Herd hinausgekommen, so daß die linksseitige Hälfte des Fabrikgebäudes vollständig erhalten blieb, das Erdgeschoß der anderen Hälfte nur durch Wasserschaden gelitten hat und die Maschinen- Anlagen ebenfalls vom Brande nicht betroffen wur­den. Der entstandene Schaden ist, wie das B. T." berichtet, trogdem ein bedeutender; er fällt um so schwerer ins Gewicht, als durch ihn gleichzeitig eine große Zahl Arbeiter brodlos ge­worden ist. Mit dem Aufräumen der Brandstätte hatten einige Abtheilungen gestern noch bis gegen Mittag zu thun.

Wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt werden fich demnächst der Steinträger L. und der Maurer L. vor dem Strafrichter zu verantworten haben. Dieselben, zwei herkulische Gestalten, durchzogen in der Nacht vom Sonntag zu Montag laut lärmend die Eisenbahnstraße und, da ste dem Verbot des Wächters nicht folgten, wurden ste mit Hülfe zweier Schuß­leute verhaftet. Auf der Wache zeigten fie fich renitent und einer der Arrestanten vergriff sich sogar thätlich an einem Be­

amten

-a. Abgefaßt. Ein in dem Hause Schüßenstraße 60 wohnender Kaufmann sah am 30. v. M., Abends gegen 8 Uhr, in welcher Beit er gerade in seinem nach dem Hofe zu belege nen Romtor arbeitete, zwei fremde Arbeitsburschen eilig über den Hof nach dem Quergebäude und da die Treppe hinauf gehen. In der richtigen Annahme, daß die Fremden auf dem Boden stehlen wollten, ließ er einen Schußmann herbeirufen und begab sich mit diesem, nachdem er die Hausthür abges fchloffen hatte, nach dem Boden, um die Diebe bei der That abzufaffen Sie trafen jedoch schon auf der Treppe zur zweiten Etage die Diebe, einen Back Betten tragend, die sie aus der Wohnung des abwesenden Kaufmanns R. gestohlen hatten, nachdem sie fich durch gewaltsamen Einbruch( indem sie das Thürschloß zersprengten) Eingang verschafft hatten. Zur nächsten Polizeiwache fiftirt, wurden in ihnen die bereits mehrfach be­straften Arbeiter Paul und Wengler ermittelt. Beide wurden zur Haft gebracht."

Ein ungetreuer Diener. Der Buchhalter J. ist gestern wegen wiederholter gegen seinen Prinzipal begangener Unter­schlagung festgenommen worden. Derselbe war bei dem Bau­materialienhändler Sch. seit drei Jahren beschäftigt und hatte oft Gelder für gelieferte Baumaterialien von Kunden einzu ziehen. In der legten Zeit hat er nun in 5 verschiedenen Fällen ausgeschriebene Rechnungen einfaffirt und die Beträge, zusam­men 800 M. für sich verwendet.

Hitschlag. Eine gut gekleidete, anscheinend der deutschen Sprache nicht mächtige junge Dame brach Mittwoch, Vor­mittags gegen 10 Uhr, wohl in Folge der äquatorialen Hige, an der Ede der Dorotheenstraße und des Kupfergrabens be­wußtlos auf dem Bürgersteige zusammen. Nachdem der Aerm­ften von Vorübergehenden der erste Beistand geleistet war, wurde sie sofort per Droschte in ein Krankenhaus geschafft.

N. Jst Luftschifffahrt grober Unfug? Diese Frage foll am 9. Juli c. vor dem Königlichen Schöffengericht zu Charlottenburg entschieden werden. Der Domainenpächter Kirchner hatte am 22. Mai den Ballon des bekannten Aero­nauten Richard Opis wegen angeblicher Flurbeschädigung in Höhe von 200 Mark gepfändet, den Ballon jedoch bereits am folgenden Tage gegen 25 M. Entschädigung herausgegeben. Nachdem nun von dem Rechtsanwalt A. Stadthagen Namens des Herrn Dpit beim hiesigen Landgericht II eine Schaden­erfastlage wegen unbefugter Pfändung in Höhe von über 400 M. angestellt ist, soll sich jetzt Herr Opiz am 9. Juli vor dem Charlottenburger Schöffengericht wegen groben Unfuges verantworten. Die Anllage mußte von dem Amtsvorsteher der Spandauer Forst, Herrn Oberförster v. Schleinis, auf Denunziation des Herrn Kirchner erhoben werden. Ueber den Ausfall der im Allgemeinen sowie für die Luftschifffahrt im Speziellen interessanten Anklage werden wir seiner Beit be­richten.

"

Nächtliche Erzesse in dem belebtesten Theile der Friedrichstraße gehören leider nicht zu den Seltenheiten in der deutschen Reichshauptstadt. Gewöhnlich heißt es aber immer der Arbeiter" X. hat diesen oder jenen Unfug verübt. Bu welcher Sorte von Arbeitern" diese Leute gehören, dürfte unseren Lesern hinlänglich bekannt sein, daß wirkliche Arbeiter nur sehr selten bei den nächtlichen Ausschreitungen betheiligt find, das beweist wieder einmal folgender Vorfall. Der in der Sieberstraße 9 wohnende Kellner Ladislam K. ist vorgestern Abend gegen 11 Uhr ein Opfer einer großen Roh­heif geworden. Als K. um die gedachte Beit die Friedrich­straße paffirte, wurde er von einem anständig geklei deten Manne in der Nähe der Besselstraße in ganz un­

Die Pitcairner.

( Fortsetzung.)

Es

Schließlich wurde Toobanai erwählt, ein kleines, frucht­bares, fast bis an die See bewaldetes, von Korallenriffen umgebenes Eiland und dahin kehrte die Bounty" zurück, nach dem sie in Tahiti eine Anzahl Hausthiere und Pro­visionen an Bord genommen hatte. Zunächst wurde ein Fort abgesteckt, aber noch waren die Vorarbeiten nicht beendet, als die Eingeborenen zum Angriff schritten, der Mehreren das Leben kostete, aber auch für Christian und einige seiner Gefährten schwere Verwundungen zur Folge hatte. entstand nun eine Meinungsverschiedenheit, ob die An­fiedelung durchgeführt werden solle oder nicht, und als nach langem Hin und Herreden zur Abstimmung geschritten wurde, ergab sich eine zwei Drittel Majorität für den Vorschlag, nach Tahiti zu segeln, wo die Bounty " an Christian und Diejeni gen, welche bei ihm zu bleiben wünschten, zur freien Verfügung übergeben werden sollte, nachdem alle habe brüderlich vertheilt worden sei. Am 22. September, also 5 Monate nach der Meuterei, fand die Theilung in Tahiti statt. Heywood, Mor­rison und noch andere 14 Mann blieben auf dieser Insel, wäh­rend neun sich entschlossen, an Bord der Bounty " zu bleiben. Christian, für sich selbst und seine acht Genoffen, folgerte so: wenn Bligh glücklich England erreicht, wird ein Kriegsschiff nach uns ausgefandt. Diejenigen, welche an der Meuterei nicht thätigen Antheil genommen, fönnen nichts Besseres thun als sich freiwillig zu stellen, für uns Uebrigen aber ist es ge­boten, daß wir eine unbewohnte Insel aufsuchen, wo wir den Reft unserer Tage verbringen, ohne andere Menschengesichter zu sehen als unsere eigenen.

Frder von Christian's Gefolgschaft hatte sich, gleich ihm, in Tahiti mit einer Frau versorgt, sie hatten auch einige Freunde unter den Eingeborenen erworben, die willens waren, ihr Schick­fal zu theilen. Unter den Büchern an Bord der Bounty " befand sich Catarets: ,, Voyage to the South Seas", in welcher der Pitcairninsel als eines einsamen Felsens, der nur selten von Seeleuten gesichtet würde, erwähnt wurde. Dort wollte Christian cine Bufluchtsstätte suchen. Als die Reisegesellschaft fich zur Einschiffung versammelt hatte, bestand sie aus Christian, acht seiner Kameraden, sechs Insulanern und zwölf Frauen, von welchen eine ein Kind mitführte, mithin aus 28 Seelen. Chri­stian nahm herzlichen Llbschied von den zurückgebliebenen Ge­fährten, dann schiffte er sich, als der Letzte, ein und steuerte Mittags nordwärts. Das war am 23. September 1789 und als die Bounty " am Horizont verschwand, waren Alle, die fie an Bord hatte, für zwanzig Jahre den Blicken der Mit menschen so gut entschwunden, als ob sie der Ozean verschlun­

gen hätte.

Wenden wir uns nun zu Bligh , der mit seinen 18 Un­glücksgefährten eine Reise zurücklegte, welche zu den merkwür bigsten ihrer Art gehört. Für die Einzelnheiten derselben giebt es keine andere Quelle, als Bligh's Tagebuch, dem zu miß­trauen aber fein Grund vorliegt.

Es war selbstverständlich, daß Bligh zunächst versuchte,

verschämter Weise angerempelt. Auf die Frage, was dem Fremdem zu diesem Benehmen Veranlassung gebe, erhielt K. ohne Weiteres mit einem Knotenstock einen so wuchtigen Hieb über den Kopf, daß er blutüberströmt zusammenstürzte. Leider gelang es dem Thäter, zu entkommen, bevor seine Festnahme bewirkt werden konnte. Der Schwerverlegte hatte eine tiefe, etwa 10 Centimeter lange Wunde auf den Schädel erhalten, zu deren Verbindung ihm in der Sanitätswache in der Brüder­straße vier Nähte angelegt werden mußten. Das that ein so­genannter anständiger Mann.

* Unsere Feuerwehr hat wahrlich keinen leichten Dienst, und es ist daher die allergrößte Vorsicht anzuwenden, um ste nicht unnüßer Weise zu belästigen. Leider kommen immer noch Unbedachtsamkeiten vor. So allarmirte der öffentliche Feuermelder am Görliger Bahnhof gestern Mittag einen Theil der Feuerwehr. Wie sich herausstellte, war der dort be­findliche Feuermelder reparirt und dabei zur Probe die Allarm­vorrichtung in Bewegung gesezt worden. Ein Gerücht brachte das Ausrücken sofort mit dem Gewitter in Zusammenhang. Nach diesem Gerücht sollte der Bliz in der Gegend vom Schlesischen Thore eingeschlagen haben. Die angestellten Re­cherchen haben ergeben, daß dieses Gerücht glücklicherweise un­begründet ist.

Polizei- Bericht. In der Nacht zum 1. Juli fiel der Bjährige Sohn eines Handwerkers in der Großen Frankfurter straße aus dem Bette, in welchem er mit seiner Mutter schlief, und brach den rechten Oberschenkel. -An demselben Tage nachmittags vergiftete sich ein bei seinen Eltern in der Münz­nachmittags vergiftete fich ein bei seinen Eltern in der Münz straße wohnhafter 26 Jahre alter Rommis mittelst Cyankali. Ueber den Beweggrund zur That ist bis jetzt nichts bekannt geworden. Zu derselben Zeit sprang eine 62 Jahre alte Ar­beiterfrau anscheinend in Folge eingetretener Geistesstörung aus dem Fenster ihrer in der Stegligerstraße eine Treppe hoch belegenen Wohnung auf den Hof hinab und erlitt dadurch einen Bruch des linken Fußgelenkes, sowie innere Verlegungen. Sie wurde nach der Charité gebracht.

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Gerichts- Zeitung.

fl. Eine Sachbeschädigung der gemeinsten und frivolsten Art brachte gestern dem Arbeiter" Gustav Lehmann durch Urtheil des Schöffengerichts, Abth. 87 eine achttägige Gefäng nißstrafe ein. Der Angeklagte paffirte in der Nacht zum 16. April cr., von der Kneipe heimkehrend, die große Frankfurter­straße, als er gewahrte, daß eine im Keller befindliche Backstube momentan menschenleer war und daß ein Haufen bis zum Backen fertig gemachter Teig vor dem Ofen lag. Der genos­sene Fusel rief in ihm die Lust wach, noch irgend etwas in seinen Augen Bedeutendes zu leisten, er schlich in die Backstube und machte in dem Teig mehrere höchst unzierliche Abdrücke von seinen Stiefeln. Der Angeklagte erzählte im gestrigen Termine, daß ihn die Bäckergesellen, die ihn bei seinem schnö den Thun erwischten, braun und blau geschlagen und gestand aus freien Stücken zu, daß er diese Behandlung wohl verdient habe. Der Gerichtshof schien derselben Meinung, fonnte aber nicht der Ansicht des Angeklagten, daß die empfangenen Schläge eine genügende Sühne für die Frevelthat feien, beipflichten, denn er diktirte ihm noch die Eingangs erwähnte Strafe zu.

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-a. Die Fahrlässigkeitsvergehen erscheinen in immer neuen Verschiedenheiten auf der Bildfläche. Vor der ersten Straflammer des Landgerichts I gelangte gestern eine derartige Anklage wegen fahrlässiger Körperverlegung mit lebertretung der Berufspflicht gegen den Kupferschmiedemeister Julius Con­rad Holzer zur Verhandlung. Der Angeklagte hatte am 10. März c. an den Konditor v. Zimkiewicz einen neuen fupfernen Keffel zum Kochen von Fruchtsäften geliefert und stellte mit demselben Proben auf seine Siedefähigkeit an. Ohne die noth­wendigen Ventile anzubringen, verstopfte er sämmtliche Deff­nungen des Keffels, so daß derselbe, als die Dämpfe fich schließlich immer mehr und mehr entwickelten, explodirte. Hier bei erlitt der Konditor v. Bimkiewicz, der sich in der Nähe des Keffels befand, durch das Herausströmen des kochenden Wassers einige Brandverlegungen, die aber zum Glück nicht erheblicher Natur waren. Der Gerichtshof nahm eine Fahrlässigkeit des Angeklagten als unzweifelhaft an und verurtheilte denselben mit Rücksicht auf die nicht zu schweren Folgen nur zu einer Geldstrafe, die er auf 150 M. bemaß, für welche im Unver­mögensfall 15 Tage Gefängniß zu substituiren sind.

f. Die tann's weit bringen. Eine jugendliche Straßen­räuberin präsentirte fich gestern in der Person der 13jährigen Klara Emma Pfeiler vor der vierten Straffammer des Land­

Tofoa zu erreichen, um Waffer und Früchte einzunehmen. Nachdem er eine Abtheilung seiner Leute ans Land gesezt hatte, erkletterten diese die nächsten Hügel, hatten aber kaum 100 Kokosnüsse gesammelt, als sie von den Eingeborenen angegriffen wurden, die einen Mann zu Tode steinigten. Es wurde nun beschlossen, keine weiteren Landungsversuche zu machen, sondern direkt auf die 1200 Meilen entfernte Insel Timor loszusteuern. Sollte diese Fahrt ermöglicht werden, so mußte mit der Pro­vifionsvertheilung aufs Aeußerste gegeizt werden. Bligh trug die Angelegenheit seinen Leuten vor; er erklärte ihnen, daß jeder täglich mit einer Unze Brot und einem Pint Wasser auskommen müsse, und sie sollten versprechen, nicht darüber hinaus ihre Vorräthe anzugreifen. Alle stimmten zu. Bewundernswerth ist es nicht, daß fie dieses Versprechen gaben, wohl aber, daß fie es getreulich hielten, als sie mit dem Hungertode ringen mußten. Das Boot war so voll geladen, daß, während die Hälfte der Mannschaft saß, die andere so dicht gedrängt auf dem Boden liegen mußte, daß fie ihre Glieder nicht ausdehnen konnte.

Was die Unglücklichen auf dieser Reise erduldeten, mögen einige Auszüge aus Bligh's Tagebuch ahnen lassen. Mai 3.: Es wehte ein heftiger Sturm und die See ging so hoch, daß wir mit allen Kräften Wasser ausschöpfen mußten. Als Mit­tagsmahl verabreichte ich jedem Mann einen Theelöffel voll Rum und ein Viertel Brotfrucht, die faum genießbar war. Mai 4.: Unsere Glieder waren so erstarrt, daß wir fie fast nicht bewegen konnten. Ich verabreichte Jedem einen Theelöffel voll Rum, was uns sehr erquickte. Mai 7.. Wir passirten mehrere Inseln, wagten aber an teiner zu landen. Da das Wetter falt und naß war, verabreichte ich zum Früh stück außer einem Biffen Brot einen Theelöffel voll Rum. Wir segelten fortwährend zwischen Inseln hin und von einer stießen zwei Boote ab, die uns verfolgten, ohne sich uns aber nähern zu können. Während der nächsten Woche hielt das nasse Wetter bei hohem Seegang an. Der Anblick der Inseln, welche wir passirten, diente nur dazu, das Elend unserer Lage welche wir passtrten, diente nur dazu, das Elend unserer Lage zu erhöhen. Angesichts der Fülle waren wir fast am Ver­hungern, allein jeder Rettungsversuch war so gefahrvoll, daß wir die Erhaltung des Lebens, selbst mitten in diesem Elend, vorzogen, so lange noch Hoffnung vorhanden war, die Ent­behrungen zu überstehen. Mai 17.: Bei Tagesanbruch be­flagte fich Jeder und einige verlangten Extra- Rationen, was ich entschieden verweigerte.

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In dieser Weise fährt das Tagebuch fort, die Leiden einer andern Woche zu erzählen. Am Schlusse derselben berechnete Bligh , wie die übrig gebliebenen Provisionen fortab vertheilt werden müßten, wenn sie ausreichen sollten bis Timor . Das Brod wurde abgewogen und das Gewicht einer Bistolenkugel 25 auf ein Pfund! für eine Drittel Tages- Ration, also je für Frühstück, Mittag und Abendessen bestimmt. In dieser Weise würde der Vorrath 29 Tage gewährt haben, da es aber zweifelhaft war, ob in dieser Belt Timor erreicht wurde, so gebot die Vorsicht, den Vorrath auf sechs Wochen auszudehnen. Das wurde ermöglicht durch den Wegfall der Abend Ration. Diese knappen Mahlzeiten wurden aber jest abwechselnd aus

M

gerichts I. Es gelangten zwei Fälle von Straßenraub zur Verhandlung, welche die jugendliche Verbrecherin mit geradezu verblüffender Frechheit ausgeführt hatte. In den Nachmittags­stunden des 15. April cr. schlenderte sie in der Lindenstraße umber, als ihr ein kleiner Knabe auffiel, der ein Backet trug. Die Angeklagte schloß sich ihm an und erfuhr auf ihr Befra gen, daß das Packet Wäsche enthielt. Sie versuchte dann den Träger deffelben zu überreden, ihr das Packet zum Weitertra gen anzuvertrauen und als der Knabe fich weigerte, brauchte fie Gewalt, indem sie mit einer Hand an dem Packete zerrte und mit der anderen dem Knaben auf die Finger schlug, bis er losließ. Den Passanten, welche zu interveniren geneigt schienen, erzählte fte, daß der weinende Knabe ihr Bruder sei, nahm denselben an der Hand und zog ihn eine Strecke mit fich fort, bis sie die Gelegenheit für günstig hielt, mit der Beute das Weite zu suchen. Schleunigst versilberte sie dann die Wäsche und vernaschte den Erlös. Schon nach weni­gen Tagen wiederholte sie dies gemeingefährliche Manöver In der Fehrbelliner Straße fiel ihr ein fünfjähriges auf der Straße spielendes Mädchen zum Opfer, fie lockte dasselbe in einen Hausflur und unter Anwendung von vielen Schlägen beraubte sie das Kind aller Sachen, die sie des Mitnehmens werth hielt. Sie zog ihm den Kamm aus dem Haar, nestelte die Ohrringe los, nahm das Taschentuch und das Halstuch der Kleinen und löfte ihr sogar die Strumpfbänder los. Durch das Geschrei des Kindes wurden Vorübergehende aber herbei­gelockt, wieder gab sich die Angeklagte für eine Schwester der Weinenden aus, diesmal hatte sie aber mit dem Schwindel fein Glück. Sie wurde zur Wache gebracht und hier ihre Identität mit der Räuberin festgestellt, welche vor einigen Tagen das Attentat an dem Knaben begangen. Der Gerichts­hof zog allerdings in Betracht, daß die Verwahrlosung der Angeklagten zum Theil der mangelnden Erziehung zu Grunde liege. Die Mutter ist vor Jahren verstorben und der Vater liegt den ganzen Tag über seinem Gewerbe als Droschken tutscher ob, indessen hielt er in Anbetracht der Schwere der Fälle eine strenge Bestrafung am Plaze und erkannte auf ein Jahr Gefängniß. Auch wurde die sofortige Inhaftnahme der Angeklagten beschlossen.

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Bur Arbeiterbewegung.

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Die Metallarbeiter Berlin' s erlassen einen Aufruf, welcher alle Gewerksgenossen, wie Klempner, Gürtler, Metalldrücker, Schnittarbeiter, Schleifer, Former, Gelbgießer, Bresser, Dreher, Blech­ladirer c. zu einer am Freitag, 4. Juli im großen Saale von ,, Sanssouci ", Kotbuserstraße 4 a stattfindenden öffentlichen Generalversammlung einladet. Seit circa 20 Wochen stehen wir schreibt die Kommission in dem Kampf um Aufbefferung unserer materiellen Lage, aber noch immer ist kein glücklicher Abschluß in der Tänzler'schen Strife- Angelegenheit zu verzeichnen; der Grund hierfür ist, daß eine Anzahl Ar­beiter und Kleinmeister, die jedes Solidaritätsgefühl verloren haben, die Arbeit bei einem Fabrikanten aufgenommen haben, bei dem alljährlich zum Jahreswechsel die Löhne um 10 resp. 15 pot. geschmälert werden. Angesichts solcher Uebelstände ist es nicht unmöglich, das Spiel unsererseits in der Tänzler'schen Frage zu verlieren; ist es uns also beschieden, so sei es; jeden­falls haben wir einen berechtigten Kampf gefämpft, in dem wir auch dann in Ehren unterlegen sind. Nicht an Euch, Ihr pünktlichen Zahler, nicht an den Kämpfenden selber, auch nicht an der Führung kann es liegen, sondern nur an derjenigen Kate­gorie von Arbeitern, welche bis heute ihr eigenes Jch noch nicht erkannt, und welche diesen gerechten Kampf durch die Aufnahme der Arbeit in genannter Fabrik illusorisch gemacht haben. Db­gleich wir trop der schlechten und ungünstigen Geschäftszeit in in unseren Sammlungen Großartiges geleistes haben, und auch unsere Finanzmittel noch sehr günstige find, so haben die Sammlungen in lezter Zeit doch merklich nachgelaffen, tretet frisch an's Werk, nehmt die Sammlungen allerorts wieder mit erneuten Kräfteu auf, fönnen wir jest nicht steuern, wann wollen wir es dann fönnen? Sorgt dafür, daß die Versamm lung am Freitag, den 4. Juli so besucht werde, daß auch das letzte Bläßchen besezt werde; nur durch von Taufenden besuchte Maffenversammlungen wird es uns möglich sein, den Schundwaarenfabrikanten und Lohnreduktionshelden gegenüber den uns gebührenden Respekt zu verschaffen, und nun, Kollegen, fort mit allem Hader und Streit unter Euch selbst, seid Euch nur des einen von uns selbst gesteckten Bieles bewußt: Auf­befferung unserer materiellen Lage", und seid stets der so oft ge­

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anderen Quellen aufgebessert. Am 25. Mai tam ein Schwarm Noddies Vögel so groß wie Tauben dem Boot so nahe, daß einer erfaßt werden konnte. Er wurde in 18 Theile zer­riffen und gegessen. Am nächsten Tage konnte in gleicher Weise ein Vogel von der Größe einer Ente gefangen werden. Gierig wurde er zerrissen, das Blut aber als Stärkungsmittel Den­jenigen gegeben, welche am erschöpftesten schienen. Tagelang goß der Regen in Strömen.

Beffer als die Vögel selbst stärkte aber das Bewußtsein ihrer Anwesenheit, denn sie entfernten sich niemals weit vom Lande. Am 28. Mai hörten sie den Donner der Brandung an einem langgedehnten Corallenriff, und als sie durch ein Thor desselben schifften, befanden sie sich auf spiegelglattem Waffer. Bald konnten sie an einer kleinen augenscheinlich unbewohnten Insel anlegen, deren felsige Küste mit Muscheln bedeckt war. Mit Hülfe einer Lupe wurde ein Feuer angemacht, und zum ersten Mal seit dem Verlassen der Bounty " wurde eine volle Mahlzeit verabreicht. Zwei Tage blieben sie auf der Insel, thaten sich gütlich an Muscheln, mit Palmspißen und Schweine­fett geschmort und füllten ihre Fässer mit gutem Waffer. Vor einer Bande Eingeborener, die plößlich erschien, mußten ste die Flucht ergreifen, doch fanden sie bald eine andere kleine Insel, auf welcher ste ungehindert landen konnten. Nun be­gab sich das Merkwürdige, daß die Mannschaft, welche während der ganzen Lebenszeit musterhaft gehorsam war, in eine Meuterei ausbrach, die( aber von Bligh rasch unterdrückt wurde.

Am 30. Juni wurde der Cours nach Timor genommen und damit hob von Neuem die Leidenszeit an. Am 7. Juli ging die See so hoch, daß die Mannschaft unausgesezt Waffer Schöpfen mußte, wodurch sie ihre Sträste so aufrieb, daß ein all­gemeines Sterben bevorzustehen schien. Bligh vertheilte den Rest des Weines und beugte dadurch dem Schlimmsten vor. Am 10. Juli standen die Dinge am verzweifeltsten. Es war, sagt Bligh , eine augenscheinliche Veränderung bei mehreren Leuten eingetreten, die mit Befürchtung einflößte. Eine außer ordentliche Schwäche, geschwollene Beine, eingefallene, ge­spenstische Gesichtszüge, eine ungewöhnliche Neigung, zu schlafen, verbunden mit einer Schwerfälligkeit des Verstehens, schienen mir die melancholischen Vorboten der nahen Auflösung zu sein. Aber am nächsten Tage wandte fich Alles zum Bessern. Bligh , dem es gelungen war, eine nautische Observation zu machen, verkündete, daß sie am folgenden Tage Timor er reichen würden. Jede Brust wurde mit neuem Muth belebt. Wirklich wurde auch am anderen Morgen die Insel gesichtet; fie segelten der Küste entlang, bis sie den holländischen Hafen Coupang am Sonntage, den 14. Juli, erreichten. Unsere Körper, sagt Bligh , bestanden nur noch aus Haut und Knochen, unsere Glieder schmerzten und unsere Kleider waren zu Lumpen geworden. Es schien uns selbst kaum glaublich, daß wir in einem offenen Boote, so ärmlich verproviantirt, im Stande ge­wesen waren, Timor in 41 Tagen nach unserer Abfahrt von Tohoa zu erreichen und daß während dieser Reise von 3618 Meilen, trop unbeschreiblicher Entbehrungen, feiner das Leben einbüßte. ( Fortseßung folgt.)