Mittwoch, den 25. März 1885

n. Jahrgang

fcie Hirsch-VunckktMen GewerKvereine. Wenn Herr Hirsch eine besonders sclbflgefällige Hal- uing annimmt und sich lobt, so ist immer etwas nicht in Ordnung. A-S er daher am 13. März den praktischen «istungen seiner Gewerkoercine einen laugen Lobartikel widmete, da ermatteten wir gleich ein weniger erhebendes Nochspiel, und jetzt haben wir e« kennen gelernt: Herr Hirsch bat bei den Behörden die neuen Statuten der Verbands- Jnvalidcnkosse eingereicht, und die jetzigen Mitglieder müssen dun büsten, was früher durch zu niedrige Beiträge und zu hohe Pensionen, mit einem Wort durch den ganzen Unver» stand und Leichtsinn des sozialen WunderdoktoiS gesündigt worden ist. Als Hirsch als berühmter Mann gestattet er uns wohl, alle überflüssigen Höflichkeiten und Titel bei Seite flu lassen als Hirsch also vor fünfzehn Jahren seine Jnvalidenkasse eröffnet», da ließ er Jedermann bis zu 45 I fahren und sogar ältere Leute für wöchentlich 10 Pfennige herein, ohne ärztlichen Nachweis des Gesundheitszustandes Und alles; die Eintritts bedingungen konnten nicht günstiger sein. Man zweifelte zwar damals schon, daß die Beiträge I Pnügen würden, aber Hirsch goß die ganze Schale seines I LorneS über die Widersacher aus. Er äußerte unter An- |[�em:Ich kann nicht umhin, alle diese Angriffe als höchst gewissenlos zu bezeichnen, weil sie die Ehre "er ganz«» Anzahl vn Persoven, die ihre besten fräste dem Gemeinwohl geopfert haben und weil sie daS Wohl Tausender von Arbeitern schädigen." 1875 verlangte aber Hirsch doch schon mehr: von fernen.alten Mitgliedern 15 Pfennige(b. h. 50 Prozent wehr) und von den neuen 10 Pf. bei einem Alter bis °0 Jahren, 15 Pf. der einem Alter von 3040 Jahren Und 20 Pf. bei 4045 Jahren. Man sieht, die Er- Zohungen waren beträchtlich, aber sie waren doch nur ein tropfen auf einen heißen Stein. Bereits 1879 war man wieder auf dem alten Fleck, es langte nicht und langte dicht, und man beschloß, eine neue Erhöhung um 33'/» Pro- äkut! Nun hätte es doch genug fein können, aber die erste Wage der Kasse war so ohne alle Ueberlegung eifolgt, wrß das Defizit sofort wieder an allen Ecken herauSguckte. Was thun? Schon wieder die Beiträge erhöhen? Aber Whtr waren nach einem solchen Beschluß stet» eine Menge Mitglieder ausgetreten. Und viel konnten überhaupt nicht w'hr austreten, von 9667 Mitgliedern zu Ende 1874 waren *ik>e 1878 mit Einschluß der Neuein getretenen nur noch aöli vorhanden. Was also thun? Und hier verfuhr H isch ebenso unklug wie statutenwidrig: er dehnte die ab- �stufte Skala auf die vor 1875 eingetretenen Mitglieder und erweiterte außerdem die Karenzzeit auf 16 Jahre: r; h.,»er nicht 15 Jahre in der Kasse war, bekam nichts, wen» man ihm bisher auch schon in 5 Jahren Invaliden- flf'det zugesagt hatte und er in dieser Hoffnung überhaupt erst beigetreten war. Wie hier viele Mltglieder vergewaltigt wurden, ihr Geld einbüßten, weil sie zwar irvalid wurden, aber ihre 15 Jahre noch nicht abgelaufen waren und sie nun austreten mußten, wie e« tu Klagen und zu polizeilichem Einschreiten kam diese stanze chroniqne scandaleuse, ist ja noch in Aller Er- wnerung. Als die Beschlagnahme der Bücher erfolgte, ließ sich Hirsch zunächst nicht einschüchtern Schüchternheit ist Überhaupt sein Fehler nie gewesen eS handelte sich, wie feine Blätter schrieben, für die Regierung nur um Tamm- lang werthvollen Materials zur Vorbereitung der künftigen Stoßen Reichsinvalidenoersicherung. Hirsch hatte sich hier Ja, meine Frau! Als ich mich in meine Frau verliebte das aar Jtömlich damals, als sie noch nicht meine Frau mar »a sagte ich ihr so oft, daß sie ein Engel ser, bis sie es ftlber glaubte. Und heute? Heute glaubt nur sie mehr °r> ihre himmlische Abkunft, während ich sie al« ein durch Und durch irdische» Wesen erkannt habe. Es ist überhaupt Werkwürdig, zu welchen Ueberschwänglichkeiten verliebte «Ute sich hinreißen lassen. Wenn ich bedenke, daß ich tinmal die blonden Haare meiner Braut mit einem ächtenden Glorienschein verglich! Und die Haare meiner Ar a u sind doch von dem gewöhnlichsten Blond, da« man sich denken kann. Ich möchte sogar behaupten, daß die Zerzausten, im Winde flatternden Löckchen emes Juvg- sräulrinS. da« un« gegenüber wohnt und jeden Morgen w allerliebster Frühtoilette da« Fenster öffnet, um halb verschlafen nach dem Wetter auszuschauen daß drese [ustigen, unbotmäßigen Löckchen sich besser ausnehmen, als d'e glatte Frisur meiner Frau. Aber da» b-meike ich nur vebenbei. Ich bin kein Wütherich, nicht einmal em Tyrann, geschweige denn em Unmensch. Bei einigem SUten Willen kann man ganz leicht mit mir zurechtkommen. Zch glaube bestimmt, daß ich einegute Partie" gewesen °'n. aber jeder Andere würde das eher anerkennen, al« weine Frau. Sie verneint eS zwar nicht ausdrücklich, ?.stein sie hat eine gewisse, ich möchte sagen, erne diplomatische Art. ihre Meinung zum Besten zu geben; �hne dabei allzudeutlich zu werden. Auch besitzt sie d'r eigenthüml'che Gabe, in so vielsastevder Weise m.t m Augen zwinkern und die Mundwinkel verziehen zu ®i>nen, daß ich sie darum beneiden müßte, wenn e« mich S z%"4" 'vfche Dinge einen niemals trügenden Scharfblick. Ich �aue mich eher dem geriebensten Advokaten einen blauen �ünst vorzumachen, al« meiner Frau. Wenn ich auch den �uftuhr, der mein Inneres durchtobt, mit keinn Miene zu {Rathen glaube, lese ich doch sofort in ihren Augen, daß wich durchschaut hat. In diesem Punkte ist sie mir ''t überlegen, und das ist mir schrecklich, denn mil maner

aber verrechnet, wie er sich überhaupt bei seiner Invaliden- lasse beständig verrechnet hat: er sah sich bald genöthigt, eine gründliche Revision seiner Kasse vorzunehmen, wenn sie der Gefahr eines Bankerotts oder einer Auflösung ent- gehen sollte. Das Resultat von monatelangem Fleiß und Schweiß liegt nun vor und es verlohnt sich wohl ein Ver- gleich, was Hirsch zu Beginn seiner invaliden Thätigkeit und gegenwärtig verspricht. Anfang» verlangte Hirsch, wie gesagt, allgemein 10 Pf., heute verlangt er für Mitglieder im Alter von 2030 Jahren 20 Pf. «»--» 30 40» 30 »»»-» 40 45» 40 -»,»» 45 50» 50» Da« klingt ganz ander«! Aber für unglaub- lich mehr Geld gewährt die Kasse auch noch unglaublich viel weniger. Anfangs de» kam man nach fünf Jahren Jnvalidengeld, heute nach 15 und anfangs bekam man 4,60 M. Wochenpension, heute erhält man nur die Hälfte, 2.25 Mark! Und dabei ist es noch fraglich, ob die Sachverständigen die Aenderuvgen für genügend halten werden. Die Aufgabe, welche diesen Letzteren ge- stellt ist, ist eine sehr schwieriae und zeitraubende, weil bei Prüfung der Leistungen der Mitglieder und Kasse darauf Rücksicht genommen werden muß, daß daS bei der letzteren bestehende Defizit allmälig abgewickelt wird. Angesicht» einer solchen Vergangenheit wagt eS Hirsch noch, in Deutschland heiumzureisen und für seine Schöpfungen Propaganda zu machen andere als er wür« den sich von der Oeffentlichkeit zurückziehen! Die Arbeiter aber haben allen Grund, sich vor ihm in Acht zu nehmen. Nicht nur, daß er viele Arbeiter, die wieder aus der Kasse austraten, um ihr Geld gebracht hat, er hat auch durch seine Ge werkvereine eine Organisation geschaffen, welche ihm zur Verbreitung manchesterlicher Lehren dient, die eine Btsserung der sozialen Nothstände nicht fördern, sondern verhindern. Die Gewerkoereine de» Herrn Hirsch treiben systematische Propaganda für die veraltete Anschauung, daß der Staat nicht» in das Wirthschastsleben hinein zu reden habe, daß alle« Heil von der Selbsthilfe»u erwarten sei. Diese Lehre ist der Ausdruck der arbeiterfeindlichen Jnter« ess-n der besitzenden Klassen, und daß Herr Hirsch so systematisch die Arbeiter auf diese Irrwege zu verleiten ver- sucht hat und noch versucht, das ist die schlimmste Seite seines verderblichen Wirken«.

Rolitiscke MebersirKt. Der deutsche Reichstag hat sich bis zum 14. April vertagt, die Reicheboten verlassen da« in letzterer Zeit stark besetzte HauS. um wieder einmal nach vielen, vielen und langen Reden im Kreise der Ihrigen auszuruhen und daS Lsteiflst in der Heimath zuzubringen. Gestern war das Haus fceiliw nur schwach besetzt, so schwach, daß ytcht einmal die Beschlußfähig- keit mehr zu konstatiren war. Geredet ist gewiß genug ge» worden, namentlich hat die DampfersubocntlonSvorlage die Organe der redelustigen Mitglieder stark in Anspruch genom- men. Um so mehr wird ihnen die Erholung noth thun; neu gestärkt werden wir fit wieder einziehen sehen und kampfbereit werden fie sich bei der Bcrathung der Vorlagen auf die Rednerbühne begeben tönnen- Wichtige Vorlagen find in der Thai noch in dir Schwede, so daß das Arbeiterschutzgesetz, die Getrcidezölle, die Reform deS StrafoerfahienS und andere die Interessen des Volkes tief berührende Gesetze. Ob fie aber in einer den Interessen deS Volkes durchweg entsprechenden Weise erledigt werden? Schwerlich wird das bei allen Vorlagen der Fall sein. Trotz all dem wird aber das Volk auf den Reichs- tag mir einer gewissen Hoffnung blicken, es wird den Ver« Verstellungskunst geht regelmäßig auch meine Fassung zu Ende. Solche Scharten sind leider nicht auszuwetzen, solche Blöße« sind irreparabel. Meine ehemännliche Auto- \xität leidet darunter, und ich habe mich bereits mehr als einmal gefragt, ob besagte Autorität überhaupt noch vor» Händen sei. Meine Frau ist nicht böle, sondern nur launenhaft. Sie ist nicht eigensinnig, aber sie hält mit einiger Zähigkeit on ihren Entschließungen fest. Daß diese Entschließungen nicht immer mit den«einige» übereinstimmen,sei zwar beklagenswerth, doch ob dies gerade ihre Schuld fei, wolle sie dahingestellt fein lassen," pflegt sie mit einer jener Wendungen zu bemerken, über welche sie zu jeder Tage«» stunde verfügt. Jedenfalls ist e» auffallend, daß sie zum Beispiel den Wunsch, spazieren zu gehen, stet« gerade an solchen Tagen äußert, an welchen ich alles in der Welt lieber rhäte, als im Thiergarten auf und ab zu bummeln. Ein nicht minder seltsame« Zusammentreffen von Umständen ist es, daß just au den Abenden, an welchen ich wöchentlich meinen Klub zy besuchen pflege, im Theater diejenigen Stücke gegeben iSrrden, für die meine Frau ganz be- sonders schwärmt und deren Darstellung sie daher in meiner Beglestung«itanzusehen wünscht. Sollte«s rielleicht auch ein Zufall sein, daß eben die Sorte von Zigarren, für welche ich von jeher eine unwideistehliche Vorliebe hatte, meiner Frau ein Dorn im Auge ist? Sie behauptet nämlich, daß es auf Gottes weitem Erdboden nichts abscheulichere« gebe, al« eine Virginia-Z garre, und daß ich diesen Ausbund alles Scheußlichen nur darum in de» Mund stecke, weil fie dagegen eine so deftige Abnei- gung empfinde. Umsonst stelle ich ihr vor, daß ich jene Glimmstengel schon lange geliebt und geküßt, ehe ich von den Rosenlippen meiner künftigen Gattin eine Ahnung hatte; sie kommt mit echt weiblicher Logik immer wieder auf den Ausgangspunkt der Debatte zurück, bezeichnet meine Rücksichtslosigkeit alsunerhört", meine Stairköpfigkeit als himmelschreiend" und theilt mir schließlich m,t, daß ich nach der Türkei hätte gehen müssen,wenn ich eine Sklavin zu« Weibe haben wollte." Nunmehr wird mir die Sache doch zu bunt. Ich ereifere mich, ich erhebe meine Stimme zu beträchtlicher Höhe und Stärke, während meine Frau zusehends ruhiger wird und am Ende sogar lächelt. Diese» Lächeln giebt mir

Handlungen mit dem größten Interesse folgen, weil auS ihnen zu ersehen ist, in wie weit der deutsche Reickstag ein Ver- ständniß für die Hebung der Lage des Volkes hat. Heute wird es den Pseudo Volksfrcunden schwerer denn je, stch in voUs- freundlichen Phrasen zu ergehen, langsam aber sicher wird die Masse der Wädler stch nur den Vaiteien zuwenden, deren Be­strebungen sich im Einklang mit ihren Wünschen definden. Nach der Publikation des Gesetze« über die Dampfer- Subvention wird, wie verlautet, behufs Ausführung des- selben alsbald die darin vorgesehene engere Submission der Bewerber um die einzurichtenden Dampfellinien ausgeschrieben werden. Ob beide Hauptlinien, die ostastatische und die australische, einem einzigen, oder ob fie zw i verschiedenen Unternehmern üdertragen werden, daS ist noch zweifelhaft. Als Bewerber gelten der Norddeutsche Lloyd in Bremen , eine mit dem Sitze rn Hamburg zu errichtende Gesellschaft, bei welcher Herr Wörmann dctheiligt ist, ferner Herr Sloman, der jetzt eine nicht suboentionirte Dampferverbindung zwischen Hamburg und Australien unterhält; doch dürfte leicht noch einer und der andere Bewerber dazu kommen. Die Fahrten sollen binnen Jahresfrist beginnen. Zur Brotvertheuerung schreibt dieLib. Korr.": In der am 16 März abgehaltenen Sitzung deS Kuratoriums der Irrenanstalt Dalldorf(der Stadt Berlin ) wurden die neuen Lieftrungskontrakle für das nächste Eratsjahr adge« schloffen. Die Bäcker erilärten sich in Folge der Erhöhung der Getretdezölle außer Stande, daS Krlogr. Brot, wie bisher, für 18% Pf. zu liefern, und verlangten die Erhöhung des Preises auf 20 Pfennig. Der Forderung mußte bei Abschluß der Kon- trakte nachgegeben werden. Da die Anstalt jährlich über 200 000 Kilogr Brod verbraucht, so beträgt die Mehrausgabe in Folge der Erhöhung der Getreidezölle mindrstens 2000 M. jährlich. Die Behauptung, daß die Erhöhung der Getreide- zöll« vas Brot nicht vertheuere, erweist sich demnach jetzt schon als unhaltbar. Mit Rücksicht darauf, oaß eS von höchster Wichtigkeit ift,, vor der 3. Berathung der Getrcidezölle diese Argumentation der Getreidezöllner durch thatsächliche Angaben zu wtederftgen, ersuchen wir hiermit die Vorstände kommu- naler und privater �Verwaltungen das ihnen vorliegende Ma- terial zur Klarstellung der Wirkung der Getreidezollerhöhung auf die Brotpreise baldigst direkt on die Redaktion derLib. Korr." gelangen ßu lassen." Der RetchsaKzeiger macht bekannt, daß die franzö- fische Regierung Blei als KriegSkontrcbande betrach- ten wird. Der vielfach von Apotheker» kultivirte Vertrieb von Gehetmmttteln hat neuerdings ein strenges Vorgehen der preußischen Behörden, insbesondere gegen die Apotheker veran» laßt, welche zugeben, daß die Fabrikanten dieser Mittel, auf Vre in den Apotheken errichteten Niederlagen hinweisen. Es existirt eine Verfügung des Ministers der Medizinal- ic. An­gelegenheiten, in welcher es heißt:Apathckrr, welche stch mit dem Betriebe von Geheimmitteln befassen, verstoßen nur dann gegen die Bestimmungen des§ 14 der revidirten Apotheker- Ordnung vom 11. Oktober 1801(welche den Apotheken die Ausübung des ärztlichen Berufs im Allgemeinen verbietet), be« ziedungsweiie der Ministerialverordnung vom 23. September 1871, detnffend das Betreiben ärztlicher Praxis seitens der Apotheker, wenn sie die in Rede stehende» Mittel zur H-ilung bestimmter Krankheiten verwenden, sich mithin in Wirklichkeit mit Kurilen von Krankheiten befassen. Geschieht letzteres nicht, und beschränkt stch der Apotheker lediglich auf den Vertrieb der sogenannten Geheimmittel, so kann nur in Frage kommen, ob dieses aus Rezept oder im Handoerkaufe geschieht- Im elfteren Falle kann von Gehetmmitteln überhaupt nicht die Rede sein, im Handoerkehr aber darf ein Apothek>r ein Mrttel, das ihm in seiner Zusammensetzung nicht bekannt ist, nicht abgeben, weil er dafür verantwortlich ist» daß alle Mittel, welche er im Hand- verkaufe abgiebt, auch wtrkllch im letzteren abgegeben werden fen. Hierzu gehört jedoch die Kenniniß von ver Zusammen- setzung, beziehungsweise der sonstigen Beschaffenheit ver Mittel, die er abgiebt, da er ohne diese Kenntniß nicht wissen kann, ob da« qu. Mittel ein solche? ist, beziehungsweise auS solchen Stoffen besteht, welche er nach Maßgabe der auf den Hand» den Rest. Ich springe auf und verlasse wuthentbrannt da» Zimmer, indem ich die Thür« hinter mir mit einer Heftig- keit zuschlage, die sich nur vom Standpunkte der Psychologie, keineswegs jedoch von jenem der Höflichkeit rechtfertigen läßt. Am nächsten Tage ist meine Frau heiter wie seit lange nicht. Sie hat als Siegerin da« Schlachtfeld be- hauptet und ich muß mir beschämt eingestehen, daß ich wieder einmal den Kürzeren gezogen habe. Ich verwünsche mein Temperament und erneuere die vorerwähnte Frage bezüglich der Autorität zum soundsovielten Male. Meine Frau ist mir oft genug ein Räthsel, während ich ihr niemals ein Räthsel bin. Dieses drückende Ver- hältniß belästigt mich derart, daß ich fähig wäre, melancholisch zu werden, wenn nicht dann und wann ei» glücklicher Zufall mich wieder ein wenig Terrain gewinnen ließe. Nur dann, wenn meine Frau mich einmal nicht be» greift, ist Hoffnung vorhanden, daß ich da« Steuerruder unseres Eheschifflein» wenigstens für ein paar Tage wieder in die Hand bekomme. Also aufgepaßt! Undurchdringlich scheinen, da« ist die Hauptsache. Respekt hat man nur vor dem, was man nicht versteht. Erst neulich hatten wir eine interessante Szene. Meine Frau eiklärte mir plötzlich, ohne erkennbare Veranlassung, daß sie sich unglücklich fühle, so- gar sehr unglücklich. Dabei saß sie au! den schwellenden Kissen eine« weichen türkischen Divans, trug ein Hauskleid, das ihr reizend zu G. sichte stand, stützte den Kopf«ach- denklich in ehre wohlgeformte Hand und hatte ihre nied- liehe» Füßchen für Jeden, der hinsehen wollte, auf einem seidenen Tabouret kokett zur Schau gestellt. Ich ge- stehe aufrichtig, daß mich ihr« Eröffnung in diesem Momente vollkommen verblüffte. Allein wer kennt die Wege der Vorsehung? Gerade diese Verblüffung sollte mir zu größerem Heile gereichen als die schlaueste Ver- flellung es vermocht hätte. Ich antworte nämlich nichts weiter al» das einzige WörtchenSo?" Nun sollte man meinen, daß eS nichts Harmlosere» geben könnte, al» die bescheidene Silbe, die so unansehnlich ist, daß ich sie kaum ein Wort nennen möchte. Und siehe da! In meinem So" mußte doch mehr gelegen sein, als mein« Schulweis- heit sich träumen ließ, denn eben diese«So" brachte meine Frau in Harnisch . Sie legte los und war un- bedacht genug, sogleich ihr ganzes Arsenal ins Feuer zu bringen. Sre hielt eine Rede, die nicht minder lang al»