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bildung genoffen haben? Gerade so sprechen Herr Eugen Richter und feine Kämpen auch, es ist also eine frappante Aehnlichkeit vorhanden zwischen den offiziösen in der Nordd" und denen des Reichsfreund". Und warum auch nicht, es herrscht ja stets eine auffallende Uebereinstimmung in beiden Lagern, wenn es gilt die persönliche Freiheit" des Arbeiters zu retten. Bei dieser Arbeit", auf diesem nicht mehr angewöhnlichen Wege hat ja immer die Aussöhnung der feindhchen Brüder stattgefunden. Mit Recht hat das offiziöse Organ oft ben Links Liberalen Den Vorwurf ges macht, daß fte untergeordnete Fragen mit einer Wichtigkeit und Großfprecheret behandeln, die in feinem Verhältniß zu dem Werth der Sache stehen, während fie für Joeale kein Verständniß hätten und nicht fäbig feien, von höberen Gefichtspunkten aus zu urtheilen. Aber wo bleibt die Logit? Gegen die Grundzüge des Schuß. gefeßes kann die Nordd." nichts einmenden, desto mehr sucht fie aber mit den der Rumpelkammer des Liberalismus ent lehnten und total verrosteten Waffen gegen einzelne Bestim mungen Deffelben anzufämpfen. So äußert fich z. B. das Blatt in Bezug auf die Arbeitsämter:„ Man braucht nämlich gerade tein großer Pessimist zu sein und kann doch zu der Meinung fommen, daß die Arbeitsämter, so wie sie in dem Antrage konstruint find, gerade in diesem Punkte fich faum jemals über pofitive Beschlüsse einigen würden." Und weiterhin: Da nun die Arbeitsämter auf Grund allgemeiner gleicher direkter Wahlen der Unternehmer und der Arbeiter aus Beiden gleich start formirt werden sollen, dürfte gerade der Arbeitsschuß ein Gebiet sein, auf welchem etwas Pofitives kaum durch dieselben je zu Stande tommen dürfte." Ferner: Rämen aber wirklich solche pofitiven Beschlüsse der Arbeitsämter zu Stande, so darf man fich nur daran erinnern, daß zwischen 100 und 200 derselben errichtet werden sollen, um ermeffen zu können, welche Bunt. scheckigkeit auf diesem für die allgemeinen Interessen so wichtgen Gebiete in Kürze Pías greifen dürfte. Berlin würde 3. B. 6-12 Arbeitsämter zu bilden haben; da, fönnte" e fich boch sehr leicht ereignen, daß in einem Hause hinsichtlich des Maßes von Arbeitsschuß ganz andere Bestimmungen gelten tönnten als in dem daneben belegenen, und das dürfte denn doch zu unerträglichen Zuständen führen." Aus diesen Ergüssen ist deutlich genug zu ersehen, daß es fich in dem beregten Artikel lediglich um Kleinigkeitskrämerei handelt. Vorläufig fint aber Diese Weiffagungen doch nur Vermuthungen des Artikelschreibers; es muß doch erst abgewartet werden, ob hie und da nach Einführung des Gesetzes fich ein Uebelstand herausstellt. Weiß denn das genannte Blatt nicht, wie man die Gefete behandelt, welche nach ihrer Einführung fich als fehlerhaft erweisen? Nun dann wollen wir es dem gelehrten Blatte sagen: Man verbessert ste!" Und was würde mit dem Arbeiterschußgefeß geschehen, wenn es Lüden aufweisen sollte? Antwort: Dann wird es verbeffert!" Ist der Nordd." das flar? Doer glaubt das Blatt, daß, da die Möglichkeit nicht ausgeschloffen ist, wenn sich nach Einführung des Gesezes irgend ein Mangel in demselben herausstellt, der Entwurf auf diese Muthmaßung hin abgelehnt werden muß? Nun, dann wird überhaupt fein Gesez mehr geschaffen werden fönnen, denn solche Gedanken finden in Hinblick auf jeden GesezEntwurf Raum.
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Lokales.
Die Verlegung der Rathswaage aus dem gegenwärtig im Abbruch begriffenen früheren Arbeitshause nach dem nebenbei am Alexanderplay belegenen neu errichteten Gebäude wird voraussichtlich erst am 1. Mai d. J. erfolgen fönnen. Es ist aus diesem Grunde auch bereits gestern der von dem Unternehmer flott betriebene Abbruch an diesem Theile des Arbeitshauses inhibirt worden. Die Verlegung der Nathswaage nach ihrem neuen Domizil bezw. die Herausnahme der eisernen Bestandtheile und die Wiederanbringung derselben in dem neuen Lokale wird etwa 8 Tage in Anspruch nehmen, auf welchen Zeitraum die Waage gefchloffen bleibt. Jezt ist man mit der Anbringung der aus Wellblech konstruirten eisernen Ueberdachung für die neue Rathswaage beschäftigt.
b. Kahle Oftern, wie dies Mal, haben wir seit langen Jahren nicht gehabt. Der gestrige Gründonnerstag trug seinen Namen mit Unrecht. Kaum, daß sich an besonders geschüßten Stellen ein paar Blattknospen hervorragen. Die Bäume stehen winterlich kahl da und ein rauher Ostwind fegt durch die Straßen.
b. Aller Art Kleinstädtische Sehenswürdigkeiten durch ziehen jezt mit ihren unförmlichen, gelben, grünen und rothen, mit Riesen Inschriften bemalten Gefährten die Stadt nach Süden und geben sich auf dem Terrain der verfloffenen schwedischen Eisbahn ein Rendezvous. Eine echte und rechte Vogelwiese soll zu den Festtagen daselbst eröffnet werden. So ein bischen Kleinstadt hat für den Berliner , der dazu nach Dresden und Leipzig reift, etwas Anziehendes. Eine ganze Wagenburg ist auch bereits hinten auf dem Blag: aufgefahren, und schon fangen fich Gaffen jener grotest bemalten Buden zu
den man einem lieben Tobten als lezte Ehre ange beihen läßt.
Andächtig stand Strahlenau neben dem Sarge und betrachtete die Züge des entschlafenen Freundes und Verwandten.
Amberg stellte sich auf der anderen Seite neben den Sarg.
Mein lieber Freund Strahlenau," sagte er, sich an biesen wendend ,,, es freut mich zu hören, daß mein Bruder ohne schweren Kampf ruhig entschlafen ist... Wie steht's mit feiner Hinterlassenschaft? Hat er ein Teftament gemacht?"
Mehrere Tage vor seinem Tode," antwortete Strah lenau unangenehm berührt durch diese profane Frage in einem folchen Augenblick.
,, Und der Inhalt des Testaments? It's dabei ge blieben, daß Räthchen die Hälfte erhalten hat?"
Diese Frage würde am schicklichsten gethan, nachdem die irdischen Refte Ihres Bruders der Erde übergeben find," verfette Strahlenau ernst und nachdrücklich.
Nun freilich, freilich, Sie haben Recht; indessen da ich dabei intereffirt bin, und von den Vorgängen hier nichts weiß, fo werden Sie meine Neugierde verzeihlich finden; man will doch wissen, woran man ist."
,, Er hat sein Testament so eingerichtet, wie er es einrichten mußte, ohne ein Unrecht zu begehen," war Strah lenau's Antwort. Räthchen ist Universalerbin!"
Was?!" fchrie Amberg so laut, daß er selbst über seine Heftigkeit erschrat.
Die leeren Wände des Zimmers widerhallten seinen Ruf, der wie eine Entweihung des Todesschweigens in diesem Zimmer erflang.
Was, Käthchen Univerfalerbin?" fuhr er in etwas milderem Tone fort. Und wir? Ich nichts?"
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Laffen Sie diesen Gegenstand," antwortete Strahlenau. Ich bin nicht in der Stimmung, mit Ihnen darüber zu sprechen, und Sie werden wahrscheinlich in diesem Hause Niemand in der Stimmung finden... Es ist ja bei Eröffnung des Testaments noch Zeit genug, Ihr Mißfallen über Ihre getäuschte Hoffnung auszusprechen."
bilden an, beren schreiende Inschriften: Mechanisch- historisches Welttheater"," Die weltberühmten Automaten" u. s. w. in so grellem Widerspruche mit ihrem Inhalte stehen. Mitten in der Gaffe steckt ein Wagen- Ungethüm im Sande feft, und 8 Pferde müssen vorgelegt werden, um es berauszubringen. Ringsum hört man den unverfälschten Bliemchen Dialekt, denn Sachsen , bas Eldorado der Vogelwiesen, hat das Haupt Kontingent der ,, Künstler" geftellt. Und auch die militärisch fiskalischen Pläge an der Pionierstraße bedecken fich noch dichter, als bisher, mit Schaubuden .
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In dem letzten türkischen Reichsanzeiger ist zu lesen: Se. M. der Sultan hat gnädigst geruht, dem Direktor der Nordd. Allg. 3tg." und Herrn Mosse, dem Direktor des Berl. Tagebl.", die dritte Klaffe des hochangesehenen Medchidie Drdens zu verleihen." Dem Verdienst seine Krone!
N. Die ersten Störche zeigten fich gestern früh in unserem Nachbarorte Rigdorf. Dieselben freiften um genannte Zeit über der Vereinsbrauerei umher und wandten von hier ihren Flug in der Richtung nach Schöneberg .
a. Der seit nahe an zwei Jahren steckbriflich wegen betrüglichen Banterotts verfolgte Kaufman Köhler ist von der Kriminalpolizei gestern, in der Wohnung von Ver wandten in der Dennewigstraße versteckt, ermittelt und vers haftet worden. Köhler hatte Ende des Jahres 1882 und Anfang 1883 ein Bigarrengeschäft an der Ede der Neuen Wilhelmund der Dorotheenstraße betrieben und durch die falschen Vorspiegelungen woblbabend zu sein und furz vorher eine Erbschaft von 54,000 Mt. gemacht zu haben, einen umfangreichen Kredit erhalten. Mitte April 1883 entfloh Röhler unter Burüdlaffung seiner jungen Frau und zahlreicher Schulden. Auf die Anzeige der geschädigten Gläubiger wurde gegen K. das Strafverfahren wegen betrüglichen Banket otts eingeleitet, welches jezt nach seiner Festnahme weitergeführt werden wird.
N. Ein Renkontre, das einer der Oberwärter der König lichen Neuen Charitee mit Namen Beliz mit einem in der Charitee internirten sogenannten wilden Mann vor einigen Tagen gebabt, ist für denselben jest sehr verhängnißvoll ge worden. B. war von dem Jrrfinnigen ohne irgend welche Veranlassung Ende vorigen Monats in den Mittelfinger der rechten Hand gebissen worden, die Verlegung nahm jedoch einen so ungünstigen Heilverlauf, daß am vorgeftrigen Tage zu einer Amputation des Fingers geschritten werden mußte. Der Heils prozeß ist ein derartig ungünstiger, daß man ärztlicherseits befürchtet, auch die Hand noch abnehmen zu müssen.
Ein
Grenzabenteuer eines Berliner Fabritanten. hiefiger Maschinen- Fabrikant hatte vor einiger Bett einem an geblich in Aachen wohnenden Buchdrucker auf dessen Bestellung eine Preffe im Werihe von 1200 Mart geliefert. Der Be steller, ein wegen Betruges steckbrieflich verfolgter Mensch, wohnt eber in dem benachbarten holländischen Orte Vaals, wohin er die Breffe in Sicherheit brachte. Anstatt der Ber zahlung erhielt der Fabrikant nur höhnische Briefe, welche ihn zu einem Verfuch der Selbsthilfe veranlaßten. Er fam nach Aachen und fuhr von dort in Begleitung seines Sohnes und einiger handfefter Dienstmänner nach Vaals, um den bösen Schuldner gewaltsam über die Grenze auf preußisches Gebiet und damit in den Bereich der strafer den Gerechtigkeit zu bringen. Es glückte, ohne Aufsehen zu erregen, in die Woh nung des Buchdruckers einzubringen, er wurde gefnebelt und follte, wie die R. 3." melbet, eben in die vor der Thür haltende Droschte getragen werden, als durch sein gellendes Geschtei nicht nur die Nachbarschaft, sondern auch die in Vaals ftationirte Gendarmerie herbeicilte, welche den Bedrängten bes freite, den Fabrikanten mit seinem Sohne dagegen festnahm und am nächsten Morgen gefesselt nach Diaastricht brachte, wo die Angelegenheit noch ein schlimmes gerichtliches Nachspiel haben wird, da das holländische Gesez widerrechtliche Freiheitsberaubung mit strenger Strafe bedroht. Die Dienstmänner, sowie der Kutscher hatten beim Herannahen der bewaffneten Macht Reißaus genommen, es gelang ihnen, die Grenze zu er reichen und sich in Sicherheit zu bringen.
N. Ein sehr beklagenswerther Unglücksfall trug sich am gestrigen Tage in dem benachbarten Brig zu. Ein bei dem dort wohnenden Bauernguts befizer D. in Dienst stehender Arbeiter Waffel war bier mit Dungaufladen beschäftigt, als plöt lich einer der auf dem Wagen stehenden Arbeiter eine Heugabel fallen ließ, die den untenstehenden W. so unglücklich traf, daß ihm die eine Hand vollständig zerfleischt wurde. W. mußte fo fort nach Anlegung eines Nothverbandes in die Kgl. Charitee geschafft werden.
N Unbekannter Mörder. Ein unbekannter, anscheinend ben befferen Ständen angehöriger Mann, wurde, wie uns nachträglich berichtet wird, Anfangs dieser Woche von Vergnügungszüglern im Grunewald als Leiche aufgefunden. Außer mehreren ührschlüffeln und neunzig Pfennigen baares Geld, wurden bei Der Leiche keinerlei Werthgegenstände vorgefunden. Da in der Nähe der Leiche eine kleine Glasflasche lag, welche anscheinend Byantali enthielt, so wird angenommen, daß der Unbekannte seinem Leben burch Gift ein Ende gemacht bat. In einem niedrigen Schwarzen Filsbut, der bei der Leiche lag, stand der Name Die Leiche ist D. Czernewsky, Berlin , Frankfurterstraße 21. Die Leiche ist
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Der Merger, daß ihn auch diese Hoffnung getäuscht hatte, veranlaßte Amberg , fich auf sein Zimmer zurück zu ziehen, um seinen Verwandten nicht seinen Groll und feinen Merger zu zeigen, und um selbst die nöhtige Samm lung wiederzufinden und mit sich selbst zu Rathe zu gehen, wie es möglich sei, dennoch wenigftens etwas zu retten. In seinem Zimmer schritt er, die Hände auf dem Rücken gefreuzt, geräuschvoll auf und ab, den Kopf gesenkt nicht vor Schmerz gebeugt, sondern in Nachdenken vers funten. Es war bereits sehr spät, als er sich zur Ruhe begab. Am andern Morgen hörte Amberg von dem Dienstmädchen, das ihm den Kaffee brachte, daß Frau Amberg die ganze Nacht an dem Sarge ihres Gatten gewacht habe. Sie sei von dem Sopha, in welchem sie gesessen, nicht auf geftanden. Die Thüren zu den Nebenzimmern seien geöffnet gewesen.
Es sei das Schlimmste für sie zu fürchten; sie sei in ihrem Schmerze dem Wahnsinn nahe. Keine Bitte ihrer Geschwister, der Frau Elsler und ihrer Schwägerin Bertha, hätten sie vermögen fönnen, sich eine Stunde Ruhe zu gönnen.
Amberg schaute verdrießlich darein. Ein solches Uebers maß von Schmerz hatte er bei Räthchen nicht erwartet.
Der nächste Tag verging mit Vorbereitungen zu der morgenden Leichenfeier. Strahlenau, Bertha und Frau Elsler hatten die nothwendigen Vorbereitungen über
nommen.
Käthchen, die sonst so sorgfältige und überall ein greifende Hausfrau, sie war jetzt für dergleichen Dinge unfähig. Sie fonnte sich um nichts fümmern; es war ihr ja Alles gleichgiltig.
Amberg wurde es unter folchen Umständen immer unheimlicher im Trauerhause; am liebsten wäre er sofort ab gereift. Der Schicklichkeit halber mußte er jedoch dem Sarge feines Bruders folgen. Als der Sarg in die Gruft gesenkt feines Bruders folgen. Als der Sarg in die Gruft gesenkt und die Leidtragenden zum Trauerhause zurückgekehrt waren, verabschiedete er sich sogleich, um mit der nächsten Gelegen heit nach Neustadt zurückzukehren. Seine Pläne in Bezug auf die Erbschaft seines Bruders waren vollständig ge
fcheitert.
bebufs eventl. Rekognosairung nach der Leichenhalle in Ruhleben geschafft worden.
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Polizei Bericht. Am 1. b. M. früh sprang eine Frau am Rottbuser Ufer in den Landwehr- Kanal, wurde jedoch her ausgezogen und nach dem Büreau des 54. Polizeis Reviers ges bracht, wo sie sich sehr bald wieder erholte. Nach kurzer Zeit verlor fie jedoch wieder das Bewußtsein, so daß fie nach der Charité gebracht werden mußte. Um dieselbe Beit versuchte ein Dienstmädchen in der Mödernstraße fich mitteist eines Glass scherbens die Pulsader des linken Armes zu durchschneiden, sein Vorhaben wurde jedoch noch rechtzeitig verhindert, so daß es nur geringe Verlegungen davongetragen hat. Nach Anlegung eines Nothverbandes wurde das Mädchen nach der Charité gebracht. An demselben Tage Vormittags wurde ein Mann in seiner in der Prinzen- Allee belegenen Wohnung an der Klinke der Stubenthür erhängt vorgefunden. Die Leiche wurde nach dem Obduktionshause geschafft. Am Mittage desselben Tages wollte ein Mann am Morigplaß einen in der Fahrt befindlichen Pferdebahnwagen an dem durch das Gitter abgesperrten Borderperron besteigen, glitt hierbei jedoch ab und wurde über den linten Fuß gefahren und so verlegt, daß er nach der Charité gebracht werden mußte. Um dieselbe Beit wurde im Landwehrkanal unweit der Wiesenbrücke die Leiche eines Mannes, später als die eines Arbeiters, am Rottbuserdamm wohnhaft, ermittelt, angeschwemmt und nach dem Obduktionsbause gesaafft. An demselben Tage Abends fiel ein zwölf Jahre alter Knabe in der Hornstraße während der Fahrt von einem unbeladenen Möbelwagen, wurde überfahren und erlitt dabei einen Bruch beider Unterschenkel. Er wurde nach der Charité gebracht.
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Gerichts- Zeitung.
Der erste Fall eines Vergehens gegen das Dynamitgeset gelangte gestern gegen den Kaufmann und Bergwerkbefizer Heinrich Ludwig Fischer vor der zweiten Straflammer hiesigen Landgerichts I. zur Verhandlung. Der Angeklagte hat behufs Sprengung von Felsen in seinem im Harz belegenen Bergwerk Bündhütchen aus Knallquecksilber vorräthig, und wurden solche bei ihm Grund des im vorigen Jahre emanirten Dynamit gefezes am 24. Oktober v. J. beschlagnahmt. Aber bereits unterm 29. deffelben Monats sandte das Polizei Präfidium die beschlagnahmten Bündbütchen als völlig ungefährlich an den Angeklagten zurüd. Im Februar d. J. erfolgte indeß die Beschlagnahme dieser Bündhütchen von Neuem, und auf Grund des vom gerichtlichen Epemiler Dr. Bischoff erstatteten Gutachtens, daß das zu den Zündhütchen verwandte Material unbedingt den Begriff des im Gefeße bezeichneten Sprengstoffs ausmache, die Erhebung obiger Anklage. Der Vertheidiger des Angeklagten Rechtsanwalt Felix Kauffmann beruft fich auf das Gutachten verschiedener auswärtiger Sachverständigen und auf eine amtliche Auskunft der Polizeibehörden zu Hannover und Königsberg , daß das fragliche Material nicht zu dem im Dynamitgesetz bes zeichneten Sprengstoff gehöre. Da ein gleicher Stoff zu Knall bonbons verwendet werde, so würde auch der Befit solcher nach dem Dynamitgeset strafbar sein, und die Annahme einer folchen Möglichkeit erscheine geradezu absurd. Dr. Bischoff wiederholt sein Gutachten und weift darauf hin, daß durch den Bundesrathsbeschluß vom 13. März cr. Knallbonbons u. dergl. Gegenstände wegen der minimalen Quantität des verwendeten Sprengstoffes freigegeben worden sind. Der Staatsanwalt beantragte das niedrigste Strafmaß von drei Monaten Ge fängniß, der Berichtshof beschloß, zunächst durch den Dr. Bischoff die Quantität des Bündstoffes genau, feststellen zu laffen und demnächst die von dem Bertheidiger beantragten Gutachten einzufordern.
Eine vom hiesigen Schöffengericht ausgesprochene Ver urtheilung wegen Diebstahls, die bei ihrem Bekanntwerden mit Recht das peinlichste Aufsehen erregte, erfuhr nach der gestern in der Berufungsinstanz vor der sechsten Straffammer hiesigen Landgerichts I stattgehabten Verhandlung die allgemein erwartete Korrektur. Der Schlächtermeister Otto Hering, ein notorisch wohlhabender Mann, der bei der Viehhofsbant stets hohe Geldbeträge deponirt hat, faufte am 7. September v. J. von dem bei dem Vichkommissionär Keiler angestellten Ver täufer, Buchhalter König, 39 Stück Schweine, die in dessen Beisein sofort ,, angeschnitten" worden find. Hering machte hiervon jeinem Treiber Robolski mit dem Auf trage Mittheilung, Die getauften Schweine am Nachmittag aus Der Keiler'schen in feine eigene Bucht treiben zu laffen. Diesen Auftrag führte Novoleti auch anstandslos aus und ließ Hering auf seine Meldung, daß die Schweine sehr schlecht auf den Beinen seien, 8 Stück davon noch an demselben Abend schlachten. Als König, der in der Meinung war, die Schweine gegen sofortige Bezahlung verLauft zu haben, dieselben am andern Morgen in der Herings schen Bucht vorfand, ließ er durch seine Leute die noch vor handenen 31 Stüd Schweine nach der seinigen zurücktreiben und stellte an den Robolski das Verlangen, daß beffen Meister felber zu ihm fomme, widrigenfalls er die Sch peine auf deffen Rechnung und Gefahr anderweitig verkaufe. Hering erklärte
Vierzehntes Rapitel.
Obwohl der Weg von Bethesda nach M'Donuil nicht mehr als eine Tagereise betrug, so brauchten doch Habicht und sein Freund, der Doktor Frig Rodenburg, zwei Tage, um denselben zurückzulegen. Die Wege waren verschneit und zum Theil unpassirbar.
Der Winter in Schottland war dieses Jahr schnell und mit besonderer Heftigkeit aufgetreten. Der aufgeweichte Boden war gefroren und mit tiefem Schnee bedeckt, so daß für Fuhrwerke und Reiter die größte Gefahr vorhanden war, jeden Augenblick in den hart gefrorenen Tiefen steden zu bleiben.
Die beiden Reifenben übernachteten in Inverneß und setzten erst am andern Morgen ihre Reise fort.
Es war bereits am Nachmittage. Die Sonne stand nicht mehr gar hoch über dem Gipfel des Assyntgebirges, als sie den Saum des Waldes zu Gesichte bekamen, der die Grenzen des Gebietes von M'Donuil bezeichnet.
Die beiden Reisenden waren bicht in ihre Belge ge hüllt. Habicht blies durch den emporgeschlagenen Kragen feines Mantels die dichten Rauchwolten seiner Pfeife und beschrieb seinem Freunde die Eigenthümlichkeiten des Ges bietes, durch welches sie fuhren, und machte ihn auf diesen oder jenen bemerkenswerthen Gegenstand aufmerksam, nannte ihm den Namen dieses oder jenes Dorfes, dessen Kirchthurm man von fern erblickte, oder machte ihn aufmerksam auf biefe oder jene verfallene Hütte, die dort zwischen den Schluchten im Buschwert versteckt, zuweilen fichtbar wurde.
Bu der Zeit," erklärte er ,,, als der Schmuggel hier noch lebhaft betrieben wurde, dienten diese Hütten, die zum Theil weiter nichts sind als Höhlen, die man mit Pforten verfchloffen hat, den Schmugglern als Schlupfwinkel. Hier speicherten sie ihre Waaren auf, und von hier aus wurden diefelben an den Drt ihrer Bestimmung transportirt."
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Die Gegend ist dazu geeignet," erwiderte Friz, benn abgesehen davon, daß es schwierig ist für die Bolljäger die Defraudanten bis hierher zu verfolgen, fie in diefen Gegenden aufzufinden, so haben sie ja auch von hier bie allerbeste Gelegenheit zu entweichen. ( Forts. folgt.)