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Nr. 240.

Mittwoch, den 14. Oktober 1885.

II. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner Volksblatt00

erfcheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Pf. 46, Bostabonnement 4 M. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)

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Insertionsgebühr

beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 f. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 the Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., 3immerstraße 44, sowie von allen Annoncess Bureaux , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Redaktion: Beuthstraße 2. Expedition: Jimmerstraße 44.

Deutsch- Freifinniges.

Den Deutsch - Freifinnigen scheint vor den bevor tehenden Landtagswahlen das Herz vollständig in die Schuhe gefallen zu sein. Selbst von dem aller dürftigsten Programm haben sie Abstand ge

nommen.

"

Nur die Freis. 3tg." brachte vor einigen Tagen eine Art von Programm", welches aber mehr für die Reichs­tagswahlen, als für die preußischen Landtagswahlen paßt. tr. 158 Deshalb hat es auch etwas mehr Interesse für uns. I.I.[ 24 Daß dieses Programm" die Förderung der Volks­r, teine wohlfahrt und die Hebung der arbeitenden Klassen betont, 12 ist wohl selbstverständlich. Wir haben noch niemals ein th.[ 2 freisinniges Glaubensbekenntniß gehört, in welchem nicht das

Wambe

2.

" 1

warme Herz für den Arbeiter betont worden wäre. Die Sache liegt aber in der Praxis so: das warme Herz" für den Arbeiter, der warme Pelzübers zieher für den Deutsch Freisinnigen. Das ist [ 2 praktische Wirthschaftspolitik auch dieser Partei, die sich in mit dieser Hinsicht völlig deckt den Bestrebungen Tif der übrigen konservativen und liberalen Parteien, eins 2 schließlich der Partei des Zentrums.

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In Bezug auf das warme Herz" und den warmen Belzüberzieher find sie Alle einig, Alle, Alle! Daß die Freifinnigen im Steuersystem Gerechtigkeit wollen und die Entlastung der nothwendigsten Lebensbedürfnisse, ist ja an und für sich recht schön, aber sie sagen nicht, welches Steuer­fystem sie haben wollen. Sie gehen um eine durchgreifende progressive Einkommensteuer herum, wie die Kaze um den heißen Brei. Wenn man aber keinen Ersatz für die drücken­ben indirekten Steuern angeben fann oder angeben mag, bann ist es doch nicht genügend, einige Millionen von dem Militäretat zu streichen, dann müßte derselbe konsequenter­weise von den Deutsch Freisinnigen mindestens um den Be trag beschnitten werden, den die Steuern und 3ölle auf nothwendige Lebensmittel ausmachen. Dafür aber hüten sich bie tapfern Freifinnigen.

Sie verlangen nur ,, möglich ste Abkürzung der Diensts zeit." Ueber das möglichst entscheidet natürlich der preu Bische Kriegsminister und Graf Moltke. Denn, wenn die Freifinnigen darüber entscheiden wollten, resp. der Reichstag barüber entscheiden sollte, so würde das Progamm boch eine bestimmte Dienstzeit angeben. Aber nein! Alles Halbheiten!

Die deutsch - freifinnige Partei will, daß das geheime, allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht keinerlei Ein­schränkung erleide fie verlangt aber nicht, daß das all gemeine gleiche und geheime Wahlrecht auf die Wahlen

And serboten.]

2]

-

Feuilleton.

Die Hand der Nemesis.

Roman

Don Ewald August König

. ( Fortsetzung.)

Er betrachtete es als seine Pflicht, die Beziehungen Willibald Rabe's zu seiner Schwester und deren Tochter zu beobachten und die Damen gegen die Tyrannei eines Ver­schwenders zu beschützen.

Das war nun allerdings ein etwas romanhafter und abenteuerlicher Gedanke, aber das Bild Arabella's hatte ihn heraufbeschworen, und die Seele des Jünglings hielt voll freudiger Hoffnung an ihm feft.

Siegfried war, während er über dies Alles nachdachte, bereits auf dem Wege zur rothen Traube.

Er pflegte hier jeben Morgen vor dem Mittagstisch eins zukehren, um im Kreise seiner Freunde und Kollegen über städtische und politische Neuigkeiten zu plaudern, Meinungen auszutauschen und neue Anregung zu holen. Und heute sollte er in diesem Kreise einem Herrn be­gegnen, dessen persönliche Bekanntschaft zu machen er gerade in dieser Stunde gewünscht hatte dem Bruder der Ge­neralin.

Der Veteran des fleinen Becherkreises, ein alter Justiz­rath, hatte ihn mitgebracht, er stellte die beiden Herren

-

einander vor. " Herr Gutsbefizer Willibald Rabe-Herr Assessor Siegfried v. Studmann!" Siegfried verbeugte sich leicht, dann warf er einen raschen, forschenden Blick auf die hohe, schlanke Gestalt, die mit dem vollendeten Anstande eines Ravaliers ihm gegenüberstand. Das blaffe, von Leidenschaften durchfurchte Antlig mit dem unftäten, stechenden Blicke hatte etwas unangenehmes für ihn, und Siegfried erinnerte fich unwillkürlich der Be­hauptung seines Vaters, daß dieser Mann selbst vor einem

zum Abgeordnetenhaus und zur Stadtverordnetenversammlung ausgedehnt werde.

Also wiederum Halbheiten, nichts als Halbheiten! Dann aber will die deutsch - freifinnige Partei noch, neben einigen höchst gleichgiltigen Dingen, die Gleichheit vor dem Gesetz und zwar ohne Ansehen der Person und der Partei.

zu Gebote steht, das unabhängige Bürgergefühl zum Kampfe anruft gegen die Reaktion, so ist er nicht der wahre Mann dazu, da auch er in entscheidender Stunde dieses unabhängige Bürgergefühl schnöde verrathen hat.

Doch genug! Die deutsch freisinnige Partei ist aus lauter Halbheiten zusammengesetzt; die Partei ist derart verfahren, daß sie programmlos dahinfiecht. " Gott hab' fte selig!"

halten, wie oft aber follen wir betonen, daß die deutsch Dir Berliner Zeitung und der Normal­

Diese lettere Forderung bezieht sich augenscheinlich auf das Sozialistengeset. Wie oft aber sollen wir betonen und wir werden es so oft und so lange thun, wie die deutsch - freisinnigen Programme" derartige Phrasen ent­freifinnige Partei diesen Programmpunkt in eklatanter Weise längerung des Sozialistengesetzes? Diese Thatsache möchte verletzt hat bei der letzten Abstimmung über die Ver­besonders Herr Richter aus der Welt schaffen, aber solche Dinge lassen sich nicht ungeschehen machen, und da Herr Richter die Marodeure seiner Partei nicht ausgeschlossen hat oder selbst aus einer so tief gesunkenen Partei ausgeschieden ist, so ist er mitverantwortlich für den Schlag, den die " Freifinnigen" der Freiheit frech ins Angesicht versetzt haben. Da hilft kein Drehen und Deuteln. Mitgefangen, mitgehangen an den moralischen Galgen für politische Feiglinge.­

Und dabei klingt es wie purer Hohn, wenn gerade Herr Rickert, selbst einer der Marodeure, jetzt auf dem kürz lich in Nordhausen stattgehabten deutsch freisinnigen Partei­tage fich an die Brust schlägt und alle Liberalen und Frei sinnigen mit Donnerstimme auf die Warte ruft, die Freiheit zu vertheidigen.

Uebrigens war die Rickert'sche Rede, ähnlich wie das Richter'sche Programm" auch mehr auf die Reichstags­wahlen berechnet, als auf die bevorstehenden Landtags­wahlen.

Er sprach von der Wirthschaftspolitik, von Kranken­und Unfallversicherungskassen, von Sozialpolitik und in­direkten Steuern, von Eisenbahnfahrkarten und Diäten­prozessen, dann von dem Stolze des fest en patriotischen Bürgers und der großen liberalen Partei, vom Liberalis­mus, der festgefettet ist mit dem preußischen Staate und seinem großen Staatswesen.

Was soll nun eigentlich solches Gerede angesichts der gradezu kläglichen Verfassung des gegenwärtigen Liberalismus und der gesaminten liberalen Parteien bedeuten?

Wenn der Liberalismus an unserem großen Staate" festgekettet ist, was hat's dann für Noth; wir aber sehen täglich, daß der Konservatismus festgefettet ist an Preußen und dem Deutschen Reich und wissen, daß die Liberalen, voran Herr Nickert diesem Festketten den erdenklichsten Vor­schub geleistet haben durch ihre Flauheit und Lauheit.

Und wenn Herr Rickert mit allem Pathos, welcher ihm

Verbrechen nicht zurückschrecken werde, wenn er keinen ans deren Weg zur Erreichung seines 3weckes sehe.

Und dieser stechende Blick ruhte jett lauernd auf ihm, als ob er versuchen wolle, in die innersten Tiefen seiner Seele einzubringen.

Sehen die Herren sich heute zum ersten Male?" fragte der Justizrath scherzend. Wissen doch, Assessor, daß Herr Rabe Bruder der Frau Generalin v. Stuckmann ist."

Die Herren v. Studmann haben sich mit einer Ron­sequenz, die einer besseren Sache würdig wäre, uns bisher fern gehalten," sagte Rabe, während er den Assessor durch Meine eine Handbewegung einlud, Platz zu nehmen. Schwefter hat das oft bedauert, aber die Eigenthümlichkeiten und Sonderbarkeiten des Herrn Oberst verlangen Berücksich tigung, und beshalb wurde von unserer Seite kein Verfuch gemacht, die Kluft zu überbrücken."

Das klang so feindselig und zugleich so anmaßend hochmüthig, daß dem Assessor die Gluth der Entrüftung in die Wangen stieg.

Wir hatten bisher keine Veranlassung, der Frau Ge neralin einen Besuch zu machen," erwiderte er mit einem herausfordernden Blid auf Rabe, und was mich persönlich betrifft, so gestehe ich ein, daß ich selbst bebauere, mein Versprechen noch nicht eingelöst zu haben. Ich war schon oft auf dem Wege, aber stets wurde ich verhindert, meinen Vorsatz auszuführen."

"

So dürfen wir wohl in der nächsten Zeit auf die Ehre rechnen?" fragte Rabe, und der Ton, den er jeßt an­schlug, ließ einen leisen Spott durchblicken.

" Ich werde mir in den ersten Tagen die Ehre geben," erwiderte Siegfried mit einer leichten Verneigung.

Wollen' mal auf gute Freundschaft anstoßen," sagte der Justizrath. Kann nicht wissen, was noch wird, Frau­lein Arabella, famose Partie, Affeffor!"

Rabe lachte, aber sein Blid streifte abermals lauernd das erglühende Antlig des jungen Mannes, der seinen Un­willen über diese Indiskretion des etwas allzu redseligen Freundes nicht verhehlen konnte.

fried."

,, Der Scherz war etwas unüberlegt," erwiderte Sieg­

arbeitstag.

II.

Die Berliner Zeitung " versucht nun in folgender Weise gegen den Marimalarbeitstag weiter zu argumentiren:

"

Wenn man aber einen Durchschnitt, ein Normalmaß an nehmen soll, wie kann man daffelbe etwa feftfeßen? Es liegt auf der Hand, daß jede Bahl hier ein Ergebnis der Willkür ist. Die deutsche Sozialdemokratie nimmt augenblicklich zehn Stunden als Marimum ar; Desterreich und die Schweiz haben gesetzlich ein zwölf stündiger Normal- Arbeitstag: in den Ver­ den elf stündigen Normal- Arbeitstag; in Frankreich besteht einigten Staaten gab es für die Regierungsbetriebe zeitweise gefeßlich a cht stündige Arbeitszeit; während bei uns Herr von Hertling an elf Stunden festhält, forderte im deutschen. Reichstag 1869 die konservative Bartei durch Herrn v. Brauchitsch den zwölf stündigen Normal- Arbeitstag. Wir gestehen, daß wir keine Möglichkeit sehen, einen Maßstab für eine feste Bea grenzung zu gewinnen. Denn warum zwölf, warum elf, warum zehn Stunden? Warum nicht neun? Oder acht? dieser Biffern fann jeden Augenblick durch veränderte Die eine Biffer ist genau so willkürlich wie die andere. Jede Wirthschafts- Verhältnisse bedeutungslos werden. Denn wenn ohnehin nicht länger wie die gesetz­liche Normalzeit gearbeitet wird, wozu bedarf es dann erst des staatlichen Verbots? Jedenfalls erfüllt dasselbe dann nicht den Zwed, eine Abkürzung der Arbeitszeit herbeizus führen."

Also weil von den verschiedenen Parteien in Bezug auf die Länge des gefeßlichen Arbeitstages ungleiche Vorschläge gemacht worden sind, deshalb steht die Berl. Beit." nicht die Möglichkeit, eine feste Grenze zu finden! Wenn wir nicht wüßten, daß es diesem Blatte nur daran liegt, den Arbeitern weiß zu machen, daß der Marimalarbeitstag ein Ding der Un möglichkeit sei, so würden wir annehmen, daß der Artikel­schreiber den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen kann. Warum prüft das Blatt nicht zunächst den Vorschlag der Ar denn die Arbeiter nicht am tompetenteften, wenn es sich um beiter, einen zehnstündigen Arbeitstag einzuführen? Sind ein Gesez bandelt, welches ihre Lage verbessern soll? Soviel muß das Blatt doch wissen, daß die Arbeiter ihre Vorschläge nicht ohne Rücksicht auf die thatsächlichen Verhältnisse machen! Der Hinweis, daß ein geseglich festgestellter Arbeitstag durch

Nicht übel nehmen!" brummte der Justizrath. Rede aus Erfahrung, würde auch in dieser Verbindung

Mit einem betroffenen Blicke auf den Gutsbesitzer brach er ab; Rabe mußte ihn wohl durch ein heimlichen aber fühlbaren Wink darauf aufmerksam gemacht haben, daß es rathfamer für ihn war, zu schweigen.

Sie führen auf dem Gute wohl ein sehr stilles und zurückgezogenes Leben?" fragte Siegfried.

Rabe.

,, und woraus wollen Sie das schließen!" erwiderte

,, Daraus, daß ich bisher noch nicht das Vergnügen hatte, Ihnen zu begegnen. Die Damen lernte ich erst im ver? gangenen Winter kennen; Sie waren wohl nicht auf dem Balle des fommandirenden Generals?"

Nein, ich hatte eine Einladung erhalten, aber ich war verhindert." ,, Damen allein gehen lassen?" fragte der Justiza rath. Unverantwortlich, würde meine Frau nicht gethan haben!"

"

Die Damen fuhren in eigener Equipage hin und zurück," versetzte Rabe achselzuckend, und ich denke, ein Rutscher und ein Latai genügen, zwei Damen zu beschützen. Ueberbies ist meine Schwester eine energische Dame, der gegenüber Niemand die Grenzen der Höflichkeit und des Anstandes überschreiten wird. Und was Ihre frühere Frage betrifft, Herr Assessor, so mögen Sie wohl in anderen Kreisen sich bewegen, darin wäre die Erklärung dafür, daß wir einander heut zum ersten Male begegnen, zu suchen." Siegfried nickte zustimmend, die Frage selbst war ihm gleichgiltig, als daß er sich für eine ausführliche Erörtes rung derselben hätte intereffiren können.

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Er wollte diesen Mann beobachten, und um das zu fönnen, mußte er sich mit ihm, wenn auch nur äußerlich, auf einen freundschaftlichen Fuß stellen, er durfte seine Ab­ficht nicht verrathen, wenn er die Erreichung seines 3wedes nicht vereiteln wollte.

Er war schon jetzt zu der Ueberzeugung gelangt, daß es ihm schwer fallen würde, diesem Manne Freund