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Lokales.

r. Bei der letten Submission für Maurerarbeiten zum Reichstagsbau bat es, wie uns aus sachverständigen Kreisen mitgetheilt wird, allgemein Befremden erregt, daß die Vergebung der großen Verbandrüstungen, wie sie zur Her stellung der zur Submission gestellten Maurerarbeiten noth­wendig find, nicht für Bimmermeister, in deren Fach fie zweifellos gehören, sondern gemeinsam mit den Maurerarbeiten, also für Maurermeister ausgeboten find, obwohl nach einem früheren Ministerialerlaß ausdrücklich die Verdingung solcher Arbeiten gesondert nach den verschiedenen Handwertszweigen. ftattfinden soll. Diesen Verstoß gegen einen Ministerialerlag zu rügen, dürfte nun cher Sache der Bureaukratie als der Breffe fein; für lettere ist ein anderer Gefichtspunkt in dieser Angelegenheit besonders beachtenswerth. Dem uuternehmenden Baumeister wird zugleich aufgegeben, die Zeichnungen zur Konstruktion des Gerüftes zu fertigen und dasselbe unter Ueber­nahme aller Verantwortlichkeit bis zum 15. März t. J. aufzu­stellen. Als Entschädigung soll ein Preis pro Quadratmeter der Anfichtsfläche des Gebäudes berechnet werden. Diese Sub­miffionsbedingung muß zur Folge haben, daß die Herstellung des Gerüftes möglichst billig von dem unternehmenden Maurer meister berechnet und das Gerüft möglichst leicht hergestellt wird, das ja nur von dem Unternehmer und seinen Ar­beitern benugt wird. Daß bei der Herstellung eines solchen Gerüftes, das eine ganze Reihe von Jahren bei einem folchen Bau vorhalten muß, die Dauerhaftigkeit und Sicher heit deffelben von größter Wichtigkeit ist, leuchtet ein. Von diesem Gefichtspunkte find die gestellten Submiffionsbedingun gen fo ungünstig wie möglich. Einmal ist die Beit bis 15. März für die Aufstellung des Gerüftes zu kurz bemessen, dann aber leisten die Preisbedingungen der leichtfertigen Her ftellung geradezu Vorschub. Man spricht beständig von der Nothwendigkeit, die Unfallsgefahr für den Arbeiter möglichst zu beseitigen. Bu derselben Beit aber, wo vor dem versammel ten Reichstage der Regierungsvertreter solche Erklärungen ab gab, wurde für den neuen Reichstagsbau eine Aenderung ge­troffen, die mit jenem Grundsage schlechterdings unverein bar ift.

Ein Gang durch die langen Reihen der Weihnachts­buden auf dem Schloßplag zeigt einem lauter mißvergnügte Gefichter. Es ist nichts Angenehmes, bei dieser Witterung vom frühen Morgen bis zum späten Abend in den offenen Buden zu verweilen und obenein ist von einem einigermaßen guten Geschäft keine Rede. An Neuigkeiten ist der diesjährige Weihnachtsmarkt arm. Die böse Schwiegermutter", der haa rige Mann", der luftige Berliner Spaßvogel", welcher ,, vorne pidt und hinten nicht", der reizende Kanarienvogel", welcher nur eenen Froschen loftet und nicht frißt", das ist Alles alt. Neu ist der verrückte Engländer", welcher karrirte Beinkleider und einen langschößigen Rod trägt und den grauen Bylinder but zieht, fich dabei auch ecig verbeugt, wenn man auf sein Gestell drückt. Jener Händler, welcher mit seinen stereotypen Gen Froschen det Stid", allerlei niedliche Kleine Sächelchen anpries und um deffen Bude fich Jung und Alt drängte, ist gänzlich verschwunden. Dagegen haben sich mehrere 25 Pf.. und 50 Pf. Bazare" auf dem Weihnachtsmarkt aufgethan. Un­willkürlich bleibt man stehen, wenn aus einer Bude ein schöner Nachtigallenschlag oder eine Kanarienvogelstimme ertönt. Das foftet nu: 10 Bf., wenn man sich nicht scheut, das fleine In ftrument in den Mund zu nehmen, welches der geübte Fabri lant schon ordentlich probirt hat.

r. Der Weihnachtsmarkt giebt auch unseren Taschen dieben Gelegenheit, ihr Weihnachtsgeschäft zu fördern. An der Ede der Brüderftraße erregte am Donnerstag Nachmittag eine weinende Frau die Aufmerksamkeit der Baffanten. Es war the das Portemonnaie aus der Tasche gestohlen und zwar in Der Art, daß die Kleidertasche mit einem scharfen Instrument zerschnitten war, so daß das Portemonnaie herausfallen mußte; daffelbe war wegen der Tiefe der Tasche auf andere Weise nicht zugänglich gewesen. Die That scheint eine Diebin voll führt und fich dabei einer Scheere bedient zu haben. Die Be ftohlene hatte bemerkt, daß eine Frauensperson ihr eine Beit­lang von einer Bude zur anderen gefolgt war.

Der Forstmeister Kopp in Falkenhagen, einem Dorfe bei Spandau , hat als Amtsvorsteher für jenen Bezirk, dem A. f. d. H." zufolge eine Verfügung erlassen, nach welcher die Kinder während der Kirchzeit auf einem im Dorfe be legenen Tümpel nicht schlittschuhlaufen dürfen. Ferner hat er im Intereffe der Sonntagsheiligung angeordnet, daß die Amtseingesehenen während der Kirchzeit nicht Holz zerkleinern dürfen, auch nicht, wenn es sich um ihren eigenen Bedarf bandelt. Ein Forftläufer ist angewiesen, zu forschen, ob hier gegen gefehlt wird, damit eventuell die Kontravenienten be ftraft werden lönnen. Die Richtigkeit dieser uns gewordenen Mittheilung vorausgefegt, glauben wir nicht, daß sich die Ber ordnungen innerhalb der Befugnisse des Amtsvorstehers halten. und zu diesen Der Wilungsfreis der Ortspolizeibehörden und zu diesen gehört auch der Amtsvorsteher ift durch§ 10 Tit. 17 Th. II. des Allg. Landrechts in seinen allgemeinen Aufgaben fol­ber ersten Stunde erkannt, nicht das Urtheil Anderer, das eigene Urtheil ist für sie maßgebend. Und genau so denkt auch Dein Papa, Siegfried, er hat mich schon oft mit der Frage genedt, ob ich es nicht grausam finde, daß er Dich verlassen habe, und daß Dein Leben jetzt so einsam und trostlos sei!"

Dafür werde ich ihn strafen," scherzte Siegfried, ich werbe ihm beweisen, daß"

Er brach mitten im Saße ab, die Beiden waren auf der Terrasse vor der Thüre des Speisesaales angekommen, und der Blick Siegfrieds fiel auf das rothe Antlig des Obersten, der eben die Champagnerflasche aus dem silbernen Weinkühler nahm, um das Glas der Generalin wieder zu füllen.

Im nächsten Augenblick lag Arabella, über und über erglühend, in den Armen der Mutter.

,, Da haben wir die Bescheerung, meine Gnädigste!" tief der alte Herr in jovialem Tone. Ich sagte Ihnen ja gleich, es sei gefährlich, die beiden Rindstöpfe so muiter­feelenallein in dem Part promeniren zu lassen. Wenn der Funte einmal in die Pulvertonne gefallen ist, dann ist die Explosion nur noch die Frage einer Sefunde."

Die Generalin hörte nicht auf ihn, sie hielt ihre Tochter in den Armen und blickte ihr mit inniger Liebe in die ftrahlenden Augen.

,, Du wirst glücklich werden," sagte fie leise, fegne der Himmel Dich allezeit, geliebtes Kind!"

Und wenn Du sie nicht so glücklich machst, wie sie es berbient, dann soll Dir ein heiliges Gewitter auf's Dach fahren!" fagte der alte Herr, während er die Hand des Sohnes fest in der seinigen hielt. Ich habe mir gedacht, baß es so tommen würde, und ich sage Dir noch einmal, wäre ich zehn Jahre jünger, so hätte ich selbst mir diese Perle erworben."

Siegfried eilte in die Arme der Generalis, und die Augen des alten Herrn leuchteten, als er jetzt auch die schöne Braut tüßte.

Jetzt sind die Bande so feft geknüpft, meine Gnädigste, baß wir selbst sie nicht mehr lösen können," rief er, wir wollen darauf vertrauen, daß dieser Sonnenschein" uns

gendermaßen gelennzeichnet: Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Rube, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publikum oder einzelnen Mitgliedern beffelben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizei". Hiermit vermögen wir die Verbote ebensowenig in Einklang zu bringen als mit den im Einzelnen benannten Befugnissen und Obliegenheiten der fraglichen Instanz. Sollten Strafmandate erlassen werden, so erscheint es gerathen, das Gericht zur Entscheidung darüber anzurufen, ob hier eine Kompetenzüberschreitung, die wir nicht bezweifeln, wirklich

vorliegt.

Eine feine Modiftin aus Berlin , so schreibt die R. J.", welche auf der Rückreise von Paris auf dem biesigen Bentralbahnhof eintraf, mußte 965 M. Strafe an die Steuer behörde bezahlen. Bei den nächsten Einfäufen wird sie wohl Die Angabe der fteuerpflichtigen Waaren nicht vergeffen.

Der Kandidat der Arbeiterpartet für den 34. Rom munalwahlbezirk bei den legten Stadtverordnetenwahlen, Herr Vergolder Böhl, ist vorgestern( Donnerstag) plößlich aus der Arbeit entlassen worden. Die Entlaffung erfolgte angeblich wegen Arbeitsmangel, ein Grund, der um so merkwürdiger ist, als Herr Böhl bereits seit 6 Jabren in der Fabrit A. Königs berger, Brunnenstraße 148, beschäftigt ist.

Gerichts- Zeitung.

Der Mainzer Doppelmord vor dem Schwurgericht. Mainz , den 17. Dezember 1885. Dritter Tag der Verhandlung. Präsident, Landgerichtsrath Berdellé eröffnet um 9 Uhr Vormittags wiederum die Sigung.

Es erscheint zunächst als Beugin die Gastwirthsfrau Müller von Laubenheim : Am 27. August Abends tam der Ange tlagte in meine Gastwirthschaft und verlangte Nachtquartier; da mir der Mann jedoch verdächtig schien, so verweigerte ich ihm daffelbe. Der Mann bat mich, ihn evertuell auf der Bant schlafen zu laffen; er heiße Müller, sei Schuhmacher in Mainz , Gärtnergaffe 85 wohnhaft. Bum Beweise zeigte er mir zwei Schlüffel und sagte: der eine ist mein Hausschlüffel, der an dere der Stubenschlüssel; außerdem bemerkte ich an seinen Fin. gern zwei goldene Ringe. Ich bemerkte dem Mann, wenn er aus Mainz sei, dann könne er noch heute zurückfahren, der Bahnhof liege ganz nahe von hier, der erste Bug gehe erst in 8 Minuten nach Mainz . Der Angeklagte erklärte mir, trop dem in Laubenheim bleiben zu wollen; da ich ihm aber dem in Laubenheim bleiben zu wollen; da ich ihm aber das Nachtquartier beharrlich verweigerte, so verließ er meine Gastwirthschaft.

Angell.: Ich wiederhole, daß ich Ringe niemals beseffen und auch leine Schlüffel bei mir geführt habe. Es hat witt­lich den Anschein, als ob ich allen Leuten in Laubenheim die Schlüffel gezeigt hätte. Und nun soll ich noch gar auf der Bant haben schlafen wollen. Herr Präfident, ich hatte a Geld bei mir, hatte mithin nicht nöthig, auf der Bank zu

Schlafen.

Gendarm Rohmann( Bodenheim ): Am 28. August des Morgens wurde ich nach Laubenheim berufen, um einen Mann nach Mainz zu transportiren. Der Mann lam mir sehr verdächtig vor und widersetzte sich der Berhaftung. Der Herr Bürgermeister sagte mir: ich soll den

Mann schließen. Der Mann sagte mir jedoch er habe einen angeschwollenen Finger, er habe fich denselben übergriffen. Ich fah mir den Finger an und bemerkte dem Mann, daß die Anschwellung von einem Schlag herrühre. Der Mann leugnete

dies aber.

Ich nahm nun von der Schließung Abstand und sagte dem Manne: Wenn er den Versuch mache, mir zu entweichen, so habe ich das Recht, ihn sofort niederzuschießen. Er folgte mir nun. Unterwegs bemerkte ich auf seinen Hosen und Stiefeln rothe Flecken, die der Mann als Rofifleden erklärte. Ich erkannte im Uebrigen in dem Arrestanten sehr bald den ehemaligen Buchthausgefangenen Schuhmacher Herbst. Ob wohl er das leugnete, machte ich in Mainz sofort der Staats. anwaltschaft die Anzeige, daß ich den Herbst hierher transpor­tirt habe.

Geh. Medizinalrath Dr. Helwig: Ich habe eine Verlegung, wie fte der Beuge bei dem Angeklagten wahrgenommen, nicht gesehen; im Uebrigen würde eine von einem Schlage her rührende Verlegung anderen Charakters sein, als wie sie von dem Zeugen beschrieben worden.

Angell.: Die Befundung des Beugen ist fast durchweg falsch, es thut dies ja wenig zur Sache, allein so wie dies falsch ist, ist alles falsch. Ich berufe mich auf das Beugniß des Herrn Bürgermeisters Möhn, daß der Gendarm mich schließen wollte, der Bürgermeister aber sagte, er solle davon ablassen.

Bürgermeister Möhn bestätigt das.

Angell.: Sehen Sie, Herr Präfident, so wie ich hier die Wahrheit sage, so sage ich fie immer.

Frau Tillmann: Am Sonnabend Abend vor dem Morde sah ich die Wothe'schen Eheleute und Herbst in der Gastwirth­

bleibt bis an unser Lebensende. Schlagen Sie ein, Adelaide , auf treue Freundschaft und einen ungetrübten Frieden!"

Dem stimme ich mit freudigem Herzem bei, Georg!" antwortete die Generalin, ihre feine Hanb in die seinige legend." Diese Stunde wird mir ewig unvergeßlich bleiben."

Und nun Champagner!" rief der alte Herr, indem er ungeftüm an der Glockenschnur zog. Hurtig, William, zwei Flaschen Sett mit goldenen Helmen! In William, zwei Flaschen Sekt mit goldenen Helmen! In einer halben Stunde soll Leonidas gesattelt werden!"

" Du willst heute ausreiten?" fragte Siegfried er­staunt.

"

Jawohl, nach Lofsow! Sieh follen's brühwarm aus der ersten Quelle erfahren! Hier werde ich ja doch über­flüssig sein, ich glaube, ihr werdet Euch Manches zu er zählen haben, was mich weiter nichts angeht, mich am Ende nur langweilen würde. Habe das ja auch durchgemacht und fenne es also aus eigener Erfahrung! Diesmal muß der Stöpfel mit einem Knall in die Luft fliegen, William puff! so war's in Ordnung!- Nimm auch ein Glas, alte, treue Seele, hast ja den Jungen da schon gekannt, als er noch in die Schule ging- und nun angestoßen, das Braut paar foll leben!"

Wetterleuchten.

An demselben Sonntagnachmittag, an dem Siegfried und Arabella den Bund für Zeit und Ewigkeit schloffen, herrschte in dem Haufe des Freiherrn von Lossow eine recht frübe und gedrückte Stimmuug.

Ella hatte sich nach dem Diner in ihr Boudoir zurück­gezogen, und der Baron war ihr bald darauf gefolgt, fie hatten Beide etwas auf dem Herzen und schienen doch ihre innersten Gedanken nicht aussprechen zu wollen.

Herr von Lossow stand am Fenster und blickte mit ge­runzelter Stirne in den strahlenden Sonnenschein hinaus, Ella betrachtete die Zeichnungen, die vor ihr auf dem Tisch lagen, aber es bedurfte feines besonderen Scharfblices, um zu erkennen, daß ihre Gedanken sich mit anderen Dingen beschäftigten.

schaft Bum Goldstein". Auf einer Bant fag Wothe mit Frau, mut diesen gegenüber saß Herbst. Alle drei unterhielten sich ane scheinend sehr freundlich zusammen.

Einige Beugen erfennen die im Laubenheimer Arrest hause vorgefundenen Ringe als den Wothe'schen Eheleuten gehörig an.

Arresthausverwalter Gremm: Ich bemerkte an den Hosen des Herbst Blufflecken und ein röthliches haar; von diesem Befunde machte ich sogleich dem Herrn Untersuchungsrichter Anzeige.

Der Präsident läßt den Geschworenen die Hosen mit den Blutflecken und dem röthlichen Haar zeigen.

Arrefthausverwalter Gremm bemerkt des Weiteren: Vor einigen Wochen machte mir ein Gefangenenaufseher die Mits theilung, daß Herbst einen Selbstmordversuch gemacht habe. Ich begab mich eiligst in die Belle des Herbst und fand den felben in einer großen Blutlache liegen. Ich ließ sofort den Herrn Geheimen Medizinalrath Dr. Helwig rufen, der den Herbst verband und ihn nach einiger Zeit wieder zum Bewußts sein brachte.

Geh. Medizinalrath Dr. Helwig: Ich fand den Herbst in einer großen Blutlache, er hatte sich mit einem blechernen Löffel die Pulsadern zu öffnen versucht. Das Instrument war jedoch nicht geeignet dazu, mit einem scharfen Meffer wäre ihm das zweifellos gelungen. Allein der Einschnitt in die linke Hand war ein sehr liefer, so daß er einen sehr großen Blutverluft hatte. Die Verlegungen, die er fich außer dem an den Füßen beibrachte, waren geringer Art. Er hat fich sehr bald wieder erholt und ist die ganze Manipulation ohne Folgen geblieben.

Präs.: Angell., was haben Sie hierzu zu sagen?

Angell. Herr Präfident, bezüglich dieser Sache will ich mir die Erklärung vorbehalten.

Auf Befragen des Vertheidigers belundet Arresthausver walter Gremm: Herbst habe sich vom 28. Auguft bis 30. No vember in firenger Einzelhaft befunden. Licht gebe es in diesen Einzelzellen nicht. Ende November wurde es schon gegen 4 Uhr Nachmittags finster.

Auf Befragen des Staatsanwalts bekundet der Beuge, Herbst habe zu einem Gefangenen geäußert, es thue ihm leid, daß ihm der Selbstmord nicht gelungen sei.

Der Angeflagte bestreitet lettere Bekundung ganz entd schieden.

Der Vertheidiger macht die Mittheilung, daß der von ihm geladene Entlastungszeuge, Buchthausgefangene Schäfer, fich heute Nacht in der Belle des hiesigen Arrestlokals erdroffelt habe.

Staatsanw.: Herr Zeuge, wurde dem Angeklagten wenige Tage vor seinem Selbstmordversuch die Anklageschrift zuge ftellt? Beuge: Jawohl.

Bräs. Angeflagter, hat die Anklageschrift Sie zu dem Selbstmordversuch veranlaßt?

Angell.: Durchaus nicht, herr Präfident, die Anklage­schrift enthält ja nichts weiter, als was ich in meiner Dent schrift niedergeschrieben habe.

Es wird nun tonstatirt, daß dem Angeklagten die Ana lagefchrift am 23. November zugestellt worden, während die betreffende Denkschrift", bezw. Brief, den der Angeklagte and die Untersuchungsbehörde gerichtet, vom 18. November da tirt war.

Auf Antrag des Vertheidigers wird der Brief sogleich vers lesen. Derselbe lautet etwa folgendermaßen:

Hohe Untersuchungsbehörde! Man will mich mit aller Ge walt zum Mörder stempeln. Jedoch welche Beweise hat man d dafür, aus welcher Quelle schöpft man das? Um den Beweis führen zu können, hat man alle möglichen furiosen Versuche gemacht. Erst brachte man mich in die Kategorie der Megger, Dann in die der Chirurgen und schließlich in die Kategorie der Wasenmeister. Alles dies hat sich jedoch als irrig erwiesen. Ich bin zu einem solchen Verbrechen nicht fähig, in der öffent lichen Verhandlung wird sich meine volle Schuldlosigkeit her­ausstellen. Aus welchem Grunde sollte ich auch ein solch Vers brechen begangen haben?

Man hat mich angeklagt auf Grund erlogener und erdichteter Beugenaussagen. Der einzige Beuge, der wahrheits­gemäß ausgefagt hat, ist der Gastwirth Staudt. Daß ich mich am 27. Auguft aus Mainz entfernt habe, geschab, weil ich, als ich aus der Gastwirthschaft Bur Rose" fam, hörte, daß zwet Frauen, die sich über den Mord unterhielten, sagten: der große Schuhmacher, der bei Wothe gearbeitet hat, soll verhaftet wer ben. Dies allein fann mich doch aber nicht verdächtigen. Ich bitte nun, mir zu gestatten, daß ich mich vertheidigen fann, ganz besonders, daß ich an die Herren Geschworenen, gleich nach Ber nehmung des ersten Beugen, eine Ansprache halten darf. Nun bitte ich noch, mir einen tüchtigen Advokaten zu befstellen. Ganz gehorsamst Friedrich Herbst."

Bräs. Angellagter, was haben Sie dazu zu sagen? Angell.: Nichts.

Präs. Ich habe den Herren Geschworenen zu bemerken, daß, da die Berstückelung des aufgefundenen Leichnams in so

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" Du bist seit einigen Tagen sehr einfilbig," brach der Baron endlich das Schweigen, darf ich fragen, woran das liegt?* ,, Und wenn ich nun dieselbe Frage an Dich richtete?" erwiderte Ella, einer Antwort ausweichend.

Hm, ich sehe nicht ein, weshalb ich Dir die Wahrheit verheimlichen soll, mich ärgert's, daß ich einen dummen Streich gemacht habe, den ich hätte vermeiden können." n Der forschende Blid Ella's heftete sich fest auf das wettergebräunte Antlig des alten Herrn.

Du weißt, ich bin keine Freundin von Räthseln," sagte fie talt. Na, gerade heraus gefagt, Deine Verlobung mit Rabe ärgert mich."

"

Darf ich fragen, weshalb?"

" Weil der Mann mir nicht gefällt."

Und ist denn die Verlobung ein fait accompli?" fragte Ella mit scharfer Betonung. Ich habe mein Jawort noch nicht gegeben!"

Verzeihe, wenn die Bedingung, die ich gestellt habe, so ist ist es gegeben," erwiderte ber erfüllt wirb, Baron finster. Ich begreife waklich nicht, daß ich mich dazu brängen ließ, meine Zustimmung, wenn auch bedin gungsweise zu geben, ich hätte vorher mich erfundigen follen.

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Haben spätere Erkundigungen Dich enttäuscht?" Jawohl, ich wußte nicht, daß aber was nutt es, daß wir darüber reden, ein verpfändetes Wort bindet."

,, Dann nicht mehr, wenn die Verhältnisse, unter denen es gegeben wurde, auf absichtlicher Täuschung beruhten," fagte Ella mit schneidender Kälte. Und ich vermuthe, daß das hier der Fall ist."

Dich

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"

Du vermutheft das wirklich? So reut es auch Ein Wort der Neue habe ich noch nicht ausgesprochen. Ich liebe das überhaupt nicht, ich bin gewohnt zu handeln, ohne viele Worte zu machen."

( Fortsetzung folgt.)