gehabt und können daher nur zu billigen Preisen rathen, welcbe unzweifelhaft einen stärkeren Absatz im Gefolge haben. Mitleidigen Herzen theilen wir nachstehend die Avreffe einer Wittwc mit, Deren Mann im September d. I. in Aus­übung seines Berufes als Zimmermann aus der fünften Etage in die Tiefe stürzte, wo er selbstvelständlich zerschmetteit liegen blieb. Die Frau bat es bisher versucht, sich und zwei kleine Kinder von monatlich 5 Mk. Armenunterstützung und aus dem Ertrage einer Aufwartestelle von wöchentlich 2 Mark zu er- nähren. Leider hat ste die letzterwähnte Einnahme jetzt auch eingebüßt. Die Adresse ist: äßittwe Matschte, SW., Z offener- straße 27, Hof im Keller Das nach Japan   bestimmte Personal tritt am 15. k. M. nunmehr die Aeise nach seinem Bestimmungsorte an, und die betreffenden Beamten scheiden vom 1. k. M. ab aus ihren hie- figcn Dienstverhältnissen, unter Vorbehalt des Wiedereintritts nach Ablauf von 3 Jahren- Polizeihauptmann Höhn, welcher die Polizei in Tokio   nach Berliner   Muster zu reorganisiren be­rufen ist, fiedelt mit seiner ganzen Familie nach Japan   über, während das ihm beigcgebenc Unterpersonal die Familien hier zurückläßt. Zur Reorganisation der Staatsanwaltschaft nach preußischem Muster ist Assessor Frömmelt, ein Sohn des Hof- Predigers Frömmelt, nach Japan   berufen, als militärischer In- struktor geht, wie schon gemeldet, Major Meckel dorthin. Sämmtliche Herren treten die Reise mit den zur Zeit noch hier weilenden japanischen Beamten gemeinschaftlich an und ist unterwegs ein ca. 14tägiger Aufenthalt in Paris   in Aussicht genommen. n. Das Berliner Adreßbuch für das Jahr 1885, das olljährlich in neuester Auflage genau zur Weihnachtszeit erscheint, kam gestern, Dienstag, zum ersten Male zur Versen- dung. Unter Benutzung amtlicher Quellen ist dasselbe wieder von A. Ludwig redigirt und von der Verloaefirma W- u. S. Löwenthal der neueste illustrirte Plan von Berlin   als Gratis- beilege zugefügt worden. Wie bisher haben sämmtliche selbst- ständigen Einwohner mit Ausschluß der Handwerksgesellen und Haararbeiter Aufnahme gefunden. Das alphabetische Ver- zeichrnß der Einwohner Berlins   zählt 1193 Seiten, also genau 50 Seiten mehr, als wie im vorigen Jahrgange. Das Ver- zeichniß sämmtlicher Häuser Berlins   mit Angabe der Eigen- thümer und Miether erfordert 418 Seiten, mithin 13 Seilen mehr als im Vorjahre. Das dritte Verzeichniß, welches die Einwohner Berlins   nach ihren Beschäftigungen und Gewerben enthält, weist nur einen Unterschied von einer Seile mehr für dieses Jahr auf. Ein sehr gutes Zeichen, daß stch die alten Geschäfte nicht nur gehalten, sondern noch um eine ganz statt- liche Anzahl neuer vermehrt haben. Im vorigen Jahre um- faßte dieieS Verzeichniß 267 Seiten, in diesem Jahre 268 Seiten. Der vierte Theil, der das königliche Haus, die fiska- lischen und städtischen Behörden. Kirchen, Anstalten und Sehenswürdigkeiten enthält, umfaßt 163 Seiten. In einem Anhange ist diesmal auch, abgesehen von Eharlottendurg und den zwölf alten Ortschaften, neuerdings auch noch Stralau und Wilmersdorf   im Verzeichnisse mit aufgenommen. Trotz dieser bedeutenden Vermehrungen erscheint der Kalender in dies-m Jahre handlicher wie sonst, da die Eingangs genannte Vcrlagsfirma den Kalender in zwei Theilen zur Ausgabe ge- bracht hat. Ueber den strengen Frost im lebten Drittel des No- vcmber, den man bei der jetzt schon drei Wochen währenden gelinden Witterung fast vergessen hat, entnehmen wir dem neuesten Wetterbericht des königl. Meteorologischen Instituts, daß seit Beginn regelmäßiger meteorologischen Beobachtungen, d. i. seit 1848, eine derartige Abweichung von der Normal- tcmperatur, wie sie die Pentade vom 22. bis 26. November er. zeigte, nicht vorgekommen ist. Die Mitteltemperatur war in direm Zeitraum in Ostpreußen   80, in Brandenburg   um 7, in Schlesien   und Sachsen   um 6, am Rbein um 4 5 Grad zu niedrig. In Lauenburg   i. Pommern   sank am 28. das Ther- mometer auf 18,1 Grad Kälte, in Könitz   in Westpreußen   am 30. auf 19,7 Grad, Temperaturen, wie sie selbst auf der Schneekoppe   nicht beobachtet wurden. Daselbst war die Äini- maltcmpcratur 17,2 Grad. In unserem Jahrhundert dürften, wie wir beiläufig bemerken wollen, nur die Jahre 1827, 1829 und 1828 eine ähnlich auffallende Novcrr beikälte im letzten Drittel des Monats gehabt haben. 1827 trat ebenso wie in dies.m Jahre der Witterungswechsel am 3. Dezember ein und das milde Wetter dauerte bis Anfang Januar. 1833 war vom 30. November bis 18. Dezember warmes Wetter, alsdann folgte Frost bis Mitte Januar und ein strenger Nachwinter im Februar und März. Der Winter 1829/30 dürfte wohl allen älteren Leuten als der strengste, den sie erlebt haben, in Erinnerung sein. Vom 12. November bis 11. März herrschte fast ununterbrochen strenger Frost, der besonders zu Weihnachten und Ende Januar eine ganz außerordentliche Höhe erreichte. Eine tragikomische Verwechselung gab in den letzten Tagen der vorigen Woche in den betreffenden Kreisen zu großer Aufregung Veranlassung. Nach der Todesanzeige in einer hiesigen Zeitung war eine Frau S..... gestorben. Diese Anzeige konnte sich nur auf eine Frau S., welche in Noth leiden zu sehen. Nehmen Sie seine Hilfe an; es wird zur Ruhe seines Gemüthes beitragen."" Und was antwortete sie?" fragte Nodenburg ge- spannt. Ja, antwortete sie? Spöttisch zuckten ihre Lippen und schnippisch erwiderte sie:Ich will von dem alten Nodenburg und seinem Gelbe niehts wissen. Vorläufig ist für mich von anderer Seite gesorgt; vorläufig brauche ich ihn nicht, und später.. Ach, ersparen Sie mir das Uebrige, ich mag eS nicht aussprechen." Du ermahntest mich vorher, Onkel, stets die volle Wahrheit zu sagen, da es Onkel Robenburg wünscht," nahm hier Emmy das Wort.Ich erinnere Dich an Deine eigenen Worte, Du bist hier ebenfalls verpflichtet, die volle Wahrheit zu sagen." Die Undankbare!" stöhnte Robenburg.Sie könnte mein so gut gemeintes Anerbieten kalt und hochmüthig zu- rückweisen?" Mehr als dag!" versetzte Amberg.  Ich hätte Ihnen gern den Kummer erspart, denn das edle Gemüth em- pfindet, wenn es schnöder Undankbarkeit begegnet; aber ich muß Ihnen Alles sagen...Später,"" sagte Lucie, gehört mir und meinen Geschwistern ja doch sein ganzes Vermögen. Wir sind die nächstberechtigten Erben, und sein Vermögen muß unser werden; allem Anscheine nach wird's ja nicht lange mehr dauern. Wie ich erfahren habe, geht es mit Riesensehritten bergab mit dem Alten."" Das waren ihre Worte!" Unmöglich, Amberg  , kann Lucie so gesprochen haben!" Amberg   legte die Hand auf das Herz. Glauben Sie, lieber Freund, ich wäre fähig auch nur eins Sylbe zu übertreiben? Es drückt mir schon das Herz ab, dieses zu sagen. Ach, ich habe die Ausdrücke im Gegen- theil gemildert,"denn ihre Worte so zu wiederholen, wie sie wirklich gesprochen wurden nein, das bringe ich nicht über's Herr." O, Lucie, das habe ich nicht um Dich verdient!" stöhnte Rodenburg. Die Stimmung bei Tische war jetzt eine sehr trübe, Und es fand sich jetzt auch trotz Amberg's   Bemühung kein der Bergstraße in Rißdorf wohnt, beziehen, zumal deren Vor- I namen genau zu denen der Verstorbenen paßten. Anverwandte eilten sofort nach Rixdorf, um für das Begräbniß der ver- meintlich Verstorbenen Sorge zu tragen, waren aber nicht wenig erstaunt, Frau S. wohl und munter anzutreffen. Der Tag nahte heran, an dem nach der Todesanzeige das Be- grädniß auf einem der Kirchhöfe in der Bergmannstraße statt- finden sollte. Zur festgesetzten Zeit trafen viele Freunde und Bekannte der Todtgeglaubten in deren Wohnuna ein, um dieser die letzte Ehre zu erweisen, trafen aber die Todtgesazte in bester Laune im Kreise mehrererLeidtragender" bei einem fröhlichen Mahle. Die nach dem Kirchhof gegangenen Be- kannten der vermeintlich Verstorbenen, von denen einige sogar dem Sarge derjenigen gefolgt waren, auf welche sich die Todes- anzeige bezogen, wurden dort ihren Jrrthum gewahr und be­gaben sich nach der Wohnung der noch lebenden Frau S-, wo auch sie noch Gelegenheit fanden, sich an dem fröhlichen Mahle, des Wiedersehens der Todtgeglaubten zu erfreuen. a. Ueber den zweifelhaften und gemeingefährlichen Geschäftsbetrieb eines Kaufmanns B-, welcher in der Neuen Friedrichstraße unter der Firma B. u. Co. in einem mit einem Pult und ein vaar Stühlen versehenen Zimmer ein Komptoir eröffnet hatte, daselbst unerfahrene Personen als Kaffenboten, Kasfirer, Geschäftsführer zu engagiren versucht resp- engagirt hatte und von diesen sich namhafte Kautionen in der Form von zu verzinsendenGeschäftseiniagen" geben ließ, gehen uns noch wettere Mittheilungen zu, wonach B. diese Geschäfte in einem großartigen Umfange und mit meistelhafter Routine be» trieben hat. B- hat sich in einem Falle, in welchem er einem jungen Mann, Namens H., der einige Tausend Thaler Ver- mögen hat, an sich herangezogen und ihn als Geschäftsführer engagirt hat, als Inhaber eines Getreide-, Bau- und Kommst- stonsgeschäfls bezeichnet und 5). mußte vor dem Antritt seines Engagements 3000 Mark an B-, und zwar als eine mit ö pCt. zu verzinsendeGeschäsrseinlage" geben, welche Summe B. hypothekarisch auf einer ihm gehörigen geringwerthigen Bau­stelle in der Bernouerstraße hinter einer sehr hohen Baugeld- Hypothek eintragen ließ. Bei dem sodann in Angriff genom- mcnen Bau auf dieser Baustelle fungirte H. als Bauaufseher in Ver'.retung des Bauherrn B., und er verstand stch fortgesetzt, Lohnzahlungen an die Bauarbeiter aus seinen eigenen Mitteln für B. zu leisten, da dieser nicht in der Lage war, die drängen- den Handveiker zu befriedigen. In dieser Weise hat H. binnen Kurzem 1500 M. für B. verauslagt, ohne irgend welche Sicher- heil für diese Summe zu haben. Als nun H. auf Zahlung der 1500 M. drang, propomite ihm B- die Betheiligung an einem anderen Baugeschäft, falls H. noch wittere 6000 Mail dazu geben wollte. Ä- spiegelte in Bezug auf dieses Geschäft vor, daß er in Verhandlung wegen Erwerbs einer Baustelle in der Kuifürfienstlaße stehe, worauf er 10 000 M- anzahlen müsse, über 4000 M aber nur verfüge; wenn ihm nun H. die noch fehlenden 6000 M. gebe, so werde er dem H. die 6000 M. und die bereits geleisteten 1500 M- auf dem neuen Grundstück hypothekarisch eintragen lassen. H. wollte in dem Glauben, dadurch die Forderung von 1500 M. sichern zu können, daraus eingehen, bevor er aber dem B. die 6000 M. gab, zog er vor- fichtiger Weste bei dem angeblichen Verkäufer der Baustelle Eiktindlgungcn ein, wobei sich herausstellle, daß überhaupt gar keine Verhandlungen zwischen ihm und dem ihm unbekannten B. wegen Der Baustelle stattgefunden haben. Jetzt erst erkannte H., nachdem er um 4500 M. leichter gemacht worden, in welche Hände er gerathen war. N. Ein durchgehendes Pferd, das vor einen Milch- wogen gespannt war, versetzte heute Vormittag in der 10. Stunde die Adjazenten und Passanten der Neuen Roßstraße in Angst und Schrecken. Das Pferd war durch Ausstreuen von Kies scheu geworden und ungeachtet um die Fußgänger auf de» Bürgeriicig gerannt, wo es im nächsten Augenblicke das große Schaufenster der Kolonialwaarcnhandlung von Hitschke zertrümmern mußte. Mehreren beherzten Augenzeugen gelang es, das Thier noch im letzten Augenblicke aufzuhalten und so eine ernsthafte Katastrophe zu verhindern. N. Ein unfreiwilliges Bad wurde in der vergangenen Nacht einem in der Oranienburgerstraße wohnenden Gärtner- gehülfen Waschke in der Straße Neu Cölln am Wasser zu Theil. Derselbe versuchte in übermüthiger Laune mit noch mehreren anderen jungen Leuten am Geländer der Spree   Kunst- stücke zu machen, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte kopfüber ins Wasser. Ein mitanwesender Schlächtergeselle Wolff sprang dem mit dem Wellentode Kämpfenden sofort nach und gelang es ihm, den W. bald ohnmächtig, aber noch lebend ans Land zu schaffen W mußte sofort per Droschke nach seiner Wohnung geschafft werden. a. Verhaftet. Bei einem Bäckermeister in der Steglitzer- straße stand bis zum 9. d. Mts. der Hausoiener E. im Dienst, welcher während der letzten Zeit in zahlreichen Fällen die von ihm für Backwaaren von Kunden eingezogenen Beträge an seinen Prinzipal nicht abgeliefert, vielmehr angegeben hat, daß die Kunden die von ibm überbrachten Waaren nicht bezahlt hätten. Nachdem sein Prinzipal Anzeige hiervon bei der Po- lizeibehörde erstattet hatte, entfernte sich E. heimlich und erst Thema eines Gesprächs, was diese Stimmung einiger- maßen hätte aufhellen können. Erst als die Tafel aufge- hoben war, und Rodenburg sich in sein einsames Zimmer zurückgezogen hatte, da hellte sich Amberg's   Gesicht auf und lachend schloß er Emmy   in seine Arme. Mädchen," sagte er,Du hättest müssen Komödiantin werden!" Und Du, Onkel, wärest der beste Komödiant der Welt gewesen," erwiderte sie.Bist Du nicht mein Lehr- meister?" Die Sache nimmt einen vortrefflichen Verlauf," be- stätigte Amberg.Das Glück begünstigt jeden unserer Schritte sichtlich. Wenn wir jetzt keinen Fehler machen, dann sind wir geborgen." Ich denke, Onkel, wir sind Beide zu klug, um einen Fehler zu machen," erwiderte Emmy. Das denke ich auch!" Im höchsten Vaterstolze bot Amberg   ihr den Arm und Beide machten einen Spaziergang durch Garten, Hof und Wald, das ja Alles jetzt so gut wie ihr Eigen- thum war. Fünfunddreißigstes Kapitel. Brand, welcher seine Wohnung in dem Seitenflügel des Schlosses hatte, saß in seinem Bureauzimmer in Rech- nungen vergraben. Vor sich hatte er ein mächtiges Buch, in welches er Summe auf Summe eintrug, und neben sich auf verschiedenen Zahldrettern Geld in allen Münzsorten aufgezählt. Es war heute Lohntag, und da hat der Ver- waiter eines so umfangreichen Gutes hinlänglich Arbeit. Auf einem Seitentischchen lag ein mächtiger Stoß kleiner Bücher. Es waren das die Arbeitsbücher der Handwerker und Arbeiter, und die Listen der Statthalter, welche über einzelne Abtheilungen der Arbeiter die Aufsicht führen, und deren Arbeitsleistungen zu kontroliren hatten. Brand hätte die einzelnen Arbeitsbücher durchzusehen, um sich zu überzeugen, ob die darin notirten Posten mit den ! von dem Statthalter angegebenen Arbeitstagen oder ge- ' fertigten Stücken übereinstimmten. Bevor er noch diese gestern Abend wurde er in der Potsdamerstraße von einem Wächter angehalten und verhaftet. Polizei-Bertcht. Am 21. d. M.. Nachmittags wurde ein finnlos betrunkener unbekannter Mann, vor dem Hause Alexandrinenstraße Nr. 35 auf dem Bürgersteige liegend, auf- gefunden und nach der Wache des 23. Polizei-Reviers getragen. Nachdem derselbe die Nacht hindurch in der Sistirzelle fest ge- schlafen hatte, verstarb er am andern Vormittage am Herz- schlaae- Die Leiche wurde nach dem Obduktionshause geschafft. An demselbe Tage Abends verunglückte der Nagelschmied Schulz vor dem Hause Wiesenstraße Nr. 64 dadurch, daß er beim Ueberschreiten des Rinnsteins ausglitt und den rechten Unterschenkel brach. Derselbe wurde nach dem Lazams-Kran» kenhause gebracht. Am 22. d. Alts. Nachmittags wurde ein Mann in der Küche seiner in der Boyenstiaße belegenen Woh« nung an einem Rouleauxhaken erhängt vorgefunden- Auf dieselbe Weise machte am Abend desselben Tages ein Mann in seiner in der Friedenstraße belegenen Wohnung seinem Leben ein Ende. Beide Leichen wurden nach dem Odduk- tionshause geschafft. In der Nacht vom 22. zum 23. d. M. wurde ein unbekannter, anscheinend dem Ardeiterstande ange» hörender Mann in der Rosenthalerstraße 54, von einem ande­ren ohne jegliche Veranlassung mit einem Stocke derart über den Kopf geschlagen, daß er besinnungslos zusammenbrach und nach dem Hedwigs-Krantenhause gebracht werden mußte. GmeW-Leitung. Das Dynamit-Attentat bei der EnthitllungSfeier des Niederwald-Denkmals vor dem NeichS-Gericht. Leipzig  , den 22. Dezember 1884. Am heutigen Tage, an dem das Ürtheil verkündet werden soll, ist der Andrang ein sehr großer. Pünkilich um 12 Uhr Mittags werden die Ange- klagten auf die Anklagebank gesüizrt. Reinsdorf   mustert mit dreister Miene daS zahlreiche Publikum, Rupsch und Küchler sehen dagegen sehr niedergeschlagen aus. Gegen 12 Uhr Mit­tags erscheint der Gerichtshof. Unter lautloser Stille verkündet Präsident Drenkmann folgendes Urtheil: Der Gerichtshof hat für Recht erkannt, daß der Angeklagte Backmann wegen versuchten Mordes und Brandstiitung mit 10 Jabren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Poiizeiaus- ficht, Angeklagter Rupsch wegen Hochoerraths mit dem Tode und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, außerdem wegen versuchten Mordes und Brandstiftung mit 12 Jahren Zucht- haus, 10 Jahren Ehroerlust und Polizeiaufsicht, der Angeklagte Küchler wegen Hochverraths mit dem Tode und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, serner wegen versuchten Mordes und Brandstiftung mit 12 Jahren Zuchihaus, 10 Jahren Ehroerlust und Polizeiaufsicht, der Angeklagte Reinsdorf   wegen Anstif- tung zum Hochverrath mit dem Tode und Verlust der bürger- lichen Ehrenrechte, und wegen Anstiftung zum versuchten Morde und zur Brandstiftung mit 15 Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust und Polizeiaufsicht zu bestrafen, dagegen den Angeklagten Reinsdorf   wegen Anstiftung eines wetteren veisuchten Mordes und Brandstiftung freizusprechen, den An- geklagten Holzhauer wegen Beihilfe zum Hochverrath mit 10 Jahren Zuchthaus, 10 Jahren Ehrverlust, wegen Beihilfe zum versuchten Morde und zur Brandstiftung freizusprechen, daß ferner die Angeklagten Söhngen, Rheinbach   und Toellner von der Anklage wegen Beihilfe zum Hochverrath und wegen Beihilfe zum versuchten Morde und zur Brandstiftung freizu- sprechen, daß die Kosten des Verfahrens den verurtheiitrn An­geklagten zur Last zu legen seien. Die Gründe find folgende: Es find zwei Attentate zur Ausführung gelangt, das eine in dem Wrllemsen'schen Lokale zu Eiberfelv, dos andere in einer Festhalle zu Rüdesheim  . Ein drittes Attentat auf dem Niederwald ist versucht worden, jedoch nicht zur Ausführung gekommen. Das Attentat in dem Willemsen'schen Lokale zu Elberfeld   ist am 4. September 1883 valfirt. Dasselbe hat in dem betreffenden Gebäude einen er- heblichen Schaden angerichtet. Es ist außerdem vollführt war- den zu einer Zeit, als stch etwa 30 A-rzte in einem Neben- lokale befanden. Der Angeklagte Bachmann, der einmal sich selbst alz Thäter bekannt, andererseits vom Kellner Fricke auf das Be- stimmteste rekognoszirt worden ist, hat nach Lage der Dinge unzweifelhaft die Absicht gehabt, nicht blos eine Brandstiftung zu begehen, sondern auch Menschen zu tödten. Der in der Nähe gewesene Kellner Fricke ist im Uebngen durch die Explosion sehr erheblich verwundet worden, andererseits mußte B. sehen, daß noch eine Anzahl anderer Menschen im Lokale stch aufdielten. Es ist zu erwägen, daß das Attentat von Bach- mann, Reinsdorf   und dem flüchtig gewordenen Weidenmüller lange vorher geplant worden ist, und zwar sollte es deshalb unternommen werden, weil in jenem Lokale die besitzenden Klassen verkehren. Hieraus, aber auch aus dem ferneren Um- stände, daß Bochmann längere Zeit im Lokale gesessen, che er das Attentat vollführte, geht hervor, daß er mit voller Ueber- legung gehandelt hat. Es ist des Weiteren zu erwägen, daß Bachmann ein hervorragendes Mitglied der Anarchisten-Partei war, daß noch bei seiner Verhaftung mehrere Exemplare der Arbeit begonnen hatte, trat der Sekretair Rodenbnrg's zu ihm ein. Es ist noch nicht so weit, Herr Härder," sagte Brand, seine Absicht errrathend,ich habe die Bücher noch nicht kontrolirt. Sie können den Betrag für die Feldarbeiter noch nicht in Empfang nehmen." Ich komme auch nicht zu dem Zwecke," antwortete in zweideutigem Tone der junge Mann,ich weiß wohl, daß es dazu noch zu früh ist. Ich komme im Auftrage des gnädigen Herrn, welcher Sie bittet, ihm die Arbeits- bücher und die Kontrol-Listen zu schicken." Brand blickte überrascht auf. Ei, es freut mich, daß Herr Rodenburg sich wieder o wohl fühlt, um sich mit seinen Angelegenheiten zu be- chäftigen," sagte er.Es gehört sich eigentlich, daß eine olche Kontrole jede Woche geübt würde." Ich glaube nicht," versetzte Härder,daß der gnädige Herr sich heute wohler fühlt, als sonst; vielmehr glaube ich, daß Herr Amberg   und seine Tochter die Kontrole vornehmen werben." Da umdüsterte sich Brand's   Stirn; er erinnerte sich der Begegnung mit Lucie am Eingang des Gartens. Pure Bosheit!" murmelte er vor sich hin, dann aber nahm er ohne Weiteres den Stoß kleiner Bücher es waren die Arbeitsbücher der Handwerker und die Kontrol-Listen der Statthalter, und übergab beide» dem Sekretair. Bringen Sie dies Herrn Rodenburg; in einer halben Stunde werde ich mir erlauben, selbst zu ihm zu kommen." Der Sekretair entfernte sich. Amberg   und Emmy  waren in Rodenburg's Zimmer anwesend. Härder trat ein und übergab Herrn Rodenburg die Bücher und die Listen.': Herr Brand war wohl einigermaßen überrascht, diese Aufforderung zu erhalten?" fragte Emmy   mit hämischem Lächeln. y (Fortsetzung folgt.).:'