Beilage zum Berliner Bolksblait »r. 234 Mittwoch, de » 7. Oktober 1883. II. Jahrg. Die Amdehlluiiz Emist's. (Züricher Post".) Unter den fünf Ertheilen befitzt Europa neben andern Eigenschaften, welche zu seinem Vorrana in der Kultur geführt haben, auch die größte Ausdehnungsfähigkeit. Damit meinen wir die Fähigkeit, seine Bevölkerung über die Welt zu ver- breiten und von andern großen Strecken der Erde für seine Raffen Besttz zu ergreifen. Auch Ästen und Aftika haben ihre Auswanderung; aber die Chinesen, welche die Eunda-Jnseln bevölkern und nach Kalifornien hinüber pilgern, üben dort einen weniger maßgebenden Emfluß aus als die Europäer in ihren unzähligen Anfiedelungen des Ostens, Südens und Westens, und was die afrikanische Auswanderung anbetrifft, so vollzog stch diese nur zwangsweise, durch den Sklavenhandel. Wir wiffen nicht, wie viele Chinesen und Zieger ihre W wath verlassen haben, um anderswo ihr Fortkommen zu finden; aber stcher ist, daß die geschichtliche Bedeutung und Stellung dieser Auswanderungen fich nicht mit der euroväschen ver- gleichen läßt. Die Zahl der Einwohner Europa's , die fich aus- wärts anfiedelten, wurde schon am Anfange dieses Jahrhunderts auf ungefähr 10 Millionen geschätzt; man stellte davon zu jener Zeit folgende Tadelle auf: Vereinigle Staaten Nordamerika's 4400 000 Spanisch Amerika 3 500 000 Brasilien 950 000 Kanada 400000 Westindien 300000 Atlantische Inseln 70000 Bndischer Ozean(Spanier, Portugiesen, Franzosen ) 40000 ap der guten Hoffnung(hauptsächlich Holländer) 10000 Sidnep 6000 Guyana 5000 Wenn wir nun heute die Bevölkerung der übrigen Erd- theile zählen, welche aus Europäern und Bewohnern europäi- scher Abkunft besteht, so hat fich jene Zahl achtmal vervielfacht. Es find aus den 10 Millionen zirka 80 Millionen geworden. Den Leser mag es interesfiren, auch hier die einzelnen Sum- manden der Summe kennen zu lernen, was ihm folgende Ueder» ficht ermöglicht: Vereinigte Staaten Nordamerika's 47 000 000 Südamerikanische Republiken 8 460000 Brasilien (weiße oder nahezu weiße Mischlinge) 6000000 Dominion von Canada 4 500000 Mexiko und Zentral-Amerika 4000 000 Australien 3 000 000 Asiatisch Rußland 3 000 000 Westindien(hauptsäcklich Mischbevölkerung) 2000000 Rock Afrika(einschließlich Egyptens ) 421000 Süd Afrika 360000 Atlantische Inseln 270 000 Indischer Ozean 203000 Britisch Indien 121000 China und Japan 11000 Polynesten 10 000 Französtsch-Jndien 3 000 Europa's Bevölkerung selbst wir meinen dre in Europa verbliebenen Menschen hat fich unterdessen von 175 auf 333 Millionen gehoben, also nicht verzweifacht. Eine zuerst auf« fällige, und doch leicht zu erklärende Thatsache. Hier ist eben nicht soviel freier Raum für die zunehmende Generation wie in jenen noch wenig bebauten, spärlich bevölkerten Länderweiten. Gerade um sich zu behaupten, haben die Europäer ihre Heimath verlaffen müssen. Sie mußten fich und ihre Werkzeuge, Ge« räthe, Thiere und Pflanzen über das Meer fahren, um dort Außenländer Europas zu schaffen, Europa gleichsam an Raum und in seiner Produktion zu vergrößem. Das ist eS, was wrr die Ausdehnung Europas nennen-........ Die Ausdehnung selbst war ein Werk deS Fortschntts, der Zivilisation. Sie bedeutet eine größere Urdanstrung des Bodens, einen regern Verkehr und damit die Annäherung der Völker; sie ist der Sieg des Menschen über die Natur und des höhern Menschen über den Niedern. Indem wir daS sagen, werfen fich jedoch zwei Fragen auf. Wenn es naturgemäß, wenn es providentiell ist, das das stärkere, begabtere, zrvilifirtere Geschöpf stch zum Herrn der Welt macht, find ihm damit gegenüber dem schwächern, weniger Klazebries rmes Strohwitlmrrs. Beglaubigte Abschrift von Paul Lindau.*) Mitte Zuli. Geliebtes Zettchen! Du beschwerst Dich in Deinem gestrigen Briefe darüber, daß ich so selten und immer nur wenige Zeile« auf Post- karten schreibe, während Deine Freundinnen täglich von ihren Männern ausführliche Briefe erhielte«. Za, Zettchen, wäre ich so oberflächlich wie die Anderen, fiihlte ich nicht tiefer als sie, dann würde eS mir freilich eine Klernigkeit fein. Dir mit jeder Abendpost eine ellenlange heuchlerische Epistel zu senden. Aber der wahre Schmerz ist stumm. Da indessen meine Schweigsamkeit so arge« Mißdeutungen von Deiner Seite ausgesetzt ist, da Du meinen wortkargen Heroismus als Lieblosigkeit aufzufassen scheinst, so will ich mir heute allen meinen Gram von der Seele herunter- schreiben. Du wirst staunen, wie ich mich in den wenigen Wochen unserer Trennung verändert habe, der ersten und hoffent- lich auch der letzten Trennung in unserer wolkenlosen Ehe! DaS interessante Blaß ist von meinen Wangen dem plebeji- scken Roth gewichen! Unsere Bekannten schreien mich auf dcr Straße an:WaS sehen Sie wohl aus! Was haben Sie für blühende Farben!" Die Kurzsichtige« ahnen eben nicht, daß es die hektische Färbung des nagenden Kum- WWWs Heste Erfolg vorhersagen. Die Red. fähigen, zurückgebliebenen auch alle Rechte unbeschränkter Herr- schaft gegeben? Die Ethik antwortet mit Nein. Sie erklärt die Aufgabe der gewaltiger« Raffe selbst wieder als eine nur erziehensche und fittigende. Auch lehn uns an der Hand von Erfahrungen die Völkerkunde, daß die wilden Stämme oft auf eine bedeutende Kulturstufe emporgehoben werden konnten; daß einzelne In- dividuen der Indianer- und Negerrasse sogar durch Intelligenz wie Tugend fich ausgezeichnet haben. Es wäre also falsch, wollte man mit der Ausdehnungs- fähigkest des europäischen Elements die brutale Unterwerfung und die Sklaverei fremder Volkselemente rechtfertigen. Und ähnlich ist es falsch, daraus Folgerungen zu ziehen, wie ste gezogen werden und wie wir fie prüfen können, indem wir bei der zweiten Frage stehen bleiben. Diese lautet: Wenn auch den Zwecken der kulturellen Höherentwicklung dienend, ist alSdann die Auswanderung der Europäer scbon als eine normale Erscheinung zu betrachten, welche jeder Organisation entbehren und von keiner staatlichen Intervention berührt werden soll? Hier Ja zu sagen, wäre ebenso falsch wie im ersten Falle. Allerdings geschieht es bei Beiden, aber auch bei Beiden nur in Folge eines Mangels wirthschaftlicher Erkenntniß und des Gefübls ethischer Verpflichtung..... DieSebweizerische Gemeinnützige Gesellschaft" hat soeben in Genf die Auswanderung als eine normale Erscheinung er- klärt und fich gegen deren Organisation ausgesprochen: fie will den Auswanderern blos den Schutz gewährt wissen, welchen ihnen die eidgenösstsche Gesetzgebung gewährt. Eine normale Erscheinung! das ist recht sonderbar. Normal insofem aller- dings, als die Bodenverschuldung, der Großbetrieb und die überseeische Konkurrenz Tausenden das Verbleiben in der Schweiz unmöglich machen, normal mithin als Konsequenz national- ökonomischer Voraussetzungen. Aber um diese frap- pirende Weisheit zu verkünden, müßte man nicht eine große Gesellschaft, und um ste im Sinne des Gehenlassens anzuwen- den, müßte man am wenigsten eine gemeinnützige Ge- sellschaft sein. Die Erscheinung ist in Wahrheit anor- mal, eine Krankheitserscheinung, die Offenbarung einer ge- störten Harmonie der gesellschaftlichen Faktoren. Oekonomische Katastrophen und ein Prozeß der Verarmung ganzer Bevölkemngsklassen find die Ursachen der Auswanderung, viel mehr als nur die Lust nach weiten Fahrten oder gar die unternehmende Spekulation Wohlhabender. DaS laßt fich an der Hand aller Ziffern der Bevölkerungsstatistik zur Evidenz beweisen. Vergeffen wir also in unserer Betrachtung über die Aus- dehnung Europas dieses Momentes nicht. In dem Kampfe für dieselbe find ganze Schaaken zu Grunde gegangen. Wo nicht die europäischen Staaten selbst wirkliche Kolonien anlegten oder ErwerbSgesellschasten den Auswanderern gute Anfiedelungen verschafften, da war die Erweiterung der kulturellen Macht- sphäre Europas ein von Elend und Tod begleitetes Werl . Politische llebersrcht. Preß- und Versammlungsfreiheit find zwei alte Forderungen der Demokratie. Ohne drese Freiheiten ist eine wirkliche Volksausklärung unmöglich. Das weiß natürlich auch die Reaktion und deshalb ging ihr Bestreben von jeher dahin, diese Freiheiten möglichst zu unterdrücken. Jeder Zoll solcher Forderungen mußte oft erst schwer erkämpft werden und immer war eS das erste Beginnen eines für den Augenblick fiegreichen reaktionären Regimes, die diesbezüglich schon vorhandenen Ge- setze in seinem Sinne umzugestalten. Nur der kann die Frei- hert richtig schätzen, der täglich fie erobern muß, sagt ein de« kanntes Sprüchwort. Den Reaktionären ist schon das Wort Freiheit ein Gräul und der matte Liberalismus liebt dieselbe wie ein altes Mütterchen eine Blume liebt, die ste zwar gerne besitzen möchte, ohne welche fie fich aber ganz gut behelfen kann. Die Arbeiter aber wiffen die Freiheit zu schätzen, fie können dieselbe nicht entbehren, denn ohne diesem Hebel find fie nicht im Stande, ihre materielle und geistige Lage zu bessern. Um so mehr fühlen fie die reaktionären Beschränkungen der Preß- und Redefreiheit. Das gesprochene Wort ist erne mächtige Waffe im Kampfe gegen Unbildung und Finsterniß, aber eine noch bessere ist das gabst. Das erfrischte mich für die Arbeit deS TageS! Jetzt aber läßt sich kein Laut vernehmen; die Mädchen habe eine voll» kommene Verschwörung gebildet, um mich ausschlafen zu lassen. Wie Uebelthäterinnen schleichen sie so lange ich schlummere auf den Zehenspitzen uud flüstern mit ge- dämpfter Stimme. Kaum habe ich mich angekleidet und bin ins Eßzimmer getreten, so ist auch schon der Kaffee da. Du, geliebte Frau, sorgtest immer dafür, daß er gehörig abkühle. Da Du wußtest, daß er mir ohne Dich doch nicht schmecken würde, hattest Dn ein- für allemal die weise Anordnung getroffen, daß er nicht eher ausgetragen werden dürfe, als Du mit Deiner Morgentoilette fertig wärest. Und da» ließ sich auf die Minute nicht berechne«. E« dauerte mitunter sogar ein kleines halbes Stündchen. Dann hatte er die liebliche Temperatur unserer gemähigten Zone, während ich mir jetzt mit dem heißen starken Getränk, da» sonst Dein Lächeln, jetzt aber der Rübenzucker versüßt, fast die Lippen verbrenne. Du würztest durch Deine wißbegierigen Frage» über alles mögliche Fernliegende das langweilige Emerlei des ZeitungSlesenS, und wenn ich gerade etwas recht Interessante« fand, entzogst Du mir neckisch daS Blatt und lasest die Ge- schichte selbst, um durch die Unterbrechung der Lektüre meine Spannung zu erhöhen. Jetzt strecke ich mich, nachdem ich in erschlaffender Gemüthiruhe geftühstückt habe, auf die Chaiselongue, stecke mir die Zigarre an und bin darauf an- gewiesen, die Morgenblätter allein zu lesen. Es ist nicht zum Aushalten! Ich habe auch noch andern Aerger im Hause. Unser neues Hausmädchen Mina, deren allerding« gar nicht un- hübsches Gesicht Dir zunächst einige Besorgniß einflößte daß Du mich jemals so verkennen konntest, Jettchen! hat sich seit Deiner Abreise des ihr so wohlanstehenden Ernste«, de« Du alsMüffeligkeit" treffend zu be- zeichnen pflegtest, völlig entäußert. Sie blickt jetzt mit rhren ftüher immer züchtig zu Boden geschlagenen Augen dreist um sich, zeigt, beständig unausstehlich lächelnd, ihre gesunden Zähne und zieht sich mit einer adretten Sorgfalt an, die mir zwar an sich nicht mißfällt, aber doch ungehörig geschriebene. Und wo es den Arbeitern nicht möglich ist, ihre Angelegenheit mündlich zu besprechen, da sollten fie fich um so mehr der schriftlichen Besprechung zuwenden. Preß- und Versamm- lungsfreiheit find einander ebenbürtig, und doch scheint dies von vielen Arbeitern nicht zur Genüge beherzigt zu werden. Wem es nicht möglich ist. für seine Ueberzeugung zu sprechen, der hat vielleicht die Möglichkeit, seiner Meinung mittelst eine« gedruckten Wottes Ausdruck zu geben. Und das sollte mehr wie bisher geschehen. Uederall da, wo die Arbeiter ein Blatt haben, welches es fich zm Aufgabe gemacht hat, für fie einzu- treten, muß es auch ihre Aufgabe sein, für die weiteste Ver- breitung desselben Sorge zu tragen. Wer das unterläßt, der darf nicht von fich behaupten, daß er seine Pflicht als aufge- klärter Arbeiter erfüllt hat. Tausende und aber tausende von Arbeitern lesen solche Blätter, welche nur scheinbar arbeiter- freundlich find, faktisch aber direkt gegen die Interessen der Arbeiter wirken. Das hat fich namentlich erst wieder in der letzten Zeit recht deutlich gezeigt, bei der DiSkusfion über die Eonntagsarbeit und den Marimalarbeitstag. Außer demBerliner Volksblatt" existitt in Berlin nicht ein Organ, welches für diese nothwendigen Arbeiterfordemngen eingetreten wäre und doch sollte man es für möglich halten? lesen die Arbeiter ruhig andere Blätter weiter. Nimmermehr könnte das geschehen, wenn alle überzeugten Arbeiter mehr Energie entwickelten und ihre Kollegen über dies Mißverbältniß aufzuklären suchten. Es ist absolut nothwcndig, daß die Blätter, welche für ernstliche Eozialreformen eintreten, auch den ihnen gebührenden Platz unter der Taaespresse einnehmen. Wer dazu nicht beiträgt, wer theilnahmslos zusteht, wo es gilt Hand und Fuß zu rühren, der versündigt fich gegen fich selbst wie gegen seine Mitarbeiter und hat kern Recht, stch darüber zu be- klagen, daß nichts zur Verbesserung seiner Lage geschieht. Die Vereinigung Magdeburgs mit Neustadt Magde- bürg ist durch folgende Kabinett ordre genehmigt worden:Auf den Bericht vom 8. September d. I. will Ich die Vereinigung der Stadtgemeinden Altstadt-Magdeburg und Neustadt-Magde- bürg zu erner Stadt gemeinde hierdurch genehmigen. Karlsmhe, den 12. September 1885. gez. Wilhelm, gegengez. v. Puttkamer . An den Minister des Innern." Zur WäbrungSfrage hat die Delegitten-Versammlung deS Zentralveroandes deutscher (Groß-) Industrieller folgenden Beschluß gefaßt: In Erwägung, daß in Bezug auf die Währungsfrage nach den heutigen Erötterungen im Zenttal- verbände deutscher Industrieller noch verschiedene Meinungen darüber bestehen, od dem Besten der deutschen Gewcrdthättg- keit die Gold- oder internationale Doppelwährung mehr ent- spricht, hält die Delegitten-Versammlung für angezeigt, eine Abstimmung über die vorliegenden Antrage zu unterlassen und beschließt» dagegen, eine Untersuchung der Frage durch Be« fragung der Unterverbände eintreten zu lassen und beauftragt das Präsidium, in geeigneter Weise eine Untersuchung in die Wege zu leiten. Zu den Ausweis angen. Ein Posener Einwohner, wel« cher die Aufforderung erhalten, zum 1. Oktober d. I. die preußischen Lande zu verlassen, hatte fich an die Polizeibehörde zu Hamburg mit der Anfrage gewendet, ob er stch dort nieder- lassen könne, und hat hierauf unter dem 4. September d. I. folgenden Bescheid erhalten: In Beantwortung Ihrer Anfrage vom 30. August d. I. benachrichtigen wir Sie hiermit, daß nach Ihrer Ausweisung auS Posen Ihnen der Aufenthalt Hierselbst schwerlich gestattet werden wird. Wir rathen Ihnen deswegen, Ihre Reise nach Hamburg aufzugeben. DiePosener Zeitung", der wir ObtgeS entnehmen, be- merkt dazu: Es wird durch diesen Bescheid unsere bereits früher ausgesprochene Anficht bestätigt, daß die aus Preußen gcgenwättiz Ausaewiesenen nicht darauf rechnen dürfen, daß ihnen der Aufenthalt in einem anderen deutschen Staate ge- stattet werde. Aus dem Königreich Sachsen wurde dies bereits früher mitgetheilt. Zur Krise in den Balkanländern liegt heute eine wich- tige Nachricht im englischenStandard" vor. Derselbe be« hauptet, daß unter den Mächten bereits folgendes Einvernehmen bezüglich des Verhaltens gettoffen sei: Die Mächte rathen der Pforte, die Vereinigung von Bulgarien und Ottrumelien unter der Suzeränität deS Sultans anzuerkennen. DaS Ver­langen der übrigen Balkanstaaten nach Gebietszuwachs soll erscheint. Ich habe sie auf diese' Unzukömmlichkeiten wiederholt aufmerksam gemacht ohne heftig zu werde«. Ich habe meinen innerlichen Unwillen bezwungen und bin sogar sehr freundlich gewesen. Da aber meine Ermahnungen nicht fruchteten, habe ich, unter Berufung auf die Be- stimmung unseres Landrechtes, welche der Herrschaft da« Recht einräumt, dem widerspenstigen Gesinde eine gesunde Züchtigung zu Theil werden zu lassen, ihr heute die Wangen geklopft. Sie schien sehr überrascht zu sein, sie drohte drohte mir! sie wolle Dir Alles nach Kissingen schreiben! Ob sie e« gtthan und welche lügnensche Darstellung sie dem Vorgänge gegeben hat, weiß ich nicht. Jedenfalls sollst Du gleichzeitig die Wahrheit von mir hören. DaS Unglück will, daß in den heiße» Tage« geschäft- lich Alles still ist. Ich brauche mich daher nicht zu beeilen, auf da« Komptoir zu gehe», und kann viel früher als sonst meine meine Arbeit erledigen. Vor elf Uhr komme ich selten auf da« Bureau und wegen der großen Hitze habe ich es von zwölf bis sechs Uhr immer schließen lassen. WaS mache ich nun mit all der freien Zeit? Zu Hause duldet eS mich nicht. Da ist es gar zu melancholisch, da werde ich zu sehr an Dich erinnert, die meinem Glücke fehlt! Ich versuche mich zu betäuben. Am Tage suche ich den er- quickenden Schlaf, und Abends stürze ich in den Strudel der sogenannten Vergnügungen? Du lieber Gott ! Al» ob lustiger Gesang, fröhliche Weisen, das heitere Wogen der müßige« Menge, hübsche Mädchen und elegante Frauen, Ausflüge in die waldige Umgebung mit übermüthigen Frmn - den einem armen Orpheus, der sich nach serner Eurydike sehnt, Labung bringen könnten! WaS die Männer an diesen Vergnügungen finden ich begreife eS nicht! Und wenn ich bedenke, daß ich der- einst, bevor ich Dich, mein Glück, mein Alles, besaß, an diesen schalen Vergnügungen mich ergötzen konnte! Weißt Du, wie sie eS treiben jene ruchlosen Männer, die ihre« Frauen lange Briefe schreiben von Zärtlichkeiten und er- heuchelter Sehnsucht? Sie versäumen ihr Geschäft, um irgend eine Suite mitzumachen! Sie verabrede« mit Gleichgesinnte« und Damen, die sie Gott weiß wie und wo flüchtig kenne» gelernt habe«, Pattien nach dem Wann-