Nr 71
Mittwoch, 25, März 1885.
n. Jahrg.
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nUiurMsM Krgsn für i>ic Interrssrn irr Ardritrr.
Die neuen Dampserlinien. Der Reichstag   hat gestern in dritter Lesung endgiltig über die DampfersubventiooS-Borlage entschieden und sich dabei in? Wesentlichen an die Beschlüsse der zweiten Lesung (Malten. Die afrikanische Linie, die schon in zweiter -esung verworfen worden war, wurde nicht wiederherge- 'ut, nachdem auch der Reichskanzler sich bereit erklärt >tte. auf dieselbe zu verzichten; dagegen wurde die Sub- dsNlicn für eire ostasiatische und eine a u st r a> �sche(nebst Samoa  ») Linie bewilligt. Herr Richter Kachle in der dritten Lesung den Versuch, den die sozial- dewokratilchen Abgeordneten schon in der zweiten gemacht hatten, nämlich die Samoa  -Linie von der australischen ab- iuschneiden, waS indessen abermal« mißlang. . Diese Entscheidung wurde hauptsächlich durch da« Zentrum herbeigeführt, da« für eine solche Gelegenheit gemein schwach vertreten war. Bemerkt wurde auch sehr, der hervorragendste Vertreter jener Richtung im Zen- »urn, die mit der von Herrn Windthor st g-triebene» �W-Ipolitik nicht einverstanden ist, nämlich Herr von �chvrlemer-Alst, auch bei der dritten Lesung der Uirpfersulvention fehlte. » Gegen die ganze Vorlage stimmten nur die vreisinnigen, di« VoltSpartei und die Sozialdemokraten; bre letzteren deshalb, weil die von ihnen eingebrachten An- träge verworfen worden waren, die sozialistischen  Abgeordneten waren zu der dritten Lesung zahl- �eich erschienen; wie wir hören, hatte ein Eisenbahnunfall ättei von ihnen am rechtzeitigen Erscheinen verhindert. Man weht also wie die Behauptung des H.rrn Richter, die Sozialisten hätten zur zwnten Lesunga bkommandir t", Um die Vorlage zu Gunsten der Regierung durchzudrücken, einfach erlogen war. Wa« Herr Richter mit dieser Be- hauplung wollte, ist sehr deutlich. E« ist ihm sehr unan- tz'nehm, immer wieder daran erinnert zu werden, daß eine "uzahl seiner Gesinnungsgenossen bei der letzten Abstim- niotm.] gfeuiffcf on. 125 Gesuch t und gefunden. Roman von Dr. Duf. (Forsehung.» .»Sie wollen sagen, ich hätte diese» Ihun sollen? Ich hätte Ihrem Gatten die Demüthigung erlassen sollen?" Da» ist meine Meinung!" *..Frau Schwägerin, Ihre Meinung ist fürmich maßgebend. haben recht, theuerste Schwägerin, ich werde da« jUn. Sie wissen ja bereit« Alle« und die Unwahrheit ment nur dam, dem Kranken ein» Beruhigung zu ver- puffen." Da» ist'«, wa« ich meine!" «So ist'« denn abgemacht, Frau Schwägerin. Ich r-T" Ihrem Gatten die Anerkenntniß seiner Schuld er- is'chtern, dadurch, daß ich seine Angaben bestätige. Natür- >ch dürfen Sie nicht merken lassen, daß die Sache unter uu« verabredet war.". n,»Fürchten Sie nicht, daß ich meinem lieben auf irgend eine Weise da« Herz schwer mache.«---- , Da die Zeit der Mittagstafel gekommen war. so landen sich auch bald die anderen Gäste«in, nämlich Sttah- Mau und Bertha Amberg, die soeben zum Besuche ge- "Mmen war. , Käthchen war auffallend ernst. E« verstimmte sie M'germaßen, daß ihr Gatte, wenn auch die Täuschung schien war, so wenig dadurch beunruhigt
fta>. 9'«egleitunfl einen Spaziergang angetreten hatte, ttch eine Gelegenheit, daß die drei Personen, »aren Bruder und seine Frau allein im Zimmer ul.Imberg sucht« eine Unterhaltung in leichtem a�nbar in der Absicht, den ernsten �elea,»-.»» dem gerade jetzt eine passende "och. hinaus zu schieben, denn so ganz doch dabei nicht um'« Herz. Der gefürchtet« »rnr ram   aber dennoch.
mung über das Sozialistengesetzabkommandirt" rrorden sind, weil man Furcht hatte, auf«ine Ablehnung de« Gesetze« würde eine Auflösung de« Reich«- tage« erfolgen. Deshalb glaubte Herr Richter, die öffent- liche Aufmerksamkeit von dieser sehr unangenehm geworde- nen Thatsache ablenken zu müssen, indem er eine andere Partei beschuldigte,abkommandirt" zu haben. Aber man muß auch beweisen können, wenn man beschuldigt, und da Herr Richter dies nicht nur nicht kann, sondern sogar da« gerade Gegentheil dessen, wa« er mit gewohnter Sicherheit behauptet hat, klar zu Tage liegt, so darf der Richter'sche Kniff als vollkommen mißlungen betrachtet werden. Schlau war der Kniff nun gerade nicht und Herr Richter hätte wissen können, daß solch blauer Dunst nicht lange vorhält. Aber...! Wir für unser Theil bedauern sehr, daß die Anträge auf Einstellung neuer Schiffe, rekp. nur neuer Schiffe nicht angenommen wordm find. Daß vorher ein Provisorium nothwendig gewesen wäre, sei zugegeben; in­dessen hätte sich der ganze Betrieb doch so regeln lasse», daß nach einer gewissen Frist die Linien nur mit neuen Schiffen hätten befahren werden dürfen. Die Vorlage, wie sie nun zum Gesetz erhoben worden ist, bestimmt da«
darüber sagen, an wen die Regierung den Betrieb der neuen Linien vergeben wird; wird der Betrieb aber, wa« wahrscheinlich an schon bestehende Rhedereigesell- schaften überttagen, so werden diese um den Bau von neuen Schiffen möglichst herumzukom- men suchen und so ist nicht ausgeschlossen, daß Herr Meier von Bremen   diealten Kasten" de« Nor d- deutschen Lloyd doch noch anbriugt. Die erhoffte Vermehrung der Beschäftigung für die beim Schiffbau thä« tigen Arbeiter wird also ganz ausbleiben oder nur in ge« ringem Maße erfolgen. Wir wollen den Einwurf, daß Ein Hustcnanfall Georg» gab dazu die Veranlassung. Da der Anfall besonders heftig war, so gcrieth Kälhchen in große Angst. Sie verdoppelte ihre zärtliche Sorge um ihren Gatten. O, liebes Käthchen," sagte er im zärtlichsten Tone, Alles in der Welt will ich gern verlassen. Freunde, Ver- wandte und allen Wohlstand nur von Dir wird mir da« Scheiden schwer.... Käthchen, bist Du überzeugt, daß ich Dich über Alle« liebe?" Ich weiß es, Georg I  " sagte sie mit leiser Stimme, indem sie ihr Antlitz an seine Schulter barg, um ihre Thränen nicht sehen zu lassen.Auch Deine Liebe hat mich immer glücklich gemacht." Nicht immer, mein theureS Käthchen," sagte er.Du hast mir verschwiegen, daß Dich etwa« bekümmert, tief bekümmert.... Sieh' Käthchen, ich habe etwa» vor Dir verborgen; ich habe e» verbergen müssen, obgleich ich e« vielleicht doch nicht hätte thun sollen." Mein lieber Georg," sagte sie begütigend,ich weiß, daß Du eine Zeit lang kein volle« Vertrauen zu mir hattest. Ich habe Dir Alle» verziehen, und habe e» Dir um so eher verziehen, da ich die Ueberzrugung hatte. Dein Vertrauen wieder gewonnen zu haben." O, Kälhchen, ich habe da« Vertrauen zu Dir nie ver- loren... Da« Geheimniß, von dem ich spreche, gehörte aber nicht mir. Ich hatte mein Wort gegeben, eS Nieman- dem zu vrrrathen, und wer weiß, ob ich jetzt den Muth dazu finden würde, wenn ich nicht von Demjenigen, dem da« Geheimniß gehört, die Erlaubniß bekommen hätte, da» Ge- heimniß auszusprechen." Mein theurer Georg," sagte Käthchen,eS ist nicht nöth'g, daß Du Dir diese Buße auferlegst. Erspare Dir da» Bekenntniß; rege Dich nicht damit auf und beunruhige Dich nicht. Schone Dich, mein theurer Georg; laß Dir die abermalige Versicherung genügen, daß ich Dir, wa««S auch sei, verzeihe." Nein, Käthchen; ich muß Dir bekennen, um wa« e» sich handelt." E« ist nicht nöthig, mein lieber Georg; ich weiß, daß Dir da» Bekenntniß schwer wird, und da laß mich da« Be- kenntniß ablegen, daß ich bereit« Alles weiß, und daß ich Dir verziehen habe, weil ich in Deinen Mienen und Dei« nem Benehmen Deine Reue las."
eine plötzliche übermäßige Anspannung de» Schiffbau  '« auch nicht heilsam wirken könne, gern al« in ge vissem Maße berechtigt anerkennen, weil auf eine über» mäßige Anspannung gewöhnlich eine Abspannung ein- tritt; allein davon kann keine Rede sein. Im Gegentheil scheint e» un« nicht, al« ob die im Schiffbauergewerb« auch stark grassirende Arbeitslosigkeit durch die neuen Dampferlinien beseitigt oder auch nur bedeutend verringert werden könnte, nachdem man den Gesellschaften in Bezug auf die Frage der Einstellung neuer oder alter Schiffe frei« Hand gelassen hat. Der Beschluß de« Reichstags zeigt indessen, daß die Mehrheit sich gegenüber der neuen Kolonialpolitik sehr skeptisch verhält Mehr als irgend welche politischen oder wissenschaftlichen Auseinandersetzungen, hat dazu beige- tragen die Art und Weise, wie die Kolonialpolitik von Nationalliberalen und Konservativen verherrlicht worden ist. Namentlich die Erfieren haben hierin Erkleckliche« geleistet und damit bewiesen, wie wenig ihre Freundschaft werth ist I Dirse Herren sagen zu Allem, wa« von oben kommt. Ja, nur um Ja zusagen resp. ihre Unterthänigkeit zu beweisen, und sie begreifen nicht, daß man in den weitesten Volkskreisen diese« fühlt und mißtrauisch wird. Im Uebri- gen fürchtet man in den Massen eben, die Kolonialpolitik werde eine Menge von Kosten mit sich bringen, die neue Auflagen erfordern und die Massen pflegen die« begreiflicher Weise nicht so leicht zu nehmen, wie dre Herren Meier und W ö r m a n«. Daß die Samoa  -Linie und die ungenügenden Bedin» Sunaen angenommen worden sind, bedauern wir und finden ««halb die Abstimmung der Linken im Reichstage ganz der Sachlage angemessen. [cn, wenn die beiden neue« Linien, soweit sie lolonialpolitik dienen, den Export fördern, neue .ff<L we c t-----'
nicht der Kolonialpolitik dienen, den Export fördern, neue Absatzgebiete schaffen helfen und die Beschäftigungslofigkeit im Lande zu vermindern etwa« beitragen, so wollen wir Du weißt bereits Alle«, Käthchen, durch wen?" Durch mich, mein theurer Bruder!" sagte Paul näher tretend.Ich sühlte mit Dir und wollte Dich von der schweren Pflicht, Deiner lieben Frau da« Bekenntniß ab- zulegen, entbinden, und so habe ich denn an Deiner Stelle Käthchen die ganze Wahrheit mitgethoilt." Die ganze Wahrheit?" fragte Georg ein wenig übe,» rascht. Wenn er auch weit entfernt war, die Worte seine» Bruder» ander» zu deuten, so kam e« ihm fast unglaublich vor. daß dieser von freien Stücken ein Bekenntniß seiner Schuld abgelegt hätte. Du hast meiner Frau gesagt...?" hob er von Neu�m an. Ich habe Deiner Frau Alle« gesagt; daß ich den Fehltritt begangen und nicht Du: daß Du lediglich au« Rücksicht für mich darüber schweigst." Da« ist geschehen!" bestätigte Käthchen.Dein Bruder ist durch sein Bekenntniß dem Deinigen zuvor- gekommen, und Du siehst, lieber Georg, daß es nicht nöthig rst, noch ein Wort darüber zu verlieren. Du hast meine volle Verzeihung." Käthchen, Du hast Alle» gewußt, und hast e» mich nicht fühlen lassen l Nicht ein Wort de» Vorwurf«, nicht ein strafender Blick I... Er schloß seine Frau in seine Arme. Sie weinte Thrä- nen an seinem Herzen. Georg überließ sich ganz dem seligen Gefühl de» Her- zen«, da« sich von einer schweren Schuld befreit fühlt, da« nach reumüthiger Beichte volle Absolution erhalten, da» eine Schuld gesühnt kühlt, von der e« so lange bedrückt war. Er hatte keine Ahnung davon, in welcher Täuschung sich seine Gattin befand.
Dritte« Kapitel. Schloß Stolzenburg sollte mit dem Beginn de« Winter  » wieder einmal der Schauplatz einer großen Fest- lichkeit sein. Handelte e» sich doch darum, hier die Hochzeit de» Gutsherrn, des Lord Ktllmar« zu feiern. Derselbe war persönlich anwesend und mit Brand gemeinschaftlich beschäftigt, die Vorbereitungen zur Feier zu treffen. Man hatte natürlich alle Hände voll zu thun, denn«» handelte sich darum, diese» Fest zu dem