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2. Beilage zum„ Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 243.
Bur Affäre Mohrmann
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Freitag, den 16. Oktober 1896.
Tokales.
13. Jahrg.
auch die Pflicht des Staates, der unermeßlichen Ge- was offen zugestanden werden mußerst erzielen, wenn an ftelle walt der militärischen Oberen ein Gegengewicht zu der heutigen, erbärmlich vegetirenden Barbierbetriebe tapitalistische veröffentlicht unser in Bant erscheinendes Bruderorgan, das geben in Gestalt eines mit allen möglichen Unternehmungen getreten sind. Manche Anzeichen deuten darauf Norddeutsche Voltsblatt", weiteres Material. Be- Garantien ausgestatteten Beschwerde rechts und hin, daß in nicht allzu ferner Zeit auch in diesem Gewerbe eine fanntlich hatte der Artillerist Joh. Mohrmann vom in der Deffentlichkeit des Strafverfahrens, die Umwälzung in dem gedachten Sinne eintritt. hannoverschen Feldartillerie- Regiment Nr. 26( Oldenburg ) den nur ausgeschloffen werden soll, insoweit es sich etwa um sexuelle Unteroffizier Remmert wegen Mißhandlung des Re- Vorgänge und um Punkte handelt, durch deren öffentliche Er- Der ,, Revolver- Attentäter" Emil Liebe, der nach dem fruten übben angezeigt; da sowohl der Rekrut wie der örterung das Interesse der Landesvertheidigung in Gefahr fäme. ursprünglichen Reporterbericht sogar des Doppelraubmord- Versuchs Unteroffizier die Mißhandlung leugneten und die Zeugen Mohr. Die in Aussicht stehende Reform des Militär- Strafprozesses wird an Straßenbahn- Angestellten schuldig war, erschien gestern auf mann's ihre früheren Aussagen zurücknahmen, weiter einer der nach allem, was darüber verlautet, gerade in Beziehung auf die unserer Redaktion, um uns eine Aufklärung über den wahren Hauptbelastungszeugen sich erhängte, so wurde Mohrmann der Deffentlichkeit des Verfahrens nichts ausreichendes thun. Aber Sachverhalt der graufigen Geschichte vom Sonnabend Abend zu Prozeß gemacht und er vom Kriegsgericht wegen wissentlich an der Deffentlichteit liegt alles; sie ist der geben. Liebe ist nämlich vorgestern Nachmittag wieder aus der falscher Anschuldigung eines Borgefeßten" 2c. zu 3 Jahren Rernpunkt der ganzen Reformen. Sie ist es, welche dafür die Affäre im Straßenbahn- Wagen auf nichts als auf eine leichtHaft entlassen worden, nachdem sich herausgestellt hat, daß 3 Monaten Zuchthaus und drei Jahren Ehr verlust sorgt, daß alle Einrichtungen für die Rechtspflege sachgemäß fertige Fahrlässigkeit zurückzuführen ift. Er verurtheilt. Nachdem Mohrmann bereits 1 Jahr 4 Monate getroffen werden, so daß die Anwendung des Gesetzes auf folgendes: berichtet der schrecklichen Strafe verbüßt hatte, gelang es ihm, im Wieder die zweckmäßigste und Am letzten Sonnabend hatte ich um halb und rascheste Weise erfolgen kann." aufnahmeverfahren den Wahrheitsbeweis zu liefern; er wurde So fagt der württembergische General- Major 3. D. mir bekannten Restaurateur Pietsch in der Adalbertstraße gegangen. sechs Uhr Feierabend gemacht und war dann zu dem demgemäß aus dem Zuchthause entlassen, jedoch nicht freigesprochen, Pfister in einer Broschüre, und er fügt hinzu: Das heute um 11 Uhr abends ging ich von dort nach dem Görlizer Bahnsondern es wurde die verbüßte Strafe für Begleitt lagen lebende Geschlecht, demokratisch in Sitten und Gedanken, schwer hof, um nach Treptow zu fahren; der Bahnbeamte theilte mir in Anrechnung gebracht und der Ehrverlust in Höhe von zwei zu befriedigen in seinen Ansprüchen, drängt sich in alle Zweige jedoch mit, daß der Zug soeben abgelassen sei und rieth mir, Jahren aufrecht erhalten, während der Rekrut Lübben des öffentlichen Lebens ein; nichts soll geschehen, ohne daß es ben elektrischen Wagen zu benutzen. Ich befolgte diesen Rath, wegen Meineid zu einem Jahr Gefängniß, der unter seinen Antheil hätte, bei jedem Vorgange will es mit zu Rathe stieg an der Ecke der Wiener- und Grünauerstraße auf den offizier Remmert aber nur zu 4 Monaten Festung sehen; es begnügt sich keineswegs mit den Resultaten. Und Borderperron des nächsten Wagens und stellte mich links vom verurtheilt wurde. Trotzdem Remmert in dem Wiederaufnahme- mit recht." Verfahren der Mißhandlung des Rekruten Lübben überführt worden In Preußens Militärkreisen hört man solche Worte natürlich in welchem ich mittheilte, daß ich ein paar Glas Bier zu viel Wagenführer auf. Bald gerieth ich mit diesem in ein Gespräch, ist, versuchte er fürzlich in einem Eingesandt, das die Oldenburger nicht gern. Wer von diesen Kreisen sich aber den Vorfall mit " Nachrichten für Stadt und Land" veröffentlichten, sein Vergehen dem Unteroffizier Remmert und seinen Opfern recht überlegt, recht fest halten, der Wagen werde bald schneller fahren. getrunken hätte. Der Wagenführer meinte, ich solle mich mur abzuleugnen, wobei er Mohrmann bezichtigt, die Anzeige nur aus wird finden, daß der württembergische General- Major allerdings Darauf hielt ich mit meiner linken Hand die in der Rache darüber erstattet zu haben, weil er wegen Urlaubs- Ueber die Wahrheit gesagt hat. schreitung eine Arreststrafe erlitten hatte; der von Mohrmann Rocktasche steckende Frühstückstasche fest, während der Revolver, genannte Belastungszeuge, der sich erhängte, als er seine Aussage den ich in meiner rechten Rocktasche trug, ebenfalls von mir beschwören sollte, sei ein Opfer Mohrmann's geworden u. f. w. umtlammert wurde. Am Schlesischen Busch, Ecke der Köpnicker Auf diesen Angriff hat nun Mohrmann der Redaktion des Das Rafiren foll theurer werden. Zu der kürzlich unter Landstraße schleuderte der Wagen plöglich, und dies war die Norddeutschen Volksblattes" weiteres Material über dieser Marke gebrachten Meldung erhalten wir aus den Kreisen Ursache, daß ich rückwärts flog und dabei die Hände mit ſammt den Unteroffizier Remmert übergeben, hinsichtlich der organisirten Barbiergehilfen eine überaus beachtens dem Inhalt aus der Rocktasche riß. Ich schlug mit dem rechten dessen er wünscht, daß die Gerichte sich damit beschäftigen werden, werthe Buſchrift: In dem Organ der Innung wurden die Ellenbogen auf die eiserne Thür, worauf sich mein Revolver, den wobei er den Wahrheitsbeweis antreten wolle. Aus diesem Barbiergehilfen immer damit vertröstet, daß ihre Forderungen ich übrigens schußfrei geglaubt hatte, zu meinem Schrecken entlud. Material veröffentlicht das" Norddeutsche Volksblatt" folgende erst auf Erfüllung rechnen tönnten, wenn die Meister selber sich Der Wagenführer sagte" Sie schießen ja auf mich" und hielt soEinzelheiten: fort an. Ich war starr vor Schrecken und konnte kein Wort er,, ein behagliches bürgerliches Dasein" errungen hätten. Bisher widern. Der Kondukteur, der inzwischen nach dem Vorderperron geEines Tages schlug der Unteroffizier Remmert dem Rekruten bat man mit anscheinend nicht völlig zureichendem Erfolge nur kommen war, brachte mich mit den Worten ,, Wenn Sie schießen, müssen Meier mit der Fauft dermaßen ins Gesicht, daß ihm das Blut versucht, durch Lehrlingszüchtung und raffgierige Ausbeutung der wir Sie verhaften lassen", nach dem Innern des Wagens. Bald aus Nase und Mund quoll. Der Rekrut Hagelmann wurde Gehilfen und Lehrlinge diesem hehren Ziele näher zu kommen. darauf wurde ich einem Gendarmen übergeben. Bei der Visitation mit häufigen Ohrfeigen so traktirt, daß derselbe längere Zeit Das Barbiergewerbe auf eine einigermaßen kulturwürdige Höhe stellte es sich heraus, daß ich versehentlich nur fünf von den mit angeschwollenem Kopf herumlief; ferner find noch geschlagen zu bringen, haben sich nur sehr wenige Geschäftsinhaber bestrebt, Patronen im Revolver entladen hatte, die fechste hatte ohne worden die Rekruten Lüning, Niemann und Hase. Den und was immerhin zu sagen nöthig ist, auch nicht bestreben mein Wissen und Willen das ganze Unglück angerichtet. Sonn Refruten Ennen ließ der Unteroffizier wiederholt über die können. Eine große Zahl Barbiergehilfen werden als solche mit Fall tam und zwischen die Pferde stürzte. Hierbei weinte Ennen Ausrüstung zu einem eigenen Geschäft anzuschaffen. In einem Adresse; am selben Tage noch wurde ich nach dem AlexanderLatierbäume springen, wobei derselbe dann fast regelmäßig zu 22 bis 23 Jahren überflüssig und trachten, sich auf Borg die tags tamen die Straßenbahnbeamten, auf die ich angeblich den Ranbmordversuch verübt hatte, zu mir und holten sich meine oft wie ein Kind; wollte er nicht sofort springen, so wurde er derartig primitiven Betriebe mangelt es meistens am Nothwendigsten, hierzu von Remmert mit den Worten: Verfluchter Hund, willst vor allem natürlich an der Wäsche. Namentlich in den sog. Sechser: plaz gebracht, weil ich vor dem Polizeikommiffar den hier mitDu springen!" getrieben. Ennen fagte häufig zu den Kameraden: buden wird ein Lappen Dußenden von Kunden an den Hals ge- Untersuchungsgefängniß in Moabit ; nachdem der Untersuchungs getheilten Thatbestand bekundete. Am Montag kam ich nach dem der Unteroffizier soll mich nicht mehr lange quälen. Ferner steckt und bei Duhenden von Kunden zum Abtrocknen benutzt; richter mich am Mittwoch verhört hatte, wurde ich nachmittags wurden die Rekruten oft spät in der Nacht zum Stubeninventar- und die Puderquaste oder an deren Stelle ein Bäuschchen Watte 3 Uhr wieder in Freiheit gefeßt. schrubben kommandirt; Licht und Petroleum, was während dieser thut oft so lange Dienst, bis es vor Schmutz starrt. Allmälig Beit verbraucht wurde, mußten dieselben dann von ihrer Löhnung wird man auch in Laienkreisen auf die widerwärtigen Krankheiten Gürtlers Liebe abgespielt; der Umstand, daß der Verhaftete fich So hat sich die Angelegenheit nach den Bekundungen des bezahlen. Die Rekruten Hagemann und Mohrmann ließ aufmerksam, die als Haar- und Bartflechte oder noch etwas wieder auf freiem Fuße befindet, läßt darauf schließen, daß diese der Unteroffizier Schemelstreden mit Kniebeuge machen, eben Schlimmeres den Menschen verunstalten. Statt das Publikum Angaben der Wahrheit entsprechen. Der Fall lehrt wieder, daß falls spät abends nach dem Dienst, und als diefelben an eine rationelle Haar- und Bartpflege zu gewöhnen, fischt ein diese Prozedur zu lange aushielten, stellte er auf den Schemel großer Theil der Barbiere lieber im Trüben und sucht einestheils bei einiger Phantasie ein wunderliches Spiel des Zufalls gar noch einen zweiten. leicht zu einer großen, das Publikum beunruhigenden Morithat Desgleichen verfuhr mit den durch allerhand Schwindelpräparate die Kundschaft zu betrügen auswachsen fann. Allerdings tommt bei dem Unglücksfall des Refruten Ennen und Ehlers; hier stellte er auf den Schemel und anderntheils durch Ausbeutung der Arbeitskräfte und Nieder: Gürtlers Liebe das eine in betracht, daß die hier und da auch einmal einen Wassertrug, ein anderes Mal eine brennende Campe drücken der Preise sich über Waffer zu halten. Glaubt man doch unter Arbeitern graffirende Unfitte, mit dem Besiz eines Schießund dann einen Spiegel, welche Gegenstände beim Sinten des zum theil sogar schon ein Geschäft damit zu machen, prügels zu prunten, sich einmal schlimm gerächt hat. Schemels herunterfielen und zerbrachen. Der Unteroffizier gab daß man die Bezahlung in das Belieben dann den Rekruten auf, die Sachen wieder zu ersehen. Außer stellt; vielleicht, daß einer so generös ist, mehr als ist, mehr als Proßen mit Mordwaffen sollte man in diesen Zeiten ruhig anderen Leuten überlassen. den hier genannten Fällen sollen noch andere Mißhandlungen einen Sechser auf den Tisch zu legen! Ferner trachten vorgekommen sein. die Barbiermeister mit redlichem Bemühen, das Trinkgeld, auf Sie sind es nicht gewesen! Wir erhalten folgende Bu das die Gehilfen bei ihren drei bis höchstens sechs Mark Wochenschrift: In der Nummer 236 des Vorwärts" vom 8. Oktober verdienft bis jetzt leider angewiesen sind, für sich einzuheimfen. brachten Sie einen Artikel, den Dienstvertrag der Markthallen Machte doch Jnnungsmeister Wollschläger den genialen Vor- Beamten betreffend, darin befand sich der Sah:" In Markt. schlag, daß dem Kunden nach der Minutenzahl, die der Gehilfe halle V sahen die Angestellten leider zu spät ihren Fehler ein; Das wird sicherlich geschehen. Aber ob besondere Erfolge an ihm verwendet, der Preis für das Barbieren berechnet sie wandten sich am 5. Oktober an einen Rechtsanwalt mit damit erreicht werden, bleibt abzuwarten, denn, wie auch der Fall werden solle. der Frage, ob die Unterschrift nicht rückgängig ge= Remmert wieder zeigt, haben nicht einmal die bekannten Erlasse Den armseligen Meistereristenzen von heute kann selbst eine macht werden könnte. Dieser hielt jedoch nunmehr, nachdes Kaisers, des Herzogs Georg zu Sachsen, des bayerischen Kriegs- gute Gehilfenorganisation faum nennenswerthe Vortheile ab- dem die Thorheit begangen worden, jedes Streben, die Unterministers das Vorkommen von Soldatenmißhandlungen ver- ringen; umgekehrt ist es den Meistern nicht gut möglich, daß sie schrift ungiltig zu machen, für verfehlt." Dieses ist, was die hindern konnen. Die Soldatenmißhandlungen sind, eine Folge aus den Knochen der Gehilfen und Lehrlinge mehr noch heraus- unterzeichneten betrifft, vollständig aus der Luft gegriffen; des jetzigen militärischen Systems, das im unweiger schinden, als jetzt schon geschieht. Daher kommt man endlich wir haben weder vor noch nach der Unterschrift um Rath ge lichen Gehorsam des Untergebenen gegen den Oberen auf die verzweifelte Idee, vom Kunden bessere Bezahlung zu fordern. fragt oder fragen lassen. Auf grund des Preßgesetzes fordern die Hauptstüze der Heeresorganisation erblickt. Eben Ob dieser Plan gelingen wird, muß bei der großen Konkurrenz wir, Vorstehendes in einer der nächsten Nummern Ihres Blattes deshalb konnte es seinerzeit in Sachsen ein Unteroffizier z. B. zweifelhaft erscheinen. Im Intereffe der Kunden liegt es, zu veröffentlichen. Berlin , den 12. Oktober 1896. Emil Greve, wagen, Soldaten das Auskauen von Fußlappen zuzumuthen. Es in den Barbiergeschäften Zustände erftreben zu helfen, welche eine Aufseher, Markthalle V. S. Hansch, desgleichen. R. Klückmann, versteht sich, daß im Heere ein größeres Maß von Gehorsam rationelle, den Grundsätzen der Hygiene entsprechende Bedienung Wächter. nöthig ist, als im bürgerlichen Leben. Aber daraus refultirt garantiren; eine Besserung der Lage der Gehilfen läßt sich- Auch ohne Berufung auf das Preßgefeß hätten wir uns ver
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Das„ Norddeutsche Boltsblatt" giebt der Hoffnung Raum, daß unsere Abgeordneten im Reichstage Gelegens heit nehmen werden, die Affäre Mohrmann zur Sprache zu bringen.
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Rienzi.
Der letzte der römischen Volkstribunen.
Roman von Edward Lytton Bulwer .
Der junge Ritter hielt vor der Kirche an und wartete, bis die Mönche die Treppe an derselben hinabstiegen.
Heilige Väter," redete er sie an, hättet Jhr wohl die Güte, mir zu sagen, wie ich auf dem nächsten Wege nach dem Kloster St. Maria Dei Pazzi komme?"
des Kunden
Das
dritten Brücke wirst Du das Kloster am Ufer des Arno und daß der glänzende Staat nur aus unbewachten finden," sagte ein anderer Mönch. Palästen oder herrenlosen Waarenlagern geraubt war, Gott segne Euch, heiliger Vater!" stammelte der denn unter den kostbarsten mit Juwelen besetzten Barets Ritter und spornte sein Pferd nach der ihm augewiesenen sah man gemeine wilde Gesichter, über welche die langen Richtung. Die Mönche begannen ihren Gesang wieder. ungekämmten Haare herabhingen, wodurch die Banditen Mit dem Klange der Hufe seines Rosses ertönten in die Ohren des Ritters die klagenden Worte:
„ Miserere, domine!"
Ungeduldig und halb in Verzweiflung sprengte Adrian Sohn," sagte eines von diesen mastirten Gespenstern mit verhängtem Zügel durch die Straßen. Er fam über so erschienen Sie in ihren langen Gewändern und ihrer den Marktplatz; er war einsam wie eine Wüste, und Vermummung, Sohn, seze Deinen Weg fort und Gott eben so alle jene Straßen, in denen das Feldgeschrei sei mit Dir! Räuber und Tangenichtse hausen vielleicht der Welfen und Ghibellinen so oft ertönt hatte. Jetzt hatte jezt in dem heiligen Kloster, von dem Du sprichst. Die das Grab alles vereinigt, den Welfen und Ghibellinen, die Webtissin ist todt und manche Schwester schläft mit ihr. Die Sporen des Ritters und die Krücke des Bettlers. In jener anderen Nonnen sind vor der Seuche geflohen." Adrian erschrat und die düstere Prozession zog bei ihm vorbei, mit feierlichem Gesang in den verödeten Straßen das Lied anstimmend:
Bei der Mutter und dem Sohn, Deren Gnade unser Lohn, Schüz' uns Sünder vor dem Weh' Miserere, domine!
von Profession jetzt zu erkennen waren, indem diese Haarfülle ihnen oft als Maske dienen konnte. In dem wilden Gelage sah man auch mehrere Frauenzimmer, junge und von mittlerem Alter, schöne und häßliche, und Adrian fühlte einen frommen Schauder, als er die losen Gewänder und unverhüllten Nacken unzüchtiger Weibsbilder in solcher Nähe mit den heiligen Kleidern und den Rosenfränzen der Nonnen erblickte. Der Tisch war in Fülle mit Speisen, mit Weinflaschen und mit goldenen und silbernen Gefäßen, die meist ursprünglich heiligen Gebräuchen geweiht waren, bedeckt. Als der junge Römer, wie gefesselt durch diesen Anblick an der Schwelle stehen blieb, rief ihm ein Mann zu, welcher der Vorsiger des Gelages zu sein schien, ein starker, von der Sonne gebräunter Bursche mit einer breiten Schmarre über dem Gesicht, welche, indem sie sich über die ganze linke Wange bis auf die Unterlippe zog, seinen gemeinen Zügen einen noch abschreckenderen Ausdruck gab:
Rommt! tretet ein! was steht Ihr da so verblüfft? Wir sind gastfreundliche Gesellen und heißen jeden willzimmer. Des Bischofs Wein, und der Aebtissin Frauen zimmer !"
Todesstille wäre selbst der wilde Lärm des bürgerlichen Kampfes eine Wohlthat gewesen. Die erste Brücke, die zweite und die dritte waren erreicht und Adrian hielt endlich vor den Mauern des Klosters. Er band sein ermüdetes Pferd an das Gitter, dessen Thor, halb aus seinen Angeln geriffen, weit offen stand, ging über den Hof, erreichte die Thüre des Gebäudes, kam zu dem Sprachgitter, das jetzt nicht mehr eine Scheidewand von der profanen Welt bildete, Adrian ritt der Prozession nach und redete die Mönche, und als er hier einen Augenblick verweilte, um wieder nachdem sie ihren Gesang beendigt hatten, nochmals an. zu Athem zu kommen, ertönte wildes Gelächter und kommen. Hier giebt es Wein, töftliche Speisen und FrauenHeilige Väter, weiset mich nicht so ab. Vielleicht kann lauter Gesang, mit Schwüren und Flüchen vermischt, in ich über die Eine, die ich suche, in dem Kloster noch sein Ohr. Er stieß eine Thüre auf, trat in einen langen etwas erfahren. Sagt mir, welchen Weg ich dahin ein Gang und tam, durch den wilden Lärm geleitet, in das schlagen muß." Refektorium. In jenem Versammlungsorte der keuschen Bräute des Himmels sah er jetzt, um einen runden Tisch sigend, eine seltsame Gesellschaft, die auf den ersten Blick aus Mitgliedern von allen Ständen zu bestehen schien, denn einige trugen grobe Kleider von Zwillich oder waren in Lumpen gehüllt. Andere erschienen geschmückt mit Seide und Sammt, mit den kostbarsten Federn und reich gestickten Mänteln, Aber ein zweiter Blick genügte, um sich zu überzeugen, daß sie alle derselben Klasse augehörten,
Störe uns nicht, mein Sohn," erwiderte einer von den Mönchen.„ Es ist eine böse Vorbedeutung für Dich, daß Du die Diener des Herrn in ihrem Gottesdienste unter brichst."
Entschuldigt. Ich will Buße thun, viele Meffen bezahlen, aber ich suche meine theure Freundin, ich bitte Euch, jagt mir den Weg."
Halte Dich rechts bis zur ersten Brücke. Jenseits der
Singt fröhlich hier dem königlichen Tode, Der mit dem Hauch ein Heer zerstreut, Um den Palast zu plündern, Kerker öffnet, Und ehrliche Leute von dem Strick befreit. Laßt die Mächt'gen sich fürchten, hoch lebe die Peft Wenn der Reiche todt, feiert der Arme ein Feft. Hoch lebe die Pest! Befreie sie immer nur Den Schurken von der Kett', die Nonne vom Schwur, Dem Echließer bring' sie Tod, den Gefangenen gebe sie los, Hurrah, Du Erdenplag', wie ist Dein Segen groß! ( Fortsetzung folgt.)