Staaten wird er nur zu wohl wissen, daß dieselben eS bei der Geltendmachuna ihre? moralischen Einflusses bewenden lassen werden; und Mexiko , daS noch immer mit fich selbst genug zu thun hat, scheint er erst recht nicht zu fthchten. Domummles. Stadtverordnete«- Versammlung. Außerordentliche Sitzung vom 1. April. Der Vorsteher Dr. Straßmann eröffnet die Sitzung um öVi Uhr._ Am Tische des Magistrats: Obeebürgermeister v. Forcken« deck, Kämmerer Runge, Schulrathe Dr. Bertram und r st e n a u, Baurath Blanckenstein, Stadträthe orchardt, Kochhann, Kunze, Stadt ha gen, Mammroth, Dr. Weber, Hagen, Voigt, Schmidt u. A. Der erste Gegenstand der Tagesordnung ist die sijort- setzung der Berathung des Etats pro 1885/86. Kap. X. Bauverwaltung. X. Hochbau Stadtv. D o p p weist bei dieser Gelegenheit auf die Roth- wendig keit des Baues einer Gemeindeschule in der Friedrich- Wilhelmstadt hin, und spricht die Hoffnung aus, daß es der Schul-Deputation gelingen werde, endlich ein Grundstück zu diesem Zwecke zu benutzen. Einen Antrag wolle er nicht stellen. Kämmerer Runge theilt hierauf mit, daß nach vielen Seiten hin Verhandlungen wegen Erwerbes von Grundstücken «ingeleitet seien, von denen er hoffe, daß fie zum Ziele führen «erden. Einen Antrag in dieser Beziehung zu stellen, würde nur den Erfolg haben, daß die Preise der Grundstücke erheb- ltch gesteigert würden. Die Stadtvv. Böhm und S p i n o l a find ebenfalls der Anficht, daß derartige Anregungen für die Stadt nur schädlich seien, da fie allerdings eine Steigerung der Preise der Grund- stücke zur Folge haben müßten. Uebrigens sei das Schulde- dürfniß in der Friedrich-Wilhelmstadt nicht so groß, da für dasselbe auf Jahre hinaus gesorgt sei. Stadtv Dr. Stryck theilt mit, daß der Schuldeputation Hm<e angezeigt worden, S stehe der Abschluß des Kaufes eines Grundstückes nahe bevor. Stadls D opp kann nicht degreifm, wie seine Anregung hier in der Versammlung eine Steigerung der Preise zur Folge haben könne; Grundstücke seien genug vorhanden und ihm angeboten worden. Er habe fich indeffen, da es nicht seine Sache sei, auf diese Angebote nicht einlaffen könnm. Stadtv. Böhm: Wenn Kollege Dopp meine, daß sein« wiederholten Anregungen keinen Einfluß auf die Preise der Grundstücke ausübten, so müsse er sagen, daß derselbe dies nicht verstehe.(Heiterkeit) Der Etat wird darauf bewilligt. B. Tiefbau. DW-MS Nach kurzer Diikusfion genehmrgt die Versammlung fol« gmden Antrag des Stadtv. Mielentz:Die Versammlung ersucht den Magistrat, das zur Regulirung der GreifSwalder- straße von der Friedenstraße bis zur Marienburaerstraße noch fehlende Vorgartenland von den betreffenden Adjazenten im Weg« der Enteignung zu erwerben." Ebenso wird die Resolution:Die Versammlung ersucht den Magistrat, die Große Berliner Pferdceisenbahn- Aktienge- sellschast mit allen Mitteln dazu anzuhalten, ihrer Vcrpflich- tung in Bezug auf die Verbreiterung der Schlessschen Brücke noch im Laufe dieses JahreS nachzukommen", welche vom EtatS- ausschuß als erledigt angeschen wurde, auf Antrag des Stadtv. Schmeißer ausrecht erhalten. Der Etat wird alsdann bewilligt, ebenso Kap. XII. P o- lizei-Verwaltung. Bei dem Etat der städtischen Wasserwerke hatte der Stadtv. Dopp den Antrag gestellt, daß die Ver- waltung die Beschaffenheit der verschiedenen zur Verwendung kommenden Kohlen untersuchen und der Versammlung darüber Mittheilung machen solle. Wie der Referent, Stadtverordneter M a t t e r n mittheilt, haben solche Untersuchungen stattge- funden, lange bevor Stadtv. Dopp seinen Antrag stellte und diese Untersuchungen ergaben, daß die Verwaltung bei der Verwendung von Brennmaterial außerordentlich richtig ver« fahren sei. Nachdem Stadtv. Dopp die Untersuchungen als nicht genügend bezeichnet und seinen Antrag nochmals motivirt, wird derselbe durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. Nach dem Vorschlage des Magistrats sollen an die Er« neuerungS. und und Erweiterungsfonvs 741,474 M. als Ab- schreibungen abgeführt werden. Dieser Betrag wurde vom Etatsausschuß für zu hoch gehalten. Man war der Meinung, daß es genüge, wenn vorläufig und bis zur Feststellung der Adschreibungsgrundsätzt eine Summe von 500,000 M. zu Ab­schreidungen in den Etat eingestellt werde. Im Uebrigen soll der Zuschuß zur Kanalisations' Verwaltung um 100,000 Mark verstärkt und der verbleibende Ucberschuß zur Dispofition der Kommunalbehörven gehalten werden. Die Mutter athmete schwer und rasch, aber Keins im Zimmer sprach ein Wort, wohl eine volle Minute lang, ja, wagte kaum ein Glied zu regen oder mit den Wimpern zu zucken. Jetzt drückte sich die Klinke an der Stubenthür langsam »ieder, es klopfte Niemand an, die Thür öffnete fich Zoll nach Zoll, jetzt zeigte sich eine bleiche, in einen grobtuchenen, grauen Rock gekleidete Gestalt, die auf der Schwelle stand und den dunkeln Blick au« den tiefliegenden Augenhöhlen über die Swbe sch»tiftn ließ. Niemand da drinnen regte fich, kein Willkomme« nach Jahre langer Trennung ward ihm entgegen gerufen. Die zusammengefalteten Hände der Mutter lösten sich allerding» und hoben sich langsam empor, aber sie richtete sich nicht auf, hätte es auch nicht vermocht, denn wie eine Zentner» last von Blei lag e« ihr auf den zitternden Gliedern. Da» kleine Mädchen hatte den rechten Zeigefinger zwischen die Lippen genommen und blickt« scheu und halb abgewendet nach demFremden" hinüber, und Margarethe saß regungslo» auf ihre« Stuhl, während ihr dir»ollen Thränen langsam an ihren Wangen niedertropften. Wie au« Stein gehauen aber stand der Vater; keine Muskel seine» Körper« regte sich oder zuckte nur, nicht die Wimper seine» stieren Auge», da« er fest und eisern auf den Sohn gehestet hielt. Er sprach nicht, aber er erwar» tete auch keine Anrede. Er war da, da» schien Alle», wa» er in dem Augenblick fühlte, und für da«, wa« ihm jetzt die Seele zermarterte, hatte er keine Worte. Eben so schweigend stand der Sohn auf der Schwelle; wa» in dem Blicke lag. den er jetzt über die Gruppe sandte und abwechselnd von Einem zum Andern gleiten ließ, wer hätte e« ergründen können? Scham? Scheu? Schmerz? Zerknirschung oder Trotz? Aber lange hielt er da» nicht aus; der Hut entfiel seiner Hand, und an den kleineren Geschwister, vorbei, die ihm scheu auswichen, eilte er auf die Mutter zu, sank neben ihrem Stuhl auf die Kniee nieder, umschlang sie mit seinen Armen, und den Kopf an ihre Seite legend, hielt er fie, ohne ein einzige» Wort zu sagen, krampfhaft umfaßt. Mein Sohn, mein arme», verlorene« Kind," sagte die Danach soll der betr. Titel dahin gefaßt werden- 1) An den Erneuerung»- und ErweiterungsfondS den Betrag der Ab- schreibungen, vorbehaltlich der Feststellung der Abschreibungs- arundsätzc, 500000 M. 2) An die Hauptkasse der städtischen Werke zum Ausgleich der Minder-Einnahmen bei der Kanali- sattonS-Verwaltung 625 000 M 3) Uederschuß zur Disposition der Kommunalbehörden 245478 M. zur Verwendung für all- gemeine kommunale Zwecke, insbesondere zum Ankauf deS JakobikirchhofeS. Nach einiger Diskussion werden diese Anträge angenommen, doch werden in der Nr. 3 die Motte:insbesondere zum An- kauf deS JakobSkirchhofeS" gestrichen. Im Uebrigen wird der Etat bewilligt. Der Etat der Hauptkasse der städtischen Werl « wird e» bloe genehmigt. Kap. Viii. Verwaltung der Krankenhäuser und Einrichtung für die Gesundheitspflege wird ohne Diskusston genehmigt. Es folgt der Normal-Besoldungs-Etat pro 1885/88 und die bei Ausführung dieses Etat» zur Anwendung kommenden Grundsätze. Etadtv. Dr. Schwalbe beantragt bei dieser Gelegm- heil, den Magistrat zu ersuchen, für den nächsten Etat in Er« wägung zu nehmen, ob es thunlich ist, den voll beschäftigten Zeichenlehrern an den höheren Lehranstalten PenfionSberechtt- gung zu gewähren und der Versammlung darüber eine Vor« tage zu machen". ES sei, so bemerkt der Antragsteller, überaus hart, diese Lehrer, welche ihre ganze Zeit der Kommune widmen müssen, wie die übrigen Lehrer, bei etnttttender Dienstunfähig- keit auf das Wohlwollen der Kommunalbehörden zu verweisen. Der Antrag wird angenommen. Eine längere Diskusston erhebt fich über die vom Stadtv. G e r t h angeregte Frage wegen der bei der Aszenston der Lehrer bezüglich der GehaltSverb-fferung dadurch hervor- gerufenen Uebelstände, daß die Lehrer allgemein nach der Anziennetät in die höheren Gehaltsstufen einrücken, sondern nur in den Anstalten, an denen sie angestellt find. Stadtschulrath Fürstenau weist auf die überaus großen Schwierigketten hin, welche der Aufstellung eines ElatS für sämmtliche höhere Lehranstalten entgegenstehen, die ein solches Unternehmen fast undurchführbar machen. Die Stadtvv. Dr. I r m e r und Dr. S ch w a l b e er- kennen die Schwierigkeiten vollkommen an, find indeffen der Anficht, daß dieselben nicht unüberwindbar find. Stadtv. E p i n o l a verweist darauf, daß in der Staats- Verwaltung ganz dieselben Grundsätze maßgebend seien, wie bei den städtischen höhrren Lehranstalten, und beantragt, die An- gelegenheit dem Magistrat zur Erwägung zu überweisen. Dieser Antrag wird angenommen und der Etat, sowie die Grundsätze im Uebttgen genehmigt. Bei dem S p e z i a l e t a t Nr. 41 betr. die nicht zum Personal-Besoldungsetat gehöttgen Stellen beantragt der Ausschuß: 1) dem Bürgermeister Dun et er eine penstonS- fähige persönliche Zulage von 3000 Mark zu bewilligen; 2) daS Gehalt des Kämmerers Runge von 9000 M. auf 12 000 M. zu erhöhen; 3) dem Baurath Blanckenstein eine penstonS« fähige persönliche Zulage von 3000 M. zu dewilligen; 4) daS Gehalt deS zum Stadtbaurath gewählten Bauraths H obre(hl auf 9000 M. mit einer persönlichen Zulage von 6000 M. und einer fixitten Fuhrkostenentschädiauna von 3000 M. festzusetzen und 5) das Minimalgehalt der Stadträthe von 5700 M. bezw. 6300 M. für die technischen Räthe auf 6000 M. bezw. 6600 M. zu erhöhen. Stadv. Singer steht fich zu seinem Bedauern genöthigt, fich gegen die hier vorgeschlagenen G/Haltsaufdefferungen zu erklären. Ich verkenne durchaus nicht das hohe Maß von Thätigkeit, welches namentlich dm Herren Duncker und Runge obliegt und schätze dieselben außerordentlich hoch, indem ich glaube, daß eS schwer sein werde, gleich thätig« Beamte zu findm. Der Grund, weshalb ich mich gegen die Gehaltsauf« besserungen erkläre, ist ein prinzipieller. So lange es möglich ist, daß die Stadt Berlin Arbeiter beschäftigt von 2 Mark 50 Pfennig und Unterdeamte hat mit einem kärglichen Gehalte, und so lange dieser Zustand mit der Notdwendigkeit der Spar« samkeit motivirt wird, so lange werde es die Bürgerschaft nicht verstehen, wenn diese Sparsamkeit bei den beantragten Gehalt«. erhöhungen nicht zum Ausdruck kommt. Die GehaltSausbeffe- rungen der Magistratsbeamten müssen an einer anderen Stelle angefangen werden, als hier vorgeschlagen wird. Wenn fich eine Majorität in der Versammlung findet, welche den Arbeitern einen höheren Tagelohn bewilligt, so werde ich der Erste sein, welcher für die beantragte Gehaltserhöhung stimmt. Stadtv. Dopp meint, daß die AuSsührungm deS Vor- redners nur dazu dienten, die Ardeiter zu verlocken und daß die Parallel« der höchsten Beamtm mit den Arbeitern völlig unzuläsfig sei. Er sei der Anficht, daß die vorgeschlagenen Herren die Gehaltserhöhung mit Fug und Reckt zu bean- spruchen hätten, und bitte dieselbe ohne weitere Diskusfion zu bewilligen.(Beifall.) Nachdem Stadtv. Dr. H o r w i tz die Vorschläge deS Etat»- ausschuffes empfohlen, wird die Diskusston geschloffen. Mutter mit zitternder, kaum hörbarer Stimme, legte ihren rechten Arm über sein Haupt und weinte leise vor sich hin, und Max, dem da« Alle» unheimlich wurde und der de« fremden Mann gar nicht kannte oder begttff, daß da« sein Onkel sein sollte, drängte fich furchtsam zu der Margarethe und hielt sie, die Augen immer auf den Knieenden geheftet, fest am Kleid« gepackt. Au» de« Zuchthaus I" sagte da endlich der alte Tischlermeister mit hohler, dumpfer Stimme;bist Du endlich von Deiner Wanderschaft zurück? Die hat lange gedauett und Du mußt viel in der Welt gesehen haben." Der Sohn antwortete nicht, nur fester umschlang er die Mutter, deren Arm er auf sich ruhen fühlte; e« war, als ob er bei ihr Schutz suche» wollte gegen de» Vater und dessen Vorwürfe. Der Tischlermeister mochte e» auch so verstehen; lang- sam, den Blick noch immer auf den Sohn geheftet, nickte er vor sich sich hin und sagte dann düster:Ja, versteck Dich, Karl,»ersteck Dich, weiter bleibt Dir auch von jetzt an nicht» übrig; versteck Dich vor der Welt, vor Dir selber, nur vor Deinem Gewissen bist Du e» nicht im Stande I Oh, mein Gott; oh. Du allmächtiger Gott!" Und der alte starke Mann konnte den Anblick nicht länger ertragen, er sank auf den nächsten Stuhl, schlug beide Hände vor'» Gesicht, und konvulsivisch fast arbeitete seine Brust gegen da« erdrückende Gefühl an, da» ihn zu ersticken drohte. Da richtete sich der Sohn langsam in die Höh«, sei» Gesicht war von Thränen überströmt und todtenbleich; er strich fich langsam die Haare au» der Stirn, und sein glanzloser Blick suchte de» Vater» ineinander gebrochene Gestalt. Endlich sagte er mit leiser, heiserer Stimme, in- dem sein Auge langsam im Kreise der Seinen umherglitt: Also haltet auch Ihr mich alle für schuldig für fähig, ein solche« Verbrechen zu begehen?" Keins antwortete; der Mutter Blick hing angstvoll an seinen Zügen. Da schritt Margarethe, leine Schwester, leise auf ihn zu, fie sah ihm fest in» Auge, und al« sie dicht bei ihm stand, lehnte fie ihren Kopf an seine Brust und sagte schüchtern:Ich habe e« nie gethan, Karl, ich Stadtv. Singer protestitt in einer persönlichm Bs« merkung gegen die Annahme des Stadtv. Dopp, als wolle er (Singer) sich hier durch seine Ausführungen populär machen. Er spreche hier nur seine Ueberzeugung aus und nicht» wetter. Der Referent Stadtv. Spinola ist der Anficht, daß Jemand, der im Glashaus« fitze, nicht mit Steinen werfen solle. Es sei notorisch, daß Stadtv. Singer in seinem Geschäfte sich selbst einen höheren Lohn berechne, al» seinen Ardettern. Auch den Appell an die Humanität möge Singer unterlassen: jedem Stadtverordneten liege das Wohl de» armen Manne» am Herzen. (Beifall.) Stadtv. Singer persönlich: Der Referent hat sein Recht al» Bettchterstatter wesentlich überschrttten. Ich habe dem« selben am allerwenigsten die Geschmacklofigkeit zugetraut, hier persönliche Verhältnisse in die Debatte zu ziehen; will der- selbe mich besuchen, so werde ich ihm den Beweis liefern, daß ich in meinem Geschäft den Grundsatz durchgefühtt habe, erst an meine Arbeiter und dann an mich zu denken. Die GehattSerhöhungen für den Bürgermeister Duncker, Kämmerer Runge und das Gehalt für den Stadtbanrath Hobrecht werden bewilligt, ebenso die Anträge de» AuS- schuffe» wegen Erhöhung de» Minimalgehalts der Stadträthe. Gegen die für den Stadlbaurath Blanckenstein beantragt« Gehaltierhöhung erklärt fich der Stadtv. H ä s e ck e, well Herr Blanckenstein erst durch eine Dotation für seine Verdienste de- lohnt worden sei. Die Stadtv. Dr. K ü r t e n und Mattern empfehlen auch diese Gehaltserhöhung, dieselbe wird bewilligt, der Etat genehmigt, ebenso die Etat» für die Kanal tsationS« werke, für dieVerwaltung der Rieselfelder, den Zentral-Viehmarkt, den Zentral-Schlachthof und die F l e i s ch s ch a u. Spezialetat Nr. 6 Gemeinde- Einkommen- st euer beantragt der Ausschuß die Einnahme auf 11 717 575 M, in Ausgaben auf 160000 M., also mit einem Ueberschuß von 11 557 575 M. festzustellen und die pro 1885/86 zu erhebende Quote der Gemeinde-Einkom- mensteuer auf 100 Prozent festzusetzen. Die Versammlung genehmigt auch diesen Etat und stellt die Gemeinde-Einkommensteuer dem Antrage de» Ausschusses gemäß fest, womit die zweite Lesung des Etats erledigt ist. In dritter Lje s u n g werden darauf ohne jede DiS- kusston die Beschlüsse zweiter Lesung bestätigt; der Etat wird definitiv genehmigt und in Einnahme und AuS- g a b e auf 51 237 267 M. festgesetzt Damit schließt die Sitzung um 10 Uhr. E» folgt eine geheime Sitzung. K o k» t e s. Nun da» Fest de» Reichskanzler» vorüber, ist eS am Platze, auf die außerordentlichen Mißstände hinzuweisen, welche eine so umfassende Absperrung der Straßen, wie fie am Dienstag Abend stattfand, im Gefolge hat. Es läßt ssch nicht leugnen. daß gerade hierdurch der einzige Mißton in die festliche Stim- mung gebracht wurde. DaS Volk hat ein unbestrittenes Reckt zur Benutzung der Straßen, nicht ohne die zwingendste Nolh- wendigkeit dürfte eS ihm vettümmett werden. Legen fich die größeren Straßenzüge, deren Benutzung untersagt wird, zwi- schen wichtige Stadttheil», dann wird die Maßregel desto schlimmer empfunden. War das Bedürfniß nach dem Fackel« zuge am Dienstag in der That ein so großes, dann hätte man ihn in eine vorgerücktere Stunde des Abends verlegen müssen, den Anfang vielleicht auf 9 Uhr festsetzen, statt den Verkehr gerade in den Stunden zu unterbinden, in welchen er am gewaltigsten zu sein pflegt. ES ist nicht nöthig, die ein- zelnen Beschwerden aufzuführen. Wer Berlin kennt, weiß. waS eS bedeutet, Alles, waS westlich von den Linden bis zum Schlosse und nördlich von der Wilhelmstraße in ihrer ganzen Ausdehnung wohnt, vom Süden und Osten abzuschneiden. Zehntausende werden durch die Absperrung in ihren DiSposttionen gehemmt, oft nicht ohne erheblichen matettellen Schaden. Denn in der Millionenstadt ist Zett Geld. ES braucht nur an Diejenigen erinnert zu werden, die ven Wunsch hatten am letzten Tage de» Quartal» ihre Woh- nungen zu verändern und die Festttraße hätten kreuzen müssen. Aber selbst wenn fich an der Bestimmung über den Zeitpunkt de» Fackelzuges nichts hätte ändern lassen, so hätte die AuS- führung der AbspcrrungSmaßregeln eine rückfichtSvollere sein können. Die Polizei hatte wohl zehnmal versucht, das Publi­kum Unter den Linden vom Fahrweg auf der östlichen Leite durch berittene Schutzleute zu entfernen. Die Att der AuS« führung solcher Anordnungen ist bekannt. DaS Pferd wird so hatt an die Reihen der Zuschauer gedrängt, daß e« schlimmsten Fallsnur" auf die Füße ttttt. Nachdem diese» Verjagen de» Publikum» eine volle Stunde immer von Neuem vorgenommen worden, eroberte fich das Volk im letzten Momente mit einem Sturmangriff die ihm vorher verbotenen Plätze, auf denen e» Niemand behelligte. Alle» verlief nun in vorzüglichster Ord- war damals noch jung,«i« mir aber in jener schweren Zeit die Kinder auf der Sttaße nachschrien und mich verspotte« ten, mein Bruder hält« einen Menschen todtgeschlaaen und käme in» Zuchthau«, da habe ich still für mich geweint, aber geglaubt Hab' ich'» doch nicht, wenn ich auch noch ei« Kind war." Grethchen," sagt« ihr Bruder, schlang seinen Arm um fie und drückte sie an sich,mein liebe«, liebe» Grttchen, und bist Du'« denn«irklich? Wie hoch aufgeschossen in der langen Zeit!" setzte er scheu hinzu. Der Vater hob den Kopf; aber jetzt hielt fich die Mutter auch nicht länger. Nein I" rief sie,wo ich jetzt sein tteue», ehrliche» Gesicht wiedersehe, wo ich e» selber au» seinem Munde höre, daß er unschuldig ist, jetzt, jetzt glaub' ich'« ihm, mag die Welt über ihn urtheilen, wie fie will; die eigene Mutter kann ihn nicht verdammen." Und von ihrem Sitz emporfahrend, warf sie sich an die Brust de» Sohne» und umschlang ihn mit ihren Armen. Meine gute, gute Mutter I" E« war eine furchtbare Zeit," flüsterte die Frau, ohne aber ihre Stellung zu verändern oder ven Kopf zu heben,al« wir die erste Kunde hörten und hier von der Polizei«in Leumundszeugniß über Dich verlangt wurde. Damals hielt Dich hier freilich kein Mensch für schuldig, selbst nicht die Polizei; aber dann, al» Benchte über Berichte kamen, da« Verhör von den Geschworenen mit all' den Zeugenaussagen gegen Dich hier sogar in den Zeitungen gedruckt wurde, so daß e» alle Mensche« lesen konnten, oh, mein allmächtiger Gott! wa» habe ich da gelitten, wa» ausgestanden, und nicht einmal au« dem Fenster wagte ich zu sehen, au» Furcht, daß ich dem Auge eine« andern Menschen begegnen könne. Und dann kam da« Urtheil sechs Jahre Zuchthaus " sie konnte nicht weiter, sondern drückte nur ihr Antlitz fest, fest an de« SohneS Brust, al» ob fie dort da» ganze au»- gestandene Elend bergen wolle. (Forts, folgt.)