-

Gemeinschaft mit Anderen vorsätzlich getödtet zu haben und zwar, indem er die Tödtung mit Ueberlegung Ueberlegung ansführte. Ad 2) st Ift der Angeklagte schuldig, am 19. Januar 1885 den Entschluß, einen Menschen zu tödten, durch Handlungen, welche den Anfang der Ausführung dieses beabsichtigten, aber nicht vollendeten Verbrechens enthalten, be­thätigt zu haben? Der Vertheidiger beantragt, den Ge­schworenen noch die Frage aus den§§ 49 und 139 des Straf­Gesetzbuches vorzulegen: 1) Hat der Angeklagte dem Thäter bei Begehung des Verbrechens wissentlich hilfe geleistet, und 2) Jst der Angeklagte schuldig, von einem Verbrechen zu einer Zeit, in welcher die Verhütung desselben noch möglich war, glaubhafte Kenntniß erhalten und es unterlassen zu haben, der Behörde hiervon zur rechten Zeit Anzeige zu machen. Der Staatsanwalt widerspricht dem zweiten Antrage. Der Ge­richtshof beschließt dem Antrage des Vertheidigers gemäß.

-

Alsdann nimmt noch einmal das Wort Staatsanwalt Frehsee: Meine Herren! Ich habe vorhin gesagt: Sie sollen fich Ihren Blick durch nichts trüben lassen, sondern nur objektiv prüfen. Der Herr Vertheidiger war bemüht, den Verdacht ouf andere verdächtige Leute abzulenken. Das find doch aber lediglich Vermuthungen, auf Grund deren die Strafrechtspflege nicht bestehen kann. Ich will nicht sagen, daß der Mann, der immer im Sachsenlager Nr. 1 gestanden, ein Detektive gewesen ist, allein es ist doch möglich, daß es ein Liebhaber gewesen ist. Ebenso verhält es sich mit allen anderen in verdächtiger Weise beobachteten Personen. Weiter weist der Herr Vertheidiger auf den Mann mit dem Ballonhut hin. Ja, wenn man das als Verdachtsmoment aufgreifen will, dann kann man halb Frankfurt   verdächtigen. Es kommt meiner Meinung nach gar nicht auf die seidene Müße, sondern auf den Träger derselben an. Nun bestreitet der Angeklagte nicht, eine seidene Müze beseffen, sondern er will überhaupt keine Müze beseffen haben, während uns Zeugen befunden, daß er wohl eine Tuchmüße gehabt. Ich habe nicht behauptet, daß der Angeklagte Emisfär der Anarchisten gewesen, ich halte es auch für möglich, daß durch das Lesen anarchistischer Zeitungen ze. der Fanatismus des Angeklagten einen derartigen Grad erreicht hat, daß er zu der ruchlosen That geschritten ist. Seine Mittellofigkeit spricht mithin feineswegs gegen seine Schuld; im übrigen ist bekannt, daß die Anarchisten über all­zuviel Geldmittel nicht verfügen, und es ist auch möglich, daß er nach geschehener That seinen Lohn erhalten sollte. Der Auf­enthalt in Frankfurt  , das schnelle Abreisen von hier, der Um­stand, daß er die Nacht durchwanderte, die verwundete Hand, über die er die verschiedenstensten Angaben gemacht u. s. w., sprechen in hohem Grade für seine Schuld, während der ganze Entlastungsbeweis auf Vermuthungen beruht. Ich glaube nicht, daß der Angeklagte Mitthäter gehabt, sonst hätte er sich mit diesen und nicht mit fremden Personen über die Gepflogenheiten Rumpff's unterhalten. Ich halte den Angeklagten für den alleinigen Thäter, jedenfalls aber bitte ich Sie, denselben als Mitthäter zu verurtheilen.

Vertheidiger Rechtsanwalt Dr. Fester: Der Herr Staats­anwalt sagte: Wenn wir mit Vermuthungen rechnen, dann fann das Strafrecht nicht bestehen. Vorhin sagte der Herr Staatsanwalt: Wenn Indizien nicht gelten sollen, dann kann die Strafrechtspflege nicht bestehen. Ja, das ist nicht ganz logisch, denn ein Indizium ist nichts weiter als eine Vermuthung, nur vielleicht in andrer Form. Wenn nun die Ballonmüße nichts gilt, dann gilt auch die Handverwundung nichts, denn dann könnte man noch eine ganz: Reihe von Personen verdächtigen. Der Herr Staatsanwalt sagte: Er halte den Angeklagten nicht für einen Emiffär, sondern er glaube, der Angeklagte sei durch das Lesen anarchistischer Schriffen zu der ruchlosen That veranlaßt worden. Es läßt sich doch wohl aber nicht annehmen, daß der Angeklagte, der den Herrn Polizeirath Rumpff nicht gekannt, einen solch abstrakten Haß gegen denselben fassen wird, um denselben zu ermorden? Der Herr Staatsanwalt sagte: Die Anarchisten zahlen den Lohn nach der That. Das will mir aber doch nicht einleuchten. Eine Partei, die einen Mann mit einer solchen That beauftragt, kann ihn nicht ganz ohne Geld laffen. Der Vertheidiger geht noch einmal auf die Ausführun­gen des Staatsanwalts ein und bemerkt: Ich habe nicht für die Bejahung der gestellten Unterfragen plaidirt, ich habe jedoch die Vorlegung derselben beantragt, um den eventuell Schwachen womöglich eine Brücke zu bauen. Ich will allerdings keine Schwachen, sondern will, daß das Urtheil mit voller geistiger Kraft abgegeben werde. Ich wünsche ein Urtheil, wie es nur allein vor der ewgien Gerechtigkeit bestehen kann.

als gegen den Angeklagten? Wir hören nun, daß schon im| Monat Dezember verdächtige Personen im Sachsenlager fich aufgehalten haben und daß auch am Abende des Mordes andere verdächtige Personen im Sachsenlager gesehen worden sind. Ein Zeuge hat uns bekundet, er habe am Abende des Mor des zwei Leute gesehen, von denen Einer zum Anderen sagte: Hier haben Leute Maulaffen feil, putt mich ab, damit man mir nichts ansieht. Am Abende vor dem Morde hat Herr Hauptmann v. Draberg gehört, wie ein junger Mann auf dem Main- Neckar- Bahnhof mit zitternder Stimme zu zwei anderen Leuten gesagt: Ce n'etait rien aujourd'hui, j'ai attendu j'usqu'a neuf heure Nun, es ist bekannt, daß man die Spuren des Mörders des Polizeiraths Rumpf bis nach Genf   verfolgte. Wenn man ferner in Erwägung zieht, daß der Mord ausge­führt ist zu einer Zeit, wo der Mörder sich sagen mußte: es ist kaum möglich, daß der Mord ungehindert ausgeführt wer den kann, und wenn man weiter annimmt, daß die Gegend des Sachsenlagers derartig gebaut ist, daß ein Fremder, ganz be­sonders zur dunklen Nachtzeit, sich schwer zurecht finden kann, so liegt die Annahme nahe: der Mord ist nicht von einer, sondern von mehreren Personen, und ist von langer Hand, und zwar schon im Monat Dezember, geplant worden. Den Angeklagten soll seine plögliche Abreise von Frankfurt   ver­dächtigen. Ich halte es nicht für auffallend, daß der Ange­flagte, nachdem er sich 14 Tage, ohne Arbeit zu finden, hier aufgehalten, fich wieder auf die Wanderschaft begeben hat. Im Weiteren soll den Angeklagten seine Handlungsweise in Hocken­ heim   belasten. Es ist richtig, der Angeklagte hätte nicht nöthig gehabt, zu schießen. Allein wenn wir gehört haben, in welch leichtfertiger Weise die Handwerksburschen mit dem Revolver hantieren, dann ist diese seine Handlungsweise doch wohl nicht auffallend. Daß der Angeklagte seine Verfolger erschießen wollte, halte ich nicht für erwiesen. Den Angeklagten soll außerdem sein Leugnen bezüglich des Briefschreibens in Bicken­ bach   belasten. Nun, meine Herren, bedenken Sie, wenn wir durch einen unglücklichen Zufall in einem fremden Lande, dessen Rechtszustände wir nicht fennen, in eine Anflage verwickelt werden, werden wir da nicht ebenfalls leugnen? Auch daß der Angeklagte fein Geld besessen, soll ihn belasten. Nun, es ist bewiesen, der Angeklagte war aller Geldmittel bar, er mußte feine Uhr verseßen, er hatte nicht einmal so viel Geld, um sich eine Suppe zu kaufen. Meine Herren, wenn der Angeklagte als Emiffär einer Partei gehandelt hätte, wie der Herr Staats­anwalt annimmt, hätte er alsdann nicht reichliche Geldmittel beseffen? Wir haben aus den verlesenen Artikeln der Frei­heit" gehört, daß von Anarchisten behufs Ausführung von ver brecherischen Thaten viel Geld gesammelt wird. Würden die Anarchisten einen Mann, der den Auftrag erhält, eine solche Handlung zu begehen, der sich aller Transportmittel bedienen muß, nicht mit reichen Geldmitteln versehen? Und wäre der Ange­flagte nicht ein Thor, wenn er, von allen Geldmitteln entblößt, nach Frankfurt   fäme, um hier eine solche That auszuführen? Daß der Angeklagte sich in Frankfurt   keine Arbeit gesucht, ist ihm doch nicht bewiesen worden. Die Beiseiteschaffung des Koffers fann man dem Angeklagten doch nicht zum Vorwurf machen. Vielleicht hat der Angeklagte in demselben anarchistische Schriften und befürchtete, sich dadurch verdächtig zu machen. Anfänglich stand es allgemein fest, der Mord kann nur mit einem Dolch ausgeführt sein, das Schustermesser taucht erst mit dem Schuster auf. Nun ist es aber faum möglich, daß der Angeklagte ein Schustermesser so leicht mit sich umhertragen Tonnte. Er hätte das Meffer doch höchstens in der Brust­tasche tragen können; alsdann würde das Messer aber bis auf den Hals hinausgestanden haben. Ich will die Zeugen Nau und Hüber nicht angreifen. Allein fest steht, daß Nau, der schon mehrfach mit den Gerichten zu zu thun gehabt, fich rein zu waschen weiß. Allein man kann nicht an­nehmen, daß der Angeklagte, der als Emissär einer großen Partei nach Frankfurt   geschickt ist, um eine solche That zu be­gehen, fremden Versonen derartige Andeutungen von seiner be­abfichtigten Handlung macht. Ein solcher Emissär würde sich offenbar gänzlich ruhig verhalten. Der Herr Staatsanwalt fagte: die Personen, die in verdächtiger Weise im Sachsenlager gesehen wurden, sind nur harmlose Spaziergänger gewesen. Nein, ich halte einen Mann, der im Monat Dezember allabend­lich sich in einer Weise im Sachsenlager bewegt, so daß man ihn für einen Geheimpolizisten hielt, nicht für einen harmlosen Spaziergänger. Ich halte ferner den Mann, den der Knabe Schmidt gesehen, den der Knabe Stolzenberg über den Zaun hat steigen sehen, den Herr Dr. Schümann getroffen, und die Alle mit dem Angeklagten keineswegs identisch waren, nicht für harmlose Spaziergänger. Ich halte auch die drei Herren, die Herr Hauptmann von Draberg auf dem Main- Neckar- Bahnhof gesehen, nicht für harmlose Spaziergänger. Ich muß ferner be­merken, daß ein Mann mit einem Ueberzieher mehrfach aufge­treten ist. Und wenn einer dieser harmlosen Spaziergänger", oder vielleicht der Mann mit dem Ballonhut, der am Nach mittag des 13. Januar in Gesellschaft des Nau in verdäch tiger Weise sich am Polizei- Präsidialgebäude umhergetrieben, auf der Anklagebank säße, und Lieske wäre nicht da, ich weiß nicht, was dann geschehen wäre. Der Herr Staats­anwalt warf die Frage auf: Weshalb muß es gerade Lieske gewesen sein? Ja, diese Frage stelle ich auch. Das ganze Vor­leben des Angeklagten, seine Abkunft sprechen nicht dafür. Der Herr Staatsanwalt sagte: Der Fanatismus hat dem Ange­flagten die Mordwaffe in die hand gedrückt." Nun, meine Herren, welche Beweise haben wir, daß der Mord von den Anarchisten ausgegangen ist? Einige Artikel der Freiheit"! Es ist aber bekannt, daß Most, der sich in Amerika   in Sicher­heit fühlt, den Mund sehr voll nimmt und so manches Ver­brechen als eine Heldenthat der Anarchisten bezeichnet, dem die Anarchisten vollständig fern gestanden haben. Die Freiheit" bezeichnet in ihrer jüngsten Nummer den Angeklagten als Genoffe". Nun, es ist ja möglich, der Angeklagte ist Anarchist, aber das allein spricht doch nicht schon für seine Thäterschaft. Was bürgt uns dafür, daß die Zeugen Nau, Hüber und der nicht ermittelte Keller auch Anarchisten sind? Es giebt in hiesiger Stadt vielleicht viele anarchisten, deshalb ist diesen Leuten aber doch nicht gleich ein Mord zuzutrauen. Es ist ja möglich, daß der angeklagte von dem Morde in irgend einer Weise Kenntniß gehabt hat. Allein, ich ersuche Sie, festzu­halten, daß Sie den Angeklagten nicht als Mitwisser und auch nicht der Beihilfe für schuldig erachten können. Der Ernst, mit dem Sie, meine Herren, der Verhandlung gefolgt sind, bürgt mir dafür, daß Sie nicht der bereits laut gewordenen Stimmung Folge geben werden: Ist der Angeklagte es auch nicht selbst gewesen, so rechtfertigt sich dennoch seine Berurtheilung, denn er hat dann jedenfalls dem Mörder Hilfe geleistet." Wenn Sie den Angeklagten nicht als Thäter oder Mitthäter für schuldig erachten, so fönnen Sie ein Verdickt auf Schuldig nicht abgeben. Das bisweilen etwas heftige Auf­treten des Angeklagten in dieser Verhandlung spricht keines­wegs für seine Schuld. Jeder Einzelne von uns würde viel­ähnlicher Lage ebenso handeln. Der Herr Staats­anwalt sagte: Wenn Sie nicht annehmen, der Angeklagte ist schuldig, dann stehen wir vor einem ungelösten Räthsel. Ja, meine Herren, ich theile diese Meinung, allein Sie sind nicht hier, um Räthsel zu lösen, sondern um die Wahrheit zu er forschen. Sie sind nicht die Retter des Staates, um auf alle Fälle eine Schuldigen zu ermitteln, sondern um an der Hand Der vorgeführten Thatsachen die Schuld des Angeklagten zu prüfen. So groß auch die Verdachtsmomente gegen den An­geklagten sein mögen, so ist seine Schuld in feiner Weise er­wiesen, ich beantrage deshalb seine Freisprechung.

Nach kurzer Pause verkündet der Präsident, daß der Ge­richtshof beschlossen, die Frage etwas zu ändern und zwar dahin: Ad 1) Ist der Angeklagte schuldig, am 13. Januar 1885 den Polizei- Rath Dr. Rumpff Dr. Rumpff allein oder in

-

Nach noch furzer Replik und Duplit zwischen Staatsan­walt und Vertheidiger fragt der Präsident den Angeklagten, ob er den Geschworenen noch eine Aufklärung geben wolle? Angefl.: Ja, ich bin am 13. Januar von Frankfurt   fortgegangen und habe erst später von dem Rumpff'schen Morde gehört, ich bin im Uebrigen daran vollständig unschuldig. Daß ich nicht genau weiß, in welchen Orten ich übernachtet, können Sie mir nicht übel nehmen, ich habe mir das nicht so genau gemerkt. Der Präsident giebt den Geschworenen hierauf die nöthige Rechtsbelehrung, worauf sich dieselben gegen 2%, Uhr Nachmittags zur Berathung zurückziehen.

Gegen 34 Uhr Nachmittags fehren die Geschworenen von der Berathung zurück und es verkündet der Obmann, Architekt Cornill unter lautloser Stille des überfüllten Saales: Die Geschworenen haben die Frage wegen des Mordes und der vorfäglichen Tödtung bejaht. Nunmehr wird der Angeklagte in den Saal geführt. Derselbe nimmt mit größter Seelenruhe, eine Stimmung, die er während der größten Zeit der Ver handlung beobachtet hat, auf der Anklagebant Play. Präs. Angeklagter, stehen Sie auf und vernehmen Sie den Spruch der Geschworenen. Der Gerichtsschreiber, Referendar Dr. Blau, verliest das Verdikt.

-

Staatsanwalt Frehsee: Gemäß dem Spruch der Herren Geschworenen beantrage ich, den Angeklagten mit dem Tode, 10 Jahren Buchthaus und 10 Jahren Ehrverlust zu be strafen.

Vertheidiger Rechtsanwalt Dr. Fester: Da laut Verdikt der Herren Geschworenen   das Strafgesetzbuch bezüglich der ersten Frage nur eine Strafe fennt, so habe ich bezüglich der selben nichts weiter zu bemerken. Wegen der zweiten Strafe will ich nicht sprechen, da diese in dem gegenwärtigen Falle doch blos eine Formalie ist.

Präfident: Angeklagter, haben Sie noch etwas zu sagen? Der Angeklagte, der, als er das Urtheil hörte, freidebleich wurde und an allen Gliedern zitterte, schlägt nunmehr mit der geballten Faust zweimal in heftiger Weise auf den Tisch, stampst mit den Füßen auf und schreit: Ich schrecke nicht zurück, aber ich laffe mich hier nicht als Mörder verurtheilen, ohne daß mir etwas bewiesen ist. Ich verlange erst Beweise. -Präs.: Sonst haben Sie nichts zu sagen? Es hätte sich empfohlen, wenn Sie ein reumüthiges Geständniß abgelegt und gefagt hätten, wer Sie zu der That verführt hat?

Der Gerichtshof schickt sich an, ins Berathungszimmer zu gehen. Da ruft noch einmal der Angeklagte mit bebender Stimme: Wehe Euch, Euer Blutgericht   wird Euch nicht lange überleben, Euer Bluturtheil wird sehr bald ein Ende nehmen, Eure Namen werden am ewigen Schandpfahl der Geschichte prangen! Ihnen Herr Staatsanwalt rufe ich zu, Sie werden heute das letzte Todesurtheil gefällt haben! Der Angeklagte will aus der Angeklagebank hinauseilen, er wird jedoch von den zahlreich um ihn postirten Schuyleuten zurückgehalten.

Der Gerichtshof zieht sich nunmehr zur Berathung zurück. Der Angeklagte setzt sich, sichtlich erschöpft, nieder, und stüßt seinen Kopf in seine Hände. Sehr bald kehrt der Gerichtshof zurück, und es verkündet der Präsident, Landgerichtsdirektor Dr. Leykauff: Die Herren Geschworenen haben den Angeklagten des Mordes und des versuchten Todtschlags für schuldig erachtet. Der Gerichtshof hat demgemäß beschlossen: Den Angeklagten zum

Tode, sowie zu 4 Jahren Zuchthaus und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu verurtheilen. Der Angeflagte ist abzuführen; die Sigung ist geschlossen.

Als die Schußleute den Angeklagten nunmehr anfassen wollen, klatscht dieser dreimal in die Hände und ruft böhnisch lachend: Ha, ha, ha, Rumpff ist kaput!" In der Zelle ver höhnt er die ihn überwachenden Beamten und ruft: Ihr kommt Alle an die Reihe." Sehr bald werden ihm die Hände ge feffelt, worauf er mittelst verschlossener Droschke unter starter Bedeckung nach dem Klapperfeld- Gefängniß überführt wird. Als er in die Droschke steigt, ruft er der versammelten Volks menge zu: Werft Dynamitbomben! Die hiesige Bevölkerung ist in vollster Aufregung.

Soziales und Arbeiterbewegung.

An die Arbeiter Berlins   und ganz Deutschlands  ! Mitarbeiter! Wie Ihr alle wißt, sind durch den großen Maurerstreik in Berlin   tausende von Bauarbeitern in Mit leidenschaft gezogen und heute arbeits- und brodlos. Kollegen, wir haben bis heute noch keine Aussicht, zu welcher Zeit der Streit sein Ende erreicht haben wird, so fönnt Ihr Euch denken, in was für einer elenden Lage wir uns befinden. Mittellos sehen wir mit Erwartung dem Zeitpunkt entgegen, wo es heißen wird: Die Maurer Berlins   haben den Sieg errungen!" Kollegen, wir haben uns niemals ausgeschlossen, wenn es hieß, unsere Mitmenschen im Kampfe um ihre gerechten Forderungen zu unterstügen. Darum haben wir die feste Zuversicht, daß auch wir von Euch in diesem schweren Augenblick nicht ver laffen werden. Alle diesbezüglichen Schreiben und etwaige Unterstügungen bitten wir an die Kommission der Berliner  Steinträger und Bauarbeiter, Büreau bei Donert, Sfaliger straße 133, zu senden. Die Kommission der Berliner   Steins träger und Bauarbeiter.- Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck dieses Aufrufs gebeten.

Zur Lohnbewegung der Schlosser. Das Resultat der Durchführung der 10stündigen Arbeitszeit bei den Schlossern und Berufsgenossen ist, so weit bis jest zu übersehen, ein güns stiges zu nennen. Von den Werkstätten, in welchen am Montag die Arbeit niedergelegt wurde, haben viele schon bewilligt und ist die Arbeit wieder aufgenommen worden, von denen die jest noch nicht bewilligt haben, ist hauptsächlich die des Herrn Bolt, Wasserthorstraße 42, in Betracht zu ziehen. Herr Bolt selbst ist nicht in Berlin   und sein Vertreter hat nur die Vollmacht, die 10stündige Arbeitszeit zu bewilligen, hingegen sollen die Ueberstunden beibehalten werden. Ein genaues Resultat läßt sich noch nicht feststellen, indem jedenfalls am nächsten Montag noch eine ganze Anzahl Werkstätten in die Bewegung eintreten werden. Die Lohnfommission ersucht die arbeitslosen Kollegen, solche Werkstätten zu meiden, in welchen die Arbeit niederge legt worden ist. Die Zahl der Streifenden ist noch nicht ge nau festzustellen, indem alle Tage welche hinzukommen und ebenso viele wieder anfangen zu arbeiten in solchen Werkstellen, wo die Forderungen bewilligt wurden.

Die Lohn- und Streit- Kommission der Berliner  Maurer richtet an alle Arbeiter und Arbeitervereinigungen Deutschlands  , unter Hinweis auf die Solidarität der Interessen aller Arbeiter, die herzliche Bitte um rasche und bestmögliche Unterstüßung der Streifenden. Schnelle Hilfe thut noth, dop pelt giebt, wer schnell giebt. Geldsendungen wolle man an das Zentralbureau der Kommission, Berlin   N., Lothringerstraße 37, zu Händen des Kassirers H. Schulz schicken.

Die Lage der Arbeiter in der Hausindustrie vers  schlechtert sich alljährlich. Die Holz, Horn- und Beindrechsler gehören zu den sog. bestbezahlten" Arbeitern der Ruhlaer  Pfeifenindustrie.*) Einer der gangbarsten Artikel nun, den die Drechsler herstellen, find die sog. Bügelrohre aus Horn, zu denen der Arbeiter den Abguß, Bügel und die beiden Knöpfe liefert, während er Ringe, Holzmitteltheil( Weichselrohr) und Schlauch vom Verleger erhält; er hat dann das ganze Rohr ( bis auf die Spize) zusammenzustellen und zusammenzupassen. Für ein Dugend solcher Pfeifenrohre erhielt der Arbeiter nach Sar' genauen Ermittelungen:

Nr. 5 6

" 1

7

April 1872. 3.60 M. 4.20 7.00

"

April 1883. 3.60 M.

4.00

" 1

4.60

"

Am 1. Mai 1873 wurden von 4 Geschäften und einem Arbeiterausschuß in friedlicher Vereinbarung neue Preiſe feft gesetzt, die bis zum März 1875 in Geltung blieben. Von da ist ein stetes, rapides Sinken festzustellen. Es ergiebt fich folgendes Bild:

April 1875 bis Aug. 1878 Nr. 5 3.50 M.

6 4.00

" 1

7 4.50

"

" 11

Ur

inter

Ahn

licher

Vers Kont

verge

Faf

folge

besti

Geſe

einig

Arbe

oder

Thei

Vera

noch förpe oder

fucht

oder

Mitt

redu

bestr härte

straf

recht

brech

Unte

oder

ist st

die der

Will

fung Der

ist 31

Diese

§ 4

freift

Erfü

tann

diesel

werb

verh

beita

eine Auff

derer Zeit

zuläf gilt

Fab

der

arbei zeit

Arbe

Arbe

verh

Klag

( in

geric

dem

bung

binn

jedo

Mai 1873

März 1875

Don

Nr. 5

4.00 M.

and

6

4.50

Die

11

" 1

7

5.10

11

" 1

Aug. 1880

3.00 M.

Sept. 1880 2.80 M.

3.60

3.40

" 1

" t

4.10

3.90

Sept. 1878 bis

Dez. 1878

3.20 M. 3.80 4.30

11

Jan. 1879 bis

Im Jahre 1880 erhielt also der Arbeiter fast ein Drittel weniger als nach dem durchaus nicht günstigen Tarif von 1873. Wie tief die wirthschaftlichen Lebenshaltungen dieses haus industriellen Proletariats stehen, fann man sich nach diesen Ziffern leicht vorstellen. Noth und Elend während der Saison, Hunger und Verhungern in den arbeitslosen Wintermonaten! Und dabei sind die in Ruhla   noch zahlreiche Kleinmeister, die eine Hütte mit einem Gärtchen ,, befißen"( freilich mit Hypotheken bis zum legten Ziegelstein überlastet), obwohl sie trop aller Kleinmeisterei bereits echte Proletarier sind, noch zu stolz, noch zu sehr vom Kastengeist erfüllt, um die Erbärmlichkeit ihrer Lage einzugestehen. Gerade die Kleinmeister drücken die Preise durch ihre billigen Angebote. Als man 1879 eine Suppenanstalt für Ortsarme zu Ruhla  ( Weimarischer Antheil) errichtete, wurden vom 25. Februar bis 26. April, innerhalb zweier Monate, 6378 Portionen Suppe verabreicht, und zwar 777. Portionen unentgeltlich und 5601 Portionen zu dem ermäßigten Preise 1879 abgegeben 985 Stücken Brod, davon 70 gratis, 915 Stüd von 5 Pfennigen. Ferner wurden vom 1. April bis Ende Mai je 30 P.; endlich noch 38 Zentner Saatfartoffeln zu ermäßig ten Preisen. Diese Suppenanstalt wird, wie aus den Gemeinde aften hervorgeht, nur von den ärmsten Leuten besucht, die sich nicht mehr zu helfen wußten, einst hätte es der Stolz nicht gelitten." Und ganz Nuhla, Weimarischer und Gothaischer Antheil zusammen, 4534, der Weimarische Antheil 1993 Cin wohner! Wir glauben, folche Angaben bezeichnen zur Genüge die Jämmerlichkeit der dort herrschenden Zustände.

In Lyon   wollen die Seidenarbeiter nochmals die Arbeit niederlegen. Die Löhne sind von den Fabrikanten in letzter Zeit in einer Weise gedrückt worden, daß die Weber unmöglich mehr von ihrer Arbeit leben könne. Die Behörden haben halbamtliche Vermittlungsvorschläge gemacht, da fie die Noth der Arbeiter erkannten, doch erklärten die Fabrikanten daß sie den Lohn nicht erhöhen könnten, ohne selbst ruinirt zu werden. Das ist sicher eine grelle Uebertreibung; unter ruinirt" verstehen die Herren Fabrikanten wohl, daß fie teine glänzenden Einnahmen erzielen würden?

Aus Belgien   wird berichtet, daß das Kohlenwerk bu Burton im Lütticher   Kohlenrevier vollständig unter Waffer steht Man nennt das in der Bergwerkssprache, ersoffen" sein. Zwei Arbeiter haben dabei den Tod gefunden. Der Betrieb aber wird für längere Zeit eingestellt bleiben, wodurch zahlreiche Arbeiter brodlos werden.

*) Siehe Nr. 145 des ,, Berliner   Volksblatt".

Verantwortlicher Redakteur N. Cronheim in Berlin  . Druck und Verlag von May Bading in Berlin   SW., Beuthstraße 2.

Hierzu eine Beilage

Mai Mai Arbe

denk

dem

zähl

Schie

und

Kni

schei

faul

Ror gold Kne

denn starr

tame

nicht an 1

auf

war

war

Es

Dän

Tud

die

Sch

Ste

Tud lein hera

von

euch

em