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Freitag 12 Juni 1885
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Berliner Volksblatt.
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Organ für die Interessen der Arbeiter.
Das Berliner Volksblatt"
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Abonnementspreis für
fcheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Berlin frei in's Baus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Pf. Boftabonnement 4 Mr. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)
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1808
Redaktion: Beuthstraße 2.
Die Niederlage des Deutschthums
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Es kann in der That nicht unsere Absicht sein, in das Bejammer verschiebener liberaler Blätter einzustimmen, belche die Niederlage des österreichischen iberalismus bei den jest vollendeten Reichsraths wahlen als ein großes Unglück für Defterreich hinstellen. Wir wissen allzugut, wie sehr der österreichische Börsen. liberalismus gefündigt hat, wir wissen, daß Gründerthum und Rorruption seiner Beit bis in die Ministerreihen ge brungen sind und wir wissen ferner, daß auch der öster reichische Liberalismus, wie der Liberalismus überall, iros feines Namens unbulbsam ist.
Besonders aber find seine Unterlassungsfünden gegen bie Arbeiterklaffe hervorzuheben. Nicht ein Gesez ist unter ber liberalen Hera in Desterreich entstanden, welches auch nur den Anschein hatte, für die Arbeiter etwas Gutes wollen. Lediglich richtete die Gesetzgebung unter der liberalen Hera( Bistra, Herbst und Genossen) ihr Augenmert auf Entfeffelung des Kapitalismus, auf die erhöhte 400 Melusbeutungstraft desselben.
Auszahlung aliche
Die Arbeiter lönnen um so mehr mit verschränkten Alle Gin Armen der Berstörung des österreichischen Liberalismus Die Lohm usehen, da unter der jegigen konservativen Regierung in mg ferm Desterreich wenigstens Anläufe zu einer Arbeitergesetzgebung um Abbrud gemacht werden, die immerhin noch zu einigen Erfolgen thren können.
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Weshalb wir aber die Niederlage des österreichischen beralismus darnach mit sehr getheilten Empfindungen trachten, weshalb wir dieselbe trotz allebem faft beMagen?
Die Sieger sind es, die uns noch Deniger gefallen, als die Besiegten!
Wohl find uns die Börsenliberalen bis in die innerste Seele zuwider, doch wissen die Leute wenigstens noch nigermaßen den äußern Schliff zu bewahren, während die bie österreichischen Antisemiten, noch um einige Grade roher als die Berliner Stöderianer, ebenso torrum pirt wie die Liberalen, nur noch etwas verächtlicher er
Sieger
deinen.
So ist es kaum zu begreifen, daß anständige konser bative Blätter in Deutschland die Erfolge einer solchen Gelellschaft bejubeln können; das sollten fie doch füglich dem Reichsboten" überlaffen. Aber nicht an die
Insertionsgebühr
भी
beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Pr Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Simmerstraße 44, sowie von allen Annoncen Bureaux , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.
Expedition: Bimmerstraße 44.
தியம்
Wie dabei deutsche Blätter die Niederlage der Liber ralen bejubeln fönnen, das ist geradezu unbegreiflich
Deutschland , Deutschland über alles" hört man gegegenwärtig in allen tonservativen Kreisen fingen oder auch brüllen und dabei freut man sich über Soweit bie die Siege der Slaven und Eschechen. beutsche Bunge lingt" heißt es dann weiter und man überliefert leichten Herzens die deutsche Sprache an Cichechen und Stlaven.mmdir
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Und Jeber, der anderer Meinung gegenwärtig ist, als die konservative deutsche Regierung, der wird sofort als ein Vaterlands verächter, ein Antinationaler hingestellt. Aber, bles um dem konservativen Parteigebanten zu fröhnen, lebiglich aus reaktionären Gelüften jubelt man in den lonfervativen Rreisen im Deutschen Reich den Siegen der Tschechen und Slaven zu und macht Front gegen beutfche Sprache und deutsches Wesen!
Das ist ein deutliches Beichen, daß die alte Neaktion in Deutschland wieber erwacht ist, die ein Dimük bejubelte und die deutsche Nation unter das Joch des Russenthums beugte!
Dber ist es etwa nicht wahr, daß in Böhmen , Mähren und Siebenbürgen bas Deutschthum immer mehr zurück gedrängt wird wohl fämpfen unsere Stammesgenoffen jenseits des Deutschen Reiches Grenze noch muthig gegen die jenseits des Deutschen Reiches Grenze noch muthig gegen die deutsch feindlichen Gewalten, aber immer mehr verlieren fie an Terrain. In diesem Kampfe aber werden fie natürlich noch muthlos gemacht, wenn sie Stimmen aus dem Deutschen Reiche vernehmen, welche fich über die Wahlfiege ihrer Feinde freuen.
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siebung derselben folgende Mittheilungen: Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß 48 Prozent der ange führten jugendlichen Berbrecher theils halb. beils ganalich verwaist waren; von diesen allen find aber nur 9 Prozent in einem Waisenhaus erzogen wor den. Bei 75 Prozent der erwähnten jugendlichen Gefan genen waren anormale Familienverhältnisse au Tonftatiren." Wem gehen da nicht die Augen auf über die Ursachen, welche Schuld an der Berwilderung der Jugend tragen, welche Verbrecher erzeugen? Das jugendliche Gemüth i empfänglich für die Eindrüde, welche ihm aus seiner Um gebung werden; es ist daher ganz erklärlich, daß ein Kind, welches täglich schlechte Beispiele fteht, fchließlich selbst einen schlechten Charakter erhält. 75 Prozent, also dreiviertel aller iugendlichen Verbrecher, batten teine gute Erziehung und 48 Prozent waren theils ganz, theils balb ver waist! Daß auch bei letteren vielfach die gute Erziehung gefehlt haben
wird, it als ficher anzunehmen; denn fehlt der
Bater, so mangelt so mangelt es der Wittme in den meisten Fällen an Dem Nöthigften Jum Lebensunterhalt; ble Kinder werden im zartesten Alter zum Mitverdienen und einen Schritt und der Verbrecher ist fertig. Und fehlt dem Rinde die mütterliche Erziehung, so wird es da der Vater in den meisten Fällen seinem Erwerb nachgehen muß, ebenfalls in feiner Erziehung vernachläffigt werden und daher leicht auf schlechte Wege gerathen. Was muß also geschehen, um der Berwahrlosung der Jugend nach Möglichkeit vorzubeugen? Der Referent empfiehlt: Strengere Bucht der Eltern, Bedung des Gemüthslebens, chriftliche Erziehung, öffentliche Belehrung des Volkes, damit es mitwirken tönne bei der Erziehung der Jugend. Ferner meint derselbe, daß eine turaseitige Be ftrafung nur in Ausnahmefällen zu beffern vermöge und daß baber in das Strafgefeßbuch eine Bestimmnng aufzunehmen fel, welche die Unterbringung oftmalig bestrafter jugendlicher Personen in Erziehungs- oder Befferungsanstalten zuläßt, für rudfällige jugendliche Verbrecher aber vorschreibt. Bur Dis
im Falle der Noth auch zum Betteln angehalten. Dann noch
Unser Wunsch ist also gerecht, um so gerechter, als er Leute trifft, welche ben Patriotismus für sich allein ge= pachtet zu haben vorgeben; Leute, welche das Urbeutschthum täglich im Munde führen und jeden, der nicht femmel- ziplin halt Redner bie törperliche Büchtigung für blondes Haar hat, mit beleidigenden Blicken anschauen.
Es ist in der That bezeichnend, daß ein Arbeiterblatt folche Leute zuerst zu guten Sitten und zum Deutschthum ermahnen muß.
Politische Webersicht.
Ueber eine am 3. d. Mts. in Berlin stattgefundene Konferens für das Gefängnißwefen brachten wir in der Nummer 129 unseres Blattes einen längeren Bericht, welcher im Wesentlichen ein von dem Gefängnißlehrer Golling auf Dieser Konferens gehaltenes Referat über die Berhält. nisse der jugendlichen Gefangenen" enthält.
Jaben die Deutsch - Liberalen Desterreichs verschiedene Size Die Wichtigkeit des Themas und die von dem Referenten an Derloren, sondern die meisten an die geschworenen Gegner geführten Thatsachen veranlassen uns, noch einmal auf diesen deutschen Wefers, deutscher Kultur, an Eschechen und
Glaven!
681
verboten.]
bote] Feuilleton.
*
Im Eckfenster.
Roman von Friedrich Gerstäder.
( Fortſegung.)
-
daß sich die jugendlichen Verbrecher besonders aus großen InDuftriezentren refruttren, machte er über die Herkunft resp. Er
tam ibm nämlich gar zu räthselhaft vor; er wußte babei genau, daß der Hauptmann noch nie eine gute Meinung von Rauten gehabt, und war es da denkbar, daß er sich fchon heute Morgen, mit der Szene von gestern Abend noch frisch im Gebächtniß, hätte auf solche Weise mit ihm befreunden sollen? Und doch konnte er fich das nicht wegs Dann muß er vielleicht eine unangenehme Nachricht leugnen, da er es mit eigenen Augen gesehen. Was war erhalten haben, denn schon wie ich ihn fand, heute Morgen, also inzwischen vorgefallen, um solch eine Henderung bei gien er mir bald gebrüdt und niedergeschlagen, bald glitt ihm hervorzurufen? in Auge unruhig umber, als ob er irgend Jemanden luche. Er war heute Morgen bei mir."
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Cine
" Dürrbed?"
Klingenbruch war auf seiner eigenen Treppe in Gebanten stehen geblieben, wer in aller Welt fonnte ihm darüber Aussituaft geben? Bielleicht brüben im Rafé? Aber er hatte bort teinen einzigen seiner Bekannten gesehen, und je mehr er barüber nachgrübelte, desto mehr verlangte ihn nach einer Erflärung. Selbst Rauten war so auffallend lebendig ge wesen, was sonst gar nicht in feiner Natur lag. Soute ihn nur der Champagner fo aufgeregt haben? Das ließ fich doch nicht gut denken.
" Ja, fand mich aber nicht zu Hause, und wir trafen nachher auf der Promenade. Er flagte mir da schon, er fich nicht wohl fühle, und ich schlug ihm vor, hier Flasche Champagner mit mir zu leeren, was er auch
nabm."
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Merkwürdig," fagte Klingenbruch, der an den gestrigen und die Aufregung dachte, in der sich Dürrbed be
ben, und daß er ba jest schon wieber so freundschaftlich mit dem Grafen, mit dem er nie intim gewesen, verkehren folle, lam ihm ganz eigenthümlich vor.
Nehmen
Sie Ihr Glas, Herr Oberstlieutenant ," rief
Rauten, der Frühling foll leben!"
Klingenbruch warf einen Blick nach Dürbed's Glas
Er brehte sich noch einmal auf der Treppe um und schritt in das Rafé zurüd; wenn Niemand weiter, konnte er wenigftens bas Buffetmädchen fragen, ob sie etwas Auf fälliges an den beiden Herrn bemerkt habe und irgend eine Szene im Rafé felber stattgefunden. Es ging ihn freilich nichts an, aber er war doch selber neugierig ge worden. worden. as of ning allujaads
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Drüben im Edfenster" war das Lokal fast leer. Nur der Eden die Zeitung. d
wollte auch nicht unhöflich gegen den Grafen sein und zwei Herren spielten Domino und ein Dritter las in einer
That ihm deshalb Bescheid. Navten schien aber dafür ber Bein befto beffer zu munden, und er war auch heute ges prachiger, als ihn Klingenbruch noch je gesehen. Ja, er
sib Das Fräulein war beschäftigt, das gebrauchte Geschirr wieder zu reinigen und wegzustellen. Klingenbruch, um Glas Liqueur einschenten, und als es ihm die junge Dame
Bigte fich faft ausgelassen mit bem Fräulein", mit dem nicht birekt mit der Thür ins Haus zu fallen, ließ sich ein
Hot
nöthig und den 8wang zu regelmäßiger Arbeit für unbe Dingt erforderlich. In der Debatte über diesen Vortrag wurde der Wunsch ausgesprochen, Befferungsanstalten für ver wahrlofte Knaben durch frete Liebesthätigkeit zu errichten und betont, daß iugendliche Verbrecher nur im drin genden Falle in ein Straf oder Unters fuchungsgefängniß gesperrt werden mögen. Schließlich kam man babin überein, die Vorschläge des Refe renten dem Bentralausschuß für Innere Mission au weiterem praktischen Handeln zu überweisen. Sind die Vorschläger aber in Wirklichkeit geeignet, der Verwahrlosung der Jugend au steuern? Wir müssen das verneinen! Das was der Referent empfiehlt, ist zum Theil recht beherzigenswerth, aber nicht ge eignet, die Hauptursachen der Verrohung zu beseitigen. Diese müffen aber beseitigt werden, wenn etwas erreicht werden soll. Einige Vorschläge erscheinen uns sogar verderblich, fo die langzeitige Bestrafung und die törperliche Büchtigung. Ist der jugendliche Mensch bereits zum Berbrecher
-
So? in der That; aber die beiden Herren vorher hatten bier feinen Streit zusammen, wie?"
Streit? Gott soll mich bewahren!" sagte das Fräulein; fie tamen ganz vergnügt hier herein und haben nur eine Flasche Champagner ausgewürfelt, weiter nichts. Ausgewüsfelt?" dies
" Ja, gewiß. Das geschieht ja hier oft genug." bod " Und wer hat verloren? " Der Herr Graf." gid
-
" Graf Rauten? Hm," sagte Klingenbruch er war 1 jetzt erst recht fonfus geworden, trant feinen Liqueur aus, zahlte und ging bann langsam und nachdenkend wieder in seine eigene Wohnung hinüber.
Der erste Verdacht.
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Dben an seinem Edfenster stand Notar Püfter und sol schaute auf die Straße hinab, das heißt: er hielt den Blick bahin gerichtet, fab aber wirklich gar nichts, was ba unten vorging, als nur vielleicht vorüberziehende Gestalten, die i wie in einem Schattenspiel wechselten, ohne daß er im Stande gewesen wäre, ihnen eine bestimmte Form abzugeorg winnen.
-
Unten vorüber ging Herr Hofapotheker Semmlein unbl grüßte sehr freundlich herauf Püster starrte ihn an aber ber Guß prallte so machtlos an ihm ab, als ob eri ber nächsten Dachrinne gegolten hätte.de bi
Nebenan im Fenster lag DirektorSußmeyer, rauchte seine türkische Pfeife und räusperte fich laut, des Drgans wegen Büfter wandte den Kopf nach ihm, hörte aber faktisch das Näuspern nicht, noch sah er den Doktor; nur wie eine Feuerschein flimmerte ihm der rothe Schlafrock und das rothe Geficht vor den Augen. R Ein Gefühl hatte er aber troßdem behalten, daß der lier brehte er ben Ropf dahin. Es war augenscheinlich, daß Graf Rauten und Hauptmann von Dürrbed" aser Jemanden erwarte, bis endlich Mug eintrat und Büfter ?" Dh, Sie kennen die Herren?"" too
Die Flasche vollständig geleert und Klingenbruch dringend hinschob, sagte er freundlich: Apropos, liebes Fräulein,
Slärte, er müsse nach Hause, fland er ebenfalls auf und hatten die beiden Herren vorher, mit denen ich Aufmerksamkeit auf seine eigene Thür, und immer wieder Begleitete ihn bis auf die Straße, wo sich dann ihre Wege fprach" or ad R
reanten.
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Saus
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Klingenbruch schritt quer hinüber und in sein eigenes hinein, aber er fonnte den Gedanken an Hauptmann
Soll ich die Herren nicht kennen! Graf Routen
Darrbed nicht los werden, ben er seit langen Jahren tannte besucht uns fast jeden Tag, und im Hinterstübchen machen
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gern hatte. Sein Betragen dem Grafen gegenüber sie dann fast fiets ihr Spiel. Sie wissen ja wohl..."
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