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Nr. 297.
Sonnabend, den 19 Dezember 1885.
II. Jahrge
Berliner Volksblatt.
Organ für die Interessen der Arbeiter.
Das Berliner Volksblatt
erfcheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtages.
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81 Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 f. Boßabonnement 4 M. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 f. ( Eingetragen in ber Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)
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Redaktion: Beuthstraße 2.
Zu den Wahlprüfungen im
Reichstage.
Bekannt ist, daß besonders im deutschen Reichstag die Wahlprüfungen den Abgeordneten viel zu schaffen machen. Nicht allein, daß ziemlich viel Arbeitskraft verpufft wird, bie Wahlprüfungen kommen auch vielfach nicht zum genügenben Abschluß, weil die Regierungsorgane bei den noth wendigen Erhebungen nicht gerade einen besonderen Eifer an den Tag legen.
Ist es doch vorgekommen, daß drei Tage vor Schluß ber Legislaturperiobe eine angefochtene prinzlich- konservative Wahl für ungiltig erklärt werden sollte, aber der Mandats träger höhnisch lächelnd vier Tage vor Schluß sein Mandat nieberlegte.
Ist es doch vorgekommen, daß die beanstandete Wahl eines fortschrittlichen Abgeordneten, der nur ca. 30 Stim. men mehr als sein sozialdemokratischer Gegner erlangt hatte, gar nicht zur endgiltigen Prüfung tam, weil das Aftenmaterial an den Reichstag nicht zurückgelangte, und Behörden und Reichstag kein sonderliches Interesse an der Be treibung der Wahlprüfung zeigten.
Das sind Uebelstände, denen natürlich abgeholfen wer ben muß. Man hat nunmehr im Reichstage bekanntlich das Wahlprüfungsverfahren dadurch zu erleichtern und zu be Schleunigen versucht, daß man den 14 Mitgliedern in der Wahlprüfungskommission noch 7 Hilfsarbeiter" zur Vers fügung gestellt hat. Aber wir glauben nicht, daß dies viel belfen wird, da ja von diesen Herren die Beschleunigung der Regierungserhebungen gar nicht abhängt.
W
So lange nicht ein Beschluß gefaßt und vom Bundesrath afzeptirt wird, daß ganz unbestimmte Fristen bei den Wahlprüfungen und Regierungserhebungen gelten, so lange werben wir die alte Misere beibehalten. und es wird noch oft vorkommen, daß manche Wahlkreise völlig zu Unrecht vertreten sind, es wird noch öfters vorkommen, daß die ärgsten Wahlbeeinflussungen ununtersucht bleiben, wodurch natürlich zu weiteren Wahlbeeinflussungen förmlich angeSpornt wird.
Aber, so traurig auch diese Verhältnisse sind, so foll man den Teufel doch nicht durch den Beelzebub auszutreiben versuchen.
Und dieser Versuch wird jezt von reaktionärer Seite wieder einmal gemacht.
Schüchterne Andeutungen haben wir auch schon im Reichstage selbst gehört, daß man demselben die läftigen Bahlprüfungsgeschäfte überhaupt abnehmen und dieselben einer juristischen Körperschaft übertragen solle. In der Geschäftsordnungs- Kommission, der in der vorigen
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end verboten.]
Feuilleton.
Die Hand der Nemesis.
Roman
Don
Ewald Auguft König. ( Fortsetzung.)
Und er wurde bestätigt, durch den plötzlichen Tob
"
Georgs. fredt. Wer hat Ihnen das gesagt?" fragte Arabella er
Ist es nicht die Wahrheit? Hatten Sie nicht die ge
richtliche Untersuchung beantragt?"
Ich leugne das nicht, aber mein Verdacht fiel auf einen anderen."
" Auf den Rammerdiener!"
Insertionsgebühr
beträgt für bie 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inferate werden bis 4 the Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., 3immerstraße 44, sowie von allen Annoncens Bureaux, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.
Expedition: Zimmerstraße 44.
Seffion des Reichstages verschiedene Abänderungsvorschläge zu den Wahlprüfungen zur Vorberathung überwiesen worden waren, wurde ausdrücklich das Reichsgericht als die betreffende juristische Körperschaft bezeichnet. Doch wurde der Abänderung der Wahlprüfungsgeschäfte nach dieser Richtung hin nicht näher getreten und man einigte sich in der Geschäftsordnungs- Kommission über die oben erwähnten 7 Hilfsarbeiter".
Jeßt aber tritt in der Presse wieder der Vorschlag scharf
in den Vordergrund, die Wahlprüfungen einer juristischen
Körperschaft zu überweisen.
Durch die Entscheidung einer juristischen Körperschaft würden die Wahlprüfungsdebatten im Reichstag schwin den; diese aber sind überaus wichtig und wirken nach und nach beffer gegen die Wahlbeeinflussungen, als die Ents scheidungen der Gerichtshöfe, gegen die bekanntlich nach alter Gewohnheit selbst der Reichstag nicht polemifiren darf.
Was würde durch diese Veränderung des Wahlprü fungsverfahrens denn eigentlich erreicht?
Die ganze Frage wäre aus der Deffent=
lichkeit gedrängt und das Urtheil einzelner Perrückentöpfe würde an die Stelle des Rechtsgefühls der Nation
Der Vorschlag für den deutschen Reichstag kommt übertreten. Wien . Doch das ist gar nichts Neues. In Wien gerade hat der deutsche Reptilienfonds große Macht und Artikelund Broschürenschreiber sind leicht zu finden.
Für Desterreich nämlich ist die ganze Wahlprüfungs. frage gar keine brennende; ebenso wenig wie für alle aus Klassen- und 3ensuswahlen, besonders aber aus indirekten Wahlen hervorgegangenen Rörperschaften. Nur bei allgemeinen, direkten Wahlen, wo die Leidenschaften erregter find und große Ziffern aufmarschiren, sind die Wahlprüfungen schwieriger und von großer Bedeutung.
Deshalb wird der Vorschlag des Wiener Staatsrechts lehrers Dr. Heinrich Jaques, die Wahlprüfungen in den österreichisch ungarischen Parlamenten einer juristischen Rör perfchaft zu überweisen, nicht nur von unseren deutschen unfehlbaren und vielfach dünkelhaften Staats- und Rechtslehrern, sondern auch von unseren Offiziöfen mit Freuden entgegengenommen und jedenfalls noch weiter ordentlich ausgeschlachtet werden.
So finden wir schon in der Allg. 3tg." einen längeren Artikel, der sich mit der Frage beschäftigt, und ausdrücklich fich mit ihr befreundet, besonders in Hinsicht auf den deutschen Reichstag.
Das wäre einfach eine Verschlimmerung!
Versuche man alfo, im Reichstage selbst das Wahl= prüfungsverfahren zu ändern, gebe man aber dieses Recht, trotzdem es, wie wir nachgewiesen haben, mit vielen Uebel ständen verknüpft ist, nimmermehr aus den Händen. Möge der sonst so schwache Reichstag hier wenigstens der Realtion widerstehen und seine allerdings geringe Souveränetät" wahren.
"
sehr versumpft" find, daß sie nicht einmal mehr ihre Ob aber die maßgebenden Parteien nicht schon so eigenen Rechte und das gute Recht des Reichstags wahren können, darüber wagen wir nicht, ein abschließendes Urtheil zu sprechen.
Schlimm genug sieht es freilich damit aus.
Politische Uebersicht.
Das Berhalten der Regierungsvertreter bei den Kommiffionsberathungen über das von dem Abg. Auer und Ge noffen eingebrachte Arbeiterschußgefeß ist recht bezeich nend. Es geht aus demfelben zur Genüge hervor, daß die Regierung durchaus nicht Willens ist, den in diesem Geset entwurf ausgesprochenen Forderungen der Arbeiter Rechnung Der Artikel tranft übrigens an dem großen Fehler, zu tragen. Die Gründe, welche gegen die Bestimmungen des daß er keinen Unterschied macht zwischen den aus allge- Entwurfs angeführt worden, find unserer Ansicht nach sehr meinen und direkten Wahlen hervorgegangenen Parlamenten wohl ohne große Schwierigkeiten zu überwinden, namentlich ist der Hinweis, daß das Reich nicht in die Verwaltung der Eina und denen, die aus Zenſus- und Klaſſenwahlen hervor selftaaten eingreifen könne, ganz unzutreffend. Die Selbſtvera gegangen sind, obwohl wir auch den letzteren die Wahl- waltung der Einzelstaaten soweit solche nach der Reichsver prüfungen selbst überlassen und sie keinem Gericht übergeben faffung besteht faffung besteht würde durch Einführung der im Schußge fete verlangten Inftitutionen nicht tangirt werden und darum. wollen. fönnte es fich doch nur handeln. Die untergeordneten Fragen ließen fich mit Leichtigkeit lösen, wenn einmal der st itte Wille
Ein Gerichtshof kann unseres Erachtens nur nach einem Additionserempel und nach rein äußerlichen Eins brücken entscheiden; er steht den Wahlkämpfen allzufern, um die Wahlbeeinflussungen richtig verstehen zu können- er würde dieselben lediglich nach den S.rafparagraphen auffassen. Und diese sind sehr wenig schüßend. Die moralische und politische Seite folcher Wahlbeeinflussungen würde der Gerichtshof ganz aus dem Spiele laffen.
Und darauf kommt es doch in der Hauptsache an. und ein bittender Blick traf ihn aus ihren Augen ,,, laffen Sie die Sache ruhen, ich fürchte, es ist schon zu viel darin geschehen."
Und weshalb fürchten Sie das?" fragte der Assessor. " Für Mama wäre es ein furchtbarer Schlag, und geändert würde durch ihn nichts. Es ist so manches Verbrechen ungefühnt geblieben, so möge denn auch von diesem ber Schleier nicht gehoben werden. Wir wissen ja nicht einmal, ob überhaupt ein Verbrechen vorliegt, es ist immerhin möglich, daß der alte Mann in einem Anfall von Geistes störung oder Lebensüberdruß sich den Tod gegeben hat, und ist dies der Fall gewesen, dann wäre es entfeßlich, einen Schuldlosen eines solchen Verbrechens anzuflagen."
,, Thue ich denn das, Bella?" fragte Siegfried begüti gend, während sie langsam in den Park hineinschritten. Ich wünsche und verlange ja nichts weiter, als die Wahrheit zu
ermitteln-"
Und dabei leitet Sie ein Verdacht, der zuletzt zur Anklage führen muß."
Doch wohl erst dann, wenn Beweise ihn unterGiebt es nicht auch Scheinbeweise, durch die selbst der
Ich erwartete, daß er verhaftet würde," fuhr Arabella gebantenvoll fort, und als ich in dieser Erwartung mich getäuscht fah, da nahm ich an, daß ich mich doch geirrt flüßen." haben müsse. Joseph hat später in der Gesindestube felt
fame Reben geführt, deren Sinn mir unklar blieb, wie dem unbefangenste Richter sich täuschen lassen kann?"
Dienstperfonal.
" Hat die 3ofe Ihnen das berichtet?"
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Marianne theilte es mir mit, Franziska war stets bemüht, den Kammerdiener von jedem Verdacht zu reinigen." Wie sollte sie auch nicht, sie ist ja seine Braut!" " Seine Braut?" erwiderte Arabella überrascht. Beiben werden binnen Kurzem eine Gastwirthschaft übers So hat man mir gesagt," nickte Siegfried, die
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Ja, Arabella, es giebt solche Beweise, und da ist es Sache des Untersuchungsrichters, die Wahrheit festzustellen." Gelingt das immer, Siegfried?"
" Ich weiß es nicht, so reich sind die Erfahrungen noch nicht, die ich gemacht habe. Aber das weiß ich, daß es meine heiligste Pflicht ist, dieser Aufgabe jebes Opfer zu bringen."
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Jebes Opfer?" wiederholte Arabella Kopfschüttelnd. Der vorliegende Fall forbert folche Opfer nicht, Mama hat ja selbst den Wunsch ausgesprochen, daß Sie die Atien " So gerne ich auch diesem Wunsche entspräche, ich darf
„ Das muß wohl auch ein leeres Gerücht sein, sie haben Beide teine Mittel," sagte Arabella, während ihr Blick schließen mögen." thuerei, man weiß ja, wie sehr diese Leute sich in die Brust es jetzt nicht mehr."
zu werfen lieben."
,, Es fönnte boch etwas mehr dahinter steden," ers
widerte Siegfried ernst, und deshalb wäre es rathsam
"
Was hindert Sie daran?"
Meine Pflicht und mein Gewissen."
Eine leichte Falte des Unmuths zeigte sich zwischen den
,, Nein, nein, Siegfried," bat das schöne Mädchen rasch, feinen Brauen Arabella's.
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dazu vorhanden wäre. Seit Jahren wurde vom Regierungstische aus immer behauptet, daß von Seiten der Arbeitervertreter noch niemals praktisch durchführbare Vorschläge gemacht wor den seien, es wurde zugleich angedeutet, daß die Regierung von der jämmerlichen Lage des arbeitenden Bolles, großen Maffe Der Staatsbürger, überzeugt sei und nicht abgeneigt wäre, entsprechenden Reformen ihre Bu stimmung zu geben. So unzutreffend nun auch obige Bes
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Dann wäre jede weitere Bitte nuplos," ers widerte sie.
Sie zürnen mir, Bella," sagte Siegfried mit leisem Vorwurf, und doch handelt es sich hier nicht so sehr um die Entlarvung eines Schuldigen, als um die Rettung eines Schuldlosen. Sie wissen, der Mann, dem man die Ers mordung des Doktor Wieland aufgebürdet hat, ist verhaftet, und dieser Mann, ich sage Ihnen das Alles im vollen Ver trauen auf Ihre Verschwiegenheit, ist nach meiner innersten Ueberzeugung schuldlos."
" Dann steht ja seiner Entlassung aus der Haft nichts entgegen!" erwiderte Arabella, von deren Stirne der Schatten nicht schwinden wollte.
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Wäre das wirklich der Fall, so würde er bereits ent lassen sein," fuhr Siegfried fort, aber Scheinbeweise, wie Sie vorhin es nannten, thürmen fich gegen ihn auf und nöthigen mich, die Anklage aufrecht zu halten. Die Ges schworenen und die Richter werden aus diesen Beweisen die Ueberzeugung feiner Schuld gewinnen und ihn verurtheilen, und deshalb fann nur Eins ihn retten, die Entdeckung und Ueberführung des wirklichen Verbrechers."
Arabella sah ihn starr an, Entsetzen und fieberhafte Er wartung spiegelten sich in ihren tiefblauen Augen.
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Und auch dieser Verdacht fällt auf den Bruder meiner Mutter?" fragte fie, nach Athem ringend.
Ich kann diese Frage nicht beantworten, ich bin dar über selbst noch im Unklaren. Eines entspringt aus dem Anderen, und ein Verbrechen, welches ungefühnt bleibt, führt oft zu einer ganzen Keite von Verbrechen." ,, Es wäre entfeßlich""
,, Und glauben Sie denn, Bella, daß mir diese Unter suchung Vergnügen bereite? Sie ruht auf mit wie ein brückender Alp, aber ich muß meine Pflicht erfüllen, so schwer es mir auch werden mag. Ich muß es, sollte ich
dabei auch das eigene Lebensglüd opfern! Und ist es nicht eine Forderung der Gerechtigkeit, daß jedes Verbrechen ge= fühnt werden muß?"
Gewiß, aber wäre es nicht beffer gewesen, wenn da mals schon
Bugegeben, Bella, besser gewiß, denn weitere Vera