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Tage steht es Jedem frei, gegen die Richtigkeit oder Vollstän bigkeit der Listen seine Einwendungen schriftlich beim Ma giftrat oder zu Protokoll in den oben bezeichneten vier Lofalen bei den dort anwesenden Deputirten anzubringen. Für die Legitimation ist durch Vorlegung der Steuerquittung für das legte Vierteljahr, oder einer polizeilich bescheinigten Anmel­dung für die anzugebende Wohnung, oder auf andere glaub­würdige Weise zu sorgen. Hierbei dürfte es angezeigt sein, flar zu stellen, welche Personen wahlberechtigt sind und in den Wählerlisten eingetragen sein müssen. Durch§ 8 der Wahls verordnung vom 30. Mai 1849 ist bestimmt: Jeder selbst ftändige Breuße, welcher das 24. Lebensjahr vollendet und nicht den Vollbesitz der bürgerlichen Rechte in Folge rechts­fräftigen richterlichen Erkenntniffes verloren hat, ist in der Ges meinde, worin er seit sechs Monaten seinen Wohnsitz oder Auf enthalt hat, stimmenberechtigter Urwähler, sofern er nicht aus öffentlichen Mitteln Armen- Unterstüßung erhält."

Unserer guten Gesellschaft, d. h. jener, die fich gern so nennen hört, gefallen die Sonnen, Penn- und sonstigen Brüder" nicht, welche fich mit Vorliebe die auf öffentlichen Blägen und Promenaden aufgestellten Bänke zum Ruhefize ertiefen. Und anspruchslos wie die gute Gesellschaft nun ein­mal ist, wünscht sie, wie die Volts. 3tg." treffend schreibt, nicht etwa, daß die Pennbrüder und Strelche von diesen Bänken weggewiesen werden, sondern daß die Bänke überhaupt aus den feineren" Stadtgegenden, wie vom Dönhofsplatz, den Linden und selbstverständlich auch aus dem Thiergarten vers schwinden sollen. So steht es zu lesen in jenem vortrefflichen Organ für vornehme Kreise, welches neuerdings auch in Politik zu machen begonnen hat, in demselben knechtschaffenen Sinne natürlich, mit welchem es der Aristokratie und Allem, was drum und dran hängt, die Schuhe puzt. Statt dieser bisher der allgemeinen Benußung freistehenden Bänke sollen einzelne Stühle aufgeftellt werden, deren Gebrauch nur gegen ein ent­sprechendes Entgelt gestattet wäre; die Bänke mögen nach dem Arkonaplag, dem Bions lirchplate, dem Voigtlande und den Rehbergen geschafft werden, d. h. in Stadtgegenden, welche das feine" Publitum nie oder nur selten und dann meistens intognito betritt, etwa wenn eine Hofdame

eine

,, Wahrsagerin wunderbar" in der Aderstraße aufsucht, um sich von ihr Dinge erzählen zu laffen, welche fie selbst viel besser weiß, oder wenn ein Ravalier" einer jun gen Dame seine Visite abftattet, die er in der Schönhauser Allee eingemiethet hat, damit fie dort ungestört ihre Ausbil dung fürs Theater betreiben könne. Da nun die Strolche un trennbar mit diesen Bänken zusammenhängen, so werden jene, Das ist offenbar der Gedankengang des würdigen Blattes und seiner Inspiratoren, mit deren Translokation gleichfalls in die Vorstädte verbannt, und dort, unter dem gemeinen Volfe", unter den gewöhnlichen Leuten" ist ja ihre angemeffene Stelle. Wir geben nun zu, daß der Anblick der Strolche und Penn­brüder namentlich an der Westseite des Dönhofsplages, in beren trautem Kreise die Schnapsflasche stetig die Runde macht, in feiner Weise erfreulich ist nicht einmal das Auge des Künstlers findet an diesen verkommenen Gestalten Wohlgefal len. Aber schon Unter den Linden verschwindet dies Element fast gänzlich; Kindermädchen und Ammen, Spaziergänger aus den bürgerlichen Ständen, heimkehrende Arbeiter bevölkern die Rubefize, und im Thiergarten sorgt gewiß das allezeit wach­fame Auge der Polizei dafür, daß die Gemüthsruhe der fah renden, reitenden und spazierenden guten Gesellschaft nicht durch den Anblick des Elends, der Noth, des Verbrechens gestört wird. Die einzige Zufluchtsstätte, die speziell der Sonnen­brüderschaft hier für furze Zeit offen zu stehen pflegt, find be fanntlich die großen Entwässerungsrohre, in denen fich schon mancher häuslich eingerichtet hat. Wir find nun feineswegs dafür, daß man den notorischen Strolch als satrosantt betrachte und ihm ehrfurchtsvoll die schönsten und besten Bänke zur Disposition stelle, auch wäre es sehr gut, wenn diese Herren nicht immer die öffentlichen Bedürfnißanstalten, namentlich an der Seite für Frauen, umlagern würden, wie es namentlich auf dem Dönhofsplay der Fall ist; aber wir sträuben uns gegen die Frivolität, welche die vornehmen Stadttheile von einer häßlichen, widrigen und unter Umständen schädlichen Gesellschaft befreien will, nur um dieselbe in jene ohnehin mindestens nicht bevorzugten Winkel hinauszutreiben, welche der kleine Bürger und der Arbeiter bewohnt. Speziell die Kinder dieser Kreise müßten vielmehr vor der Berührung mit folchen Elementen geschützt werden, als jene der Vornehmen und Reichen, die sich nie selbst überlassen zu werden brauchen. Und ebenso protestiren wir gegen den Plan, die öffentlichen Bänke an den belebten Promenaden abzuschaffen und statt deren Miethstühle aufzustellen. Da flingt wohl ein Schmerzens­Schrei jener Herren Privatunternehmer vor, welche mit ihren Stühlen à 5 Pf. unter den Linden recht herzlich schlechte Ge­schäfte machen. Es wäre ihnen natürlich ein gefundenes Essen, wenn Die fatale und ,, unfeine" Konkurrenz der öffentlichen Bänke be­seitigt würde. Daß damit dem heimkehrenden Arbeiter die Wohlthat einer furzen Ruhe ebenso erschwert oder unmöglich gemacht würde, wie dem Bürger und Handwerksmanne der Sonntagsspaziergang im Thiergarten, fällt dabei selbstverständ

fich eine Falschheit oder eine Unwahrheit zu Schulden kom­men laffe.

Seufzend blickte sie bei diesen Worten zum Himmel empor zu den Sternen, die so troftreich auf sie niederschau­ten, und dann nach dem Lager hinüber, von woher der Bote immer noch nicht erscheinen wollte. Indem fie aber des Boten gedachte, trat auch Weatherton's Bild ihr wieder vor die Seele, und der 3wed, weshalb fie ursprünglich hierher­gekommen sei.

Sie erzählte daher von seiner strengen Haft und von dem unfreundlichen Benehmen der Mormonen gegen ihn, dem sie, seines edlen Charakters, feines uneigennügigen Muthes wegen, die größte und ungebundeste Gastfreundschaft hätten erweisen müssen. Als sie dann auf die trüben Stun ben tödtlicher Langeweile und Einsamkeit zu sprechen tam, die er schon in seinem Gefängniß zugebracht hatte, wurden ihre Worte undeutlicher, denn die hellen Thränen rannten ihr über die Wangen, und nur mit vieler Mühe vermochte fie ein heftiges Schluchzen zu unterbrücken. Sie fügte hinzu, baß lein Wort des Hasses oder der Rache gegen die ihm feindlich gesinnten Leute über seine Lippen gekommen sei, und wie sehr sie das freue, weil es den höchsten Grad von Ebelmuth bekunde. Ihre Schwefter trat natürlich dieser Ansicht bei und sprach ben innigsten Wunsch aus, daß Wea­therton, zu dem sie sich, ohne ihn zu kennen, hingezogen fühle, bald wieder in den Besitz seiner vollsten Freiheit ge­langen möge.

Daß er aber unter allen Umständen frei werden müsse, und sollte es ihr nicht nur ihr ganzes Vermögen, sondern auch das Leben fosten, bas versicherte Hertha gleich darauf mit so lauter Stimme und so festem Wesen, als wenn plöglich, nachdem sie kurz vorher noch in ihren Thränen die fanften Gefühle einer schüchternen Jungfrau an den Tag gelegt, der Muth und die Entschlossenheit eines Mannes über fie gekommen wäre, während die Schwester, förmlich erschreckt, in ihren von Dunkelheit umflossenen 3ügen zu lesen fuchte.

Weiter gebachte sie auch Elliot's, wobei sie mit grellen Farben den Haß schilderte, welchen er gegen den armen Weatherton im Herzen trage, und wie sie fich denselben gar

lich nicht ins Gewicht. Die Promenaden werden der ,, guten" Gesellschaft reservirt und die Stuhlvermiether scheeren ihr Schäfchen. Daß das arbeitende Volt, zu dem wir wahrlich nicht blos den Fabrikarbeiter rechnen, für das Vergnügen, einen Nachmittag auf denselben Wegen zu wandeln, wie die vor nehme Welt, noch 5 Pfennige zuzahlen soll, entspricht ja im Allgemeinen den modernen Beglückungstheorien, und das wohl. wollende Blatt, das uns zu diesen Betrachtungen Veranlassung giebt, meint sogar höchst human: wenn wirklich einmal ein Armer, der die 5 Pfennige Miethe nicht aufbringen könne, er­schöpft auf einem solchen Stuhle niederfinte, so würde man ja nachfichtig ein Auge zudrücken. Darauf wären wir in der That begierig, und überdies würde nach dieser famofen Theorie der kleine Mann" nun­mehr das Almosen in Anspruch nehmen müffen, was ihm bisher als gutes Recht zustand. Die Sache erscheint an sich vielleicht unbedeutend; wir glauben auch nicht, daß der Ma­giftrat dieser egoistischen Anregung Folge leisten wird; aber fie ist charakterisch für die Frivolität, mit welcher in den ,, vor­nehmen" Kreisen die öffentlichen Angelegenheiten aufgefaßt werden. Die Herrschaften werden sich mit der Beit daran ges wöhnen müssen, daß Straßen, Bläße und Anlagen, seien ste auch noch so vornehm, für Jedermann da find, und daß der Arme und Unbemittelte daffelbe Recht hat sich im Thiergarten oder unter den Linden auszuruhen wie der Gründer oder der Träger neunzadiger Kronen. Ungebührliches Betragen der Strolche und Sonnenbrüder ist dem Manne aus dem Volke ebenso widerwärtig, wie dem Dandy oder der Hofdame, und die Polizei befigt Mittel genug, diesen fragwürdigen Gestalten nicht mehr Spielraum in der Deffentlichkeit zu gönnen, als ihnen von Rechts wegen zusteht. Dies ohnehin sehr be scheidene Maß wird man selbst ihnen nicht mehr rauben

dürfen.

r. Ein eleganter Leichenzug, wie ihn nur Berlin aufs weisen fann, bewegte sich am Sonntage zum Halleschen Thore hinaus; die vier schwarzbehängten Rappen nickten so bedeutungs­voll mit den Federbüschen auf ihren Köpfen, daß man trop des fleinen Leichengefolges doch das Begräbniß eines großen Mannes vermuthen mußte. Als der Zug an der Halleschen Thor- Brüde anlangte, steckten auch die dort haltenden Kutscher Die Köpfe zusammen; plöglich spiegelte fich auf ihren Gefichtern die helle Ueberraschung wieder: Was, der Sechser- August ist todt? Und das ist sein Leichenzug? Unwahrscheinlich genug flang diese Behauptung für Jeden, der den Sechser Auguft fannte, und welcher Berliner Droschkentutscher tannte ihn nicht! Vor dem Polizeibureau für Fuhrwesen war sein Stand; hier übernahm er gegen ein Entgeld von 5 Pf. die Aufsicht über jedes dort haltende Fuhrwert, dessen Befizer zum Verlaffen feines Wagens auf einige Beit genöthigt war. Diese Beschäfti­gung war zwar nicht sehr einträglich, aber der Sechser- August war auch nicht darauf allein angewiesen; man wußte allgemein, daß er sehr wohlhabende Verwandte in unserer Stadt besaß. Aber was man nicht wußte und was fich erst nach seinem Tode herausgestellt hat, das war der Befts eines Vermögens von 16 000 Mart. Die Anordnungen für das prunkvolle Be gräbniß hatte der Verstorbene noch bei Lebzeiten getroffen und so tam es, daß seine legte Fahrt stolz per erster Klaffe stattfand.

Herr Liebermann von Sonnenberg macht jest wahr, was schon längst von ihm gesagt wurde; er wird dem undant baren Vaterlande den Rücken tehren. Er gedenkt in den nächsten Tagen Berlin und Anfang nächsten Jahres Europa zu verlaffen. Vorgestern Abend hat er sich im Verein Johannes tisch im Otto'schen Saale in der Mittenwalderstraße von seinen Gesinnungsgenoffen verabschiedet. Augenblidlich, sagte Herr L. v. S., ist die Situation die, daß der Antisemitismus und der zu ihm stehende Theil der Konservativen nicht recht lampf fähig find, weil sie teine fest in fich organisirte Partei bilden. Der rechte Augenblick zu einer solchen Parteibildung ist im Anfang der Bewegung verfehlt worden. Nun ist Erschlaffung eingetreten. Aber der Ebbe folgt immer die Fluth und hier wird eine Hochfluth lommen. Ob Herr 2. v. S. dann heim. tehren wird, sagte er nicht, nur bat er seine Freunde, ihn zu vertheidigen, wenn er nach seiner Abreise noch angegriffen werden sollte.

Folgender Roman aus dem Leben wird heute mit getheilt. Ein junger Kaufmann, Sohn eines wohlfituirten Gewerbetreibenden einer größeren Provinzialstadt, konditionirte in einem Berliner Kolonialwaarengeschäft. In seinem Laden sah er häufiger eine Köchin, die dort ihre Einkäufe machte, und gewann Neigung für fie. Allmählich nahmen seine Ge fühle den Charakter unlauterer Leidenschaftlichkeit an, und er ließ sich zu zudringlichen Annäherungsversuchen hinreißen. Hierüber empört, machte das Mädchen seinem Bräutigam Mits theilung. Derselbe stellte den Kommis zur Rede und drohte ihm schließlich mit einer anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Die Aussicht, vielleicht vor Gericht kommen zu müssen, flößte dem Kommis einen so jähen Schrecken ein, daß er Geld und Kleidungsstücke zusammenlegte und dies seinem Vater mit einem Briefe schickte, in welchem er erklärte, den Tod der Schande vorzuziehen und sich im Grunewald das Leben nehmen

nicht zu erklären wisse, da Weatherton doch nie in seinem Leben einen Menschen beleidigt haben könne.

zu wollen. Der Vater eilte auf diese Nachricht sofort nach Berlin , wo ein zweiter Sohn von ihm wohnt. Mit diesem und noch einem Verwandten verfolgte er die Spur des Lebens­müden bis zu dem Spandauer Bod. Zwei Tage lang fragte und suchte man vergebens herum und ließ endlich, von Hoff­nungslosigkeit erfaßt, von weiteren Recherchen ab. Da, am dritten Tage, trafen Kellner des Wenig'schen Lokals den Ge suchten, den ste nach der Beschreibung des Vaters erfannten. Er war äußerst niedergeschlagen, erschrat bei Nennung seines Namens und brach bald in Thränen aus. Bei fich führte er einen neuen geladenen Revolver und ein sogenanntes Bulldogge messer. Der Bruder wurde benachrichtigt und holte den Halbs verzweifelten ab. Hoffentlich regt sich in ihm wieder der Wille zum Leben und die fittliche Kraft.

Im Belle- Alliance- Theater ist jest die ungebundenste Heiterkeit an der Tages- resp. Abendordnung. Der Schwant mit Gesang ,, Die Leibrente", von den Damen Duckmann, Wend, Fröhlich, den Herrn Emil Thomas, Niedt , Dorn, Goeschle und Tydowski brillant dargestellt, fordert durch seine wirklich tomischen Situationen das Publikum zu anhaltendem Lachen heraus und lohnt die wade en Künstlern mit lautem Beifall.

Infolge der Nichtbeleuchtung der Treppen und Haus­flure verunglückte am 26. d. M., Abends gegen 8 Uhr, die Frau eines Schneidermeisters in der Gormanstraße. Bei der herrschenden Dunkelheit verfehlte fie die erste Stufe der Treppe und stürzte hinab. Die Frau erlitt hierbei eine so bedeutende Wunde an der Stirn, daß ihr dieselbe durch einen Heilgehilfen zugenäht werden mußte.

Den Drechslern zur Nachricht, daß der Streit bet Göldner, Staligerstr. 60, nach 9 tägiger Dauer zu Gunsten der Arbeiter als beendet zu betrachten ist. Durch Einigkeit und dadurch, daß es gelungen ist, den Buzug fern zu halten, ist es den Arbeitern genannter Fabrit geglückt, Herrn Göldner dazu zu bewegen, daß er die geforderten 5 Pf. mehr pro Stück bes willigt hat.

Gerichts- Zeitung.

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Ein treffendes Bild zu den Lohnbewegungen im Allgemeinen und der Tischlerlohnbewegung speziell lieferte eine am 29. September vor dem Schöffengericht, Abtheilung 91, stattgefundene Verhandlung. Der Staatsanwalt hatte auf Anregung einiger Revisoren der Tischlerlohnbewegung Anklage wegen Unterschlagung gegen den Tischler Gustav Rödel, der seinerzeit Leiter der Lohnbewegung war, erhoben. Die Anklage ging dahin, daß der Tischler Rödel eine Summe von 30 M. bei der Abrechnung für Miethe des Wintergarten des Bentral hotels angerechnet hatte. Die Nichtigkeit dieser Angabe wurde jedoch von den Revisoren nachgewiesen, welche fich persönlich von der Unwahrheit der Angaben im Bureau des Bentral­hotels überzeugt hatten. Herr Rödel ließ sich dahin aus, daß ihm das vollständige Verfügungsrecht über die Versammlungs­gelder von den Tischlern Berlins in die Hand gegeben sei und er habe diese Befugniß in der Weise angewandt, daß er obige 30 M. dem tranten Tischler Hecke, der ebenfalls der Lohn­tommiffion angehörte, und den er als hilfsbedürftig schilderte, zugewandt habe. Er segte weiter hinzu, daß sich in legter habe, deffen einer Theil die Bewegung in das politische Gebiet Beit eine Spaltung in der Lohnbewegung geltend gemacht hinüberspielen wollte. Es wären ihm sogar verschiedene An­fräge gemacht worden, von den ihm anvertrauten Geldern etwas zu sozialdemokratischen Parteizweden herzugeben, und auf seine Weigerung sei wohl auch hauptsächlich die Anklage erfolgt. Die früheren Revisoren Hülsenbeck, Sadwig und Winter bekundeten als Zeugen, daß Herr Rödel durchaus nicht allein über diese Gelder verfügen fonnte, sondern daß er stets über alle Einnahmen und Ausgaben Rechnung legen mußte. Herr Rödel habe aber über die Verwendung obiger 30 Mart daß Herr Rödel mit dem Gelde schalten fönne, wie er wolle, absolut feinen Nachweis führen können. Herr Lenz beeidete, nur dürfe er daffelbe natürlich nicht in seinem Nußen verwen den und müsse nachher Bericht erstatten. Auf einige Fragen unwahrheit gefagt habe. Der Staatsanwalt erklärte, diese des Vorfizenden gab Herr Rödel zu, daß er den Revisoren die Anklage fallen lassen zu müssen, da die Lohnbewegung ein loses Busammengehen der Tischler sei, und feine furistische Person da sei, welche die Forderung einflagen könnte, es müßte vielmehr jeder Tischler, wenn er glaubte, Anspruch er heben zu können, auf zivilrechtlichem Wege vorgehen. Herr R..A. Ladewig, als Vertreter des Herrn Rödel, schloß sich den Ausführungen des Staatsanwalts an, plaidirte für Freis sprechung und stellte außerdem den Antrag, Herrn Rödel Publikationsrecht zuzusprechen, da derfelbe von politischer Seite Ausführungen der Staatsanwalts gemäß und sprach Herrn in heftiger Weise angegriffen sei. Der Gerichtshof beschloß den Rödel wegen Verschwommenheit der Angelegenheit frei. Prozeß Graef.

8weiter Tag.( Fortsekung.)

Das vom R. A. Bernstein der Staatsanwaltschaft anges gebene thema probandum entspricht genau dem vom Professor

fucht in seinen Handlungen leite, preisgegeben sei. Allein auch hier behielt die verständige junge Frau ihre Gedanken und Befürchtungen für sich, um ihre geliebte Schwester nicht noch mehr zu ängstigen und zu betrüben. Dagegen sprach sie ihr Muth und Hoffnung zu, und dabei nannte sie es einen Beweis von Geistesgegenwart und ungewöhnlicher Klugheit, daß sie die Mohaves aufgefordert habe, über Weatherton zu wachen. Sie für ihre Person bezweifle es wenigstens feinen Augenblick, daß die braven Indianer, welche ihr bereits so viele Beweise ihrer Anhänglichkeit ge= geben, fie recht verstanden hätten und ihren Wünschen gemäß handeln würden.

Hertha freute sich über das Lob, welches die Schwester ihr spendete, und fühlte sich beruhigter. Sie nannte es eine an Wahnsinn gränzende Thorheit, den an Rynolds be

Die überlegende Editha dagegen glaubte den Grund des Hasses zu errathen; aber sie schwieg, denn sie wollte noch immer mehr hören, immer tiefer in das Herz der ges liebten Schwester blicken. Sie wollte wissen, ob der fremde Offizier auch wirklich eine so warme Theilnahme verdiene, und ob der Schiffbruch und das plötzliche Zusammentreffen mit ihm wohl von der Vorsehung so angeordnet sei, um dadurch Hertha's dauerndes Glück zu begründen. Aber ohne daß sie Hertha noch besonders aufgemuntert hätte, fuhr diese schon wieder in ihren eifrigen Mittheilungen fort. Sie schilderte ihre Unterredung mit Jansen, und Trotz und 3orn sprachen aus ihr, als sie erwähnte, wie man sie gezwungen habe, Elliot ihre Hand zuzusagen, Elliot, der schon längst verheirathet sei, und daß fie nie zum Morgangenen Mord Weatherton's Freunden oder gar ihm selbst monenthum übergetreten wäre, hätte sie geahnt, welche Sitten und Gebräuche die sonst so heilige Glaubenslehre vorschreibe. Glühend vor Scham versicherte sie, lieber sterben vorschreibe. Glühend vor Scham versicherte fie, lieber sterben zu wollen, sich lieber augenblicklich von dem Missionär wie ber als Proteftantin einfegnen zu lassen, ehe sie einem schon verheiratheten Manne ihre Hand reiche; daß es überhaupt wibernatürlich, Wahnsinn sei, so etwas Ungereimtes für möglich zu halten, und daß, wenn davon die ewige Selig feit abhänge, fie lieber als Gentile das Schicksal aller anderen Gentiles theilen wolle. Und während sie so ihren empörten Gefühlen Ausdruck verlieh, wirbelten in dem Feldlager die Trommeln den 3apfenstreich und lockte der luftige Ton der Hörner nnd Trompeten die zerstreuten Soldaten nach ihren entsprechenden Belten und Feuern hin. Hertha aber, als ob die triegerische Musik ihren 3orn noch mehr entflammt habe, wiederholte mehrere Male heftig hinter einander den eben gethanen Ausspruch, so daß die Schwester sich kaum eines Lächelns zu erwehren vermochte.

Thr Born verwandelte sich aber aber eben so schnell wieder in Angst und Besorgniß, als fie fich des Todes urtheils erinnerte, welches ihr Onkel ihr an jenem Abend gezeigt hatte, Selbſt Editha bebte, indem sie darauf hinge wiesen wurde, daß Weatherton's Leben der Willkür eines Menschen wie Elliot, den sogar noch die wüthendste Eifer­

zur Last legen zu wollen. Ferner hob sie hervor, mit wel chem Stolz es fie erfüllen würde, Weatherton persönlich seine Befreiung anzukündigen, und wie sie dann Elliot er flären wolle, daß fie eine Chriftin und keine Heidin sei, und jede fernere Verbindung mit ihm als abgebrochen be trachte. Seiner Gattin, der sanften, duldenden Engländerin dagegen wolle fie die süßesten Worte des Trostes sagen, den Knaben aber, den sie bisher nicht öffentlich als ihren Sohn anerkennen durfte, an ihre Bruft legen und ihn reich be schenken, das heißt, wenn Elliot nicht ihr Vermögen wegen Nichthaltung ihres Versprechens bis auf den letzten Pfennig für sich in Anspruch nehme. Eine Zusammenkunft zwischen ihrer Schwester und Holmsten, behauptete sie mit Entschieben­beit, sei indessen nicht wünschenswerth oder rathsam, weil derselbe ja schon wieder verheirathet sei. Aber sie selbst wolle Holmsten sehen und sprechen und feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Sie wolle ihn zuerst nach Weib und Rind fragen, und dann erst ihm erzählen, wo und wie fie dieselben gefunden. Aber kein hartes Wort, keine Schmähung solle über ihre Lippen tommen, nur bas molle sie ihm sagen, daß er einen Engel getränkt habe, und die Vergeltung nicht vergeblich auf sich warten lassen würde. ( Fortsetzung folgt.)