Nein, mein Herr." antwortete das Weib.Wünschen Sie etwas, mein Herr?" Und sie blickte wieder auf seine Füße. Er sah zur Erde und nun entdeckte er, daß er in Strümpfen stand und die Diele rothe Spuren mit dem Abdruck der Zehen zeigt, da der Strumpf in Folge des langen Marsches zerrissen war. Geben Sie mir Ihre Hand, liebe Frau," sprach er und reichte ihr die seinige. Nein," antwortete die Frau und sah ihm gerade hinein in die Augen und damit ging sie. Herr von Bleichroden schien nach diesem Schimpf Much zu fassen, er nahm einen Stuhl, um sich zum essen zu setzen. Er hob den Deckel der Fleischpfanne auf, um sich zu bedienen, aber als ihm der Fleischgeruch ins Gesicht stieg, ward ihm übel, er stand auf, öffnete das Fenster und warf die ganze Pfanne auf den Hof. Er zitterte am ganzen Körper und fühlte sich krank! Seine Augen waren so empfindlich, daß ihn das Licht plagte und alle grellen Farben reizten. Er warf auch die Flasche mit dem Wein hinaus, er riß das Radieschen aus der Butter, die rothen Malermützen, die Palette, alles was roth war, mußte hinaus. Darauf legte er sich auf das Bett. Seine Augen waren müde, aber sie konnten sich nicht schließen. So lag er eine Weile, bis er im Schenkzimmer Stimmen hörte. Er wollte nicht lauschen, aber seine Ohren mußten hören, und nun vernahm er, wie zwei Korporale, welche Bier tranken, sich unterhielten: Die beiden Kleinen waren feste Kerle, aber der Lange war schwach." Man kann nicht sagen, daß er schwach war, weil er an der Mauer wie ein Lappen zusammenfiel, aber er bat, wir sollten ihn an das Spalier anbinden, denn er wollte stehen, sagte er." Aber die andern, hol' mich der Teufel, standen sie nicht, die Arme über der Brust gekreuzt, als ob sie phvto- graphirt werden sollten." Jawohl, aber als der Priester in das Billardzimmer kam und ihnen sagte, es ist kaput, da sollen alle drei im Zimmer zusammengebrochen sein, so sagt der Sergeant wenigstens, aber sie machten kein Geschrei und kein Ge- danke daran, um Gnade zu bitten!" Ja, es waren verdammte Kerle! Gesundheit! Herr von Bleichroden vergrub den Kops in die Kissen und stopfte das Laken in die Ohren. Aber bald stand er auf. Es war, als ob ihn etwas immer wieder an die Thür zog, hinter welcher die Sprechenden saßen. Er wollte mehr hören, aber die Männer sprachen nur leise. Er schlich deshalb herbei, und den Rücken in einen rechten Winkel gespannt, legte er das Ohr an das Schlüsselloch und lauschte. Aber sah'st Du unsere Leute? Waren sie nicht so grau wie die Asche hier in der Pfeife, und so viele, die in die Lust schössen! Aber sprich nur darüber nicht! Sie bekommen doch, was sie haben. sollten! Und sicherlich wogen sie ei» paar Pfund mehr, als sie gingen, als wie sie kamen! Es war, als ob man Kramtsvögel mit Kar- tatschen schösse. Oh. oh! Aber so geht es zu im Kriege! Gesundheit!"(Föns, folgt.) Warum geht Rußland aufGroverungen aus? 18on Stepniak. Ins Deutsche   übertragen von B. N. «iv. Wodurch wird aber die Regierung noch gehalten? <Sie muß doch nach allem eine Stütze haben; sonst könnte sie. vom Wurm zernagt, wie sie ist, nicht den vier Winden widerstehen). In der ackerbautreibenden Bevölkerung findet die Regierung ihre Hauptstütze, nicht in ihrer Ergebenheit. welche wohl nur auf Aberglauben beruht, sondern in ihrer Geduld. Sie liefert ihr einen großen Theil der Armee, und, da sie sehr willig Steuern zahlt, eine ge- waltige Einnahme. Und wenn man sich dieser skrupellos bedient, wenn man auf der einen Seite durch Bestechungen anzieht, auf der anderen mit Vernichtung droht, so kann man wohl viel, nicht aber alles erreichen. Selbst ein Eroberer, welcher einem Lande durch Waffengewalt seine Macht aufgezwungen hat, wird, wenn er klug ist, sich das Wohlwollen eines großen Theils der Bevölkerung zu ge- Winnen suchen. Auf den ersten Blick scheint es, daß für die russische Autokratie die Bauern die geeignetste Klasse zu einem solchen Versuche wären. Nichts erscheint leichter als das, was jetzt nur einfache MißHelligkeit, durch einige wirkliche Wohlthaten in wahre Anhänglichkeit zu ver- wandeln. Die Regierung Alexander III.  , welcher sich den Bauernzaren nennt, hat wohl in der Zeit von 188183 unter großem Gepränge und gewaltigem Trommelwirbel einige schwache Versuche von demokratischem Cäsarismus gemacht; sie sind ihr aber kläglich mißglückt, ohne auch nur im Geringsten die unglückliche materielle Lage der Bauern zu verbessern. Denn das Wohl der Massen zu fördern, ist für eine bureaukratische Despotie eine Auf- gäbe, zu deren Lösung materielle und intellektuelle Hilfs- quellen allein nicht ausreichen. Was eine solche, ohne auf ihre zermalmende �Mucht zu verzichten, thun kann. besteht darin, einen Theil der Beute derjenigen Klasse, welche sie für sich gewinnen will, zu überlassen. Wen kann sie aber zum Verbündeten und Mitschuldigen wählen? Das ist die Frage. Den Adel? Das brächte keinen Nutzen. Die gebildeten und Berufsklassen? auch sie bieten wenig Hoffnung. Und der Mann aus dem Mittelstande? Ja, ihn, der immer in Angst und Sorgen lebt und mit Unruhe der Gelegenheit, sich nützlich zu machen, harrt. Seine Existenz war bis jetzt so elend, wie sie nicht elender hätte sein können; seine Lage war abhängig und oft demüthigend. Der Adel stellte sich vor ihn und entzog ihm das Licht der Sonne. Da dieser das ausschließliche Recht hatte, Leibeigene zu besitzen, schloß er ihn von der hauptsächlichsten Quelle des Reich- thums, dem Grundbesitz aus, welcher ohne die nöthigen Mittel und Arbeitskräfte, um den Boden zu kultiviren, werthlos ist. Der Adel bekleidete alle Ehrenämter; überall stand er obenan. Andererseits befand sich die nationale Industrie in ihrem Anfangsstadium; es fehlte die zu ihrer Entwickelung nothwendigste Bedingung die freie Arbeit denn das größte Kontingent der Arbeiter unserer Fabriken stellten, als der Adel oder die Krone ihnen die Freiheit gegeben hatte, die Leibeigenen. Ferner loar auch die Nachfrage nach den Erzeugnissen unserer Fabriken sehr gering. Denn die Bauern stellten fast alles, was sie brauchten, zu Hause her und ihre Frauen spannen Linnen und gröbere'Wollenstvffe, welche sie an Hausirer ver- kaufte». Kupfer- und Eisengeräthe und alles Andere, was die Hausindustrie nicht hervorbringen konnte, wurde dem Lande durch dieCustary" geliefert, eine Spezies von Handiverkern, welche bei sich zu Hause arbeiten und daneben Land bauen. Man begegnet diesen Leuten, von denen ein Jeder in einem besonderen ererbten Industrie- zweig arbeitet, in allen Flecken und Dörfern von Rußland  . Zwar waren die Gutsbesitzer, welche ungeheure Ländereien und vierzig Millionen Leibeigene, um sie zu bebauen, besaßen, und ungeheure Mengen ländlicher Produkte ver- kaufen und exportiren konnten, die reichsten Konsumenten; doch wurden ihre launenhaften Wünsche, die sich Haupt- sächlich auf Luxusgegenstände richteten, weit vortheilhafter durch das Ausland befriedigt. Der Mittelstand setzte sich also fast ausschließlich aus Kaufleuten zusammen, nach welchen er auch offiziell in Rußland   bezeichnet wurde. Mag die kaufmännische Beschäftigung auch viel Schlauheit und praktische. Geschick- lichkeit erfordern, so sind doch keine oder nur wenig wissenschaftliche Kenntnisse dazu nöthig, während die Bearbeitung der Rohstoffe deren sehr viele voraussetzt. Die früheren russischen Kaufleute unterschieden sich in Hinsicht der geistigen Entwicklung kaum von den Bauern. Zum größten Theil waren sie ungebildet, und heute noch können hervorragende Kaufleute in den Provinzialstädten, die Mitglieder des Gemeinderaths sind, nur mit Mühe den Titel einer Zeitung entziffern, und was das Schreiben anbetrifft, wagen sie höchstens, ihren eigenen Namen hinzumalen. I» der That folgte, als Peter der Große  mit herkulischer Anstrengung das russische Volk aus der moskvwitischen Verdummung zur Zivisation des Westens zu erheben versuchte, nur das Haupt des sozialen Körpers, an den Haaren ergriffen, diesem heftigen Zuge, während der übrige Körper zurückblieb: die Klasse der Kaufleute blieb an ihrem Platze und bewahrte mit den Bauern itzre alten Gewohnheiten und ihre frühere Unwissenheit. Sie hatten wegen ihrer langen Bärte und schäbigen Kostüme viel Ungemach auszustehen und die Majorität unter ihnen, welche der alten ritualistischen Orthodoxie angehörte, floh mit heiligem Schrecken die den fremden Ketzern entlehnte Kultur. Die beiden einflußreichsten Klassen der Nation, der Adel und die Kaufleute, haben den ganzen Antagonismus und exklusiven Geist zweier durch Geburt, Gewohnheiten und Traditionen getrennten Kasten beibehalten. Die Adligen spotteten über die Unwissenheit der Kaufleute und verachteten sie wegen ihrer Sittenlosigkeit. In der That wurden ehemals in Rußland  , wie in jedem bar- barischen Lande, Diebstahl und Betrug als Grundprinzipien in Geschäften betrachtet.Ohne Betrug kein Handel" ist das Sprichwort der russischen Kaufleute und alle Beobachter stimmen darin überein, daß selbst noch in unseren Tagen die Redlichkeit in Geschäften keine Tugend sei, durch welche die Russen sich auszeichnen. Es wäre wenig unparteiisch, zu behaupten, daß die russischen Adligen es mit dem achten Gebote gerade sehr streng nehmen. Aber sie schämten sich, durch Betrug sich das anzueignen, was sie in ihrer Eigenschaft als Staats- und Verwaltungsbeamte, als Hüter der Gerechtigkeit offen stehlen konnten. Die Kaufleute standen, wie bemerkt, beim Adel nicht im Gerüche von Heiligen, und einem Kaufmann zu gestatten, sich an seinen Tisch zu setzen, war für einen Adligen ein Akt äußerster Herablassung. Ihrerseits waren die Kaufleute gegen den Adel kaum günstiger gestimnit. Sie verachteten seine Lässigkeit, seine Verschwendungssucht, seine Geschästsuntauglichkeit und machten sich darüber lustig. Sie hatten nicht die geringste Achtung vor der höheren Kultur und den verschiedenen Talenten dieser Stutzer, welche großen Werth darauf legten, sich französisch auszudrücken. In den Augen eines wirklichen Kaufmannes war jeder Adlige ein Dummkops, den zu bestehlen und zu betrügen intelligente Leute, wie er, verpflichtet wären. Indessen mußte der wenig gewissen- haste Kaufmann dieses Gefühl der Ueberlegenheit in der Tiefe seines Herzens verbergen; denn in allen Kämpfen zwischen Adligen und Kaufleuten hatten erstere immer die Oberhand. Verwaltung, Gerichtsbarkeit. Polizei alles stand zu dieser Zeit mehr oder weniger unter dem Einfluß des Adels, und für einen, der einer niedrigeren Klasse angehörte, war es ein hoffnungsloses und oft gefährliches Unternehmen, sich in einen Prozeß gegen ein Mitglied der privilegirten Klasse einzulassen.Eine Krähe hackt der anderen die Augen nicht aus", sagt auch das russische Volk. Der Kaufmann war den barbarischen Einfällen des Adels preisgegeben, welcher, gewohnt unter Leib- eigenen zu leben, nicht gelernt hatte, die menschliche Würde zu achten. Nur durch kriechende Haltung und geheuchelten Respekt konnte ein Kaufmann, welcher mit einem Adligen in Geschäftsverbindung stand, der schlech- testen Behandlung, ja�bisweilen körperlicher Mißhandlung entgehen. In den Städten �dagegen, den. Mittelpunkten der Zivilisation, lief der Kaufmann, Dank der Nähe der Polizei, mit welcher er sich gewöhnlich in gutes Ein- vernehmen zu stellen wußte, weniger Gefahr, von einer Meute aus ihn gehetzter Hunde verfolgt zu werden, einen verbrannten Bart davonzutragen und was dergleichen Scherze mehr sind. Trotz alledem nahm er eine sehr mißliche Stellung ein; denn er war mit gebundenen Händen und Füßen der kleinlichen Tyrannei der Orts- behörden ausgesetzt. Es ist wahr, daß die Beziehungen zwischen den Kausleuten und der Polizei nach russischer Gewohnheit den Stempel einer brutalen Familiarität trugen; manchmal waren sie sogar einander unersetzliche Bundesgenossen:-- O ihr Schurken, Lumpen, Erz- kanaillen! Sieben Teufel und eine Hexe soll Euch bei der Gurgel packen! Ihr wolltet mich durch eine Beschwerde bei Se. Exellenz verderben?!" schreit der typischste aller Polizeimeister, der Held des GogolschenRevisor", zwei Kaufleute an, welche in reuiger Haltung vor ihm stehen. Undankbare Hunde, die ihr seid, habt ihr's schon ver- gessen, wie oft ich euch geholfen, der Regierung ein Schnippchen zu schlagen� Ihr Schufte, ihr Gauner, habt ihr es nicht mir zu verdanken, daß eure angefaulten Schundwaaren bei der Kronkommission durchgingen?" Die ganz zerknirschten Sünder können sich nur schulvig be- kennen und einwenden, daß sie der Teufel verführt habe. sich über einen so väterlichen Herrn zu beklagen, und man vergißt es ihnen unter der Bedingung, daß sie wieder Trinkgelder bringen. Immer und überall zu bestechen, alle Glieder der offiziellen Hierarchienach ihrem Range" zu bestechen, gehänselt, gehetzt, bedroht zu werden, um immer neuen Erpressungen nachzugeben. das war zu einer Zeit, die verhältnißmäßig noch nicht so fern liegt, das Loos des Mittelstandes. Wie die Juden des Mittelalters, mußte der Kaufmann, um nicht die Habsucht der Behörden zu erwecken, seine Reichthümer verbergen; obwohl sein Geldschrank mit Silber und Gold gefüllt war, lebte er wie ein Bettler und zu seinem Brot nur Sauerkraut, aus Furcht, sein Reichthum könnte die räuberischen Polizisten dazu treiben, größere Geschenke von ihm zu verlangen. Die soziale Revolution in Kondon. i. Einem Buch in der Manier von BellamysRück- blick" entnimmt dasSt. Louis Tagebl." folgende inter  - essante Schilderung der zukünftigen sozialen Revolution in London  , wie sie der Verfasser sich denkt: Endlich kam ein großer Krach. Wegen irgend eines gleichgiltigen Anlasses wurde von den Arbeiterführern eine große Versammlung auf dem Trafalgar-Square anberaumt über dessen Benutzung als Versammlungsplatz schon seit langer Zeit so viel Radau geschlagen wurde. Die Bürgergarde. Polizei ge- ncmnt, attakirte, wie gewöhnlich, mit ihren Knütteln, die Versammlung; viele Personen erlitten Verletzungen in dem Gewimmel und fünf starben, sei es. daß sie aus dem Platze rodtgetreten wurden oder den Knüppelschlägen er- lagen. Die Versammlung wurde gesprengt; an hundert Personen wanderten ins Gesängniß. Einige Tage zuvor wurde eine Versammlung aus dem Manchester Platz in ähnlicher Weise behandelt. Das erzeugte eine Gährung im ganzen Lande. Man arrangirte Versammlungen, welche eine oberflächliche Or- ganisation zur Abhaltung einer weiteren Versammlung versuchte n ,um an den Behörden Wiedervergeltungzu üben. Eine riesige Menschenmasse kam auf Trafalgar-Square und Umgegend zusammen; sie war so stark, daß die Knüttelpolizei sich nicht mit ihr messen konnte; Hiebe wurden massenhaft ausgetheilt; 3 4 Personen aus der Versammlung erlitten dabei den Tod und an zehn Poli- zisten hatte man im Gedränge zerquetscht; der Rest machte sich möglichst schnell aus dem Staube. Am nächsten Tage war London   förmlich in Aufruhr. Viele Reiche flohen ins Land; die Regierung zog das Militär zusammen, wagte aber nicht, davon Gebrauch zu machen, und die Polizei konnte man nicht aus einen Hausen werfen, weil Riots an allen Ecken und Enden auszubrechen drohten. Aber in Manchester  , wo das Volk nicht so niuthig und nicht so verzweifelt war, wie in London  , wurden mehrere der Führer verhaftet. In London   wurde eine Versammlung der Führer abgehalten, die sich die alte revolutionäre Bezeichnung Komitee der öffentlichen Sicherheit" beilegte. Da sie aber keine organisirten Schaaren zu leiten hatten, ver­suchten sie keine agressiven Maßregeln, sondern ließen nur Mauer-Plakate anschlagen, ziemlich allgemein gehaltene Aufrufe an die Arbeiter, sich nicht treten zu laffen. Außerdem beriefen sie eine Versammlung auf den Tra- falgar-Square ein und zwar aus das Datum des Ilten Tages nach dem letzten Scharmützel. Die Stadt wurde indeß nicht ruhiger, das Geschäft hörte ziemlich vollständig auf. Die Zeitungen, wie immer zuvor in den Händen der Herren, verlangten von der Regierung Unterdrückungsmaßregeln. Die reichen Bürger ließen sich als Extrapolizei einmustern und mit Knütteln bewaffnen. Viele unter ihnen waren starke, wohlgenährte. vollblutsjunge Kerle mit Lust zum kämpfen. Aber die