatt denselben zu expropriiren, ihn eiufach für ihre Rechnung arbeiten und ihm die Illusion des Eigen- thums an seiner Scholle zu lassen. Auch versteht man es, den Bauer auf mancherlei Art übers Ohr zu hallen und wir wollen hierbei nur auf die Kommassirungen in Siebenbürgen hinweisen, bei welchen die besten Grund- stücke denHerren" zugeschlagen werden, während der schlechteste Boden dem Kleinbauer zufällt. Es ist ein jämmerliches Leben voll endloser Arbeits- qual und unaufhörlicher Entbehrungen, welches der nun freie" Bauer führt. In Friedrich Engels 'Die Entwicklung des So- zialismus von der Utopie zur Wissenschaft" heißt es: Dafür, daß der gnädige Herr eine bestimmte Summe in Geld oder ein Stück Land sich vom Bauern abtreten ließ, dafür sollte er nunmehr den noch übrigen Boden des Bauern als dessen freies, unbelastetes Eigen- thum anerkennen wo doch die sämmtlichen, dem gnädigen Herr» schon früher gehörigen Ländereien nichts waren, als gestohlenes Bauernland! Damit nicht genug. Bei der Auseinandersetzung hielten natürlich die damit beauftragten Beamten fast regelmäßig mit dem gnädigen Herrn, bei dem sie wohnten und kneipten, so daß die Bauer» selbst gegen den Wortlant des Gesetzes noch ganz kolossal übervortheilt wurden." Gewiß, mit der Ablösung wurden die Bauern über den Löffel barbirt, daß es eine Art hatte. Aber wenn man es noch dabei hätte bewenden lassen! In vielen Theilen Ungarns jedoch ließen sich die Herrschaften damit Zeit bis in den siebziger Jahren, so daß die Bauern in ihrer Naivetät glaubten, daß es mit der Ablösung gar nicht ernst gemeint gewesen sei. Nach zwanzig Jahren erst, nachdem Zinsen und Zinseszinseu erheblich genug angewachsen waren, begann man die Ablösung zu urgiren. Natürlich vermögen nun diebefreiten" Bauern selbst bei übermenschlicher Anstrengung kaum die Zinsen zu erschwingen. Und so ist denn der Bauer, dank des vielgepriesenenBefreiungsjahres" in einer ärgeren Tret- mühle als je zuvor. Ist die Lage dieser scheinbaren Grundbesitzer schon schlimm genug, so befindet sich die vollständig prole- tarisirte ländliche Bevölkerung in einem Zustande der Bedrückung, welcher sich in nichts von dem der mittel- alterlichen Leibeigenschaft unterscheidet. Als drastisches Beispiel, wie weit die Ausbeuter-Frechheit der Groß- grundbesitzer oder Großpächter geht, mögen folgende Hausgesetze " eines Gutsbesitzers aus der Gegend von Püspök-LadÄny dienen, welche uns ein dortiger Genosse zur Ansicht einsendet. Diese selbstherrlich geschaffenen Hausgesetze " sind ziemlich gleichlautend in allen land- wirthsck aftlichen Großbetrieben in Geltung. H a u s- G e s e p e. l. Das Gesinde ist verpflichtet, den Beamten oder deren Stell- Vertreter» ohne Widerrede zu gehorchen. 2. Das Gesinde darf niemals, selbst an Sonn- und Feiertagen nicht, das Gut ohne Erlaubniß verlassen. 3. Das Gesinde ist rücksichtslos verpflichtet, nach Ersorderniß ohne jede Bemerkung zu arbeile». 4. Für das zu übernehmende Ochsengespann und die Geräthe ist Jeder verantwortlich und hat daher die absichtlich oder durch Nachlässigkeit verursachten Schäden zu vergüten. 5. Das Gesinde darf gegen das auszumessende Deputat (Gedinge) an Getreide und anderen Artikeln, sowie gegen die an- gewiesene Bichtrist und Futter keine Einsprache erheben. 9. Die Frauen der Arbeiter sind ohne Ausnahme verpflichtet, 12 Tage(monatlich?) umsonst zu dienen und hierbei der Reihe nach die in den Wohnungen der Herrschast, sowie der Beamten vorlommenden Arbeite» zu verrichten, ebenso die zur Lekonomie gehörigen Säcke und Decken zu nähen und zu flicken, ferner haben dieselben die Oekonomie-Gebäude zu tünchen und sonstige leichtere Arbeiten zu versehen. 10. Die Ackerkuechte sind der Reihe nach als Ochsenhirten, Ochsentrciber zu verwenden; alle durch die Ochsen entstehenden Schäden hat der betressende Lchsenhirt(okresz) zu vergüten. 11. Die Schachirien sind verpflichtet, während der vorkommenden Pausen zu arbeiten und sind gehalten, nöthigenfalls ohne Zulage. auch in andere Meierhöfe der Oekonomie zu gehen. 12. Das Gesinde ist verpflichtet, an den bestimmten Orten der Reihe nach Nachtwächtcrdienste zu leisten. 13. Trunkenheit, Fluchen und gegenseitige Zänkerei ist strengsten» verboten. 14. Wer bei einem Diebstahl oder an der Verheimlichung eines von Anderen begangenen Diebstahls ertappt wird, ebenso wer gegen irgend einen Punkt die'er Hausordnung verstößt oder sich dagegen auflehnt, wird mit sofortiger Entlassung bestraft, verliert jede ihm von der Herrschaft zukommende Bezahlung und hat derselben einen eventuellen Ueberschuß zurückzuerstatten." Jeder Kommentar zu diesenHaus-Gesetzen", gegen die jedes Zuchthaus-Reglement die freiheitlichste Ver- faffung ist. wird wohl überflüssig sein. Aber", wird vielleicht ein unverbesserlicher Optimist einwenden,in Bezug auf die menschliche Behandlung muß es doch besser geworden sein; die mittelalterliche Grausamkeit hat doch wohl den Bauern gegenüber aufgehört!" Nun, auch diese grausame Behandlung besteht noch nach wie vor. Nicht nur, daß beim geringsten Anlaß die Peitsche des Oekonomie-Beamten auf ihren Rücken tanzt, sondern weit ärgere Mißhandlungen sind gang und gäbe; die geringste Einwendung, der zahmste Wider- spruch genügt und der Stock der entmenschten An- treibet saust mit voller Wucht auf Gesicht und Kopf der Unglücklichen nieder." Nicht wahr, ein schönes Beispiel von der Jnter- Nationalität der Ausbeutung? Und da wundern sich die Leute noch über die Jnternationalität der Ausgebeuteten! Zur Krise in Deutschland . Wir hatten in der vorigeil Nummer ausgeführt, daß die gegenwärtige Krise insofern gegenüber den früheren Krisen ein wesentlich anderes Gesicht zeigt, als sie nicht eine durchgängige Absatzkrise ist. Es ist keine solche ungeheure Ueberproduktion auf allen Gebieten vorhanden, wie das nach den Schilderugen früher der Fall gewesen sein muß. Aber die Geldkrise. welche die Folge der aus gewisse Gegenden und gewisse Branchen beschränkten Ueberproduktion war, hat alle Produktionszweige erfaßt. So kann man es sich erklären, daß z. B. die Börsenmitarbeiter derNeuen Fr. Presse". die doch mit am besten informirt sind, den gegenwärtigen Znstand die BezeichnungKrise" überhaupt absprechen. Ihre Erklärung ist ja freilich sehr mangelhaft DieNeue Fr. Presse" schreibt:Wie soll man die merkwürdige Thatsache erklären, daß so viele Krisen keine Krise hervor- zurufen vermochten? Die Völker der Erde sind so enorm reich geworden... das jährliche Einkonimen Englands, Frankreichs , Deutschlands und der Vereinigten Staaten beläuft sich gewiß auf über hundert Milliarden Mark... Kapitalisiren wir diesen Betrag, so gelangen wir zu einer Summe, welche den Kopf schwirren macht. Eine Krise bedeutet das Verschwinden von einer oder höchstens zwei Milliarden, und diese sind nicht einmal der tausendste Theil der Reichthümer..." Eine wirkliche Absatzkrise würde aber doch mehr verschwinden mache», die Verluste müssen doch in einem Verhältniß zu dem vorhandenen Kapital stehen, und wenn das Kapital so riesenhaft ge­wachsen ist, so mußten es die Verluste auch. Das Ver- hältniß mußte bleiben, und die Reichthumsvermehrung mußte in Folge dessen die Krisen geradezu großartiger werden lassen. Das ist auch bis jetzt immer der Fall gewesen. Vergleichen wir die Kurse einiger deutschen Kohlen- Papiere! König Gelsen- Wilhelm Harpener Hidernia Luise Tiefb. kirche» 1889: 271 323 244 166 211 1890; 40 ISO 185 120 176 Rückgang: 231 133 59 46 36 Oder die Kurse der wichtigsten Eisenpapiere: Bochum . Sächs. Bismarck- Laura- Gußst. Hacker! Gußst. hülte Hütte 1889: 283 217 218 222 176 1890; 155 102 158 172 136 Rückgang: 128 115 60 50 40 Eisen und Kohle als die wichtigsten Artikel dürften wohl ausschlaggebend sein. Ein Rückgang der Dividenden, welcher einem der- artigen furchtbaren Kursfall entspräche, hat auf keinen Fall stattgefunden. Bezüglich der Kohlenpapiere ist sehr instruktiv der Etat der fiskalischen Berg- und Hüttenwerke in Preußen. der für 91/92 sogar höhere Kohlenpreise voraussetzt, als die bisherigen; derB. Akt." veröffentlicht außerdem gegenüber den Behauptuilgen derRhein.-Westph. Ztg.", daß die Zechen jetzt in die Zeit der ermäßigten Kohlen- preise eintreten werden" eine Reihe von Ertragsziffern einer namhaften Dortmunder Zeche: Die Ausbeute betrug, abzüglich aller Ausgaben, jedoch vor den Abschreibungen, per Tonne: Im Durchsikjnitt per Monat 1887 1888 1889 1890 Januar Juni: 0,94 1,32 4,00 Juli Dezember: 1,13 1,44 2,42 4,63 Der Essener Kohlenbörsenbericht vom 2. Januar bewirkt, daß die Lieferungsrückstände durch den strengen Winter immer mehr anwachsen; für das erste Quartal seien die Zechen ausverkauft. DieFranks. Ztg.", Abendblatt , vom 12. Januar schreibt:Die Preise sind hoch genug, um den Arbeitern gute Löhne zahlen zu können(thun's aber nicht) und den Arbeitgebern zu ermöglichen, reichliche Ausbeuten resp. Dividenden zu erzielen".